Redaktionsgespräch mit Andreas Halin

"In Veränderungsprozessen ist Führung gefragt"

Dr. Andreas Halin, Managing Partner, GlobalMind, Executive Search Consultants GmbH, Frankfurt am Main

Eine zunehmende Durchlässigkeit bei der Personalentwicklung im Hinblick auf Formalkriterien konstatiert Dr. Andreas Halin im Redaktionsgespräch für die gesamte Kreditwirtschaft. Diese geht nach seiner Wahrnehmung mit einer höheren Bewertung der bankspezifischen Ausbildungsgänge einher. Der Branche stellt er in Sachen Leadership und Motivation der Mitarbeiter ein gemischtes Zeugnis aus. Da Kostendruck und Regulierungsdichte in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben, sollten Mitarbeiter in Banken und Sparkassen in seinen Augen vor allem durch mehr Kommunikation, mehr Teilhabe und mehr Entscheidungsspielräume geführt werden. Dabei betrachtet er wirklich erstklassige Personalarbeit auch als das Ergebnis von Urteilsvermögen und Verhandlungsgeschick der Verantwortlichen. Die Verbände können jedoch die Primärbanken der beiden Finanzverbünde eher mit technischen Systemen unterstützen. (Red.)

Mit welchen Themen sind Sie derzeit im Executive Search am stärksten befasst? Hat sich hier in den vergangenen fünf bis zehn Jahren viel verändert?

Executive Search definieren wir als die Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen sowie der direkt darunter angesiedelten Management-Ebene. Abgeleitet aus der Entwicklung, die die Kreditwirtschaft in den vergangenen Jahren durchgemacht hat, hat sich in diesem Bereich durchaus manches verändert.

Vor zehn Jahren haben diverse Banken noch strukturell Personal aufgebaut, beispielsweise Auslandsbanken, die in den Markt eingetreten sind und Führungsstrukturen aufgesetzt haben. Dann kam jedoch die Finanzkrise und es war eine Weile ruhiger im Executive Search. Da aber qualifizierte Führungskräfte auf der ersten und zweiten Ebene zu allen Zeiten gesucht werden, hat sich dieser Zustand bald wieder geändert. Zudem existieren sogenannte "Corporate Functions", wie beispielsweise der Head of Human Resources, Head of Finance, Head of Compliance, die auf der Senior-Ebene selten reduziert wurden. Insbesondere Compliance, die sogenannte Innenrevision und das Risikomanagement waren in den vergangenen Jahren starke Themen. Diese Tätigkeitsfelder haben in den schwächeren Marktphasen dazu beigetragen, den Markt der Personalvermittlung zu stabilisieren.

In welchen Teilen der deutschen Kreditwirtschaft sind Sie besonders aktiv?

Unser Unternehmen ist in allen drei Säulen der Kreditwirtschaft tätig. Im Corporate & Investment Banking genauso wie im Asset & Wealth Management sind wir einer der Marktführer. Bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken besetzen wir Vorstandspositionen, bei den Großbanken auch die darunter angesiedelte Ebene. Versicherungen sind ein Wachstumsfeld für uns.

Wie entwickelt sich der Markt für Personalberatung derzeit?

Der Markt für Headhunter hat sich während der Krisenzeiten ausgedünnt. Überlebt haben vor allem diejenigen Unternehmen, die schon vorher eine überzeugende Leistungsbilanz und ein stabiles Standing sowie feste Geschäftsbeziehungen hatten. Viele Newcomer oder Unternehmen, die Suchmandate weniger zuverlässig lösen, haben nicht überlebt. Nur eine Handvoll Firmen in Deutschland bewegt sich heute wie wir nahezu ausschließlich im Executive Search.

Wie lange dauert die Besetzung eines Vorstandspostens in der Regel?

Eine durchschnittliche Suche dauert bei Global Mind etwa sechs bis acht Wochen. Dann ist unser Teil des reinen Such- und Auswahlprozesses weitestgehend abgeschlossen. Wie lange der Gesamtprozess andauert, hängt auch davon ab, wie schnell sich Klient und Kandidat einigen. Zwischen ihnen müssen verschiedene Gespräche geführt, die Aufsichtsgremien eingebunden werden und die Parteien müssen sich über Vertragsdetails und Gehaltspakete einig werden. Wir holen dann noch über den finalen Kandidaten umfängliche Referenzen ein. Im ersten halben Jahr seiner Tätigkeit begleiten wir den neuen Vorstand beziehungsweise die Führungskraft und das Unternehmen beim sogenannten "Onboarding" weiter.

