Sparkassen

Gute Kapitalbasis dank langem Bremsweg

 Gerhard Grandke, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen

Im Berichtsjahr 2016 haben die Kunden besonders die Sparkassen und Kreditgenossen bestraft. Gerhard Grandke, der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT), und auch seine Kollegen in den Regionalverbänden beider Verbünde können einen solchen Satz zu Recht nicht stehen lassen. Denn natürlich bedeutet der hohe Einlagenzuwachs bei den Ortsbanken einen Vertrauensbeweis. Und die neu hinzugekommene Klientel kann im Rahmen des Cross-Sellings schließlich auch mit anderen Produkt- und Dienstleistungsangeboten, etwa im Wertpapiergeschäft, zu einem Ertragsbringer der Zukunft werden. Doch angesichts der aktuellen Markt zinsen muss erst einmal der Einlagenzuwachs auf der Ertragsseite verkraftet werden, insbesondere in der großen Mehrzahl der Häuser, die einen Einlagenüberschuss aufweisen.

Das gilt im Übrigen nicht nur bei den Sparkassen in Hessen und Thüringen (plus 2,4 Prozent), sondern zum Teil noch stärker in Baden-Württemberg (plus 3,8 Prozent), Westfalen-Lippe (plus 2,4 Prozent), in Niedersachsen (plus 4,6 Prozent) oder dem Geschäftsgebiet des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (plus 3,6 Prozent) sowie in den Regionen der Genossenschaftsverbände. "Im faktischen Negativumfeld stellen Einlagen und Einlagenzuflüsse eine Herausforderung dar", hat der SGVHT-Präsident diese Bedrohungslage kommentiert. Mit einem wachsenden Kreditgeschäft lassen sich diese Zuwächse nicht mehr so leicht auffangen, denn die Baufinanzierung stößt wegen drohender Klumpenrisiken vielerorts an Grenzen. Und allein mit einer Volumenausweitung, auch das zeigt die Bilanzsaison 2016 überdeutlich, lassen sich die Ertragseinbußen im Zinsgeschäft nicht kompensieren, zumal die Zinsänderungsrisiken bei eher langfristigem Kreditgeschäft und meist kurzlaufenden Einlagegeldern (die SGVHT-Institute etwa beziffern deren Anteil auf 68 Prozent an den Kundengeldern) eine immer stärkere Absicherung verlangen. Nach mehreren Jahren mit Bewertungsüberschüssen sind inzwischen auch die Risikovorsorgebestände stark abgeschmolzen.

Beim Blick in die Zukunft arbeitete der SGVHT-Präsident verbal zwar durchaus am Geschäft seiner Sparkassen von morgen, aber hinsichtlich möglicher oder sinnvoller Strukturänderungen im Landesbanken-, Bausparkassen- als auch im Versicherungsbereich hielt er sich auffällig zurück und mahnte in allen S-Regionen harte Arbeit an der Zukunftsfähigkeit an - primär in Form von Effizienzsteigerungen und möglichst guter Kapitalausstattung. In der auf 18,2 Prozent gestiegenen Kernkapitalquote seiner Mitgliedsinstitute sieht er schon eine gute Basis. Die Cost Income Ratio leidet derzeit vielerorts unter der schwierigen Ertragslage.

Einen Impuls für den Großraum und Finanzplatz Frankfurt, den er in einer Ausdehnung über den Regierungsbezirk Darmstadt begreift, erhofft sich der Präsident angesichts der Verschiebungen von Institutionen und Instituten im Zuge des Brexits. In diesen räumlichen Dimensionen gedacht bringen es allein die ansässigen 15 Sparkassen auf eine aggregierte Bilanzsumme von rund 63 Milliarden Euro und bilden mit Helaba, Dekabank Deutsche Leasing und Finanzinformatik einen Pool von rund 18000 Mitarbeitern allein aus der Sparkassenorganisation. Für eine griffige Anmerkung zu den jüngsten strategischen Kapriolen der Deutschen Bank (siehe Bankenchronik) als einem der großen Frankfurter Wettbewerber, lag die Berichterstattung des SGVHT leider zu früh, der Commerzbank bescheinigte Gerhard Grandke aber für sein Verbandsgebiet den wahrnehmbaren Wiedereintritt in die Marktbearbeitung, wenngleich er auf das gesamte Verbandsgebiet bezogen nach wie vor die Kreditgenossenschaften als härtesten Wettbewerber registriert.

Rückenwind für die deutsche Kreditwirtschaft insgesamt erhofft sich Grandke von politischen Maßnahmen zur Auflösung des Investitionsstaus, angefangen von der Infrastruktur bis hin zu Bildungsmaßnahmen. Er hält es für schwer und unklug, dem politischen Druck vonseiten der europäischen wie der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich der enormen Außenhandels- und Leistungsbilanzüberschüsse auf Dauer standhalten zu wollen. Bezüglich der Maßnahmen und/oder Programme der hiesigen Politik vertraut er auf die Arbeit der von der Regierung eingesetzten Expertenkommission zur Stärkung von Investitionen in Deutschland.

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