EXPERTENGESPRÄCH

2. Pfandbrief-Roundtable

Foto: Karpf!kreativ, Michael Häfner

20. Februar 2019

Herr Tolckmitt, wie sieht das allgemeine Marktumfeld im Jubiläumsjahr des Pfandbriefs aus?

Jens Tolckmitt: Lassen Sie mich zunächst etwas zurückblicken. Nicht jeder hätte vor zehn Jahren, mitten in der Finanzkrise, geglaubt, dass wir in diesem Jahr den 250. Geburtstag des Pfandbriefs feiern. Ich erinnere mich noch gut daran, dass im Jahr 2009 die Kapitalmarktverhältnisse ganz andere waren als heute. Erfreulicherweise hat sich der Pfandbrief in diesen stürmischen Zeiten nicht nur sehr gut behauptet und seine Widerstandskraft nachdrücklich unter Beweis gestellt, sondern er ist seither zu einem strategischen Refinanzierungsinstrument für Banken - weit über die traditionellen Spezialinstitute hinaus - geworden. Das sieht man nicht nur an der stark gestiegenen Anzahl von Emittenten unterschiedlichster Couleur, die mittlerweile im Pfandbriefmarkt aktiv sind, sondern auch an den vielen Staaten weltweit, die seither pfandbriefähnliche Produkte eingeführt haben.

Mit Blick auf das aktuelle Marktgeschehen war nach vielen Jahren rückläufigen Umlaufvolumens, bedingt durch verschiedene Entwicklungen im aufsichtlichen und geldpolitischen Bereich, zum Jahresende 2018 erstmals wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Und dies scheint sich auch im laufenden Jahr fortzusetzen: Die Dynamik bei den Pfandbriefemissionen war in den ersten Monaten 2019 jedenfalls so groß wie schon lange nicht mehr zu Beginn eines Jahres. Und es setzt sich ein Trend fort, den so mancher dem deutschen Pfandbrief zum Ende der Nullerjahre schon nicht mehr zugetraut hatte: Er hat sich seit 2012 im liquiden Segment als eines der beiden führenden Covered-Bond-Produkte fest etabliert. Insgesamt lässt sich somit also ein sehr positives Bild für das Jubiläumsjahr zeichnen.

Der vdp hat mittlerweile 50 Mitglieder: Macht die gestiegene Vielfalt der Pfandbrief-Familie die Verbandsarbeit schwieriger?

Jens Tolckmitt: Wir freuen uns über dieses starke Wachstum, nicht nur, weil es den Bedeutungszuwachs unseres Produktes widerspiegelt. Auf den ersten Blick erscheint Ihre Annahme natürlich plausibel: Die Landschaft der Emittenten wird zunehmend heterogener, Institute aus allen Säulen der Kreditwirtschaft mit sehr unterschiedlichen Geschäftsmodellen setzen mittlerweile auf den Pfandbrief.

Aber unabhängig davon besteht der große gemeinsame Nenner aller vdp-Mitglieder in dem Bewusstsein, die hohe Qualität des Produkts bewahren zu wollen. Dieses Anliegen teilen wir im Übrigen auch ausdrücklich mit der Aufsicht. Alle Institute - egal ob sie den Pfandbrief als wesentliches oder ergänzendes Refinanzierungsinstrument einsetzen - wissen: Der Pfandbrief funktioniert nur dann, wenn er qualitativ über jeden Zweifel erhaben ist. Das wiederum erleichtert die Verbandsarbeit enorm.

Herr Güldner, stellt die steigende Heterogenität des Emittenten-Kreises die Aufsicht vor zusätzliche Herausforderungen? Wie gehen Sie damit um?

Matthias Güldner: Eine Herausforderung ist die steigende Anzahl an Pfandbriebanken natürlich insofern, als sie entsprechend mehr Ressourcen im Rahmen der Erlaubniserteilung und laufenden Aufsicht im Anschluss daran erforderlich macht. Das ist letztlich ein rein mengenmäßiges Phänomen. Davon abgesehen bereitet mir die gestiegene Heterogenität keine Sorge, denn die Aufsicht hat grundsätzlich - auch abseits des Pfandbriefs - Erfahrung damit, neue Spieler am Markt zuzulassen und gerade zu Beginn intensiv zu begleiten.

Herr Blomenkamp, wie bewerten Sie die veränderte Zusammensetzung der deutschen Emittenten-Landschaft? Einerseits kommt es zu einer Konsolidierung unter großen Marktteilnehmern, die Ihre Auswahl einschränkt, andererseits sind da die vielen kleineren Neuemittenten, die Ihr Interesse aber vermutlich weniger wecken?

Felix Blomenkamp: Wir blicken grundsätzlich natürlich über den deutschen Markt hinaus. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen: Es ist eine große Leistung des deutschen Pfandbriefs, dass viele andere Länder in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten das Produkt nachgeahmt haben. Insofern haben wir als global aufgestellter Investor genügend Emittenten zur Auswahl. Großvolumige Anleihen am Markt sind uns tatsächlich lieber, denn für uns ist die Liquidität unserer Investments wichtig. Mit Blick auf die kleineren Emittenten ist es tatsächlich so, dass sie für uns weniger interessant sind. Üblicherweise sind wir bestrebt, Investments zu skalieren, das heißt, über alle Portfolios hinweg ein solches Produkt zu kaufen.

Herr Kammerer, was ist in Ihren Augen das Erfolgsrezept des Pfandbriefs? Waren es zuletzt nicht auch verstärkt externe Faktoren, Stichwort "EZB"?

Peter Kammerer: Wie von Herrn Tolckmitt bereits angedeutet, hat der Pfandbrief insbesondere zu Zeiten der Finanzkrise eindrucksvoll seine hohe Verlässlichkeit für Emittenten unter Beweis gestellt. Es war das erste Produkt, das die LBBW nach Lehman im Frühjahr 2009 nutzte - natürlich zu deutlich höheren Spreads als heute. Aber grundsätzlich war es bemerkenswert, dass eine breite Platzierung am Markt, gerade auch bei internationalen Investoren, gelingen konnte. Ein wichtiges Erfolgskriterium liegt in der regulatorischen Privilegierung von Covered Bonds und Pfandbriefen. Für Banken beispielsweise gelten die Produkte im Rahmen der Liquiditätssteuerung als High Quality Liquid Assets (HQLA).

Das sind stützende Elemente für die Nachfrage, wobei die sich infolge der regen EZB-Aktivitäten natürlich spürbar verschoben hat. Für Emittenten ist das ein zweischneidiges Schwert: Die hohe Nachfrage der EZB vereinfacht auf der einen Seite den Absatz, auf der anderen Seite kommt es zu Crowding-Out-Effekten bei traditionellen Pfandbriefinvestoren. Das lässt sich bei allen Emittenten deutlich beobachten und bleibt natürlich nicht ohne Auswirkung auf die Spreads. Für manchen Investor muss man vor diesem Hintergrund fairerweise festhalten, dass der Pfandbrief renditetechnisch kein wirklich attraktives Investment mehr ist.

Grundsätzlich sehe aber auch ich die Entwicklung des Pfandbriefs sehr positiv. Er ist ein strategisch unverzichtbares Refinanzierungsinstrument für Emittenten wie die LBBW. Bei Fremdwährungsemissionen, die sich dem Einfluss der EZB entziehen, zeigen Investoren übrigens ungebrochen großes Interesse, wobei Emittenten trotzdem günstige Spreads erzielen können. Die Nachfrage ist somit also auch ohne die EZB weiter gegeben und intakt. Das zeigt sich zunehmend auch am europäischen Primärmarkt, wo die EZB in den ersten Monaten 2019 deutlich weniger präsent in den Orderbüchern gewesen ist. Trotzdem können die Pfandbriefe weiter gut platziert werden und es kam nur zu leichten Ausweitungen bei den Spreads. Das ist ein wichtiger Schritt zurück zur Normalität, denn es gab Zeiten, in denen Pfandbriefe einfach extrem eng gehandelt wurden.

Herr Ernst, wie hoch wird der Einfluss der EZB vor dem Hintergrund der anstehenden Reinvestments von Fälligkeiten in den kommenden Jahren noch sein?