Wie stark und in welcher Weise unterscheidet sich nach Ihrer Meinung die Personalarbeit in den verschiedenen Säulen der hiesigen Kreditwirtschaft?

Alle Säulen stehen gemeinsam vor großen Herausforderungen, es gibt aber auch Besonderheiten in den jeweiligen Säulen. Beispielsweise die Großbanken und börsennotierte Banken, aber auch Auslandsbanken stehen in einem extremen Kampf um Marktanteile verbunden mit einem enormen Kostendruck.

Dieser Teil der Kreditwirtschaft atmet stärker, was Personalauf- und -abbau betrifft. Im Sparkassen-Sektor sowie bei den Volksund Raiffeisenbanken treten aber auch harte Restrukturierungsnotwendigkeiten auf. Etwa wenn es um das Thema Filialabbau und Digitalisierung geht. Dennoch

gilt: Derzeit ist der Kosten- und Konkurrenzdruck in der ersten Säule, also bei den privaten Banken, am höchsten. Dies geht einher mit dem Druck, Mitarbeiter marktgerecht zu bezahlen, um Abwanderung und den damit verbunden Verlust von Marktanteilen zu verhindern.

Registrieren Sie in den beiden großen Verbundgruppen einen gewissen Mindeststandard in der Personalarbeit? Oder ist die Qualität von Institut zu Institut sehr unterschiedlich?

Die Personalarbeit und deren Qualität ist bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken stärker von Einzelpersonen abhängig als bei den privaten Banken. Bei letzteren gibt es oft große Personalabteilungen, die in weiten Teilen kompetent besetzt sind.

Bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken hingegen liegt die Verantwortung hauptsächlich beim Personalchef plus eventuell zwei bis drei anderen Personen. Der Personalchef prägt mit seinen Entscheidungen die Atmosphäre und Qualität der Personalarbeit in diesen Häusern stark.

Wie stark ist die Unterstützung der Verbände gegeben?

Die Verbände können in den beiden Finanzverbünden technisch unterstützen, beispielsweise mit Mitarbeiter-Beurteilungssystemen, Vergütungssystemen oder administrativen Systemen. Aber eine erstklassige Personalarbeit lebt eben gerade von Urteilsvermögen, Fingerspitzengefühl und Verhandlungsgeschick. An dieser Stelle können die Verbände nur bedingt helfen.

Welche Themen brennen den Personalvorständen in den Banken und Sparkassen derzeit unter den Nägeln?

Es gibt im Moment vor allem zwei Themen, die die Personalverantwortlichen beschäftigen: Führung und Motivation. Dass diese Aspekte so an Bedeutung gewonnen haben, resultiert aus den massiven Veränderungen, die die Kreditwirtschaft in den vergangenen Jahren durchgemacht hat. Und natürlich daraus, dass an regulatorischen Maßnahmen noch einiges auf die Branche zukommt. Für Mitarbeter resultieren daraus hohe Arbeitsbelastungen, kombiniert mit Kostendruck, Filialschließungen et cetera und diese Umstände werden vom Einzelnen natürlich negativ wahrgenommen. Mitarbeiter fühlen sich diesen Entwicklungen oft ausgeliefert, beispielsweise durch Teile der MiFID, wenn Berater im Wealth Management einen großen Teil ihrer Zeit mit dem Ausfüllen von Protokollen verbringen, anstatt mit Kunden zu sprechen. Der Einzelne fühlt sich ohnmächtig.

Wie immer in Veränderungsprozessen ist Führung gefragt. In diesem Sinne ist es Aufgabe des Vorstands und der jeweiligen Führungskraft, echtes Leadership an den Tag zu legen. Führung bedeutet dabei natürlich nicht ein Mehr an Strenge und Befehlen, sondern im Gegenteil: mehr Kommunikation, mehr Erklärungen, ein stärkeres Vorskizzieren von möglichen Lösungswegen. Viele Vorstände machen das bereits richtig.

Motivation ist ein Teil von Leadership. In der heutigen Arbeitswelt lassen sich gute Professionals nicht wie früher durch Anordnungen führen, sondern nur durch ein Miteinander, Teilhabe und Entscheidungsfreiräume. Wer nicht motivieren kann, kann nicht führen!

