Standortpolitik

Die Börse sucht Eintracht

Quelle: Wikipedia

Sollte ein stark auf globales Geschäft und globale Kundschaft ausgerichtetes Unternehmen mit seinen Sponsoringaktivitäten klar Partei für eine Region nehmen? Diese Frage wird in Fachkreisen wie auch der Öffentlichkeit durchaus kontrovers diskutiert. So hat die Deutsche Bank ihrem Selbstverständnis als globales Institut folgend regelmäßig sehr reserviert reagiert, wenn in Frankfurt wieder einmal nach einem finanzkräftigen Sponsor des größten Fußballclubs der Stadt gesucht wurde. Die Überlegung dabei: Für ein Institut, das flächendeckend in ganz Deutschland aktiv ist und seine Kunden hat, ist es vielleicht nicht hilfreich, all jene abzuschrecken, deren Fußballherz nun ganz und gar nicht für die Frankfurter Eintracht schlägt.

Zumindest früher mag das bei einer Börse, die im wahrsten Sinne des Wortes durch den Präsenzhandel mit ihrem Standort verbunden war, anders gewesen sein, doch das hat sich in Zeiten des elektronischen Handels bekanntlich gewandelt. Gleichwohl hat sich die Deutsche Börse mit ihrem inzwischen hochgradig internationalen Geschäft und ihren internationalen Eigentümern vor einigen Wochen für eine Kooperation mit dem Bundesligisten entschieden und will damit ausdrücklich die Verbundenheit mit ihrem Hauptsitz und seiner Region unterstreichen. Auch wenn die Gespräche über die nun vollzogene Partnerschaft schon vor über einem Jahr aufgenommen worden sind, mag man die Sponsoringaktivitäten auf den ersten Blick als eine Lehre aus einer gewissen Isolation und Reserviertheit werten, die sich in der Region Frankfurt insbesondere nach dem Brexit-Votum in Großbritannien über die lähmend lange Entscheidungsphase des gerade gescheiterten Fusionsversuches mit der London Stock Exchange legte. Als Ende März dieses Jahres schon vor einem endgültigen Votum der hessischen Börsenaufsicht die ablehnende Entscheidung der EU-Kommission zu dem Fusionsvorhaben offiziell bekannt gegeben wurde, wurde der Frankfurter Börse nahegelegt, ihre zukunftsfähige strategische Fortentwicklung aus einer erkennbaren Verankerung am Heimatstandort zu betreiben (ZfgK 8-2017).

Ob allerdings Fußballsponsoring dazu einen wichtigen Beitrag leisten kann? Es hat sicherlich eine andere Qualität und eine andere Dimension und emotionale Wirkung als etwa die Partnerschaft beim Rheingau Musik-Festival, die Unterstützung sozialer Projekte in Frankfurt und der Region und auch der Aufbau der Art Collection, einer Sammlung von inzwischen 1 700 Arbeiten zur zeitgenössischen Fotografie, für die sich der Börsenbetreiber schon seit 1999 engagiert.

In der vergangenen Bundesligasaison war in Frankfurt die pure Eintracht zu beobachten. Selbst das mäßige Abschneiden über die gesamte Rückrunde konnte das insgesamt erstaunlich harmonische Gesamtbild nicht trüben. Und die Teilnahme am Endspiel um den DFB-Pokal hat viele glühende Anhänger mehr als versöhnt und selbst im Lager der vielen im Großraum Frankfurt ansässigen Fußballfans aus anderen Lagern tatsächlich über eine gesamte Spielzeit hinweg so etwas wie eine wohlwollende Grundsympathie aufkommen lassen. Aber solche positiven Stimmungslagen lassen sich bekanntlich nicht fortschreiben. Nicht nur in Frankfurt war Fußball in den vergangenen Jahren allzu oft mit hässlichen Ausschreitungen, Schlägereien und gleichermaßen unsäglichem weil gefährlichem Einsatz von Pyrotechnik verbunden. Das trübt die Imagepflege für beide Partner. Dass künftig das Fußballsponsoring der Deutschen Börse bei ihren wie auch immer gearteten strategischen Entscheidungen positiv auf die Stimmungslage am Finanzplatz ausstrahlt, ist also keinesfalls sicher.

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