Was Autokäufer wollen - Ergebnisse der zweiten Trendstudie 2015 1)

Jeder Zweite würde sein Auto online kaufen

Abbildung 1: Wie zufrieden sind/waren Sie mit der Beratungsleistung Ihres Autohändlers? Quelle: Leasetrend AG

Gerhard Fischer - Die Recherche im Internet ist eine zentrale Entscheidungshilfe beim Autokauf. So findet die Kaufanbahnung verstärkt online statt, bei der Abwicklung ist hingegen der Gang zum Händler weiterhin das Maß aller Dinge. Doch dies kann sich schon bald ändern, wie eine aktuelle Trendstudie der Marktforschung Puls zeigt. Im Auftrag der Leasetrend AG hat das Institut das Informations- und Kaufverhalten deutscher Autokäufer untersucht.

Das Internet durchdringt den Automarkt stärker denn je: So konkurrieren Hersteller und Autohäuser zum einen im Meinungsbildungsprozess der Verbraucher zunehmend mit dem Netz. Ob Testbericht, Blogbeitrag oder Forendiskussion: Nie war es für den Konsumenten einfacher, neben Hersteller- und Händlerinformationen auf weitere Entscheidungshilfen zurückzugreifen. Das World Wide Web bietet somit ein schier unendliches Repertoire an Informationen zur Produktauswahl. Zum anderen ist das Internet mittlerweile auch ein Verkaufskanal: Online-Portale sind schon seit Längerem auf dem Vormarsch. Neu in der Branche ist allerdings das Engagement im E-Commerce.

Dank Smartphone und Tablet können Verbraucher von jedem Ort aus jedes kleinste Detail zu ihrem Traumauto in Erfahrung bringen. Das Leder riechen, den Lack fühlen und eine Probefahrt durchführen setzt allerdings den Gang zum Händler voraus. Doch sehen die Kunden von heute hierin überhaupt noch einen Vorteil? Wie fällt in der geänderten Vertriebslandschaft die Rolle des Handels aus - kann er durch gute Beratung überzeugen? Und wie stehen die Kunden zum Autokauf per Klick?

Diese und weitere Fragen standen im Vordergrund der zweiten Trendstudie 2015: Für den Leasing-Anbieter Leasetrend hat Puls Marktforschung hierzu im Sommer dieses Jahres 1 000 Privatpersonen befragt, die den Kauf eines Fahrzeugs planen oder vor kurzem ein Fahrzeug gekauft haben. Die Studie zeigt vor allem eins: Obgleich sich die Konsumenten im Vorfeld des Autokaufs zunehmend im Netz informieren, wird der Pkw nach wie vor im stationären Autohandel gekauft. Dennoch ist der nächste Schritt - der Erwerb über den Klick-Button - in nicht allzu weite Ferne gerückt: Immer mehr Menschen können sich vorstellen, ihr nächstes Auto im Internet zu erwerben.

Der Preis entscheidet

Neben Informations- und Vertriebskanälen, die den Konsumenten zur Verfügung stehen, standen in der Befragung auch die einzelnen Aspekte im Vordergrund, über die sich die Käufer im Vorfeld informieren. Schließlich fängt mit dem Entschluss, sich ein neues oder gebrauchtes Auto zu kaufen, die Planung an. Dabei sind vor allem die Kosten von Interesse: Rund drei Viertel der Neuwagenkäufer (74 Prozent) holen im Vorfeld die Preise ein.

Darüber hinaus erkundigen sie sich über die Ausstattungsmöglichkeiten (62 Prozent), die laufenden Kosten und den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch (je 59 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Gebrauchtwagenkäufern, von denen sich gut drei Viertel (73 Prozent) über die Preise erkundigen. Noch wichtiger ist ihnen allerdings der Zustand des Fahrzeugs, der für die Preisverhandlungen entscheidend ist - so gaben 81 Prozent an, dass sie genauere Informationen zum Pkw einholen. Am wenigsten befassen sich die Käufer dagegen mit den Finanzierungsmöglichkeiten: Lediglich ein gutes Drittel (37 Prozent) der Neuwagenkäufer und jeder vierte Gebrauchtwagenkäufer (23 Prozent) erkundigen sich im Zuge der Informationsbeschaffung über Finanzierungsmodelle.

Angesichts der Vielzahl an Kanälen war es für Autokäufer noch nie so leicht, sich im Vorfeld des Autokaufs zu informieren. Dabei hat das Internet den Autohändler, Familie und Bekannte mittlerweile als Informationsquelle abgelöst. Knapp drei Viertel (73 Prozent) der Neuwagenkäufer und vier Fünftel (81 Prozent) der Gebrauchtwagenkäufer nutzen gezielt das Internet bei ihrer Recherche.

