Sparkassen I

"Es geht nicht mehr"

Quelle: Sparkassenverband Bayern

Dr. Ulrich Reuter, der gemeinsam mit Roland Schmautz und Ralf Fleischer die Ergebnisse für 2020 des Sparkassenverbandes Bayern vorstellte, machte keinen Hehl aus der Lage: Sie sei angespannt. Der seit 1. Januar 2021 amtierende Präsident beharrte zwar darauf, das um 23 Millionen Euro oder 1,4 Prozent auf 1,609 Milliarden Euro gesunkene Betriebsergebnis vor Bewertung wäre unter den Umständen gerade noch ein zufriedenstellendes gewesen. Sollten sich aber die Umstände nicht wesentlich bessern, sieht er eine Krisensituation nahen.

Mit Krisensituation ist nicht unbedingt die Covid-19-Pandemie gemeint. Sie veranlasste die Sparkassen zwar dazu, im Jahr 2020 höhere Risikovorsorgen zu bilden, was das Betriebsergebnis nach Bewertung von 975,7 Millionen auf 868,1 Millionen Euro drückte. Wesentlich schwerwiegender sei jedoch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), welche das Geschäftsmodell der deutschen Banken und Sparkassen grundlegend infrage stellen würde. Der Zinsüberschuss schmolz, dem Trend der vergangenen Jahre folgend, um 3,1 Prozent oder 101,7 Millionen Euro auf 3,155 Milliarden Euro ab. Der Provisionsüberschuss stieg um 56,1 Millionen Euro oder 4,0 Prozent, konnte aber fehlende Zinserträge nicht kompensieren. Auch der insgesamt um 23 Millionen Euro beziehungsweise 0,7 Prozent gesunkene ordentliche Aufwand von 3,140 Milliarden Euro kann hier nur als Achtungserfolg, nicht aber als Lösung des Problems stehen. Das Verhältnis von Aufwand und Ertrag verschlechterte sich leicht von 65,4 auf 65,6 Prozent. Unter den Umständen und dem Strich steht am Ende ein Einbruch des Jahresüberschusses von 379,2 Millionen auf 309,7 Millionen Euro und damit eine Minderung von 18,3 Prozent.

Das Vertrauen der Kunden war auch 2020 aufseiten der Sparkassen, so Reuter. Unternehmenskunden nahmen neue Kredite auf - mit einem Rekordniveau von 19,9 Milliarden Euro oder 18,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Kreditbestand bei Unternehmenskrediten wuchs dadurch überdurchschnittlich um 6,3 Prozent auf 81,2 Milliarden Euro. Auch Privatkunden nahmen insgesamt mehr Kredite auf, meist begründet im Bedürfnis nach den eigenen vier Wänden. Immobilienkredite machen über 90 Prozent oder 56,2 Milliarden Euro des Gesamtvolumens von 62,1 Milliarden Euro im Privatkundensegment aus, welches um 5,6 Prozent gewachsen ist. Das gesamte Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen wuchs damit von 142,336 Milliarden auf insgesamt 150,546 Milliarden Euro an.

Kunden trugen im vergangenen Jahr netto zusätzliche 12,611 Milliarden Euro zu den Sparkassen, wodurch sich das Einlagenvolumen auf 187,644 Milliarden Euro erhöhte. Dieser starke Zuwachs resultiert einzig aus der Zunahme von Sichteinlagen, was die Sparkassen mehr und mehr zwingt, Kontogebühren und Verwahrentgelte zu erheben. Zwar betreffen letztere nur einen kleinen Teil der vermögenderen Kunden, aber der Verband sieht einen eindeutigen Trend, dem sich immer weniger Häuser verschließen können und der das Kundenvertrauen aufs Spiel setzt. Reuters Ausspruch "Es geht nicht mehr" kommt dabei einer Bitte um Entschuldigung an den Kunden gleich, da ihre Einlagen nicht mehr rentierlich angelegt werden können. Im gleichen Zug ist es eine Botschaft an die EZB, die rentierliche Anlagen durch Niedrigzinspolitik und den Aufkauf jeglicher attraktiver Anleihen unmöglich macht. Reuter sieht den Sparkassensektor in Gefahr und den kommenden Jahren nicht positiv entgegen, auch wenn sich die Situation im laufenden Jahr stabilisieren sollte. Auch wenn das Vertrauen der Kunden in die Sparkassen noch bestehen sollte, scheint seines in die EZB angeschlagen.

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