Insider vs. Outsider: 5 Fragen

Erich Schwinghammer, Foto: Hays

In welchen Situationen sollten sich Unternehmen für eine interne, in welchen für eine externe Besetzung einer Führungsposition entscheiden?

Generell lässt sich sagen, dass ein Unternehmen sich tendenziell eher für einen internen Kandidaten entscheiden sollte, wenn die Hard- wie auch Softskills stimmen, der Positionswechsel kein zu großes "Loch" an anderer Stelle reißt und es nicht zu Verstimmungen im bestehenden Team kommt. In einigen Fällen ist die externe Besetzung von Führungspositionen jedoch von Vorteil für das Unternehmen. External Hires für Führungspositionen machen dann Sinn, wenn es intern keine personelle Passung gibt oder wenn es um neues, frisches Know-how sowie neue Impulse - zum Beispiel für die Digitalisierung - geht.

Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Neben fundiertem Fachwissen brauchen sie ein Gespür für Menschen und müssen mit einer schnelllebigen Unternehmenswelt mithalten. Wie verändert sich die Auswahl von Führungskräften unter diesen neuartigen Gesichtspunkten?

Neben den klassischen Auswahlverfahren werden vermehrt Persönlichkeitstests durchgeführt. Denn die Kompetenzen, die eine Führungskraft von morgen braucht, sind nicht mehr dieselben, mit denen man in den vergangenen fünf Jahren noch punkten konnte. Heute geht es im Wesentlichen darum, seine Mitarbeiter immer wieder zu motivieren, sich auf Neues und Unbekanntes einzulassen, sie wertzuschätzen und neugierig auf die Zukunft zu machen. Insbesondere in der Corona-Krise haben diese Kompetenzen nochmal an Bedeutung gewonnen.

Eine gute und kontinuierliche Kommunikation zwischen Führungskräften und ihren Mitarbeitern ist in Zeiten der Remote-Arbeit wichtiger denn je. Die alte Command-and-Control-Logik hat ausgedient. Selbst die konservativen Unternehmen erkennen mittlerweile, dass ein auf Vertrauen basierter Führungsstil Innovation und Qualität fördert. Auch der Cultural Fit spielt eine große Rolle, daher ist es oftmals auch so, dass das komplette Team maßgeblich am Auswahlprozess der Führungskraft beteiligt ist. Ein Dauerbrenner ist nach wie vor das Einholen von Referenzen.

Wie lange braucht eine externe Führungskraft, um ein Unternehmen kennenzulernen? Ist eine längere Eingewöhnungsphase mit höherem Risiko für das Unternehmen verbunden?

Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Denn es kommt darauf an, welche Erwartungen man an die neue Führungskraft hat. Wird beispielsweise jemand benötigt, der eins zu eins dasselbe machen soll wie in seiner bisherigen Rolle, so geht die Eingewöhnung schnell. Wird jedoch jemand benötigt, der neue Strukturen aufsetzen oder neue Tools einführen soll, dauert das Onboarding entsprechend länger. In jedem Fall ist es für die externe Führungskraft wichtig, die Mitarbeiter möglichst schnell von der eigenen fachlichen und persönlichen Expertise zu überzeugen. Nur wenn das reibungslos gelingt, steht einer erfolgreichen Zusammenarbeit nichts mehr im Wege. Dabei muss natürlich immer auch die Komplexität der Aufgabe berücksichtigt werden.

Für welche Probleme sind interne Führungskräfte oftmals "betriebsblind"?

Ein Dauerthema sind hier beispielsweise festgefahrene Strukturen und Prozesse, die jeden innovativen Vorstoß oftmals zunichtemachen. Ganz nach dem Motto "Das haben wir schon immer so gemacht" sind interne Führungskräfte oftmals der größte Hemmschuh. Diese Haltung wird gerne als Grund genannt, um kein Risiko einzugehen. Damit zusammen hängt auch die "Blindheit" für neue innovative Tools, die die eigene Arbeit möglicherweise erleichtern könnten. Viele interne Führungskräfte verfügen hier meist nicht über das nötige Know-how, um so eine digitale Neuheit vollumfänglich beurteilen und anwenden zu können.

Wie sollten Entscheider mit Voreingenommenheit bei der Wahl zwischen intern und extern am besten umgehen?

Bei der Wahl sollten die Entscheider versuchen, sich stets um Neutralität zu bemühen. Was heißt das? Also jeder, ob intern oder extern, ob männlich oder weiblich, muss anhand seiner Expertise und Leistung beurteilt werden - Stichwort Meritokratie. Und nicht etwa anhand seines guten Drahts nach oben oder aufgrund von Sympathien. Solche objektiven Auswahlkriterien sollten vor der eigentlichen Auswahl erarbeitet werden und dann in kompetenzbasierte Interviews einfließen. Nur dann kann die Wahl zwischen internen und externen Bewerbern objektiv betrachtet und die richtige Entscheidung getroffen werden.

Erich Schwinghammer Senior-Abteilungsleiter Corporate Finance, Hays, Ulm
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