Aktien

Habt keine "German Angst"!

Die Deutschen sind ein Volk von Aktienmuffeln. Das ist nichts Neues. Laut dem Deutschen Aktieninstitut (DAI) lag die Aktienmarktteilnahmequote im vergangenen Jahr in Deutschland bei lediglich 16 Prozent. In den USA, wo die Aktienanlage traditionell für die Altersvorsorge eine sehr wichtige Rolle spielt, waren es im Vorjahr demnach 54 Prozent. Bislang wurden die Gründe für die Zurückhaltung in Deutschland nicht richtig erforscht. Oft wird schnell und instinktiv die typisch deutsche Risikoaversion genannt. Risikobereitschaft ist in der Tat keines der Stereotypen, die man mit einem Deutschen assoziieren würde. Schließlich ist in der angelsächsischen Welt "German Angst" ein geflügeltes Wort. Doch ist es wirklich so einfach? Eine Studie der Frankfurt School of Finance im Auftrag der Deutschen Börse hat versucht, die Gründe für die Abneigung der Deutschen gegen Aktien ans Licht zu zerren. Die Autoren der Studie geben zwar zu, dass sie eine allumfassende Antwort auf diese Frage nicht gefunden haben, aber immerhin einzelne Erklärungsansätze.

Soziale und persönliche Faktoren spielen demnach eine Rolle bei der Frage, ob man in Aktien investiert. So hatte das Geschlecht der Befragten eine Bedeutung: Nur 37 Prozent der Aktieninhaber sind Frauen. Aber auch hier ist man wieder bei der Risikofrage. Viele Studien zu dem Thema haben ergeben, dass Frauen weniger offensiv und risikobewusster beim Investieren agieren - dabei aber nicht unbedingt schlechter abschneiden. Dennoch, die Risikoscheu scheint bei Frauen grundsätzlich größer zu sein. Wenig überraschend spielt auch das Einkommen eine Rolle. Während der Anteil der Menschen, die ein Nettoeinkommen von unter 1 000 Euro haben, bei der Gruppe der Nichtaktionäre 12 Prozent beträgt, sind es bei den Aktienbesitzenden lediglich drei Prozent. In Deutschland insgesamt sind es 10 Prozent. So verwundert es auch nicht, das zwei Drittel der Nichtaktionäre ihr Vermögen als zu klein für die Aktienanlage befinden.

Eine offensichtlich zentrale Bedeutung spielt auch das Thema Bildung. Während unter allen Befragten 16 Prozent einen Hauptschulabschluss haben, trifft das nur auf 7 Prozent der Aktionäre unter den Umfrageteilnehmern zu. Bundesweit haben sogar 30 Prozent der Menschen einen Hauptschulabschluss. Dahingegen haben 63 Prozent der Aktienbesitzer in der Umfrage Abitur beziehungsweise Fachhochschulreife. Unter allen Studienteilnehmern sind es nur 45 Prozent, bundesweit sogar nur 32 Prozent. Dass das Thema Bildung/Wissen eine große Rolle spielt, zeigte auch die Frage nach dem fehlenden Wissen. Während nur 25 Prozent der Aktien besitzenden Umfrageteilnehmer davon ausgehen, dass sie fehlendes Wissen zum Thema haben, sind es 65 Prozent der Nichtaktionäre. Nur die Aspekte "Vermögen zu klein" (66 Prozent) und "Angst vor hohen Verlusten durch ökonomische Katastrophen" (67 Prozent) hatten eine noch (leicht) höhere Zustimmung.

Natürlich spielt damit auch die eingangs erwähnte Risikoaversion der Deutschen die wichtigste Rolle. Aber auch hier hat der Faktor mangelndes Wissen eine Nebenrolle. Denn die Verlustrisiken werden gerade von den Nichtaktienbesitzern systematisch überschätzt. Vor allem das Wissen, dass über einen ausreichend langen Zeitraum das Verlustrisiko immer niedriger wird, scheint nicht vorhanden zu sein. Laut den Daten des DAI ist es seit 1969 kein einziges Mal vorgekommen, dass ein DAX-Investment von mindestens 13 Jahren vor Kosten einen Verlust verursacht hat. Nur 38 Prozent der Nichtaktionäre schätzen es richtig ein, dass ein 10-Jahresinvestment eine niedrigere Verlustwahrscheinlichkeit hat als ein 1-Jahresinvestment.

Angst, Unwissen und/oder ein vermeintlich zu kleines Vermögen halten wohl weite Teile der Bevölkerung vom Gang an die Börse ab. Ein wichtiges Fazit aus der Studie könnte daher sein: Aufklärung tut not. Die Banken sind in der Pflicht, durch die Berater die Kunden aufzuklären, damit sie eine realistische Einschätzung der Risiken bekommen und sich damit vielleicht eher an den Aktienmarkt wagen. Auch gilt es den Kunden klarzumachen, dass fehlendes Wissen kein Problem sein muss. Einfache Produkte wie Fonds oder ETFs benötigen kein tiefes Wissen der Kapitalmärkte. Zu guter Letzt sollte den Kunden auch klargemacht werden, dass auch ein zu kleines Vermögen kein Hindernis sein muss. Im Gegenteil: Sparpläne können dabei helfen, die kleinen Vermögen zu vergrößern. Eine potenziell breitere Provisionsbasis könnte der Lohn für die Mühen auf der Bankenseite sein.

Aber natürlich ist auch die Politik gefordert: Finanzbildung gehört unbedingt und bald auf den Stundenplan in allen Schulformen! Auch die Politik hätte dabei einen Kollateralnutzen: Die Wut der Bürger über die katastrophale Rentenpolitik würde gedämpft, da die Folgen der Rentenpolitik mit mehr effizienter Vorsorge abgemildert würden. Hilfreich dafür wäre allerdings auch, nicht den SPD-Unfug mit der geplanten Strafsteuer für aktienbasierte Altersvorsorge einzuführen. Das wäre ganz klar ein unsinniges und kontraproduktives Signal! Mit Regulierung und überdrehtem Verbraucherschutz und sonstigen Markteingriffen hat die Bundesregierung schon mehr als genug Hürden für eine sinnvolle Altersvorsorge aufgebaut.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X