Insolvenzen

Von Entwarnung keine Rede

Zum vierten Mal in Folge ist die Zahl der Insolvenzen in Deutschland im Jahr 2014 zurückgegangen. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch für Private. 2014 meldeten nach Schätzungen von Creditreform 23 800 (26 120) Firmen und 86900 (91 360) Verbraucher Insolvenz an. Das sind 8,9 Prozent beziehungsweise 4,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Die sonstigen Insolvenzen nahmen hingegen im Jahresverlauf um 2,0 Prozent zu. Dass an dieser Stelle entgegen der allgemeinen Tendenz eine Zunahme der Pleiten zu verzeichnen ist, erklärt sich vor allem durch die Zusammensetzung der Gruppe. Hinter den 24 600 (24 110) Fällen verbergen sich neben den Non-Profit-Organisationen wie Stiftungen und Sportvereine auch Sonderfälle wie beispielsweise Erbkonkurse. Außerdem werden hier aber auch viele Insolvenzen zusammengefasst, die mit einer früheren unternehmerischen Tätigkeit der Betroffenen zusammenhängen und meist dadurch ausgelöst wurden.

Teils können diese Fälle über ein vereinfachtes Insolvenzverfahren analog einer Verbraucherinsolvenz abgewickelt werden. Dieser Weg ist ihnen aber versagt, wenn beispielsweise Forderungen von ehemals beschäftigten Arbeitnehmern bestehen oder die Vermögensverhältnisse unübersichtlich sind (mehr als 20 Gläubiger). Das aktuelle Plus bei den sonstigen Insolvenzen lässt sich offenbar mit Änderungen im Insolvenzrecht in Verbindung bringen, die zur Mitte des Jahres 2014 in Kraft getreten sind und die für ehemals Selbstständige unter Umständen ungünstiger sind als die alte Rechtslage.

Traditionell folgt das Insolvenzgeschehen mit einem gewissen Zeitversatz der konjunkturellen Entwicklung. Bekanntermaßen ist diese in Deutschland vor allem während der Monate Mai bis Oktober 2014 deutlich abgeflaut. In den Jahreszahlen zum Insolvenzgeschehen hat das bisher noch keine Spuren hinterlassen, doch das wird nicht ausbleiben. Schon zum Jahresende 2014 sieht Creditreform den Trend gebrochen: mit einer zunehmenden Zahl an Unternehmensinsolvenzen. Dementsprechend gehen die Verantwortlichen bei dem Auskunftsdienst nicht davon aus, dass die Serie rückläufiger Insolvenzzahlen anhalten wird: Für das Jahr 2015 werden 24 000 bis 25 000 Unternehmensinsolvenzen und 113 000 bis 116 000 private und sonstige Insolvenzen erwartet. Zudem werden Pleiten hier nur als die "Spitze des Eisbergs" betrachtet. Rund 100 000 Unternehmen bewegen sich bei Creditreform auf einem "Bonitätsradar", für sie wird eine Ausfallwahrscheinlichkeit von etwa 15 Prozent angenommen. Bei den Privaten sehen die Analysten 6,7 Millionen Bürger mit Verschuldungsproblematik.

Besonderes Augenmerk lenkte Creditreform bei der Vorstellung dieser aktuellen Zahlen auf als verbesserungswürdig wahrgenommene Rahmenbedingungen und eine damit einhergehende aktuelle Praxis der Insolvenzverwaltung: Grundsätzlich haben die Verwalter eines insolventen Unternehmens die Möglichkeit, alle Geschäfte ihrer Mandanten anzufechten, für die ein Ratenzahlungsvertrag geschlossen oder das Zahlungsziel anderweitig verlängert wurde. Dann kann für einen Zeitraum von zehn Jahren das bereits geflossene Geld von den Gläubigern zurückgefordert werden. Mit dieser Gesetzgebung wird darauf abgezielt, Betrügereien von wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen zu verhindern. Diese sollten nicht die Möglichkeit haben, kurz vor der Insolvenz noch vorhandenes Geld aus ihrem Betrieb zu ziehen.

Nach Wahrnehmung von Creditreform haben Insolvenzverwalter allerdings solche Anfechtungen in der vergangenen Zeit vermehrt als Mittel genutzt, um Forderungen zügig einzutreiben. Das könnte aber dazu führen, dass nützliches wirtschaftliches Verhalten, beispielsweise das Einräumen von längeren Zahlungszielen oder die Vereinbarung einer Ratenzahlung, durch die Rückforderung größerer Summen quasi bestraft wird. Creditreform fordert, die Bestimmungen enger zu fassen, damit nur noch kriminelle Verhaltensweisen davon erfasst werden und kein gut gemeintes Stundungsverhalten. Zudem plädiert die Auskunftei dafür, die Frist von zehn Jahren zu verkürzen. Im Vertrag der Großen Koalition findet sich zu dem entsprechenden Paragrafen eine Revisionsklausel, das Problem ist offenbar erkannt.

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