Patrick Ernst: Nachdem sich die EZB im Verlauf des Jahres 2018 schrittweise aus dem Anleihemarkt zurückgezogen und das Ankaufprogramm im Dezember offiziell beendet hat, wird sie nun die fällig werdenden Anleihen über einen längeren Zeitraum hinaus reinvestieren. Führt man sich vor Augen, dass sich derzeit rund 40 Prozent aller Euro-Benchmark-Anleihen im Bestand der EZB befinden, das heißt rund 266 Milliarden Euro wieder angelegt werden müssen, wird deutlich, dass die EZB dem Markt als ein großer Investor erhalten bleibt und das Marktgeschehen noch auf Jahre hinaus maßgeblich beeinflussen wird.

Herr Güldner, was bringt das Pfandbriefjahr 2019 aus Sicht der Aufsicht - wie lautet Ihre "regulatorische Agenda"?

Matthias Güldner: Ganz oben steht natürlich die Gesetzesharmonisierung auf europäischer Ebene und die Umsetzung in nationales Recht.

Werden Sie bei der Umsetzung in Deutschland wie gewohnt eher streng oder gar überkorrrekt sein?

Matthias Güldner: Ich glaube nicht, dass wir überkorrekt sind. Gerade mit Blick auf den Pfandbrief ist es für die Aufsicht essenziell, das Produkt sicher zu halten und die Qualitätsmerkmale des Produkts bestmöglich zu unterstützen. Das klang bei Ihrer Frage zur Heterogenität der Emittenten ja bereits an: Die Regulierung muss klar und eindeutig für den deutschen Pfandbrief sein und bleiben - auch unter einem europäischen Dach. Bei Neuanträgen zur Pfandbrieferlaubnis achten wir deshalb genau darauf, dass die Gesetze eingehalten werden und dass es der Investor mit einem Emittenten zu tun bekommt, der dieselben hohen Standards und Qualitätsmerkmale einhält. Natürlich gelten die hohen Anforderungen auch für die dauerhafte Aufsicht über das Pfandbriefgeschäft bei den etablierten Emittenten. Auch hier stellen wir im Rahmen regelmäßiger Prüfungen fest, dass keine Erosion der Standards einsetzt.

Ist die pfandbriefliche Aufsicht im Zuge der allgemeinen Verschärfung der Bankenregulierung intensiver geworden?

Matthias Güldner: Die Aufsicht für den Pfandbrief war schon immer intensiv - eben weil das Pfandbriefgesetz eine herausgehobene öffentliche Aufsicht mit entsprechenden Instrumenten wie der Deckungsprüfung oder der Bestellung eines Treuhänders vorsieht. Die Einschätzung, dass sie intensiver geworden ist, teile ich nicht. Es gibt natürlich immer wieder gesetzliche Veränderungen, die unter Umständen als intensiver empfunden werden. Aber das liegt in der Natur der Sache.

Frau Miehs, nicht nur auf dem Pfandbriefmarkt, sondern auch auf dem gesamten europäischen Covered-Bond-Markt ging es 2018 äußerst rege zu. Mit einem Volumen von etwa 133 Milliarden Euro an Euro-Benchmark-Emissionen war es das beste Jahr nach 2011 und 2015, wobei wohlgemerkt lediglich 86,5 Milliarden Euro an Benchmark-Covered-Bonds fällig wurden. Kam dieses erstmals seit langer Zeit wieder positive Nettoneuangebot für Sie überraschend? Und was sind die Gründe dafür?

Sabrina Miehs: Nein, das hat mich nicht überrascht. Es stimmt zwar, dass im Jahresverlauf einige Analysten ihre Schätzungen für das Gesamtjahr anheben mussten, weil sie die Dynamik zunächst leicht unterschätzt hatten. Die Hauptrolle für die starke Marktentwicklung im vergangenen Jahr dürfte letztlich das auslaufende Kaufprogramm der EZB gespielt haben. Viele Emittenten werden das im Hinterkopf gehabt und möglichst viel vorfinanziert haben. Es gab sicher auch einige TLTROs, bei denen bereits im vergangenen Jahr an Vorfinanzierungen - sofern möglich - gedacht wurde.

Zu Jahresbeginn 2019 kam es infolge der nachlassenden EZB-Unterstützung sowie der gestiegenen Unsicherheit am Kapitalmarkt zu teils signifikanten Spreadausweitungen bei Pfandbriefen und Covered Bonds. Wie ist das zu beurteilen?

Sabrina Miehs: Das stimmt, wobei sich die Spreads relativ schnell wieder um durchschnittlich rund sieben Basispunkte bei Covered Bonds eingeengt haben. Die Nachfrage ist nach Beendigung des Kaufprogramms der EZB insgesamt gesehen extrem zurückgekommen. Wir beobachten zahlreiche Rückkehrer unter Versicherern und Asset Managern, die vor allem bei langlaufenden Pfandbriefen und Covered Bonds stark zugreifen. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Orderbüchern: In Deutschland und Frankreich etwa lag die Bid-to-Cover-Ratio im vergangenen Jahr durchschnittlich bei jeweils 1,5, was bereits sehr auskömmlich ist. In diesem Jahr ist dieser Wert mit 1,9 beziehungsweise 2,1 sogar nochmals deutlich höher. Es ist also viel mehr Nachfrage vorhanden - vielleicht auch deshalb, weil man mittlerweile doch nicht mehr an in absehbarer Zeit steigende Zinsen glaubt und sicheren Produkten zum jetzigen Zeitpunkt den Vorzug gibt.

Wie sind Ihre Erwartungen für das laufende Jahr?

Sabrina Miehs: Die Erwartungen sind grundsätzlich hoch. Entscheidend ist die Frage, wie das dritte TLTRO-Programm der EZB wirken wird. Bis jetzt haben sich Banken aus Peripherieländern sehr zurückgehalten. Aber um das große Bild zu beschreiben: Die Konjunktur bleibt 2019 robust, wenn auch nicht mehr ganz so dynamisch wie in den Vorjahren. Die Immobilienmärkte laufen indes weiter sehr gut, sodass der Refinanzierungsbedarf weiter groß ist. Und das wird sich wiederum auf den Primärmarkt positiv auswirken.

Herr Ernst, hat die DZ Hyp Refinanzierungsmaßnahmen aufgrund des abnehmenden EZB-Einflusses vorgezogen, wie von Frau Miehs gerade beschrieben?

Patrick Ernst: Das Thema Pre-Funding wurde im vergangenen Jahr sicherlich in vielen Banken diskutiert. Ob und in welchem Ausmaß Emittenten Refinanzierungsmaßnahmen vorgezogen haben, hängt letztendlich von einer Reihe von Faktoren ab. Die Sorge vor steigenden Spreads im Zuge des Ausstiegs der EZB war sicherlich - wie wir ja auch gesehen haben - berechtigt, allerdings war das Ende des Ankaufprogrammes von der EZB schonend und gut vorbereitet. Außerdem bleibt uns die Zentralbank im Rahmen ihrer Reinvestitionspolitik auch weiterhin als wichtiger Akteur am Markt erhalten, sodass die Nachfrage nach Pfandbriefen hoch bleiben dürfte, wenn auch auf verändertem Niveau.

Zudem sind wir als Emittent zuversichtlich, mit dem Pfandbrief ein starkes und zuverlässiges Refinanzierungsinstrument in unserer Toolbox zu haben, das sich stets gut an die verschiedenen Marktentwicklungen anpasst und insbesondere auch in schwierigen Phasen bewährt hat. Dementsprechend gehören Pfandbriefe auch zu den Covered Bonds, bei denen in der Vergangenheit vergleichsweise geringe Spreadausweitungen zu beobachten waren.

Herr Michl, wie beurteilen Sie die Entwicklung? Und wie bereitet sich die pbb auf eine sich langsam verändernde Zusammensetzung der Investoren vor?

