Finanzmärkte

Lehren aus der Weltfinanzmarktkrise?!

Quelle: Michael Altenburg

Am 15. September 2008 musste die US Investment Bank Lehman Brothers Insolvenz anmelden. Das löste eine allgemeine Panik aus, die den Kollaps des Weltfinanzsystems zur Folge hätte haben können, wenn nicht sofort alle monetären Schleusen geöffnet worden wären. Beim Rückblick aus einem Abstand von 10 Jahren ist deshalb der 15. September zum Stichtag der Krise geworden.

Wenn man sich die Vorgeschichte zur Lehman- Pleite ansieht, hat diese vor allem mit dem Zusammenbruch des amerikanischen Marktes für die Verbriefung von Wohnimmobilienhypothekarkrediten schwächerer Bonität zu tun, den sogenannten Subprime Mortgages. Daran lassen sich zahlreiche deutsche Banken nicht gern erinnern, die in diesem Sektor heftig involviert waren. Und ungerührt weiter involviert blieben, obwohl dem Kollaps im Verbriefungsmarkt Mitte 2007, also mehr als ein Jahr vor der Lehman-Pleite, bereits im Frühjahr 2006 eine Trendwende im Preisindex für US-Wohnimmobilien vorausgegangen war. Nach einem über 10 Jahre ununterbrochenen Anstieg der US-Wohnimmobilienpreise wurde dies von den Aficionados zunächst für eine vorübergehende Anomalität gehalten. Aber im Februar 2007 setzte dann die endgültige Trendumkehr ein.

Die zu erwartende negative Multiplikatorwirkung dieser zunächst doch eigentlich nur mäßigen Trendwende der Wohnimmobilienpreise auf den Verbriefungsmarkt für Wohnimmobilienhypotheken wurde nur von denen verstanden, die sich mit der wesentlichen, nicht schuldnerfreundlichen Besonderheit der Subprime-Mortgage-Verbriefung auskannten: Die Kernidee des Subprime-Ansatzes ist nämlich, dass für einen Zugriff auf das Vermögen eines einkommensschwachen Schuldners nur der erwartete Wertzuwachs seines Eigenheims in Betracht kommt, also eine im Zeitablauf zunehmende positive Differenz zwischen dem Marktwert der Immobilie und dem geschuldeten Hypothekenkredit (sogenannte Home Equity). Nur durch auschließliche Basierung auf diesen (hinter)listigen, rein spekulativen, weil als permanent tatsächlich wirksam unterstellten Hebel wurde das Subprime-Mortgage-Geschäftsmodell überhaupt möglich und funktionierte dann ja auch so lange, wie die Hauspreise weiter stiegen. Und dieser Anstieg hatte sich doch über 10 Jahre lang ununterbrochen bestätigt und fortgesetzt. Angesichts der sozialpolitisch allgemein beliebten Zielsetzung eines Eigenheims für sozial Schwächere hatte Subprime Mortgaging auch volle politische Rückendeckung, sodass nicht groß Wunder nimmt, das im Laufe der Jahre dann auch immer saloppere Rating- und Strukturierungspraktiken um sich griffen.

Bedeutsam nach über 10 Jahren bleibt vor allem der weniger beachtete Umstand, dass sämtliche Risikomanagementinstrumente wie vor allem der Value-at-Risk-Ansatz und damit auch die Bonitätseinstufungen der Rating-Agenturen ex ante blind für die bereits ab Februar 2007 einsetzende Trendwende waren und blieben, bis sie bereits eingetreten war.

Schlicht irrational war die ab Mitte 2007 sich durch sämtliche Finanzmärkte allmählich durchfressende Panikstimmung, die mit dem Lehman-Kollaps im September 2008 ihren Höhepunkt erreichte. Verbriefung wurde zum Schimpfwort. Dass aber selbst US Subprime Mortgages nicht bloßer "Schrott" waren, belegt das Beispiel des von der Schweizer Nationalbank noch in 2008 für die UBS gebildeten Stabilierungsfonds von 38,7 Milliarden US-Dollar. Dieser Fonds wurde unaufgeregt und professionell gemanagt und konnte im November 2013, also noch bevor der US-Hauspreisindex auf den Stand von Februar 2007 zurückgeklettert war, mit einem Nettogewinn für die SNB von 3,7 Milliarden US-Dollar wieder an die UBS zurückverkauft werden.

Da alle sogenannten Risikomanagement-Tools auch in einer nächsten Krise wieder in ihrer angeblichen Robustheit versagen müssen, ist die eigentliche, scheinbar bereits wieder vergessene Lehre, sich nicht vollständig jenen Tools auszuliefern. Und auch nicht den jetzt modischen diversen Formen von Crowd Hype. Stattdessen steht unverändert, egal ob der Markt gerade rauf oder runter geht, als Grenze erfahrbaren Zukunftswissens die individuelle Wahrnehmungsfähigkeit, zu der auch die Vernunft gehört, angesichts zukünftiger Ungewissheiten Vorsicht walten zu lassen und nichts zu glauben oder sich einreden zu lassen, was man nicht selbst genau angesehen und verstanden hat. Michael Altenburg, Luzern

Michael Altenburg , Luzern, Schweiz
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