Investmentbanking I

Der Kapitalmarkt ist tot, es lebe das Investmentbanking

2015 war ein gutes Jahr für das internationale Investmentbanking. Es war aber auch ein schlechtes Jahr für das Kapitalmarktgeschäft der Banken. Das mag komisch klingen, liegt aber daran, dass unter Investmentbanking klassisch das elitäre Beratungsgeschäft (M&A, Corporate Finance) zu verstehen ist. Für die Damen und Herren in den M&A-Abteilungen sind ihre Kollegen im Handel, der Kreditvergabe (Syndicated Loans) und dem Vertrieb (Sales) traditionell eher die "Handwerker" und gehören in die Schublade der Kapitalmarktspezialisten.

Die Einnahmen der gesamten Branche, also aus M&A und Kapitalmarktgeschäft, betrugen nach Analysen von Thomson Reuters Dealogic im Jahr 2015 rund 75,5 Milliarden US-Dollar, was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von nur 8 Prozent bedeutet. Vor dem Hintergrund der Negativschlagzeilen der Branche ist das auf den ersten Blick kein schlechtes Ergebnis. Auf den zweiten Blick fällt aber auf, dass die Jahresbilanz ganz maßgeblich von den enormen Einnahmen aus M&A-Transaktionen in Höhe von 23,4 Milliarden US-Dollar getragen wurde. Mit Fusionen und Übernahmen wurde das zweitbeste Ergebnis der Geschichte erzielt, nur noch übertroffen von den 29,2 Milliarden US-Dollar im Vor-Finanzkrisenjahr 2007. Deutlich rückläufig waren dagegen beispielsweise die Einnahmen aus Syndicated Loans (13,6 Milliarden), Aktienemissionen (Equity Capital Markets, 18,8 Milliarden) und neuen Anleihen (Debt Capital Markets, 19,8 Milli arden). In diesen drei Marktsegmenten haben die Ergebnisse gegenüber dem Vorjahr um 22, 12 beziehungsweise 8 Prozent nachgegeben.

Nach Anbietern differenziert stehen bei den Gesamteinnahmen auf den ersten fünf Plätzen US-Häuser: J. P. Morgan auf Rang eins mit 5,99 Milliarden US-Dollar, dicht gefolgt von Goldman Sachs mit 5,5 Milliarden US-Dollar. Auf dem sechsten Platz ist das erste europäische Haus zu finden, die Deutsche Bank. Ihr rechnet Dealogic knapp 3,4 Milliarden US-Dollar zu. Bei den neuen Bonds und Aktien lag die Deutsche Bank jeweils auf Platz sechs. Auch bei den M&A-Transaktionen nimmt die Frankfurter Bank den sechsten Platz ein, ihre Einnahmen sind aber mit 890 Millionen US-Dollar weit weg von den 2,7 Milliarden US-Dollar der Nummer eins, Goldman Sachs.

Auffällig ist, dass der Vorsprung der amerikanischen Häuser sehr stark aus dem riesigen heimischen Markt kommt, der noch dazu wesentlich höhere erzielbare Margen ermöglicht. Während es bei der Deutschen Bank in den USA 1,6 Milliarden US-Dollar zu vereinnahmen gab, die den Rang sechs einbrachten, waren es bei J. P. Morgan auf dem obersten Treppchen satte 3,9 Milliarden US-Dollar. In Europa hingegen lagen beide Häuser mit 1,1 (Deutsche Bank) und 1,3 Milliarden US-Dollar (J. P. Morgan) fast gleichauf. Ein ähnliches Bild gibt es bei den anderen europäischen Banken.

Was bei der Dealogic-Ausarbeitung nicht analysiert werden kann, sind die Ergebnisse aus dem Handel oder mit strukturierten Produkten und Derivaten, in diesen Segmenten fehlt die nötige Transparenz. Ebenfalls nicht berichtet werden die wirklichen Erträge nach Kosten. Einnahmen sind zwar schön und gut, aber am Ende zählt, was hängen bleibt. Gerade im Falle der Deutschen Bank und ihrem US-Investmentbanking-/Kapitalmarktgeschäft ist das momentan sehr ernüchternd. Der Bereich Corporate Banking & Securities der Bank weist einschließlich diverser Sonderfaktoren nach Q3 des Jahres 2015 einen Verlust vor Steuern von knapp 900 Millionen Euro aus. Den aktuellen Marktgegebenheiten nach hat Anshu Jain eine Bank mit zu viel Kapitalmarktgeschäft und zu wenig Investmentbanking hinterlassen, und er hat zu viel Geld in den Versuch der Eroberung des amerikanischen Marktes investiert. An dieser Stelle hat John Cryan viel Restrukturierungsarbeit vor sich.

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