Redaktionsgespräch mit Katrin Leonhardt

"Eine große Herausforderung und riesige Chance zugleich"

Dr. Katrin Leonhardt, Foto: Dirk Knofe

Den registrierten Fallzahlen zufolge ist der Osten Deutschlands weit weniger von der Covid-19-Pandemie betroffen als beispielsweise der Süden oder der Westen. Dennoch sollten die wirtschaftlichen Auswirkungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden, zumal Ostdeutschland gerne als strukturschwache Region wahrgenommen wird. Dr. Katrin Leonhardt sieht in Sachsen und Brandenburg jedoch Potenzial für positive Entwicklungen aus der Pandemie heraus. Leonhardt nimmt sich in ihrer noch jungen Amtszeit Themen wie den Strukturwandel, Klimaschutz und die Entwicklung des ländlichen Raumes vor. Förderschwerpunkte also, die es neben der Krise nicht aus den Augen zu verlieren gilt. Obendrein obliegt es ihr, die Sächsische Aufbaubank für die Zukunft wirtschaftlich gut und nachhaltig aufzustellen. Wie dies alles miteinander verein - bar ist, erklärt Leonhardt im Redaktionsgespräch. (Red.)

Frau Leonhardt, Ihr Amtsantritt fiel in eine sehr bewegte Zeit, für die Menschen, aber auch für die Förderbanken in Deutschland. Wie haben Sie die ersten Monate erlebt?

Den Vorstandsvorsitz der Sächsischen Aufbaubank - Förderbank - (SAB) habe ich am 1. Juli 2020 übernommen, nachdem ich die Bank ab dem 1. April ein Vierteljahr lang als Vorstandsmitglied in einer absoluten Ausnahmesituation kennenlernen und begleiten durfte. Ich kam also in der Hochphase der Bewältigung der Corona-Pandemie in die Bank, eine große Herausforderung und riesige Chance zugleich. Die Bank als die zentrale Bewilligungsstelle für die Corona-Hilfen in Sachsen hat sich unter den gebotenen Vorsichtsmaßnahmen in kürzester Zeit mit allen Kräften auf das Ausreichen der Hilfsgelder fokussiert.

In beeindruckender Weise haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die herausfordernde Situation kraftvoll, mit hohem Einsatz und persönlichem Engagement gemeistert. Hier hat sich sehr eindrucksvoll das enorme Potenzial der Bank gezeigt. Und es war von immensem Nutzen, dass die SAB auf ihre Erfahrungen im Bewältigen von Naturkatastrophen zurückgreifen konnte, beginnend mit dem Augusthochwasser vor 18 Jahren in unserer Region.

Förderportal der SAB ermöglichte schnelle Corona-Hilfen bei Liquiditätsengpässen Quelle: SAB-interne Statistik

Wie ist Ihr Gefühl mit Blick auf die Corona-Pandemie: Konnte durch das entschlossene Handeln der Politik Schlimmeres von der Wirtschaft abgewendet werden? Braucht es weitere politische Aktionen beziehungsweise Programme, um die Folgen abzumildern?

Die Entwicklung der Corona-Infektionen in Deutschland verglichen mit anderen Staaten gibt der Politik Recht, entschlossen gehandelt zu haben. Die weitere Entwicklung der Pandemie wird Grundlage für kommende politische Entscheidungen sein. Für daraus resultierende Programme ist die SAB als zentrales Förderinstitut des Freistaates Sachsen sehr gut aufgestellt.

Unabhängig von der aktuellen Corona-Krise: Was sind aus Ihrer Sicht die Haupttätigkeitsfelder, in denen Förderbanken derzeit aktiv werden müssen? Ist es die Digitalisierung, die Nachhaltigkeit, der Wohnungsbau oder etwas ganz anderes?

Eine übergreifende Aufgabe der Förderbanken besteht darin, Politik und Wirtschaft bei der Gestaltung der Zukunft zu unterstützen. Dazu gehören Themen, wie zum Beispiel CO2 -Reduzierung sowie Digitalisierung, Innovationen und zukunftsfähige Technologien. Hierbei haben Förderbanken natürlich eine enge Orientierung an die Landespolitik und die regionalen Schwerpunktthemen. In Sachsen wie auch in Brandenburg wird im Zusammenhang mit dem beschlossenen Kohleausstieg die zukunftsfähige Gestaltung des Strukturwandels eine herausragende Rolle spielen.

Sachsen setzt in seinem aktuellen Koalitionsvertrag unter anderem Förderschwerpunkte bei den Themen Wirtschaft, Innovation und Digitalisierung. Weitere wichtige politische Themenfelder sind Klimaschutz, Entwicklung des ländlichen Raumes und Wohnungspolitik.

Und was sind die größten Herausforderungen, welche die Förderbanken demnächst bewältigen müssen?

Niedrigzinsumfeld, Regulatorik, Vereinfachung und Standardisierung, Digitalisierung, Kundenorientierung, wirksame Förderung und so weiter. Das und einiges mehr sind Herausforderungen, die uns alle beschäftigen. Eine zentrale Aufgabe für uns Förderbanken ist Förderung zielgerichtet, zukunftsfähig und wirksam umzusetzen. Dazu gehört auch, den Zugang zu Förderung für unsere Kunden modern zu gestalten. Dieses Ziel kann man über konsequente Digitalisierung erreichen, welche wiederum standardisierte und modular aufgebaute Programme zur Grundlage hat. Dieser Weg kann nur partnerschaftlich mit der Politik und den Ministerien gegangen werden.