Götz Michl: Die Vergangenheit hat eines sehr deutlich gezeigt: Negative Spreads verdrängen die langfristig orientierten Real-Money-Investoren, im Zweifel auch die Asset Manager. Jetzt haben wir wieder leicht positive Spreads und umgehend sind diese "echten" Investoren wieder da. Das Produkt funktioniert also reibungslos. Dabei sind die Spreads in einer Größenordnung von minus fünf auf plus fünf Basispunkte gestiegen - kein allzu großer Sprung also. Die Orderbücher waren zu Jahresbeginn 2019 dennoch ausgesprochen gut gefüllt. Aus Sicht der Emittenten ist das beruhigend, auch wenn es nun ein Stückchen teurer ist.

Ich möchte an dieser Stelle nur einmal an die Fragen erinnern, die uns Mitte 2018 und zum Teil auch bereits davor umgetrieben haben: Wird der Markt infolge der starken Nachfrage der EZB zerstört? Gibt es dann den Pfandbrief-Investor vielleicht nicht mehr? Dazu ist es erfreulicherweise nicht gekommen. Die Investoren sind zurückgekehrt, nicht zuletzt deshalb, weil die Emittenten den Kontakt zu den klassischen Pfandbriefanlegern in den vergangenen Jahren erhalten und gepflegt haben.

Herr Blomenkamp, fühlten Sie sich stets gut genug behandelt? Und welche Anforderungen stellen Sie an den Pfandbrief?

Felix Blomenkamp: Absolut, ich kann nicht sagen, dass wir uns jemals schlecht behandelt gefühlt haben. Über die hohe Qualität des Produkts brauchen wir uns grundsätzlich nicht zu unterhalten. Gerade für diejenigen Investoren, die vielleicht nicht über große Research-Kapazitäten verfügen, ist der Pfandbrief zu Recht ein "No-Brainer".

Für uns als globaler Investor ist es immer eine Frage des Relative Value, sprich welchen Spread bekommt man im Vergleich zu Alternativprodukten? Wir schauen also gar nicht so sehr auf das absolute Zinsniveau. Beim Pfandbrief ist der Zinsaufschlag zur Swapkurve derzeit tatsächlich wieder attraktiver, zudem sind die Neuemissionsprämien zuletzt angestiegen. Das sind wichtige Faktoren. Darüber hinaus sehen wir uns genau an, wie der Pfandbrief im Vergleich zu den Senior-Preferred-Anleihen, also der nächsten Risikoklasse bei den Banken, rentiert. Wenn der Pfandbrief unter Abwägung all dieser Aspekte attraktiv im Verhältnis zum Risiko gepreist ist, dann kaufen wir ihn.

Im Übrigen ist der Pfandbrief für uns nach wie vor ein Kreditprodukt, wenn auch natürlich ein hochqualitatives. Das heißt, wenn sich die Spreads im Bereich der Corporates ausweiten, wird man diese Bewegung ein Stück weit auch bei Pfandbriefen sehen. Es gilt also abzuwägen, ob die Liquiditätsprämie bei Pfandbriefen relativ zu einer Staatsanleihe, die sich dann vielleicht nicht oder vielleicht sogar in die andere Richtung (AAA-Anleihen) bewegt, gerechtfertigt ist.

Kaufen Sie Covered Bonds aus Peripheriestaaten?

Felix Blomenkamp: Das kommt darauf an, ob es sich rentiert. Italienische Covered Bonds beispielsweise sind aus unserer Sicht derzeit zu teuer. Es ist immer auch eine Frage der Alternativen: Wenn unser Kunde es uns im Rahmen eines Mandats erlaubt, neben Covered Bonds auch Staatsanleihen zu kaufen und diese rentieren höher als Covered Bonds, dann tue ich das natürlich. Die Liquidität in italienischen Staatsanleihen ist schließlich höher als in italienischen Covered Bonds.

Pimco hält Assets under Management in Höhe von rund 1,6 Billionen US-Dollar. Wie entwickelt sich der Pfandbriefanteil daran?

Felix Blomenkamp: Tendenziell schrumpft der Pfandbriefanteil bei uns, da Asset-backed Securities zuletzt attraktiver waren. Wir glauben, dass Bankemissionen - auch im Bereich Nachrang - durchaus ihren Wert haben, da sich die Kapitalausstattung der Banken in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat. In der Vergangenheit ist es regelmäßig so gewesen: Der Kauf eines Produkts mit relativ geringen Spreads, dafür aber einer sehr hohen Liquidität, machte unter Umständen trotzdem Sinn. Aber in dem Umfang, in dem - zumindest aus unserer Sicht - die Liquidität im Pfandbriefsegment zurückgegangen ist, kann man sich auch andere Produkte anschauen, die möglicherweise einen höheren Spread bieten und ebenfalls relativ liquide sind. Das Thema Liquidität ist also ein ganz essenzielles und dies sollte sicherlich auch aus Sicht der Emittenten wichtig sein: Wie stellt man eine hohe Liquidität sicher und wie kann man die Situation möglicherweise verbessern?

Herr Kammerer, wie kann man das verbessern?

Peter Kammerer: Der naheliegende Weg zu mehr Liquidität besteht natürlich darin, größere Emissionen zu wählen. Dass dies auch geschieht, sieht man mit Blick auf die zuletzt stark gesunkene Bedeutung von Privatplatzierungen im Pfandbriefmarkt. Allerdings gestaltet es sich vor allem für kleinere Emittenten grundsätzlich schwierig, großvolumige Anleihen zu begeben. Zum einen sind kleinere Emissionen aus Sicht der Treasury-Abteilungen oftmals günstiger, da sie die Poolsteuerung erleichtern.

Für die LBBW sind Emissionen von einer Milliarde Euro durchaus darstellbar.

Theoretisch denkbar wären im Sinne einer höheren Liquidität außerdem die stärkere Bereitstellung von Handelsbüchern, die über das bisherige Market-Making hinausgehen. Allerdings sind hier sehr enge Grenzen gesetzt. Dazu muss man sich nur einmal die entsprechenden aufsichtlichen Anforderungen vergegenwärtigen. Hinzu kommt, dass die Margen im Pfandbriefgeschäft relativ eng sind. Die Lösung könnte vielleicht darin liegen, dass sich das Geschäft stärker in Richtung Plattform entwickelt, sprich der physische Handel zurückgeht und darüber eine höhere Kosteneffizienz erzielt werden kann. Ob das aber im großen Stile kommt, muss man abwarten. Ich glaube jedenfalls nicht, dass die Banken künftig stark im Eigenhandel aktiv werden. Es wird für den Emittenten eher wichtig sein, dass die Anleihen eine gewisse Größe besitzen, denn dann sieht man auch eine große Nachfrage.

Götz Michl: Das Thema Sekundärmarktliquidität ist für den Emittenten in der Tat relativ schwierig, vor allem für eine Bank ohne eigenes Investment Banking wie die pbb. Wir handeln grundsätzlich nicht in unseren eigenen Emissionen, um eine unbeabsichtigte Marktbeeinflussung zu vermeiden. Daher stellen wir für eigene Benchmarks, die breit diversifiziert sind, keine Liquidität zur Verfügung. Ausnahmen sind kleinere Emissionen, die wir komplett vom Markt nehmen können und somit alle Investoren gleich behandeln.

Im Ergebnis ist die Frage nach der Liquidität zwar für Investoren wichtig, aber nicht immer so einfach zu beantworten. Natürlich ist die Benchmark die liquidere Variante, die sich besser verkaufen lässt. Nur bleibt die Frage, ob es ausreichend große Handelsbücher gibt, die gute Kurse stellen.

Patrick Ernst: Die Frage der Liquidität im Pfandbriefsegment wurde in den vergangenen Jahren natürlich auch maßgeblich durch das Kaufprogramm der EZB beeinflusst. Da dieses nun beendet wurde, entspannt sich die Lage etwas. Außerdem haben wir durch die regulatorische Privilegierung größerer Anleihen ein weiteres Argument für liquidere Märkte. Allerdings befinden wir uns derzeit immer noch in der Phase, in der liquide Portfolios insbesondere bei Banken aufgebaut werden. Die Pfandbriefe werden somit zur Einhaltung von Kennzahlen eingesetzt oder für Eigenanlagen verwendet, sodass wenig Material in den Markt kommt. Damit es tatsächlich zu mehr Liquidität kommen kann, braucht es zusätzliche Lösungen, wie bereits von Herrn Kammerer angesprochen. Da kann es hilfreich sein, über Plattformen oder über Handelsbücher in Banken nachzudenken. Wie erfolgreich diese Strategien sein können, wird die Zukunft zeigen.

