Geldpolitik

Gekommen, um zu bleiben

Die Experten des Union Investment Commitee (UIC) haben auf einer Presseveranstaltung verdeutlicht, dass sie durchaus positiv für die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte gestimmt sind. So ist sich dessen Vorsitzender Andreas Köster sicher, dass das Zeitalter der "säkularen Stagnation" zu Ende geht. Ökonomen nennen so die Zeit nach der Lehman-Krise mit einem weltweit stotternden Konjunkturmotor. Der durch die Corona-Krise ausgelöste Abschied vom Mantra der Austerität, höherer Nachfrage und höherer Effizienz führen laut Köster dazu, dass das "Potenzialwachstum steigt".

Die Sorgen der Kapitalmärkte kreisen derzeit jedoch vor allem rund um das Thema Inflation. In den USA sind die Inflationsraten auf über 5 Prozent angestiegen und in Deutschland auf 4,1 Prozent - den höchsten Stand seit 1993. Entsprechend kam weder die Diskussion mit den Union-Experten noch eine ähnliche mit den Chefvolkswirten von Dekabank, Bayern-LB, Nord-LB, DZ Bank, Helaba und LBBW im Rahmen einer Veranstaltung des Bundesverbandes öffentlicher Banken am selben Tag ohne intensiven Austausch zum Thema Inflation aus. Einig waren sich quasi alle Experten über die Ursachen der Inflation: Corona und die dadurch ausgelösten Störungen in den Lieferketten und Nachfrageverschiebungen sowie der Klimawandel, beteiligt in Form steigender Energiekosten. Allerdings rechnet das UIC damit, dass die Corona-Faktoren allmählich nachlassen und sich die Inflation im Zielband der EZB einpendeln wird. Das wiederum könnte die EZB dazu veranlassen, vorerst alles so zu lassen, wie es ist.

Wichtiger als die aktuelle Inflation ist für die Geldpolitik jedoch die Inflationserwartung. Hier lauert auch die größte Gefahr. Nachdem für die Marktteilnehmer viele Jahre lang Inflation gar kein Thema mehr war, besteht durchaus die Gefahr, dass die "neue Welt" mit deutlichen Preissteigerungsraten eine neue Inflationserwartung in den Köpfen verankert. Der Inflation Swap Forward über fünf Jahre ist sowohl in Europa als auch in den USA zuletzt deutlich gestiegen, liegt in der Eurozone allerdings mit knapp unter zwei Prozent ziemlich genau auf dem Wunschziel der Europäischen Zentralbank. Das UIC geht davon aus, dass die gemessene Inflation relativ bald nachlassen wird und dann auch die Inflationserwartungen dadurch gebremst werden. Die Gefahr von weiter anziehenden Inflationserwartungen nach einem so deutlichen Gezeitenwechsel besteht jedoch und sollte nicht vernachlässigt werden. Köster bestätigte auf diesen Einwand auch, dass das Komitee die Entwicklung deswegen auch genau beobachte.

Es ist zudem auch noch nicht ausgemacht, dass die gemessene Inflation tatsächlich so schnell und so deutlich nachlässt, wie viele erwarten aufgrund der auslaufenden Corona-Effekte. Jens-Oliver Niklasch, Volkswirt bei der LBBW, beispielsweise wies darauf hin, dass weiter genug treibende Faktoren bleiben: Demografie, Klimapolitik und ein Abbau der Globalisierung als Spätfolge der Pandemie. Viele Unternehmen würden jetzt auf Lieferkettenresilienz setzen und damit steigende Kosten aufweisen, um die Versorgung sicherzustellen. Als echten "Game Changer" bezeichnete er zudem die Tatsache, dass China nun Inflation exportiere, nachdem es zuvor jahrelang Deflation exportierte. Eines scheint klar: Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Nur über die Höhe gibt es noch Uneinigkeit. Doch diese wird über die Geldpolitik und damit auch Wohl und Wehe der Kapitalmärkte entscheiden.

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