Welche Rolle spielen Bonus-Systeme bei der Motivation?

Das richtige Bonus-System ist entscheidend. Bonus-Systeme werden oft als limitierend und ungerecht empfunden, weil sie durch die eigene Leistung nur unzureichend beeinflussbar sind. Nehmen wir eine beliebige Bank, bei der der Bonus im Wealth Management zu 40 Prozent von der Gesamtleistung des Kreditinstituts abhängig gemacht wird und diese Komponente nun gleich null ist. Gerade High-Performer fragen sich, was es mit ihrer eigenen Leistung zu tun hat, wenn in einem anderen Bereich, beispielsweise dem Firmenkundengeschäft, Geld versenkt wurde.

Welchen Einfluss hat das Thema Aus- und Weiterbildung für die Motivation der Mitarbeiter? Inwiefern hat sie damit zu tun, den Mitarbeitern zeigen zu können, wo ihre Stärken und Schwächen sind, beziehungsweise was ihr Karriereweg in den kommenden Jahren sein könnte?

Über einen mittel- bis langfristigen Horizont betrachtet sind Qualifizierung und Karriereentwicklung sicherlich auch Teil von Motivation. Dafür gibt es Instrumente, die auch von den Verbänden zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise Vorgaben für Mitarbeitergespräche, Jahresendgespräche, Karrieregespräche oder Zielvereinbarungen und Coaching. Insgesamt ist Motivation aber komplexer.

Im Alltag hat sie mehr damit zu tun, wie die Mitarbeiter etwas für das Unternehmen tun, und weniger, was sie für die Bank tun können. Ein motivierter Mitarbeiter geht freundlicher mit Kunden um, macht zwei bis drei Anrufe mehr am Tag, er berät seine Kunden besser und macht Verbesserungsvorschläge. Die Qualität der Arbeitserfüllung ist direktes Produkt von Befähigung; Zielerreichung selbst aber noch mehr von Motivation.

Letztlich kann eben nicht jeder Mitarbeiter Abteilungsleiter oder Vorstand werden.

Richtig, im Hinblick darauf sind Karrieregespräche eben auch oft eine kleine Schwindelei. Es können nicht alle Lehrlinge von heute in zehn Jahren Abteilungsleiter werden. Deshalb bedeutet Motivation, Mitarbeiter jeden Tag, jenseits von Karrieresprüngen und Geldzuwendungen nachhaltig zu begeistern - für das Unternehmen und seine Produkte; vor allem aber für die Freude an der eigenen Leistung. Leistungsglück ist der stärkste Leistungsanreiz und eine unbegrenzte kostenfreie Energiequelle.

Wird die Organisation in den Banken den derzeitigen Ansprüchen in Sachen Motivation gerecht?

Die Branche befindet sich an dieser Stelle sicherlich im Aufbruch. Fairerweise muss man sagen, dass die Kreditwirtschaft historisch eine Oase der Glückseligkeit war.

Bis vor sieben, acht Jahren war die Bezahlung gut, die Arbeitsbedingungen waren gut, die Arbeitsplätze waren sicher, das Ansehen hoch und die Karrierechancen hervorragend. Natürlich war es auch leicht, über besonders hohe Gehälter sehr talentierte Menschen an sich zu binden. Doch gute Mitarbeiter zu rekrutieren, ohne dass diese unangemessen hoch bezahlt werden müssen, das ist heute die Herausforderung. Denn seit sieben Jahren schrumpft die Branche, der Margendruck und die Wettbewerbsintensität sind heute sehr hoch. Zielverfehlungen sind die Regel; nicht die Ausnahme. Der Druck durch Regulatoren und Aufsichtsbehörden ist groß. Plötzlich kann die Motivation nicht mehr aus dem allgemeinen Sonnenschein kommen, der die Branche lange Zeit bestrahlt hat, sondern der Kapitän muss jetzt bei Regenwetter die Mannschaft an Deck zu hohen Leistungen unter schwierigen Bedingungen motivieren.

Hat sich die Branche mit Hinblick auf Arbeitgeberattraktivität schon von der Finanzkrise und den in den vergangenen Jahren aufgedeckten Skandalen erholt?

Dieses Image hat keinen überragenden Einfluss auf die Arbeitgeberattraktivität der Banken und sollte es auch nicht haben. Wer Banker werden will, soll Banker werden. Banker zu sein macht Spaß und es ist gut, wenn die Bewerber ihre Berufswahl nicht vom aktuellen Image einer Branche abhängig machen.

