Gute Vorsätze für 2020

Carsten Englert, Redakteur Foto: Verlag Fritz Knapp GmbH

Einen guten Vorsatz, den viele Deutsche jedes Jahr zum Jahreswechsel haben, kann man derzeit wieder in den Fitnessstudios beobachten. Und wie sonst wird auch 2020 der Elan schnell abnehmen. Laut einer Umfrage von Weltsparen.de denkt manch einer zum Jahreswechsel aber nicht nur über das Dünnerwerden nach, sondern auch darüber, wie der Geldbeutel dicker wird. Allerdings in deutlich niedrigerem Umfang. Während laut der Umfrage knapp 23 Prozent den Vorsatz fassen, mehr Sport zu treiben, sind es nur knapp unter zehn Prozent, die sich vornehmen, mehr zu sparen.

Die eigentlich hoffnungsvolle Botschaft der Umfrage ist aber, dass 60,9 Prozent der Befragten nicht nur an Silvester, sondern im ganzen Jahr über ihre Finanzen und Sparpläne nachdenken. Das ist eine gute Nachricht für die Anbieter von Publikumsfonds, nachdem das abgelaufene Jahr nochmals untermauerte, dass auf längere Zeit gesehen keine Zinswende zu erwarten ist. Denn: Wer Vermögen aufbauen will, der kommt derzeit an Aktien beziehungsweise Fonds nicht vorbei - eigentlich.

Wenn jedoch das Nachdenken über mehr Sparen nicht dazu führt, dass auch mehr mit Aktien und/oder Fonds gespart wird, war die Freude etwas voreilig. Darauf deutet zumindest eine andere Umfrage hin, die vom Bundesverband deutscher Banken (BdB) durchgeführt wurde. Demnach haben 2019 nur 46 Prozent und damit weniger als die Hälfte der Umfrageteilnehmer überhaupt Geld angelegt. Gegenüber 2018 entsprach das nochmal einem Rückgang um drei Prozentpunkte. Einen ersten Hinweis auf mögliche Gründe gibt die Studie gleich mit: Nur 41 Prozent der Anleger sind zufrieden mit dem Anlageergebnis. Seit 2012 gab es laut BdB überhaupt nur zwei Jahre (2012 und 2015), in denen mehr Anleger zufrieden als unzufrieden waren. Das erstaunt doch etwas, da in diesem Zeitfenster nur das Jahr 2018 negative Vorzeichen für den Dax brachte - da allerdings recht deutlich mit minus 18,3 Prozent.

Die abschließenden Zahlen für das gesamte Jahr 2019 vom Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) liegen noch nicht vor. Aber die ersten neun Monate sind schon bekannt und geben einen Hinweis auf den Verlauf - und scheinen die Vermutung zu bestätigen. Den offenen Publikumsfonds flossen in diesem Zeitraum 9,62 Milliarden Euro zu. Nach drei Quartalen 2018 waren es noch 18,3 Milliarden Euro. Das ist ein herber Einbruch, allerdings reduziert sich das Tempo des Abschwungs damit sogar schon wieder etwas, denn ein Jahr zuvor brach das Nettomittelaufkommen sogar um gut zwei Drittel ein. Immerhin: Das Nettovermögen der offenen Publikumsfonds stieg leicht von 1,05 auf 1,08 Billionen Euro und damit um 25,4 Milliarden Euro - jeweils zum Stichtag 30. September. Der Löwenanteil des Anstiegs geht auf die starke Performance der Aktienmärkte zurück.

Gespart wird in Deutschland allerdings weiterhin fleißig, wie eine Studie der DZ Bank belegt. Nur eben nicht mit Aktien und Fonds. Laut der Studie blieb die Sparquote in Deutschland mit rund 11 Prozent fast auf dem sehr hohen Niveau von 2018. Die Krümel von diesem Kuchen sind für die Fondsbranche aber recht klein. Nur 10,9 Prozent des Geldvermögens privater Haushalte war 2019 in Investmentfonds investiert. In Bargeld und Einlagen waren es 40,3 Prozent und Direktinvestments in Aktien hatten einen Anteil von 7,3 Prozent. Obwohl die Fonds und Aktien nur einen Anteil von kumuliert 18,2 Prozent haben, haben sie das Bewertungsvermögen um rund 184 Milliarden Euro erhöht. Das sind 41,7 Prozent des Zuwachses von 441 Milliarden Euro. Ein klarer Beleg dafür, dass ein sinnvoller Vermögensaufbau nur noch mithilfe von Aktien und Fonds machbar ist.

