Kreditgenossenschaften

Einstimmung auf das Undenkbare?

Dass Ursula von der Leyen es nach dem EU-Rat auch in der Parlamentsabstimmung an die Spitze der EU-Kommission geschafft hat, findet beim Spitzenverband der deutschen Kreditgenossenschaften Zustimmung. Marija Kolak, die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, hat die neue Kommissionspräsidentin ebenso beglückwünscht und als überzeugte Europäerin eingestuft wie ihr Präsidentenkollege Helmut Schleweis vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Aber beide Präsidenten haben in ihren knappen Erklärungen gleich auf einen Aspekt der programmatischen Brüsseler Bewerbungsrede vor dem EU-Parlament hingewiesen, der beiden großen Verbundorganisationen offensichtlich Sorge macht. Beide warnen eindringlich vor einer Vergemeinschaftung der europäischen Einlagensicherungen und vor einem Auseinanderfallen von Risiko und Haftung.

In Zusammenhang mit der Neubesetzung eines europäischen Amtes ist der BVR-Präsidentin noch ein anderer Berührungspunkt mit den Kundeneinlagen wichtig. Bei der Vorstellung des konsolidierten Jahresabschlusses der genossenschaftlichen Gruppe hat sie auch Christine Lagarde alle Anforderungen an eine Notenbankpräsidentin zugesprochen. Ihr Blick auf die Aussichten für die Geldpolitik klingt freilich ernüchternd. Gleich auf fünf Jahre sehen sie und der BVR keine Aussicht auf die Zinswende, sie spricht von einem Japan-Szenario. Die Möglichkeiten der hiesigen Branche auf eine angemessene Rentabilität allein über den Ausbau des Provisionsgeschäftes und das Heben von Effizienzreserven bei Fortführung der heutigen Geldpolitik stuft sie als sehr gering ein. Und dann folgt ein interessanter Nachsatz, der in den vergangenen Jahren auf einer BVR-Pressekonferenz so wohl nicht ausgesprochen worden wäre, nämlich "insbesondere wenn auf die Weitergabe der negativen Zinsen im Mengengeschäft verzichtet wird." In der Nachfrage zur Sache wird dann die Entscheidung einer Weitergabe von Negativzinsen im Mengengeschäft zwar klar und deutlich in den Verantwortungsbereich jeder einzelnen Ortsbank im Lichte ihrer jeweiligen Marktbedingungen gelegt. Aber völlig abwegig ist das Szenario von Negativzinsen für Privatkunden an der BVR-Spitze offensichtlich nicht mehr.

In dem konsolidierten Jahresabschluss 2018 nach IFRS für die gesamte genossenschaftliche Gruppe spiegeln sich solche düsteren Zukunftsaussichten noch nicht wider. Denn der Rückgang des Zinsüberschusses um 270 Millionen Euro auf 18,4 Milliarden Euro konnte durch ein Plus beim Provisionsüberschuss von 5 Prozent oder 325 Millionen Euro in absoluter Höhe sogar überkompensiert werden. Und das Provisionsgeschäft erreicht mit 6,8 Milliarden Euro mittlerweile immerhin knapp 27 Prozent an der Summe aus Zins- und Provisionsüberschuss. Mit einem Plus von 1,1 Prozent auf 18,1 Milliarden Euro unterstreichen auch die Verwaltungsaufwendungen die Bestrebungen der Gruppe um Kosteneffizienz. 10,1 Milliarden Euro an Personalaufwendungen werden dabei für die auf 176 500 rückläufige Zahl der Mitarbeiter veranschlagt. Der Anstieg der Sachaufwendungen um 218 Millionen Euro wird maßgeblich den höheren Kosten der Regulatorik zugeschrieben, allein mit einem Plus von 34 auf 134 Millionen Euro bei der Bankenabgabe.

Im Bewertungsergebnis bleibt die Risikovorsorge im Kreditgeschäft mit 151 Millionen Euro historisch niedrig, während das Handelsergebnis mit minus 461 Millionen Euro, das Ergebnis aus Finanzanlagen mit minus 913 Millionen Euro und auch das sonstige Bewertungsergebnis mit minus 122 Millionen Euro ebenso zurückgegangen sind wie das Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft (um 420 auf 863 Millionen Euro). Insgesamt errechnet sich für die genossenschaftliche Finanzgruppe ein konsolidiertes Ergebnis vor Steuern von 7,771 Milliarden Euro und nach Steuern von 2,369 Milliarden Euro ein Jahresüberschuss von 5,4 Milliarden Euro.

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