Allerdings wird es aber auch eine Reihe von kleineren Emittenten geben, die aufgrund ihres jährlichen Emissionsvolumens und der Größe von Anleihen anders über dieses Thema nachdenken müssen als größere Pfandbriefhäuser. Ob diese Pfandbriefe ausreichend liquide sind, ist die Frage. Insofern glaube ich, dass es bezüglich der Liquidität von Anleihen immer eine gewisse Differenzierung unter Emittenten geben wird.

Jens Tolckmitt: Unsere regelmäßigen Diskussionen mit Investoren zeigen, dass zuletzt vor allem die Veränderung des Spreadniveaus ausschlaggebend für deren Rückkehr in den Markt gewesen ist. Bereits seit vielen Jahren beobachten wir, dass die Investoren sich über die Zeit an die veränderte Liquiditätssituation im Gefolge der Finanzkrise - weit über den Pfandbriefmarkt hinaus - gewöhnt haben. Es wurde vor einigen Jahren bekanntlich viel über das Volumen von Jumbos im Vergleich zu Benchmarks geredet - und letztere wurden wegen ihrer mangelnden Liquidität kritisiert. Heute ist das Benchmark-Format etabliert, Investoren fühlen sich damit wohl. Keine Frage: Liquidität ist ein wichtiger Faktor. Aber es gibt darüber hinaus eben viele weitere Gründe, etwa das Spreadniveau relativ zu anderen Anlagemöglichkeiten, die dazu beitragen, dass viele Investoren ein anhaltend großes Interesse am Pfandbrief haben.

Herr Michl, die pbb hat Anfang Februar erstmals von dem seit August 2018 verfügbaren Refinanzierungsinstrument der Senior Preferred Bonds Gebrauch gemacht. Welchen Erfahrungen haben Sie dabei gemacht? Handelt es sich möglicherweise um eine attraktive, rentable Alternative zum Pfandbrief?

Götz Michl: Als Alternative zum Pfandbrief ist es für Emittenten definitiv nicht interessant. Das liegt vor allem daran, dass der Senior Preferred Bond deutlich teurer ist als der Pfandbrief. Senior Preferred Bonds sind vielmehr ein Ersatz für die Senior-Non-preferred-Anleihen, sprich die alte Unsecured-Refinanzierung.

Eine Entscheidung zwischen Pfandbrief oder Senior Preferred gibt es auf der Emittentenseite nicht - eher schon bei den Investoren. Mitte 2018 konnten wir erstmals beobachten, dass traditionelle Käufer von langlaufenden Namenspfandbriefen (Pensionskassen et cetera) in Senior Preferred gegangen sind. Der wesentliche Grund dafür: Das Produkt ist unter Risikogesichtspunkten relativ attraktiv, auch wenn es keine dinglichen Sicherheiten, keinen Sachwalter und keinen Deckungsstock gibt. Dafür bekommt der Investor rund 50 Basispunkte mehr als bei einem Pfandbrief.

Die pbb hat neben der Senior-Preferred-Anleihe ungefähr zur selben Zeit einen Pfandbrief mit fast gleicher Laufzeit emittiert. Dabei stellte sich heraus, dass bei Senior-Preferred-Emissionen deutlich mehr internationale Nachfrage besteht. Beim Pfandbrief ist der Anteil deutscher Investoren nach wie vor sehr groß.

Frau Miehs, Sie arbeiten für den infolge der Dexia-Übernahme größten Emittenten öffentlicher Pfandbriefe. Welche Zukunft hat das Produkt in Ihren Augen?

Sabrina Miehs: Das ist nicht so einfach zu beantworten. Wir beobachten bei den öffentlichen Pfandbriefen bekanntlich seit vielen Jahren einen starken Rückgang der im Umlauf befindlichen Volumina. Das liegt vor allem daran, dass die klassischen Staatsbudgetfinanzierungen quasi keine Rolle mehr spielen. Die entscheidende Frage ist also: Was ist das Ersatzgeschäft? Ich denke hier vor allem an die Kommunen und ähnliche öffentliche Schuldner sowie das Geschäft mit Exportkreditversicherungen, wo beispielsweise die Helaba sehr aktiv ist. Ob das ausreicht, um das Volumen einigermaßen zu halten? Ich befürchte nein, aber nichtsdestotrotz ist es nach wie vor ein relevantes Geschäft, für das der öffentliche Pfandbrief auch in Zukunft benötigt wird.

Wird es mehr und mehr ein Landesbankengeschäft, auch durch die öffentlich-rechtliche Trägerschaft und die enge Bindung zu den Sparkassen?

Sabrina Miehs: Ja, das könnte ich mir schon vorstellen. Nicht zuletzt helfen Effizienzverbesserungen durch Nutzung der Digitalisierung, das Geschäft für Banken attraktiv zu halten: Denken Sie an die aufstrebenden Online-Plattformen, die Kommunen und Investoren zusammenbringen. Die Helaba hat mit Kommuno vor Kurzem eine solche aufgesetzt, da lassen sich mit Sicherheit Kosten sparen.

Herr Blomenkamp, wie ist das aus Sicht des Investors: Werden der Hypothekenpfandbrief und der öffentliche Pfandbrief als "gleichwertig" erachtet?

Felix Blomenkamp: Pauschal würden wir auf jeden Fall keines der beiden Produkte dem jeweils anderen vorziehen. Wir analysieren immer genau die Zusammensetzung des Deckungsstocks. Sofern die stimmt, sind grundsätzlich beide Produkte attraktiv für uns.

Jens Tolckmitt: Ich möchte ergänzen, dass sich die in den vergangenen Jahren zu beobachtende Konsolidierung im Pfandbriefmarkt ausschließlich mit dem Rückgang der öffentlichen Pfandbriefe begründet. Das Volumen des Hypothekenpfandbriefs ist dagegen gestiegen, er dominiert heute den Pfandbriefmarkt, das Verhältnis zwischen beiden Pfandbriefgattungen hat sich umgekehrt. Was das Gesamtvolumen betrifft, sind wir insgesamt wieder auf einem Niveau, das ungefähr dem von vor rund 30 Jahren entspricht. Die bankbasierte Staatsfinanzierung als Basis des öffentlichen Pfandbriefs ist stark zurückgegangen und es wird, wie von Frau Miehs geschildert, viel davon abhängen, wie sich das Aktivgeschäft in Zukunft entwickelt. Die relative Attraktivität der Staatsfinanzierung ist einfach immer weiter gesunken. Gründe hier - für sind offensichtlich: Das frühere Geschäftsmodell der "kapitalmarktbasierten Staatsfinanzierung" gibt es spätestens seit der Finanzkrise nicht mehr. In der Folge konnte man eine Rückbesinnung auf die klassische Kommunalfinanzierung beobachten. Regulatorische Vorgaben wie die Leverage Ratio stellen aber auch dieses Geschäft vor Herausforderungen. Und nun entsteht durch digitale Plattformen eine bedeutende Konkurrenz, die eben nicht diesen regulatorischen Vorgaben unterliegt.

Peter Kammerer: Staatsfinanzierung als Teil der regulatorischen Liquiditätssteuerung spielt für Banken eine Rolle. Darüber hinaus sehe ich grundsätzlich durchaus eine Zukunft für den öffentlichen Pfandbrief, denn der Bedarf ist, wie Frau Miehs ausführte, noch immer gegeben: Denken Sie an die Finanzierung von Kommunen, kommunalnahen Unternehmen oder der öffentlichen Infrastruktur. Das sind alles große Zukunftsthemen für die Städte und Gemeinden. Auch die angesprochenen Exportfinanzierungen sind ein relevantes Betätigungsfeld.