Kaufanbahnung online

Das Web hat somit beim Autokauf die Funktion eines Startpunktes bei der Informationssuche übernommen. Der virtuelle Raum bietet dabei eine Vielzahl an Angeboten, sodass hier sowohl OEMs2) als auch Händler verstärkt gefordert sind: Um das erhöhte Informations- und Austauschbedürfnis der Konsumenten im Netz zu bedienen, müssen sie auch hier als Dialogpartner agieren - nur auf diesem Weg können sie die digitalen Schnittstellen für sich nutzen. Hierfür spricht das Befragungsergebnis, wonach für Neuwagenkäufer die Internetauftritte der Hersteller bei ihrer Online-Recherche im Internet der wichtigste Anlaufpunkt sind:

Jeder Zweite (56 Prozent) informiert sich auf den jeweiligen Webpräsenzen von Audi, Skoda, Toyota et cetera. Sie werden beim Kauf eines neuen Fahrzeugs sogar häufiger konsultiert als Suchmaschinen (50 Prozent) oder Online-Präsenzen der Händler (46 Prozent). Bei den Gebrauchtwagenkäufern sind dagegen unabhängige Autobörsen und Online-Portale (63 Prozent) die Informationsquelle der ersten Wahl. Mehr als die Hälfte recherchiert darüber hinaus bei Browsern wie Google (56 Prozent), während 41 Prozent sich auch bei Testberichtportalen und 38 Prozent bei unabhängigen Vergleichsportalen schlau machen.

Auch die direkten Erfahrungen anderer Kunden dienen mittlerweile als Entscheidungshilfe beim Autokauf. 25 Prozent der Neuwagen- und 36 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer gaben an, auch in Automobilforen und Blogs nach Informationen zu stöbern. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Nutzer können nicht nur Berichte und Meinungen zu den verschiedensten Automarken einholen, sondern sich zugleich mit anderen Konsumenten austauschen. Diese Varianten des "Mitmach-Webs" spielen bei der Entscheidungsfindung eine größere Rolle als Online-Fachmedien: Nur jeder vierte Neuwagen- und jeder fünfte Gebrauchtwagenkäufer nutzt die Webseiten der Fachzeitschriften als Informationsquelle.

Käufer schätzen Beratungsleistung

Punkten können die lokalen Händler hingegen mit den "klassischen" Vorteilen, zu denen auch die persönliche Beratung zählt. Möglicherweise kommen die Kunden durch ihre Web-Recherche informierter als noch vor 20 Jahren ins Autohaus. Gleichzeitig werden die Pkws jedoch auch zunehmend komplexer und damit auch erklärungsbedürftiger.

Ein modernes Auto ist längst kein einfaches Fortbewegungsmittel mehr. Stattdessen wird die Ausstattung bei den heutigen Fahrzeugen immer anspruchsvoller. Die voranschreitende Elektrifizierung, Vernetzung von Smartphones und mobilem Internet sowie umfangreiche automatische Funktionen und Assistenzsysteme erfordern ein hohes technisches Verständnis. So basieren etwa 90 Prozent der Innovationen im Auto auf Elektronik, Software und IT.

In Zeiten des wachsenden Online-Angebots, gestiegener Kundenerwartungen und sprunghaften Medienverhaltens gilt es für den Autohandel mehr denn je, eine hohe Beratungsqualität zu bieten - was den meisten Verkäufern auch zu gelingen scheint: Immerhin sind drei Viertel der befragten Neuwagenkäufe mit der Beratungsleistung ihres Autohändlers zufrieden (Mittelwert 2,0), ein Drittel davon sind sogar "sehr zufrieden". Auch die Bewertung seitens der Gebrauchtwagenkäufer fällt in Summe positiv aus: Insgesamt fühlen sich 62 Prozent von ihnen gut beraten (Mittelwert: 2,3), wobei jeder Dritte (34 Prozent) sogar "sehr zufrieden" mit der Beratungsleistung war (Abbildung 1, Seite 282).

Die Befragten, die ihr Auto im Netz kauften, zeigten sich weniger überzeugt vom Service bei der Online-Abwicklung: Ob Neu- oder Gebrauchtwagenkauf - von 75 Online-Käufern ist jeder Zweite (55 beziehungsweise 54 Prozent) mit der Abwicklung zufrieden, wobei jeder Vierte (24 beziehungsweise 26 Prozent) sich allerdings "sehr zufrieden" zeigte. Dabei wurde die Servicequalität von den Gebrauchtwagenkäufern mit einem Mittelwert von 2,3 etwas besser bewertet als von den Käufern eines Neuwagens mit einem Mittelwert von 2,5 (Abbildung 2).

