Bankenaufsicht

BaFin in der Offensive

Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin

Es wird ungemütlicher für die Banken und die Finanzdienstleister in Deutschland. Denn es geht ein Ruck durch die BaFin. Deutschlands Bankenaufsicht muss und will den politischen Wunsch nach einem früheren, härteren und intensiveren Eingreifen erfüllen. Daran ließ Exekutivdirektor Raimund Röseler, der stellvertretend in Ermangelung eines Präsidenten die Pressekonferenz der Bonner Behörde BaFin leitete, keinen Zweifel. Mit Blick auf die Entwicklungen in der Finanzdienstleistungsbranche sagte er: "Für uns als BaFin heißt das, dass wir unsere Aufsicht an die neue Realität anpassen werden. Wir müssen uns noch mehr mit den Geschäftsmodellen der Institute beschäftigen, noch intensiver hinter deren Fassade schauen. Die klassischen Kennziffern wie die Eigenkapitalquote und Liquiditätskennziffern allein reichen nicht aus, um alle Risiken zu erkennen."

Das Problem: Geschäftsmodelle verändern sich. Wertschöpfungsketten verlängern sich. Banken lagern immer mehr aus. Und neue Spieler treten in den Markt ein. All das erhöht die Komplexität von Finanzdienstleistungsgeschäften in Deutschland und der Welt. Und all das muss eine Bankenaufsicht immer stärker berücksichtigen, will sie im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten, möglichst wenig Fehler machen, möglichst wenige Schlupflöcher bieten. Denn entscheidend ist, wo das Geld verdient wird. Denn dort ruht auch das Risiko. Im Rahmen der neuen "Fokusaufsicht" will die BaFin diesen Weg des Geldes verstärkt in den Blick nehmen und wie Röseler betont, dort wo intransparente Verhältnisse herrschen und keine Klarheit zu bekommen ist, diese Geschäfte notfalls einschränken. Unterstützt wird das von der neuen forensischen Taskforce die beispielweise bei der Greensill Bank schon nahezu Detektiv- und Polizeiarbeit geleistet hat, indem die Echtheit von zweifelhaften Dokumenten selbst überprüft wurde.

Das mag die Aufsicht schlagkräftiger machen. Das mag Fälle wie Greensill und Wirecard vielleicht noch früher verhindern. Was zweifelsohne zu begrüßen wäre. Aber es birgt auch Risiken. Denn eine offensive BaFin wird auch viel Staub aufwirbeln. Und nicht immer werden, sobald sich dieser wieder gelegt hat, tatsächliche Verfehlungen ans Tageslicht kommen. Die Öffentlichkeit hat dann ihr Urteil aber vermutlich schon gefällt. Denn wenn die BaFin dort ermittelt, muss ja schließlich irgendwas sein. Ob diese Art der erhöhten Öffentlichkeit zu guter Aufsicht passt, wird sich auf jeden Fall noch zeigen müssen. Denn natürlich müssen Aufseher per se immer etwas misstrauisch sein. Aber sie müssen auch immer die Folgen ihres Handelns für einzelne Institute wie das Große und Ganze im Blick haben. Und ob das unter dem Brennglas des öffentlichen Interesses immer einwandfrei zu vereinbaren ist, ist zumindest anzweifelbar. Ansonsten ist zumindest mit Blick auf die deutsche Bankenbranche bislang eher business as usual angesagt. Auch nach dem ersten Quartal im zweiten Corona-Jahr stellt die Aufsichtsbehörde den Instituten immer noch ein befriedigendes Zeugnis aus. An der vor rund einem Jahr getätigten Aussage "der Sektor ist relativ widerstandsfähig und funktioniert und es ist keine Systemkrise in Sicht" habe sich nichts geändert, so Röseler. Zwar habe die BaFin noch kein vollständiges Bild, da die Auswirkungen der Pandemie sich erst mit einer Zeitverzögerung zeigen werden. Doch wer mag, kann die Anzahl der Sonderprüfungen als Indiz für die Robustheit des Sektors nehmen. Diese hat sich 2020 gegenüber dem Vorjahr auf 79 halbiert.

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