Wealth Report

Perspektiven zurechtgerückt

Wer sind die reichsten Leute der Welt? Von wem werden die einschlägigen Ranglisten in den USA, in China, in Russland, in Europa oder in Deutschland angeführt? Die Antworten auf solche Fragen finden in aller Welt ganzjährig Interesse. Und wenn die diversen (Finanz-)Dienstleister, Beratungsunternehmen und Medien alljährlich mit den entsprechenden Untersuchungen aufwarten, finden sie breite Beachtung und sind oft Grundlage für ein Wiederaufflammen von Verteilungsdiskussionen.

In die Reihe solcher Veröffentlichungen gehört auch der mittlerweile in der sechsten Ausgabe erschienene Global Wealth Report der Allianz. Dass er traditionell erst im Herbst veröffentlicht wird, hat im laufenden Jahr davor bewahrt, die Perspektiven für die weitere Entwicklung der Vermögenslage der privaten Haushalte allzu rosig einzuschätzen. Denn die Euphorie ist im dritten Quartal 2015 merklich verflogen. Sowohl der MSCI World (Jahreshöchststand Ende Mai) als auch der Eurostoxx 50 (Mitte April) und der Dax (Mitte April) haben ihre fulminanten Höhenflüge im weiteren Jahresverlauf nicht halten können und liegen Anfang Oktober leicht unter oder nur moderat über den Werten zum Jahresstart. Der Dow Jones und besonders der chinesische Aktienindex Hang Seng notieren derzeit sogar deutlich unter den Jahresanfangs ständen - Letzterer, wegen der Probleme in China, sogar gut 21 Prozent unter dem Höchststand von Ende April. Dennoch passt auch die volatile Entwicklung im bisherigen Jahresverlauf zu dem Grundmuster, wie es die Allianz-Studie für 2014 he rausgearbeitet hat.

Mit einer Zuwachsrate von 7,1 Prozent für das globale Bruttogeldvermögen der privaten Haushalte 2014 hat sich das robuste Wachstum der Vorjahre fortgesetzt. Als markanteste Entwicklungen werden dabei der Anstieg der globalen Nettogeldvermögen auf über 100 Billionen Euro, der Anstieg der sogenannten globalen Vermögensmittelklasse auf über eine Milliarde Menschen sowie das starke Wachstum des privaten Vermögens in China hervorgehoben. Bis zum April des laufenden Jahres von stark wachsenden Aktienkuren begünstigt hat das Land im Berichtsjahr 2014 Japan übertroffen.

Deutschland ist mit seinem Rang 18 im Länderrating des Nettogeldvermögens pro Kopf und mit Rang 19 im Bruttogeldvermögen pro Kopf bezeichnend für die mittelfristige Entwicklung in Europa. Seit 2000 fiel es bei den Bruttovermögen ebenso wie Belgien um vier Rangstufen. Frankreich verlor fünf Plätze und Italien gar elf. Aufsteiger sind neben Australien und Taiwan die skandinavischen Länder Schweden (plus sieben), Norwegen (plus sechs) und Dänemark (plus vier). Insgesamt registriert die Studie die Eurokrise als erheblichen Rückschlag für den Vermögensaufbau in Europa.

Dass die Allianz-Studie zur globalen Vermögensentwicklung erstmals die nationale Vermögensverteilung untersucht und mit dem Stand um die Jahrtausendwende verglichen hat, steht möglicherweise unter dem Eindruck des Bestsellers des französischen Ökonomen Thomas Piketty aus dem vergangenen Jahr. Anders als es die teils heftig geführten Diskussionen seinerzeit vermuten lassen, hält sich der Studie zufolge die Zahl der Länder, die gegenüber dem Jahr 2000 eine stärkere Gleichverteilung aufweisen, mit jenen, die eine stärkere Ungleichverteilung haben, in etwa die Waage. Auffällig zugenommen hat die Ungleichverteilung freilich in den USA, die zudem noch den höchsten Zuwachs der Quote aufweisen. Am sichtbarsten abgenommen hat sie mit Blick auf die westlichen Länder in Schweden, Belgien und Norwegen. In Argentinien, Brasilien und Mexiko hat zuletzt das Wachstum eine größere Gleichheit der Vermögensverteilung begünstigt. In Deutschland ist die Ungleichheit der Vermögensverhältnisse immer noch stark durch die unterschiedlichen Lebensbedingungen in den alten und neuen Bundesländern geprägt. Gravierend geändert hat sich die Vermögensverteilung seit 2000 aber nicht.

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