In welchen Bereichen des Banking existieren derzeit Personalengpässe?

Auf der obersten Leitungsebene gibt es immer qualitative Engpässe. Es gibt zudem nach wie vor einen funktionalen Mangel im Risikomanagement, im Bereich Compliance und es gibt immer einen Bedarf an guten Frontoffice-Mitarbeitern. Wer gut am Kunden ist, Kunden binden und gut verkaufen kann, wird immer ein gern gesehener Kandidat sein.

Ist der Typ Vertriebler denn auch im Vorstand gefragt?

Auch ein Vorstand ist immer auch "Vertriebsvorstand". Beispielsweise ein Firmenkundenvorstand muss selbst im entscheidenden Moment verkaufen können und er muss sein Team motivieren können zu verkaufen. Gute Vorstände machen sich für ihre Leistungsträger verfügbar. Sie begleiten ihre besten Berater bei wichtigen Kundenterminen. In der vertrieblichen Dimension "dient" der Vorstand seinen besten Mitarbeitern.

Das hat sich aus den angelsächsisch geprägten Märkten auch hierzulande durchgesetzt, vor allem im Firmenkundengeschäft und Wealth Management. Bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist diese Vorgehensweise sowohl im Privat- wie auch im Firmenkundengeschäft schon lange geübte Praxis.

Welche Studienrichtungen oder beruflichen Abschlüsse sind derzeit in Banken besonders gefragt?

Das System ist hier wesentlich durchlässiger geworden. Früher brauchte man für eine anspruchsvolle Position bei den Großbanken ein BWL-Studium möglichst an einer renommierten Universität, bei den Sparkassen war der Sparkassen-Fachwirt nötig, bei den Genossenschaftsbanken entsprechendes. Mittlerweile gibt es mehr Möglichkeiten der Ausbildung: Fachhochschulen, private Hochschulen, beispielsweise auch die Frankfurt School of Finance.

Der Einzelne hat dabei eine größere Chance, einen Unterschied zu machen, weil Formalkriterien nicht mehr absolut dominant sind. Heute schaut man stärker auf die verwertbaren Kenntnisse und Fähigkeiten des Einzelnen. Insofern werden die bankspezifischen Ausbildungsgänge deutlich höher bewertet als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Das gilt auch für die Sparkassen- und die Genossenschaftsakademie. Diese werden nun auch von den Großbanken anerkannt.

Wie dauerhaft sind die Konzepte der Aus- und Weiterbildung? Besteht in manchen Fällen die Gefahr der Überqualifizierung von Mitarbeitern?

Es gibt freilich auch das Problem der Überqualifizierung. Eine Bank braucht durchaus nicht nur die Besten der Besten, sondern einen qualitativen Querschnitt unter ihren Neueinstellungen, weil eben nicht nur hoch anspruchsvolle Jobs in der Bank zu besetzen sind. Dennoch beobachten wir, dass Überqualifizierung eher selten vorkommt. Die Weiterbildungsbudgets sind in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen, sodass es wenig Banken gibt, die tatsächlich am Bedarf vorbei aus- und weiterbilden.

Zudem tut es beispielsweise auch einer Volksbank sehr gut, wenn sie Mitarbeiter hat, die sich akademisch weiterbilden und Auslandserfahrung gesammelt haben. Denn auch diese tendenziell etwas kleineren Häuser machen zum Teil sehr anspruchsvolles Geschäft. Vor allem aber sehen sie sich immer häufiger Kunden gegenüber, die eine entsprechende Ausbildung genossen haben.

Wie sehr ist IT-Knowhow in den Banken gefragt?

Die Bankenwelt in Deutschland hat sich beim Thema IT immer als sehr modern aufgestellt eingeschätzt. Es zeigt sich aber heute, dass das nicht uneingeschränkt stimmt. IT-Experten werden gebraucht, und zwar einerseits bei den IT-Dienstleistern für Banken, aber auch in den Kreditinstituten und Verbänden selbst. Hier liegt noch ein unendlicher Berg von Arbeit vor der deutschen Kreditwirtschaft, weil sie entgegen ihrer Selbstwahrnehmung beim Thema "Digitalisierung" und "Kundennutzen mittels IT" im Vergleich zu anderen Branchen weit zurückliegt.

Brauchen Kreditinstitute mehr Digital Natives in den Vorständen?