Was bedeutet das speziell für die Sächsische Aufbaubank?

Die Corona-Hilfen haben gezeigt, dass einfache und standardisierte Förderprogramme, die digital beantragt werden, eine überaus effiziente und wirksame Förderung ermöglichen. Die SAB konnte in der Startphase der Corona-Hilfen einen gewaltigen Digitalisierungsschub umsetzen. Etwa 70 Prozent der Förderanträge wurden digital über unser Förderportal eingereicht. Im Jahr 2018 waren es noch weniger als ein Drittel. Diese Digitalisierung der Förderprozesse verfolgt die Bank konsequent weiter.

Wir haben in den vergangenen Wochen in der SAB eine Reihe von Lessons-Learned-Workshops ins Leben gerufen, um aus den Erfahrungen der Corona-Zeit für die Zukunft zu lernen. Daran hat sich ein Großteil der Mitarbeiter sehr engagiert beteiligt. Das übergroße Interesse an diesem spannenden, inspirierenden Prozess der Veränderung hat mich ehrlich überrascht.

Wir brauchen eine unternehmerische Weiterentwicklung unseres Geschäftsmodells, um betriebswirtschaftlich gut und nachhaltig aufgestellt zu sein. Dazu gehört neben der Optimierung unserer Prozesse und konsequenter Digitalisierung auch der Ausbau des Darlehensgeschäftes in Kooperation mit Banken. Und natürlich spielt die Umsetzung unseres Zwei-Standorte-Konzepts Dresden-Leipzig gemeinsam mit den Mitarbeitern für die Inbetriebnahme unseres Neubaus in Leipzig Mitte 2021 eine wichtige Rolle.

Für die zukunftsfähige Aufstellung der SAB haben wir in der Bank einen partizipativen Strategie- und Transformationsprozess gestartet, in dem wir auf der Grundlage der Stärken und Herausforderungen der SAB aus der Innen- und Außenperspektive ein Zukunftsbild 2025 entwickeln werden. Dieses Zukunftsbild wird alle relevanten Handlungsfelder adressieren wie unser Geschäftsmodell, Prozesse und Digitalisierung, Kundenorientierung, aber auch die Weiterentwicklung unserer Unternehmenskultur mit den wichtigen Themenfeldern Zusammenarbeit, Führung, Personalplanung und -entwicklung.

Ihr Haus hat einen Teil der ausgezahlten Soforthilfen wieder zurückgefordert. Das hat für Aufsehen gesorgt. Warum war der Schritt richtig und wichtig?

Bei vielen Unternehmen ist der Bedarf geringer ausgefallen als zunächst erwartet. Daher wurden ausgezahlte Soforthilfen teils freiwillig zurückgezahlt. Es gab jedoch auch Doppelförderungen durch mehrgleisige Beantragungswege oder andere Abweichungen von den Förderrichtlinien, die bereinigt werden müssen.

Sie waren vor der Zeit bei der KfW auch im Ministerium in Sachsen. Wie wichtig ist ein gutes Gespür für die politischen Strömungen und Bedürfnisse für die Vorstandsvorsitzende einer Förderbank?

Die SAB ist die Förderbank des Freistaates Sachsen und damit eng mit der Politik des Landes verbunden. Mein Verständnis für politische Prozesse sowie für die Aufgaben von Ministerien, das ich während meiner Zeit im Sächsischen Staatsministerium des Innern als Referatsleiterin für Wohnungsbauförderung aufgebaut habe, ist natürlich sehr hilfreich. Gepaart mit meinem Erfahrungsschatz aus den verschiedenen Positionen während meiner fast 20 Jahre bei der KfW Bankengruppe, in denen ich auch viel mit Bundesministerien zusammengearbeitet habe, ist das eine wirklich gute Grundlage.

Was sind Ihre persönlichen Ziele in den kommenden Jahren: In welche Richtung wollen Sie die SAB weiterentwickeln?

Wir haben uns auf den Weg zu einer modernen und kundenorientierten Förderbank gemacht. Der gestartete Strategie- und Transformationsprozess findet überraschend große und positive Resonanz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das freut mich sehr und ich bin voller Zuversicht, dass uns das gut gelingen wird. Wir befinden uns auf einer gemeinsamen Entwicklungsreise zu einem modernen Zukunftsbild der Sächsischen Aufbaubank.

Als verlässlicher Partner des Freistaates wollen wir als SAB kompetent und umsetzungsstark Zukunft gestalten, innovative Lösungen entwickeln, partnerschaftlich agieren und gut vernetzt sein und Wirkung erzielen ... für Sachsen!

Standort Dresden, Foto: SAB
Standort Leipzig (Firmensitz) am 29. April 2020, Foto: Werner Huthmacher

 

Dr. Katrin Leonhardt Vorsitzende des Vorstands, Sächsische Aufbaubank - Förderbank, Dresden
 

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