Sparkassen

Hört auf zu jammern

Dr. Rolf Gerlach, Präsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe.

Die Worte waren eindeutig gewählt. "Erarbeitet", "die Leistungen stimmen", "beachtlicher Vorsprung", "Spielraum zur Stärkung", "meisterhaft abgeschnitten", "die größte Steigerungsrate". Hier wollte jemand Stärke demonstrieren. Die Pressekonferenz des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, die letzte des Ende März aus dem Amt scheidenden Präsidenten Rolf Gerlach, war eine erfrischende Abwechslung zu so vielen kreditwirtschaftlichen Pressekonferenzen, auch denen anderer Sparkassenverbände. Rolf Gerlach hält mit Blick auf die eigene Zunft nicht viel von der üblichen Aktionsweise von Verbänden getreu dem Motto: Lerne Klagen ohne zu Leiden. Mehr noch, er findet es in hohem Maße gefährlich, wenn nun auch noch die Kreditwirtschaft anfängt zu jammern. "Wir wollen ein tatsächlich gesundes, kein rosarotes Bild zeigen. Ich halte von dem allgemeinen Gejammer wenig bis gar nichts, finde es teils sogar geschäftsschädigend", so Gerlach.

Ein Beispiel: Das Wort Einlagensicherung kommt im Redetext überhaupt nicht vor. Bewusst nicht, denn die gängige Argumentation, den deutschen Sparern werde ihr Erspartes weggenommen, um dann nach Italien geschafft zu werden, sei falsch und schädlich. "Es gibt bislang keinen Vorschlag aus Brüssel, der in diese Richtung geht", stellt Gerlach fest. Ein anderes Beispiel: Das Wort Nullzinspolitik beziehungsweise Niedrigzinspolitik findet sich genau zweimal. Allerdings nicht anklagend, sondern erklärend. Denn natürlich spüren auch die Sparkassen in Westfalen-Lippe die Auswirkungen der EZB-Politik. Der Zinsüberschuss der Mitgliedsinstitute ging um 3,4 Prozent oder 90 Millionen Euro auf 2,58 Milliarden Euro zurück. Und auch wenn sowohl der Provisionsüberschuss um 21 Millionen oder 21 Prozent auf 816 Millionen Euro zulegte und sowohl die Personal- als auch die Sachkosten gesenkt werden konnten, lag das Betriebsergebnis vor Bewertung mit 1,269 Milliarden Euro um 4,6 Prozent unter dem des Vorjahres. Unter dem Strich steht dann aber dank kaum vorhandener Wertberichtigungen für Wertpapiere (5 Millionen Euro) und Zuschreibungen im Kreditsegment ein um satte 15,5 Prozent gestiegenes Jahresergebnis zu Buche.

Jürgen Wannhoff bemühte sogar den legendären "Bayern-Effekt", um die Gesamtentwicklung seiner Mitgliedsinstitute zu beschreiben. Man erwarte quasi schon vor der Saison, dass der Club aus München wieder Meister werde, klappt das dann ausnahmsweise nicht, kommen die Verantwortlichen in Erklärungsnot, selbst wenn man Zweiter würde. Zwar haben die westfälisch-lippischen Sparkassen die Ergebnisse nicht toppen können, aber in vielen Bereichen dennoch "meisterlich" abgeschnitten. Drittes Beispiel: Über die Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurde nicht geklagt. Warum auch? Nach Aussage der Mitgliedssparkassen habe diese keine nach haltigen Auswirkungen auf die Darlehenszusagen gehabt. Und schließlich viertens: Die Bankenunion sei ein gute Sache. Sie habe die Stabilität der Banken in Europa erhöht. Er finde es geradezu bezeichnend, so Gerlach, dass nun schon Frau Wagenknecht zur "Sparkassen-Versteherin" werden müsse.

Auch mit Blick auf die Zukunft der deutschen Sparkassen wollte Rolf Gerlach keine Ausreden und keine Klagen zulassen. Dezentrale Verbundsysteme seien sehr zukunftssicher. Der größte Fehler, den man machen könne, wäre an der Dezentralität zu rütteln. Allerdings gebe es noch einiges zu tun, gerade mit Blick auf den schärfsten Wettbewerber, die Kreditgenossenschaften. So zeichne sich die S-Verbundgruppe durch eine nur bedingt effiziente Landesbankenlandschaft, zu viele Landesbausparkassen und zu viele öffentlich-rechtliche Versicherer aus. "Da müssen wir ran!" Ob er selbst in der Vergangenheit Dinge entschieden habe, die er heute anders machen würde? Nein, sagte Gerlach. Denn es würde ja nie einer allein entscheiden. Was ihn schmerzen würde? Dass es nicht gelungen sei, die Landesbanken aus einer Position der Stärke heraus zu konsolidieren, sondern immer nur aus der Not heraus. Und die West-LB? Die alte Girozentrale sei auf jeden Fall überdimensioniert gewesen, die West-LB AG 2003 dann einfach zu einem falschen Zeitpunkt gestartet und zehn Jahre später beerdigt worden. Und die Grabplatte liege sehr, sehr fest.

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