Jens Tolckmitt: Den öffentlichen Pfandbrief wird es auch zukünftig geben, das zeigt das Emissionsvolumen der vergangenen Jahre: Es lag meistens in einer Spanne zwischen etwa 10 und 15 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist nicht besonders groß, aber ein Grundbedarf ist vorhanden.

Sabrina Miehs: Dabei ist der öffentliche Pfandbrief übrigens wieder deutlich nationaler geworden: Gerade nach der Krise hat man verstärkt auf deutsche Assets gesetzt, während davor mehr ausländische Schuldner dabei waren. Das hat dem Produkt gut getan.

Herr Blomenkamp, die EZB bleibt ein wichtiger Player, hinzu kommt die starke Nachfrage vonseiten der Banken, die ihren Allokationsanteil bei neuen Euro-Benchmarks seit Jahresbeginn auf durchschnittlich rund 50 Prozent gesteigert haben. Wo bleiben Sie?

Felix Blomenkamp: In der Tat entfällt auf Asset Manager nicht mehr allzu viel, rund 20 Prozent schätze ich im Durchschnitt. Entscheidend wird nun sein, wie der neue TLTRO der EZB wirken wird. Kommt es zu mehr Emissionen bei gleichzeitig kleineren Bank-Treasury-Büchern?

Patrick Ernst: Gerade für südeuropäische Banken, die in der Vergangenheit die TLTROs stark in Anspruch genommen haben, könnte das eine Möglichkeit sein, Liquidität zu generieren ohne an den Markt gehen zu müssen. Dass der neue TLTRO für deutsche Banken attraktiv sein wird, wage ich indes zu bezweifeln. Beim letzten Programm haben viele deutsche Banken aus ökonomischen Gründen teilgenommen. Das erwarte ich für den neuen Tender nicht unbedingt.

Götz Michl: Für die pbb als Pfandbriefemittent ist er weniger relevant. Aufgrund der günstigen Konditionen haben wir uns mit einem Betrag, der weitgehend unproblematisch auch über den Pfandbriefmarkt ausgeglichen werden kann, am letzten TLTRO beteiligt.

Als Konsequenz daraus haben wir in den vergangenen Jahren nur wenige öffentliche Pfandbriefe begeben. Die benötigten Assets haben wir nicht in den öffentlichen Deckungsstock gebucht, sondern in das EZB-Depot.

Entscheidend ist die Frage, was mit dem Markt passiert, wenn es einen neuen TLTRO gibt.

Herr Michl, Herr Ernst, welche Bedeutung haben Privatplatzierungen noch für die Emittenten? Und wie steht es um die Konditionen?

Götz Michl: Das Volumen für Privatplatzierungen ist aufgrund der Markttiefe begrenzt. Wir wollen die Preise von Privatplatzierungen und Benchmarks möglichst ähnlich gestalten. Die Zinssätze für Privatplatzierungen liegen oftmals über den Benchmarks, da Strukturen wie zum Beispiel Emittentenkündigungsrechte mitverkauft werden.

Patrick Ernst: Privatplatzierungen eignen sich für Investoren, deren Fokus auf der individuellen Ausgestaltung ihres Investments liegt. Die regulatorische Privilegierung einer Anleihe spielt für diese Käuferschaft keine Rolle. Während beispielsweise Banken derzeit eher bei Benchmark-Emissionen zugreifen, um ihre Liquiditätsportfolios zu füllen, sind kleinere Investoren eher am Kupon interessiert und halten die Anleihe häufig bis zum Ende ihrer Fälligkeit in ihren Beständen. Damit haben Privatplatzierungen für uns als Emittenten also auch Vorteile. Des Weiteren lassen sich kleinere Emissionsabschnitte besser zur Steuerung der Deckungsmasse einsetzen, was insbesondere kleineren Emittenten in die Karten spielt. Wir streben daher einen adäquaten Mix aus Benchmark und Privatplatzierungen an.

Herr Blomenkamp, Investoren hatten in der Vergangenheit die starke Spreadeinengung im Laufe des Bookbuildings moniert. Inzwischen werden mitunter die Orderbücher mit dem Versprechen "will price in range" (WPIR) versehen. Macht das Investments in Pfandbriefe/Covered Bonds attraktiver?

Felix Blomenkamp: Nein, denn die Festlegung auf diese bestimmte Range kommt meist erst zu einem relativ späten Zeitpunkt ins Spiel. Nach wie vor gibt es häufig am Anfang lediglich eine erste Indikation. Was uns grundsätzlich ärgert, ist, wenn ein Spread relativ weit angekündigt und dann sehr stark eingeengt wird. Man sollte den Emittenten und begleitenden Banken schon zutrauen können, dass sie eine Ahnung haben, wo eine solche Anleihe platziert werden kann. Insofern sollte die erste Spread-Indikation schon relativ nahe am finalen Pricing sein. Wenn man diese Range allerdings schon sehr früh im Prozess bekäme, wäre das sicher hilfreich.

Götz Michl: Es gab ein paar solcher Transaktionen im Januar 2019. Unsere Emission war im Übrigen genau so gebaut, wie Sie es sich wünschen, Herr Blomenkamp, sprich wir haben bereits mit Buchöffnung die Range angegeben. Der Standard ist das freilich nicht. Selbst als Emittent muss ich nichtsdestotrotz sagen: Ich fand dieses Vorgehen nicht schlecht. Man sollte aber wissen, wo die Anleihe gepreist werden kann. Allerdings besteht die Gefahr, dass man sich verschätzt. Entsprechend fangen viele Emittenten lieber etwas höher an, um erst einmal Momentum in das Buch zu kriegen. Anschließend kann der Spread reduziert werden. Das ist einfacher und mit geringerem Risiko verbunden.

Peter Kammerer: Man muss an dieser Stelle festhalten, dass ein regelmäßiger Dialog mit Investoren durchaus gepflegt wird, dieser aber mittlerweile regulatorischen Beschränkungen unterliegt, Stichwort MAR beziehungsweise "Market Sounding". Das Feedback ist dadurch deutlich reglementierter, was dazu geführt hat, dass die Unsicherheit der beratenden Banken größer geworden ist und auch auf die Emittenten und deren Treasury ausstrahlt. Ich verstehe sowohl die Interessen der Investoren als auch die der Emittenten. Es muss ein Weg gefunden werden, der beide Seiten zufriedenstellt. Die WPIR-Systematik hat in etwas schwierigeren Marktphasen für Emittenten gezeigt, dass man bereit ist, aufeinander zuzugehen.

Götz Michl: Rein theoretisch wäre es bei einer 500-Millionen-Euro-Benchmark perfekt, wenn man exakt Orders in Höhe von 500 Millionen Euro bekommt, sprich Angebot und Nachfrage ausgeglichen wäre. Aber: Es ist sowohl aus Investoren- als auch Emittentensicht letztlich doch schön, mehr Nachfrage zu haben. Denn dann gibt es schließlich auch eine gute Performance am Sekundärmarkt.

Patrick Ernst: Ich denke, die Interessenlage sowohl von Investoren als auch von Emittenten sollte bestmöglich austariert werden. Allerdings können verschiedene Marktphasen auch unterschiedliches Verhalten bedingen. So war es zu Jahresanfang sicherlich in einer Situation höherer Unsicherheit bezüglich des richtigen Spreadniveaus hilfreich mit dem "WPIR" Wording zu arbeiten. Phasen in ruhigerem Fahrwasser erfordern dies hingegen nicht. Allerdings gab es auch Situationen, insbesondere als die EZB sehr aktiv im Markt unterwegs war, da wurde durchaus aggressiv an der Preisspirale gedreht. In solchen Momenten bedarf es einer vernünftigen Balance, damit am Ende beide Partner mit der Emission zufrieden sind.

Herr Güldner, Herr Kammerer hat gerade beklagt, dass die Kommunikation zwischen Emittent und Investor durch regulatorische Vorgaben eingeschränkt wurde. Wie aber passt das zur viel beschworenen "Forward Guidance", also dem Informieren des Marktes?

