Zahlungsverkehr II

Es ist ruhig geworden um die Salden

Das europäische Zahlungsverkehrssystem "Target2" wird demnächst Zuwachs bekommen. Laut der Europäischen Zentralbank hat die dänische Zentralbank einen Antrag auf Beitritt zum Zahlungssystem T2 - des neuen Echtzeit-Bruttosystems (RTGS-System) des Eurosystems und Nachfolgers von Target2 - gestellt. Die Anbindung soll bis 2025 erfolgen. Hintergrund ist der Wunsch der Dänen an der Zulassung zum Target Instant Payment Settlement (TIPS), über das Überweisungen zwischen Privatpersonen und Unternehmen unabhängig von den Öffnungszeiten der örtlichen Banken innerhalb von Sekunden abgewickelt werden können. TIPS ist laut Notenbankern ein wichtiger Schritt für Europa, um im Zahlungsverkehr unabhängiger von den großen Kartendienstleistern Mastercard und Visa zu werden. Laut Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz habe das Eurosystem damit eine letzte Lücke für die gesamteuropäische Abwicklung von Instant Payments geschlossen. Doch es geht nicht nur um das Eurosystem, es geht um ganz Europa. Entsprechend wichtig ist das Signal der Dänen. Und auch die Schweden sind mit an Bord: Bereits seit Oktober dieses Jahres läuft ein Projekt, mit dem die Sveriges Riksbank und die Europäische Zentralbank die Abwicklung blitzschneller Zahlungstransfers auch in andere Währungen testen.

An anderer Stelle ist es dagegen ruhig um Target2 geworden, was die Verantwortlichen aber sicherlich keineswegs stört. Denn schon länger sind die Target2-Salden, also die aus Interbankengeschäften der Geschäftsbanken resultierenden Verrechnungssalden der Notenbanken, kein größeres Thema mehr in der Öffentlichkeit. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Kritiker, allen voran der ehemalige ifo-Chef Hans-Werner Sinn, die enormen Forderungen der Bundesbank an andere Notenbanken scharf kritisierten und diese als großes Risiko für den deutschen Steuerzahler anprangerten.

Die Ruhe, vielleicht eine trügerische, mag damit zusammenhängen, dass die enormen bestände zwischenzeitlich ein wenig zurückgingen und dass die Sorgen vor einem Auseinanderbrachen der Währungsunion in den vergangenen Jahren seit 2012, dem bisherigen Höhepunkt der Staatsschuldenkrise mit der Rettungsaktion für die Griechen, kleiner geworden sind. Seit Ausbruch der Corona-Krise aber steigen die Salden wieder spürbar an. Laut jüngsten Daten der Bundesbank liegen die Target2-Forderungen per Ende September 1,115 Billionen Euro und damit um mehr als 200 Milliarden Euro höher als noch zu Jahresanfang. Und auch die Sorgen um eine gemeinsame Zukunft Europas sind vor dem Hintergrund des Brexit und der Bewältigung der Pandemie leider wieder größer geworden, was nicht zuletzt die Streitereien um die Bewilligung des EU-Rettungspakets zeigen. Es bleibt also zu hoffen, das Bundesbank-Präsident Jens Weidmann immer noch recht behält, mit dem was er bereits 2012 voller Überzeugung sagte: "Für mich stellen die Target2-Forderungen der Bundesbank auch kein eigenständiges Risiko dar, weil ich ein Auseinanderbrechen der Währungsunion schlichtweg für absurd halte."

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