Nachhaltigkeit

Gemeinsam raus aus der Nische

In Politik, Wirtschaft und Wissenschaft und nicht zuletzt in der öffentlichen Wahrnehmung spielt das Thema Nachhaltigkeit längst eine wichtige Rolle. Doch seinen gebührenden Stellenwert im Finanzsektor hat es aus Sicht vieler Entscheidungsträger bei Weitem nicht erreicht. Im Vergleich zu anderen Ländern wie etwa Großbritannien und den Niederlanden haben sie noch einen erheblichen Nachholbedarf registriert. Diesen möglichst schnell aufzuholen und dem im Frühjahr dieses Jahres neu entstandenen Green and Sustainable Finance Cluster Germany in der internationalen Diskussion eine wahrnehmbare und ernst zu nehmende deutsche Stimme zu geben, war der Auslöser für eine Bündelung der Kräfte. Schon der Name der durch den Zusammenschluss von zwei hessischen Vorgängerbewegungen entstandenen Initiative deutet allerdings darauf hin, dass eine bundesweite Ausrichtung verfolgt wird und gemeinsame deutsche Interessen artikuliert werden sollen.

Das Cluster ist als Verein organisiert, wird von der hessischen Landesregierung gefördert und hat seinen Sitz in der Frankfurt School of Finance & Management. Neben den aktuellen Sponsoren BNP Paribas Germany, Commerzbank, Dekabank, Deutsche Bank, Deutsche Börse AG, DZ Bank, Helaba, KfW Bankengruppe und Metzler Asset Management GmbH wird es von weiteren 43 Unterzeichnern der sogenannten Frankfurter Erklärung unterstützt. Letztere hatten im Mai 2017 auf Anregung der Deutschen Börse ein freiwilliges Bekenntnis zur Umsetzung einer gemeinsamen Nachhaltigkeitsinitiative am Finanzplatz Frankfurt am Main formuliert. Mit einem offenen Dialog wollen sie zur Schaffung nachhaltiger Infrastrukturen und zur Fortentwicklung des hiesigen Finanzdienstleistungssektors als maßgeblichen Treiber einer nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Unterzeichnet haben seinerzeit neben den jetzigen Sponsoren des Clusters unter anderem die Allianz, der BVI, die DVFA, Ernest & Young, die ING Diba, KPMG, PwC, Santander, die Société Générale, UBS und Union Investment - insgesamt also das ganze Spektrum der Finanzdienstleistungsbranche.

Ende August hat das Cluster nun eine erste Bestandsaufnahme der Nachhaltigkeitsaktivitäten am Finanzplatz Frankfurt vorgelegt. Angefangen vom strategischen Handeln im Finanzsektor über die Gestaltung seiner Organisationsstrukturen und des Risikomanagements bis hin zur Ausrichtung der Produktpolitik sollen damit auch hierzulande alle Facetten von Klimaschutz und nachhaltigen Investments aus ihrer mittlerweile schon recht großen Nische herausgeführt und zum Mainstream werden. In diesem Sinne hat das Cluster für die kommenden Monate vier Handlungsfelder definiert, in denen der Standort Deutschland gemeinsam vorangebracht werden soll. Erstens soll die Bestandsaufnahme der bisherigen Aktivitäten kontinuierlich fortgeschrieben werden, um auf dieser Basis ein Feld für Innovationen zu schaffen. Zweitens will die deutsche Finanzwirtschaft die auf europäischer Ebene laufenden Aktivitäten rund um die Ausgestaltung des einschlägigen EU-Aktionsplans aktiv mitgestallten. Dazu gehört nicht zuletzt die Mitsprache bei der weltweit laufenden Festlegung von marktrelevanten Standards, beispielsweise die Entwicklung von Definitionen und Messmethoden für nachhaltige Finanzanlagen. Erhebliche Defizite hat die Initiative drittens bei Datenlage und der Digitalisierung entdeckt. Konkret geht es jetzt um die Erweiterung der klassischen Unternehmenskennzahlen um Indikatoren für ökologische und soziale Aspekte. Und viertens fehlt es den Initiatoren an einem konstruktiven Dialog und Wissensaufbau etwa bei der Schulung von Mitarbeitern und dem Aufbau permanenter Plattformen.

Bei allem branchen- und gruppenübergreifenden Konsens über die zunehmende Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit und der Adressierung des Themas bis in die Vorstandsetagen hinein wurde bei der Auftaktveranstaltung die Relevanz für eine Differenzierung im Wettbewerb keineswegs ausgeblendet. Doch Stand heute wird erst einmal die gemeinsame Basisarbeit betont, auf der sich dann durchaus ein sportlicher Wettbewerb herausbilden kann.

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