Matthias Güldner: Im Bereich des Pfandbriefs handelt es sich um Regularien aus der Marktaufsicht. Diese sind in der Tat schärfer geworden, denn die Regulierung in diesem Bereich ist insgesamt umfangreicher geworden immer mit dem Ziel, Marktmanipulationen zu verhindern.

Aber kann ein solcher Austausch zwischen zwei Marktteilnehmern nicht auch unter regulatorischen Gesichtspunkten sinnvoll sein?

Matthias Güldner: Doch absolut. Natürlich führt nicht jeder Marktteilnehmer Böses im Schilde. Aber wie erkennt man als Aufsicht, wer die Guten und wer die Bösen sind?

Götz Michl: Die mittlerweile eineinhalb Jahre alte Marktmissbrauchsverordnung lässt Market-Soundings explizit zu. Aber der damit verbundene Dokumentations- und Meldeaufwand ist so hoch, dass sich das lediglich bei Aktientransaktionen lohnt, nicht aber bei einer Pfandbriefemission.

Herr Tolckmitt, Herr Güldner, sind mit der Änderung des Pfandbriefgesetzes die wesentlichen Risiken eines Brexits, auch eines harten Brexits gebannt?

Jens Tolckmitt: Im Grunde genommen ja. Denn die zugrunde liegende Mechanik ist relativ simpel: Es gibt heute bereits zahlreiche deckungsfähige Drittstaaten wie die USA, Kanada oder Singapur. Und Großbritannien wird nun von einem EU-Mitgliedsland ebenfalls zu einem solchen Drittstaat und als solcher im Pfandbriefgesetz explizit erwähnt.

Wie verfährt man mit den Altbeständen?

Jens Tolckmitt: Altbestände werden bis zum tatsächlichen Austritt des Vereinigten Königreichs "gegrandfathered". Danach wird Neugeschäft in Großbritannien ermöglicht. An einer Lösung für die sogenannte 10-Prozent-Grenze arbeiten wir. Diese besagt, dass nur dann unbegrenzt Kredite in einem Drittstaat vergeben und in Deckung genommen werden dürfen, wenn das Insolvenzvorrecht der Pfandbriefgläubiger dort gewährleistet ist. Für alle Staaten, für die das nicht sichergestellt werden kann, gilt eine Grenze von 10 Prozent der Deckungsmasse.

Matthias Güldner: Als Ergänzung zu der 10-Prozent-Hürde: Diese dient dem Ausschluss von Unsicherheiten. Wenn ein Insolvenzvorrecht sichergestellt ist, spielt es letztlich keine Rolle, ob es ein EU-Staat oder ein Drittstaat ist. Innerhalb der EU geht man aufgrund der entsprechenden Richtlinie, die in allen Mitgliedsstaaten umzusetzen ist, davon aus, dass dies gewährleistet ist. Für Drittstatten muss individuell geprüft werden, ob es ein entsprechendes Insolvenzvorrecht gibt oder nicht. Das gilt dann auch für UK.

Herr Tolckmitt, auch die Harmonisierung ist noch in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlamentes beschlossen worden. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

Jens Tolckmitt: Wir waren immer optimistisch, dass es noch in dieser Wahlperiode klappt. Die Kommission hat ein vitales Interesse an diesem Dossier. Es ist Teil des Projekts Kapitalmarktunion, in dem sie ansonsten noch nicht allzu viel vorzuweisen hatte. Dass es nun geklappt hat, freut uns, denn es ist trotz einer zuletzt recht vielschichtigen Diskussion ein gutes, weil qualitativ hochwertiges Ergebnis dabei herausgekommen.

Herr Güldner, wie beurteilt die deutsche Aufsicht den gefundenen Kompromiss? Mit dem Pfandbrief haben wir bekanntlich das qualitative Aushängeschild. Ist das nun so ein typischer europäischer Kompromiss von dem Sie sagen: "Gewisse Abstriche muss man machen."

Matthias Güldner: Ganz grundsätzlich ist ein auf europäischer Ebene harmonisiertes Recht für gedeckte Schuldverschreibungen absolut sinnvoll. Sicher: An der einen oder anderen Stelle hätte ich mir vielleicht etwas mehr Pfandbrief gewünscht. Aber mit Blick auf die nationale Ebene sind wir nicht gezwungen, unsere Standards zurückzunehmen. Grundsätzlich ist die europäische Richtlinie aber durchaus vorzeigbar und sie trägt an vielen Stellen die Handschrift des Pfandbriefgesetzes. Beispielsweise wird die besondere öffentliche Aufsicht betont. Darüber hinaus bleiben die Produkte regulatorisch privilegiert, etwa im Rahmen der CRR. Diese Schaffung einheitlicher Standards sehe ich überaus positiv.

Was verändert sich dadurch für Ihr tägliches Tun?

Matthias Güldner: Es gibt nun ein paar Stellen, wo Anpassungsbedarf im Pfandbriefgesetz besteht. Darüber hinaus gibt es einige Inhalte, die man anpassen kann, aber nicht muss. Darüber wird man nun sprechen müssen. Für die tägliche Arbeit der Aufsicht wird das letztlich aber nicht viel ändern. Denn das, was da auf europäischer Ebene vorgesehen ist, ist im Pfandbriefgesetz bereits zum Großteil festgeschrieben.

Jens Tolckmitt: Das ist in der Tat die Kernbotschaft: Viele Elemente des Pfandbriefgesetzes sind in der Richtlinie erkennbar. Sie ist stark an unseren hochqualitativen Standard angelehnt. Im Übrigen sind wir sehr froh, dass die Pfandbriefbanken im Rahmen der Aufsicht nicht auf die europäische Ebene verwiesen werden, das heißt, die nationale Aufsicht bleibt weiter zuständig. Wir sehen in der nationalen Aufsicht der BaFin eine der Stärken unseres Produkts und begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass dies in der Richtlinie Berücksichtigung gefunden hat. Denn das war gerade zu Beginn der Harmonisierung nicht ganz klar: Bei solchen Projekten gibt es immer gewisse Bestrebungen, möglichst viel auf die europäische Ebene zu ziehen. Dass letztlich eine prinzipienbasierte Lösung gefunden werden konnte, die es zum einen dem nationalen Gesetzgeber ermöglicht, weiterhin Standards festzulegen, und zum anderen die Aufsicht bei den nationalen Institutionen belässt, ist ein wichtiger Erfolg.

Auch die Gespräche mit Investoren zeigen uns, dass das Gesetzespaket als gut empfunden wird, insbesondere die Tatsache, dass es sich auch künftig um nationale Produkte handelt und es keinen Einstieg hin zu einem einheitlichen europäischen Covered-Bond-Produkt geben wird. Investoren schätzen Anlagealternativen.

Herr Blomenkamp, würden Sie es honorieren, wenn nationale Produkte wie der Pfandbrief über die in der Richtlinie festgelegten Mindeststandards hinausgingen?

Felix Blomenkamp: Als großer Investor ist es grundsätzlich nicht schlecht, einen heterogenen Markt zu haben. Wir sind durchaus in der Lage, hinsichtlich Qualität zu unterscheiden. Insofern bin auch ich froh, dass es sich nicht um die Art Harmonisierung handelt, die alles gleichschaltet.

Sabrina Miehs: Die Unterschiede zwischen den Produkten werden ohnehin nicht verschwinden, allein schon durch die verschiedenen Immobilienmärkte. Mit Blick auf "Soft-Faktoren" wie die Rechte und Pflichten des Sachwalters, bei denen man schon ziemlich tief in die Materie einsteigen muss, um Unterschiede festzustellen, ist es meiner Meinung nach sinnvoll, vergleichbare Standards zu haben. Wobei der Treuhänder nun leider ja nur optional in das Regelwerk reinkommt. Insgesamt wird es aber transparenter. Dadurch wird der Aufholbedarf in manchen Ländern sichtbarer. In dieser Phase dürften die Vorzüge des Pfandbriefs mit seinen hohen Qualitätsmerkmalen noch einmal deutlich zum Vorschein kommen. Das könnte dann wiederum andere Nationalitäten dazu bewegen, entsprechend nachzuziehen - auch wenn es sich nur um optionale Vorgaben handelt. Vielen Jurisdiktionen wird dieser Wettbewerb einen positiven Schub geben.