In den Führungsebenen braucht die Kreditwirtschaft definitiv IT-Know-how. Das wurde bisher vernachlässigt. Man hat sich in diesem Bereich oft Beratung eingekauft, aber in meinen Augen gehört es heute zur überlebensfähigen DNA einer Bank ab einer bestimmten Größenordnung dazu, über diese digitale Kompetenz selbst zu verfügen - entweder auf der Vorstandsebene oder mindestens in der Ebene direkt darunter. Kleinere Institute müssen diese Kompetenz von ihren Verbänden einfordern.

In welcher Bankengruppe ist dieses Thema am weitesten fortgeschritten?

Hier hat jede Gruppe ihre eigene Entwicklungsstufe. Klar ist, dass man bei diesem Thema Kompetenzen auch institutsübergreifend bündeln muss. Das Thema kann gar nicht überschätzt werden, es wird von der Digitalisierung ein großer Evolutionsschub ausgehen. Dieser kann in der Kreditwirschaft, wie wir sie kennen, stattfinden oder außerhalb!

Dominiert im Recruiting derzeit eher das Weiterbilden eigener Mitarbeiter oder das Abwerben von Talenten aus anderen Häusern?

Diese beiden Vorgehensweisen laufen parallel. Einerseits bemühen sich die Häuser ihre Mitarbeiter gut auszubilden, weiterzubilden. Wenn jedoch eine Stelle nicht intern besetzt werden kann, dann wird extern gesucht.

In den Achtzigern und Neunzigern war bei Sparkassen und Volksbanken oft davon die Rede, nur Menschen in Schlüsselpositionen zu bringen, die in der eigenen Gruppe groß geworden sind. Das hat sich geändert.

Für jede Führungsposition wird der beste intern und extern verfügbare Leistungträger benötigt. Hier Kompromisse zu machen, das kann sich heute niemand mehr leisten. Es werden deshalb heute oft interne und externe Kandidaten verglichen.

Es ist oftmals in einem Unternehmen auch fruchtbar, wenn Mitarbeiter aus anderen Branchen dazukommen. Marketing und Markenführung wird in der Finanzbranche oft von Branchenfremden gemacht, weil sie diese woanders besser lernen konnten.

Das Gleiche gilt für die IT, natürlich braucht es Kompetenzträger, die in der Bank-IT groß geworden sind, aber es werden weiterhin auch Externe gebraucht. Letzere denken nicht vom Bankprodukt aus, sondern eher vom Kundennutzen rückwärts. Hier liegt die Zukunft.

Wie gut ist die Finanzbranche in Sachen Frauenquote positioniert?

Die Kreditwirtschaft bemüht sich stark um Frauen in Führungspositionen. Die Bürde der Vergangenheit ist aber nicht zu leugnen. Wenn im Mittelmanagement wenig Frauen angekommen sind, dann können auch für die obersten Positionen kaum Frauen ausgewählt werden. Frauen in Führungspositionen müssen sich eben auch über Erfahrung und mehrjährige Performance in unterschiedlichen Positionen qualifiziert haben.

Die Gesellschaft hat aber lange Zeit keine arbeitenden Mütter gewollt und gefördert, sie hatte dafür wenig bis keine Infrastruktur geschaffen. Hier wird man sich auch über die kommenden Jahrzehnte stark entwickeln müssen.

Die Frage von Frauen in Führungspositionen sollte man dennoch nicht nur an Vorstandsposten festmachen. Das würde der Thematik nicht gerecht. Man sollte immer die Top 100 bei einer Großbank oder die Top 20 bei einer großen Sparkasse oder Genossenschaftsbank betrachten.

Hat sich die Qualifikation der Bewerber in den vergangenen Jahren stark verändert?

Nicht unbedingt die Qualifikationen, aber das Verhalten. Klienten und Kandidaten kommen heutzutage häufiger als noch vor fünf bis zehn Jahren proaktiv auf uns zu. Darin wird eine Veränderung in der Einstellung der Menschen und der Branche insgesamt sichtbar. Karrierewillige wissen, dass es heute schwieriger ist, im eigenen unmittelbaren Umfeld Karriere zu machen, als dies in Phasen des Wachstums war.

Karriere erfordert heute mehr denn je auch Zuversicht und Flexibilität. Die effektive und nutzenmaximierende Allokation der Kompetenzen und Fähigkeiten Einzelner in der gesamten Kreditwirtschaft ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen wichtig.

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