Konjunktur

Unsicherheit als Innovationsbeschleuniger?

Pressefoto der Vorsitzenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU/Laurence Chaperon

Dass Parteitage eine Einstimmung auf den Wahlkampf bedeuten und deshalb griffige Botschaften hervorbringen, ist keineswegs ungewöhnlich. Dass die Bundeskanzlerin zu diesem Anlass Anfang Dezember vergangenen Jahres, also keine zehn Monate vor der Abstimmung über die künftige Regierungskonstellation, allerdings das Bild von einer "Welt aus den Fugen" verbreitete, wirft sofort die Frage auf, ob das wohl eine geschickte oder eher eine gewagte Rhetorik war. Mit einer Angstkampagne beziehungsweise einem Stimmungsbild der Unsicherheit Wahlen gewinnen zu wollen, ist jedenfalls riskant. Zieht man allerdings das in den vergangenen Jahren recht gute Gespür Angela Merkels für das aktuelle Stimmungsbild in der Gesellschaft ins Kalkül, dürfte ihre Kernbotschaft - in der Sache und Stand heute - bei den Wählern allgemein wie in vielen Teilen der Wirtschaft durchaus als realistische Bestandsaufnahme ankommen. Denn angesichts der Vielschichtigkeit des globalen Zusammenwirkens, des Für und Wider vieler politischer Entscheidungen und wirtschaftlicher Handlungen sowie der enormen Wechselwirkungen verschiedenster Handlungsstränge ist die gesamte Welt und ihr Wirtschaftsleben derzeit in Unruhe. Das wahre (Er-)Leben war im Herbst 2016 und ist zur Jahreswende von hoher Unsicherheit geprägt und kaum von Aufbruchsstimmung.

Bei vielen Bürgern und in vielen gesellschaftlichen Gruppen herrscht nicht zuletzt deshalb pure Verunsicherung, auch oder gerade weil seit Monaten eigentlich immer und immer wieder die gleichen oder ähnliche Szenarien gespielt werden, angefangen vom Brexit und ungewisser US-Politik bis hin zu möglichen Szenarien eines begrenzten Handlungsspielraums der politisch Verantwortlichen in den Niederlanden, in Frankreich und in Deutschland mit Blick auf das kommende Wahljahr. In dieses Klima der politischen Verunsicherung und zu dem in vielen Ländern registrierbaren Wunsch der Bevölkerung nach klaren Lösungen mischen sich dann noch wirtschaftliche Entscheidungen von großer Tragweite wie die Geldpolitik der wichtigen Notenbanken sowie die emsigen Aktivitäten der zuständigen Regulierungsinstanzen - nicht nur in der Finanzwirtschaft. Kurzum: Selbst Fachleute finden sich in der Vielfalt der Einflüsse und einer mangelnden Kalkulierbarkeit kommender Entwicklungen nur schwerlich zurecht und wünschen sich weniger und wenn dann zumindest verständliche oder zumindest machbare Vorgaben.

An den Kapitalmärkten gilt Verunsicherung der Akteure als Bremse. Und trotz bisher robuster deutscher Wirtschaft wird dieses Gefühl durch die Betonung der Risiken und Unsicherheitsfaktoren in vielen aktuellen Konjunkturprognosen noch verstärkt. In der Realwirtschaft indes könnte der Wettbewerbsdruck durch die noch nicht ganz klaren und zum Teil sogar recht diffusen Anforderungen der Digitalisierung den Investitionsstau auflösen und zumindest den Ausrüstungsinvestitionen in die IT-Technik einen spürbaren Schub verleihen. Dass sie an der technischen Ausstattung nicht sparen dürfen, ist vielen Kreditinstituten jedenfalls klar, zumal auch die Aufsicht die Prüfung der Güte der IT weit oben auf ihrer Agenda hat.

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