Herr Ernst, wie beurteilen Sie das Hin und Her bei der Diskussion um Premium versus Ordinary Covered Bonds? Behindert Sie das im Geschäft? Sorgt das für Unsicherheit?

Patrick Ernst: Keineswegs. Der Pfandbrief hat einen hervorragenden Ruf und der vdp tut alles, um den Pfandbrief als "Benchmark" im Covered-Bond-Segment weiter zu positionieren. Aus Sicht eines deutschen Emittenten kann man daher die Harmonisierung ganz entspannt beobachten. Wir fühlen uns mit dem Produkt Pfandbrief - auch in der "Premium-Kategorie" - bestens aufgestellt. Wahrscheinlich ergeben sich mehr Fragen bezüglich der Details zu den Richtlinien-Covered-Bonds.

Jens Tolckmitt: Es wird de facto so sein, dass die klassischen Kern-Covered-Bonds, die heute CRR-fähig sind, das auch in Zukunft sein werden und damit in die Kategorie der "European Covered Bonds (Premium)" fallen - einige mit etwas mehr, andere mit weniger Anstrengung. Bei den Covered Bonds, die nur die Anforderungen der Richtlinie erfüllen, muss nun noch abgewartet werden, welche Assetklassen im Rahmen der Deckung zugelassen werden.

Das impliziert dann auch für Deutschland einige interessante Diskussionen: Welche der erlaubten Assetklassen möchten wir hierzulande verwenden? Und wie stellt man die Abschirmung des Pfandbriefs gegenüber den Richtlinien-Covered-Bonds sicher? Dasselbe gilt bei der Gegenüberstellung von Richtlinien-Covered-Bonds und Senior-Preferred-Anleihen. Denn letztlich werden die Richtlinien-Covered-Bonds im Refinanzierungsmix einer Bank irgendwo zwischen einem Pfandbrief und Senior Preferred einzuordnen sein. Daraus einen vernünftigen Business-Case zu entwickeln, der den zusätzlichen Aufwand für das Instrument in Form eines Refinanzierungsvorteils rechtfertigt, wird eine Herausforderung.

Eine Herausforderung sehe ich an dieser Stelle ganz unabhängig von der Harmonisierung auch für Gesetzgeber und Aufsicht: Nämlich den Pfandbrief als Kernprodukt relativ gesehen betriebswirtschaftlich so attraktiv zu halten, dass er von Emittenten dauerhaft intensiv genutzt wird. Der vdp hat keinen Zweifel daran, dass dies gelingen kann. Aber es ist durchaus denkbar, dass man im Rahmen von Richtlinien-Covered-Bonds Produkte schafft, die beispielsweise einen höheren Beleihungsauslauf erlauben. Die relative Attraktivität des Pfandbriefs gegenüber diesen Produkten durch zeitgemäße Weiterentwicklung des Pfandbriefgesetzes und der zugehörigen Verordnungen aufrechtzuerhalten, ist eine wichtige Aufgabe des deutschen Gesetzgebers und der Aufsicht.

Könnte die Diskussion um Premium und Ordinary Covered Bonds Anlass sein, einmal wieder über neue Pfandbrief-Kategorien nachzudenken?

Jens Tolckmitt: Nein, die Diskussion um neue Pfandbrief-Gattungen wird es meiner Meinung nach als Folge der Debatte nicht geben. Das Ganze beschränkt sich auf die Frage, was man über die gedeckten Schuldverschreibungen der zweiten Kategorie, sprich den Richtlinien-Covered-Bonds, wird refinanzieren können. Das ist aber eine Frage, die rein gar nichts mit der Marke Pfandbrief zu tun hat.

Matthias Güldner: Richtig, in diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass "Pfandbrief" eine geschützte Bezeichnung ist. Die Richtlinien-Covered-Bonds sind dagegen schlicht gedeckte Schuldverschreibungen, die im Prinzip mit jedem Asset unterlegt werden können - auch heute schon. Ich darf es dann aber nicht Pfandbrief nennen, weil die besonderen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Aus Sicht der Aufsicht ist das große Plus des Pfandbriefs, dass die Assets aufgrund der speziellen Register, zum Beispiel dem Grundbuch, in die sie eingetragen werden und die die insolvenzrechtliche Absicherung gewährleisten, besonders sicher sind. Bei den vielen anderen Assets, die derzeit diskutiert werden, ist das tatsächlich kaum möglich. Oder nur dann, wenn erhebliche zusätzlich Anstrengungen unternommen werden, um solche Register zu schaffen. Ich glaube aber nicht, dass das den Aufwand lohnt.

Götz Michl: Stimmt, denn da müsste mittels regelmäßiger und großer Transaktionen die Voraussetzung geschaffen werden, dass tatsächlich ein relevanter Markt entsteht. Da fehlt auch mir schlichtweg die Fantasie, dafür ein entsprechendes Asset in Deutschland zu identifizieren. Das einzige wären vielleicht die Automobilkredite, allerdings existiert hier bereits ein sehr gut funktionierender Verbriefungsmarkt.

Ein weiteres Thema, das die Marktteilnehmer derzeit stark umtreibt, ist der Beleihungswert. Hier würde der vdp offensichtlich gerne mit Ihnen, Herr Güldner, über vorsichtige Anpassungen sprechen, da inzwischen nur noch rund 35 Prozent des Bestandes zur Deckung genutzt werden können. Sind Sie gesprächsbereit?

Matthias Güldner: Wir sind immer gesprächsbereit. Man muss beim Beleihungswert aber tatsächlich sehr vorsichtig sein. Der Beleihungswert hat mit Blick auf die Vergangenheit sehr gut funktioniert. Konkret wirkt er einem Blasenrisiko wirksam entgegen, da er sicherstellt, dass der Wert der Objekte langfristig und nachhaltig erzielbar ist. Über mögliche Anpassungen kann man reden, ob letztlich etwas daran verändert werden sollte, ist aber eine ganz andere Frage. Ich stimme grundsätzlich zu, dass die Entwicklung am Immobilienmarkt mittlerweile lange anhält.

Jens Tolckmitt: Wesentliche Parameter des Beleihungswertes sind seit den sechziger Jahren mehr oder weniger unverändert. Gleichzeitig geht die Zinsentwicklung seit 1992 nur in eine Richtung, nämlich nach unten. Um eines gleich vorwegzunehmen: Die Emittenten haben keinerlei Interesse daran, den Beleihungswert, der eine starke Säule der Sicherheit des Pfandbriefs ist, in irgendeiner Form aufzuweichen. Trotzdem sind wir dankbar für die Bereitschaft der Aufsicht, über das Thema zu diskutieren, wie man die Vorgaben der BelWertV der Realität anpassen kann. Denn ab einem bestimmten Zeitpunkt muss man einfach die Frage stellen, ob sich Marktstrukturen grundsätzlich verändert haben, sprich ob der deutsche Immobilienmarkt mittlerweile ein anderer geworden ist - und man deshalb davon ausgehen kann, dass das Zinsniveau der sechziger Jahre nicht mehr kommen wird. Rechtfertigt das dann möglicherweise ein - unter der eben genannten Prämisse der Qualitätssicherung - etwas anderes Vorgehen bei der Setzung der Mindestkapitalisierungszinssätze? Damit verbunden ist wieder die Frage: Wie kann man sicherstellen, dass die relative Attraktivität des Pfandbriefs als konservatives Refinanzierungsinstrument - das es bleiben soll - auch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten erhalten bleibt?

Herr Ernst, Herr Michl, wie beurteilen Sie diese Diskussion?

Patrick Ernst: Ich denke dieses Thema sollte tatsächlich mit Augenmaß argumentiert werden. Schließlich ist der Beleihungswert ein wichtiges Qualitätsmerkmal des Produktes Pfandbrief. Gibt es allerdings nachhaltige Gründe für diese Diskussion, sollte man diese auch tatsächlich führen.

