Kreditgenossenschaften

Für Überraschungen gut

An gute Zahlen aus dem genossenschaftlichen Finanzverbund hat man sich in den vergangenen Jahren schon gewöhnen dürfen - sowohl was die Ertragslage als auch was die Marktanteile betrifft. Wenn es dann bei der Vorlage des konsolidierten Zahlenwerks der Gruppe trotzdem noch zu einem gewissen "Aha-Effekt" kommt, muss schon etwas Außergewöhnliches passiert sein. Und in der Tat: Ein Rückgang des Zinsaufwands um mehr als 20 Prozent ist selbst im säulenübergreifenden Branchenvergleich mehr als ungewöhnlich und in Zeiten wie diesen ausgezeichnet. "Es ist gelungen, gerade Firmenkunden mit hohen Liquiditätsbeständen von der Vorteilhaftigkeit einer längerfristigen Anlage zu überzeugen", so BVR-Vorstandsmitglied Andreas Martin, der die Union Investment, die die Kunden mit klugen Angeboten locke, explizit lobte.

Denn die hohen Einlagenbestände machen nicht nur den Kreditgenossenschaften Sorgen, müssen diese doch für teuer Geld, in diesem Fall über die DZ Bank, bei der EZB geparkt werden. 2018 erhöhte sich der Einlagenbestand um 5,2 Prozent auf 697 Milliarden Euro. Dem standen zum Stichtag rund 590 Milliarden Euro an Krediten gegenüber, ein Plus von 5,7 Prozent. Für Martin sind diese Erfolge im Kundengeschäft Beleg dafür, dass es den Kreditgenossenschaften gut gelingt, sich von einer filialzentrierten zu einer omnikanalen Bankengruppe zu entwickeln, ohne dabei die Interessen von Kunden und Mitgliedern aus den Augen zu verlieren. Entsprechend selbstbewusst kommentierte die BVR-Präsidentin denn auch die aktuellen industriepolitischen Tendenzen in Deutschland. Richtig verstandene Industriepolitik könne die Innovationskraft Europas stärken, so Marija Kolak. Aber es dürfe auch nicht übertrieben werden: "Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Es ist auch nicht Aufgabe des Staates, nationale oder europäische Champions zu schaffen. Champions entstehen im Wettbewerb als Folge guter unternehmerischer Entscheidungen." Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 ist die Bilanzsumme der genossenschaftlichen Finanzgruppe um 267 Milliarden Euro auf 935 Milliarden Euro gewachsen, das Kreditvolumen stieg um 214 Milliarden Euro, der Einlagenbestand um 236 Milliarden Euro. Im gleichen Zeitraum nahm die Anzahl der Institute um über ein Viertel oder 322 auf noch 875 Banken ab, die der Zweigstellen um 3 066 auf 10 520 Niederlassungen.

Der Blick auf die Ertragslage im abgelaufenen Geschäftsjahr zeigt mit Ausnahme des Zinsaufwands, dessen Rückgang das Abschmelzen der Zinserträge überkompensieren konnte, das dieser Tage vertraute Bild: Provisionsüberschuss im Plus, Kosten leicht gestiegen sowie eine kräftige Aufstockung des Bewertungsergebnisses (1,2 Milliarden Euro nach 183 Millionen Euro) bedingt durch Kurskorrekturen auf den Wertpapierbestand, sodass unter dem Strich vor Steuern ein Ergebnisrückgang um knapp 1 Milliarde Euro auf 6,38 Milliarden Euro zu Buche schlägt. Durch eine geringere Steuerlast, aber vor allem durch spürbar geringere Zuführungen zum Fonds für allgemeine Bankrisiken (2,28 nach 3,1 Milliarden Euro im Vorjahr) verbleibt ein verbesserter Jahresüberschuss von 2,19 Milliarden Euro. Wie heißt es so schön: Ein schlechtes Ergebnis sieht immer besser aus, als es ist, ein gutes schlechter.

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