Doch dafür fehlt den Sparern bislang schlichtweg die Erkenntnis. Eine interessante Umfrage zu dem Thema hat die Postbank durchgeführt. Auf die Frage, wie sie am ehesten ein Vermögen von einer halben Millionen Euro aufbauen können, haben nur sieben Prozent mit "Anlage in Fonds und Aktien geantwortet". Den höchsten Wert erreichte mit 26 Prozent der Immobilienbesitz. Doch auf Rang 2 mit 19 Prozent kam: der Lottogewinn! Mehr als doppelt so viele Menschen halten es demnach für wahrscheinlicher, dass sie mit Lotto Vermögen aufbauen als mit Aktien und Fonds. Um eine halbe Millionen Euro im "6 aus 49" Lotto zu gewinnen, braucht es mindestens die Gewinnklasse 2. Die Gewinnwahrscheinlichkeit beträgt hier 1 zu 15,5 Millionen. Es scheint in der Tat eine völlig verzerrte Wahrnehmung von Risiken und Chancen zu herrschen, zumindest beim Thema Vermögensbildung. Die Chancen der Aktien- und Fondsanlage werden systematisch unterschätzt und die Risiken überschätzt.

Fehlende Finanzbildung ist ein Thema, an dem sich die Branche schon lange abarbeitet. Doch der Weg ist lang. Vonseiten der Politik ist dabei bislang keine Unterstützung zu erwarten. Wie auch, bei einem Finanzminister, der öffentlich bekundet, dass er sich nicht mit der Geldanlage beschäftige, sondern sein Vermögen auf dem Girokonto liegen lässt. Mit einer gesicherten und üppigen Politikerpension mag das ja noch ohne Folgen bleiben. Aber bei der demografischen Entwicklung und anhaltender Niedrigzinsphase führt für die Altersvorsorge nun mal kein Weg am Kapitalmarkt vorbei. Stattdessen will der Minister die Aktien- und Fondsparer sogar noch mit der Kleinaktionärssteuer (siehe ZfgK 01/2020) malträtieren und ihnen zusätzliche Steine in den Weg legen.

Zudem wären echte Reformen wünschenswert für die Altersvorsorge. Statt Bestrafungen wären steuerliche Anreize der sinnvollere Weg. Viel weiter als Deutschland ist auf diesem Gebiet der angelsächsische Raum. Auf Seite 16 stellt Markus Weis, stellvertretender Deutschland-Chef von Vanguard, die Systeme in den USA und Großbritannien vor. Eine Lektüre, von der deutsche Politiker durchaus etwas lernen könnten, da insbesondere Großbritannien bei diesem Thema viel weiter entwickelt ist als wir. Ein erster sinnvoller Vorschlag in diese Richtung kam Ende 2019 vom CDU-Parteitag mit der "Deutschland-Rente", die eine verpflichtende private Vorsorge mit einem günstigen Standardprodukt vorsieht. Ein Schritt in die richtige Richtung, doch erscheint es fraglich, ob sich die CDU damit durchsetzen kann.

Ein Thema, mit dem der Vertrieb gefördert werden könnte, ist zweifellos der Klimawandel und generell der Megatrend zu mehr Nachhaltigkeit. Die Bereitschaft der Bevölkerung, aktiv zu gestalten, dürfte nach der medialen Dauerbefeuerung mit diesem Thema groß sein. Grüne Anlageprodukte sind ein Hoffnungsschimmer, mit dem zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden könnten: Verbesserung des Sparverhaltens und die Finanzierung der nachhaltigen Transition der Wirtschaft. In der aktuellen Ausgabe gibt es daher einen kleinen Themenunterschwerpunkt Nachhaltigkeit im Asset Management. Das Thema wird dabei von verschiedenen spannenden Seiten beleuchtet!

Auch aus Sicht der Banken ist es übrigens essenziell, den Anlagestau zu durchbrechen! Laut DZ-Bank-Studie führt die Zurückhaltung beim Anlegen und fehlenden Alternativen zu einer immer höheren Ansammlung von Sichteinlagen. 2019 stieg der Anteil des als Sichteinlage "zwischengeparkten" Geldvermögens auf 27 Prozent - insgesamt rund 1,8 Billionen Euro! 2008 waren es nur etwas mehr als 13 Prozent. Das erhöht natürlich die Belastung der Banken durch die Negativzinsen für die Einlagefazilität. Es ist eine gemeinsame Anstrengung von Fondsbranche und Banken nötig, um mehr Bürger an den Aktienmarkt - direkt oder indirekt zu bringen. Beide würden davon profitieren!

Ein spannendes Themenfeld bleibt auch 2020 die Digitalisierung. Vor allem Künstliche Intelligenz (KI) und digitale Wertpapiere sind wichtige Schlagwörter. Hier schlummert großes Potenzial zur Effizienzsteigerung und für neue Produkte. Erst kurz vor Redaktionsschluss war zu vernehmen, dass sich die DWS an einem Anbieter für KI beteiligt hat. Viele Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an Lösungen für digitale Wertpapiere. Nimmt die Digitalisierung der Branche 2020 nun Fahrt auf?

Ein Trostpflaster gibt es aber: Der größere Markt - die Spezialfonds - zeigt sich in den letzten Jahren bei den Nettozuflüssen stabil. Doch das sollte die Branche nicht daran hindern, weiter aktiv die angesprochenen Wachstumsbremsen zu bekämpfen und offensiv die Chancen beim Thema Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu nutzen. Das könnte ein nachhaltiger guter Vorsatz für das Jahr 2020 sein!

Carsten Englert , Leitender Redakteur, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen , Fritz Knapp Verlag
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