Götz Michl: Ich glaube zunächst einmal nicht, dass der Beleihungswert den Risikoappetit einer Bank beeinflusst. Wir schauen uns den Beleihungsauslauf basierend auf Marktwerten an und der ist relativ stabil über die vergangenen Jahre, sogar ein bisschen fallend im Durchschnitt. Wir kommen von rund 65 Prozent und sind aktuell bei knapp unter 60 Prozent im Neugeschäft. Das heißt, die Frage, welches Geschäft wir unter Risikogesichtspunkten machen, ist nicht nur vom Beleihungswert abhängig. Auf der anderen Seite sehen wir, dass sich die Anteile von Pfandbriefen und ungedeckten Schuldverschreibungen an der Refinanzierung verschieben. Das ist trivial: Je größer der Beleihungswert, desto höher der Pfandbriefanteil. Es geht hier also vor allem um die Frage der Profitabilität: Wie viel kann ein Institut gedeckt refinanzieren und welcher Anteil muss ungedeckt gemacht werden? Da wäre ein höherer Beleihungswert natürlich von Vorteil, denn er ermöglicht mehr Pfandbrief zu günstigeren Konditionen.

Der zweite Punkt, den man hier erwähnen sollte: In Deutschland haben die Emittenten in der Vergangenheit immer auf Basis des Beleihungswerts berichtet und dabei kommuniziert, dass in den Pfandbrief "60 Prozent LTV reinpassen". Unerwähnt blieb aber, dass es sich dabei um den Beleihungswert handelt, der natürlich nicht mit den Werten in anderen Ländern vergleichbar ist. Daran habe ich mich bei den internationalen Vergleichen immer gestört. Inzwischen berichten die deutschen Emittenten aber den Beleihungsauslauf im Deckungsstock auch basierend auf Marktwerten. Der liegt beispielsweise für die pbb bei gerade einmal rund 36 Prozent - also deutlich niedriger als die genannten 60 Prozent. Wir haben somit tatsächlich massiv niedrigere Beleihungswerte und damit auf den Marktwert bezogen auch deutlich niedrigere Beleihungsausläufe.

Den sehr niedrigen Beleihungsauslauf auf Marktwertbasis versuchen wir nun stärker international zu vermarkten. Leider gelingt es nur bedingt, ausländische Investoren zu finden, die auf diesen Punkt anspringen und weniger Spread bei einem Pfandbrief im Vergleich zu etwa einem französischen Covered Bond akzeptieren. Das ist bedauerlich. Ich vermute, kleinere Änderungen bei der Ermittlung des Beleihungswerts würden die Investoren durchaus akzeptieren.

Felix Blomenkamp: Es ist ein wirklich extrem konservativer Ansatz und wir als Investor schauen im internationalen Vergleich ohnehin nur auf marktwertbezogene LTVs. Wenn hierzulande wirklich lediglich 35 Prozent der Assets in Deckung genommen werden können, dann ist das für den Investor zwar beruhigend. Aber 50 oder 60 Prozent würden mir ehrlich gesagt auch vollkommen ausreichen. Und da entscheide ich mich dann, wie Herr Michl sagt, eben genau für das Produkt, das den höheren Renditeaufschlag bietet.

Matthias Güldner: Über den Pfandbrief hinaus: Der Beleihungswert gilt aufsichtlich/formal nur für Pfandbriefdeckung, aber er strahlt auf den gesamten Immobilienmarkt in Deutschland aus, der sehr stabil war über die Jahrzehnte. Das ist ein Element dafür, dass die Immobilienfinanzierung hierzulande so wenig anfällig war und ist im Vergleich zu vielen anderen Ländern, wo mit viel höheren Risiken finanziert worden ist. Das hat nichts mit dem Pfandbrief an sich zu tun, sondern ganz generell.

Die Schlussfrage: Welche Faktoren werden den Pfandbrief auch künftig zu dem innovativen Vorzeigefinanzprodukt machen?

Jens Tolckmitt: Das ausgeprägte Qualitätsbewusstsein, das die Emittenten, die Aufsicht und den Gesetzgeber seit jeher verbindet, gepaart mit der Bereitschaft zur Anpassungsfähigkeit. Denn anders als in vielen anderen Ländern sind wir im Rahmen der Gesetzgebung deutlich dynamischer. Das ist ein unschätzbarer Vorteil, um den Pfandbrief relativ zu anderen Produkten auf der Refinanzierungsseite - von denen es heute viel mehr gibt als noch vor zehn Jahren - im Sinne der Emittenten attraktiv zu halten.

Patrick Ernst: Das kann ich nur unterstreichen. Um die Zukunft des Pfandbriefs erfolgreich zu gestalten, sollten wir uns stets vergegenwärtigen, was ihn in der Vergangenheit ausgezeichnet hat. Dass sich der Pfandbrief gerade in der schwierigen Phase der Finanzkrise bewährt hat und daraus sogar gestärkt hervorgegangen ist, war kein Zufall, sondern die Folge wichtiger Anpassungen des Pfandbriefgesetzes. Diese Flexibilität ermöglicht es uns als Emittenten, den Pfandbrief immer wieder so einzusetzen, dass er der Bank von dauerhaftem Nutzen ist.

Peter Kammerer: Ich möchte noch betonen, dass es ein besonderes Asset ist, den Pfandbrief im Rahmen des internationalen Geschäfts einsetzen zu können. Dadurch können neue Investorengruppen erschlossen werden. Es ist also nicht nur ein reines Euro-Produkt, sondern es funktioniert ebenso gut in anderen Währungen.

Felix Blomenkamp: Die Devise "Wir kaufen ein Rating" ist grundsätzlich ein No-Go für Investoren, auch wenn der Pfandbrief ein hochqualitatives Produkt ist und durch seinen gesetzlichen Rahmen grundsätzlich einen guten Schutz gegen Ausfälle bietet. Für uns wird es interessant zu beobachten sein, wie sich der Pfandbrief im Wettbewerb mit den vielen anderen Bankprodukten bewährt. Der Dreiklang aus Sicherheit, Rentabilität und Liquidität muss dabei sichergestellt werden.

Matthias Güldner: Wichtig ist und bleibt eine solide und durchdachte Regulierung, die den Kern des Pfandbriefs wahrt und sich dabei auch nicht Entwicklungen und Neuerungen verschließt - soweit diese das Produkt nicht unsicherer machen.

Sabrina Miehs: Der Pfandbrief muss im Kern das bleiben, was er ist. Gleichzeitig gilt es - und das hat er in der Vergangenheit bewiesen - auf Neuerungen reagieren und in einem gewissen Rahmen anpassungsfähig sein zu können. Extrem wichtig bleibt dabei der kontinuierliche Dialog aller unterschiedlichen Marktteilnehmer, um Trends und Veränderungen frühzeitig zu antizipieren. Das sind die wesentlichen Voraussetzungen für den künftigen Erfolg des Pfandbriefs.

Ich vergleiche den Pfandbrief deshalb gerne auch mit einem Bleistift von Faber-Castell: Dieser ist auch über 250 Jahre später noch immer ein mit Holz ummantelter Bleistift, der seinen ursprünglichen Zweck des Schreibens erfüllt. Gleichzeitig wurde das Produkt stetig weiterentwickelt - sei es, dass der Bleistift eckiger geworden ist, um das Wegrollen zu vermeiden, grifffester durch das Anbringen von Pünktchen. Auch wurde Neuerungen wie Druckbleistiften Rechnung getragen. Im Kern handelt es sich aber immer noch um einen Stift zum Schreiben.

Götz Michl: Das war ein perfektes Schlusswort!

Teilnehmer

Felix Blomenkamp, Executive Vice President, PIMCO, München Patrick Ernst, Bereichsleiter Treasury, DZ Hyp AG, HamburgMatthias Güldner, Abteilungspräsident, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), BonnPeter Kammerer, Head of Investor Relations, Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), StuttgartGötz Michl, Head of Funding, pbb Deutsche Pfandbriefbank, UnterschleißheimSabrina Miehs, Covered Bond Analyst, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba), Frankfurt am MainJens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e. V., BerlinModeration: Philipp Otto, Chefredakteur, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Frankfurt am Main- - -Der 1. Pfandbrief-Roundtable fand im September 2016 statt (siehe ZfgK 18/2016).

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