Private Banken

Ein Herz für die Kleinen

Wenn der Bundesverband deutscher Banken über die Interessenlage seiner Mitgliedsinstitute spricht, ist der früher fast obligatorische Seitenhieb auf die Wettbewerber speziell aus der Sparkassenorganisation mittlerweile häufig verzichtbar. Denn die großen Themen, mit denen sich die hiesigen Bankengruppen herumschlagen müssen, sind vergleichbar. Allenfalls die Dringlichkeit, mit der das eine oder andere in den Vordergrund rückt, verschiebt sich zuweilen. Erstens die besonders in Summe sehr anspruchsvollen Anforderungen der Regulierung, zweitens die Reibungsverluste durch unterschiedliche Wirkungen der Regelungen und drittens die Auswirkungen des Niedrigzinsumfeldes hat Michael Kemmer kürzlich in Frankfurt als die drei zentralen Herausforderungen der privaten Banken genannt.

Bei den beiden anderen großen Bankengruppen und vielen Spezialbanken könnte das durchaus ähnlich klingen. Wenn der Hauptgeschäftsführer des BdB beispielsweise beklagt, dass der zurzeit laufende Feinschliff von Basel III in seinen Auswirkungen für die einzelnen Institute eine Mehrbelastung an Eigenkapital von 50 Prozent bedeutet, dann ist das eine Problemlage, die auch die Institute der Sparkassenorganisation und des Genossenschaftssektors betrifft und umtreibt. Und ob man das Projekt dann noch Basel III nennt oder faktisch schon Basel IV, dürfte gruppenübergreifend vielen Praktikern relativ gleichgültig sein. Sie stören sich einfach an der früheren Zusage der Aufsichtsbehörden, die tatsächlichen Belastungen durch die Feinjustierung von Basel III nicht anheben zu wollen und rufen nach einer neuen Kalibrierung. Ebenfalls in einem Boot sind alle hiesigen Bankengruppen in ihrer Sorge um die Gefährdung der für Deutschland charakteristischen Langfristkultur, die durch eine stärkere Belastung der langfristigen Kredite droht, einschließlich Wohnungsbau.

Weitgehend einig sein dürften sich die Verbände schließlich auch in ihrer Einschätzung und Erwartungshaltung zum Niedrigzinsumfeld. Je länger dieses anhält und durch die expansive Geldpolitik der EZB zementiert wird, umso höher bleibt der Druck auf die Ertragsrechnung vieler maßgeblich vom Zinsgeschäft abhängigen Häuser. Als unerwünschte Nebenwirkung der Liquiditätsschwemme wird nämlich nicht zuletzt beim Blick auf die europäische Bankenlandschaft ein Hinauszögern der Bereinigung der Bilanzen um schlechte Assets gesehen. Je mehr sich diese notwendigen Aufräumarbeiten hinausziehen, umso zögerlicher könnte sich die EZB bei der Straffung ihrer Geldpolitik zeigen und umgekehrt. Ohne europaweit solide Bankbilanzen werden sich die hiesigen Banken im Schulterschluss mit Politik und Bundesbank auch schwertun, die europäische Einlagensicherung zu forcieren. Als unabdingbare Vorleistung steht an dieser Stelle zudem eine Umsetzung der einschlägigen europäischen Richtlinie in allen Ländern im Raum.

Bemerkenswert ist im Übrigen das Herz des BdB für die kleinen und mittleren Institute seiner Bankengruppe - wenngleich Ketzer an dieser Stelle fragen mögen, für wen auch sonst. Wenn der Hauptgeschäftsführer auf die Bedeutung der Proportionalität hinweist und in diesem Zusammenhang den wachsenden Aufwand für die Meldungen an die EZB beklagt, könnte man sich ebenfalls ebenso gut auf einer Veranstaltung der beiden großen Bankengruppen wähnen. Der Grund für dieses besondere Augenmerk auf die kleinen und mittleren privaten Banken ist freilich einfach. Gerade diese Häuser sind mit der Vielfalt an individuellen Geschäftsmodellen noch viel stärker Einzelkämpfer im Wettbewerb als die Sparkassen und Volksbanken. Während die Primären der Verbünde nämlich auf gemeinsame Backoffice-Funktionen ihrer jeweiligen Gruppe zurückgreifen können, müssen die kleinen BdB-Häuser eigene Lösungen organisieren.

Beim BdB sieht man durchaus diese besonderen Herausforderungen für die kleineren Mitgliedsinstitute und bietet als praktische Hilfe ein Fachinformationssystem über aufsichtsrechtliche und regulatorische Angelegenheiten wie auch die Kommunikation über die Gremienarbeit an. Darüber hinaus begünstigt das schwierige Regulierungsumfeld pragmatische Lösungen und baut Berührungsängste ab. Wenn die Kosten und Preise stimmen, so gibt sich Michael Kemmer ganz nüchtern, ist nichts dagegen einzuwenden, dass die kleinen und mittleren BdB-Banken Dienstleistungen der Verbünde in Anspruch nehmen. So gesehen kann Europa beim Abbau von Scheu klappen in der deutschen Bankenlandschaft helfen.

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