Dabei bleibt der Markenhändler beim Autokauf - obwohl das Internet immer mehr Bedeutung gewinnt - die erste Wahl: Während 93 Prozent der befragten Käufer ihren Neuwagen beim niedergelassenen Händler vor Ort erwerben, setzen lediglich sechs Prozent auf den Online-Kauf über ein Portal oder beim Hersteller (Abbildung 3).

Bei den Gebrauchtwagenkäufern zeigt sich dagegen eine heterogenere Verteilung: 35 Prozent von ihnen kaufen ihr Fahrzeug beim Markenhändler, 31 Prozent von privat und 25 Prozent beim freien Gebrauchtwagenhändler. Ein klarer Vorteil für die Händler ist die Probefahrt, beim Autokauf nach wie vor unverzichtbar - sie stellt für fast jeden zweiten Autokäufer (49 Prozent) das wesentliche Alleinstellungsmerkmal des Händlers vor Ort dar. Dies gilt vor allem für Gebrauchtwagenkäufer, von denen 56 Prozent die Testfahrt als entscheidenden Vorteil des stationären Handels einstufen. Dabei kann der stationäre Handel bei 39 Prozent der Befragten auch mit der persönlichen Betreuung punkten. Das wissen vor allem die Käufer von Neuwagen zu schätzen, die neben der Probefahrt (43 Prozent) großen Wert auf die Unterstützung des Verkäufers (41 Prozent) legen.

Darüber hinaus ist für über ein Drittel (35 Prozent) die bequeme Fahrzeugübergabe ein Plus für den Handel, das sie beim E-Shopping nicht geboten bekommen. Weniger überzeugt sind die Käufer von den seitens der Händler angebotenen After-Sales-Services (zehn Prozent), der Finanzierungsberatung (zehn Prozent) oder der bedarfsgerechten Konfiguration des Fahrzeugs (neun Prozent). Hier sehen die Befragten keinen wesentlichen Vorteil gegenüber dem Internet.

Autokauf per Klick

Die hohe Zufriedenheit der Autokäufer mit der Beratungsleistung des Handels, wie auch die nachhaltende Tendenz zum "Offline-Kauf" implizieren jedoch nicht, dass die Konsumenten einen Kauf im World Wide Web in Zukunft ausschließen würden. Ganz im Gegenteil, das Netz etabliert sich zunehmend auch als vertriebswert. So ist die zunehmende Vernetzung im Automobilsektor ein globaler Trend - schließlich gibt es auch immer mehr Internetportale, die auf den Vergleich von Werkstattleistungen spezialisiert sind. Hier finden Autofahrer binnen weniger Sekunden zahlreiche Werkstätten in der Region, können Services vergleichen und direkt den Werkstatttermin zum Festpreis vereinbaren.

Davon ist auch das ohnehin schrumpfende Servicegeschäft betroffen. Nicht nur, dass immer mehr Autofahrer ein Werkstattangebot online buchen, auch das Geschäft mit Ersatzteilen und Pkw-Komponenten verlagert sich zunehmend ins Netz - immerhin lässt rund die Hälfte der Autofahrer die online erworbenen Teile in der Werkstatt ihres Vertrauens einbauen.

Der nächste Schritt - der Autokauf per Klick - scheint somit nur die logische Konsequenz der Verlagerung ins Digitale zu sein. Immerhin kann sich jeder zweite Befragte (47 Prozent) grundsätzlich vorstellen, sein nächstes Fahrzeug online zu erwerben (Abbildung 4). Dies gilt vor allem für Männer (49 Prozent) und Neuwagenkäufer (53 Prozent), von denen jeder Zweite den Vertriebskanal für sich nutzen würde. Dagegen ziehen nur 38 Prozent der Frauen und 39 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer den Online-Kauf eines Pkw in Betracht.

Dabei variiert die Aufgeschlossenheit mit dem Alter der Befragten: Nahezu jeder zweite Autokäufer unter 50 Jahre würde beim Autokauf online gehen, während bei den über 50-jährigen immerhin 41 Prozent ihre Bereitschaft signalisieren. Gleichzeitig korreliert die Bereitschaft zu einem Autokauf im Internet mit dem Gehalt: Während nur 40 Prozent der Befragten mit einem monatlichen Netto-Haushaltseinkommen von bis zu 2 000 Euro den nächsten Autokauf im Netz tätigen würden, ziehen dies satte 58 Prozent der "Besserverdiener", deren Gehalt über 4 000 Euro liegt, in Betracht - absoluter Spitzenwert in der Studie.

Im E-Commerce steckt somit viel Potenzial, was auch von einigen Autobauern erkannt wird. So testet BMW derzeit in Asien neue Vertriebswege wie Amazon, um die Marktabdeckung zu erhöhen. War der Gedanke, sein Wunschauto in den Amazon-Warenkorb zu legen, noch vor wenigen Jahren mehr als abwegig, zeigte sich in der Studie, dass der Münchener Konzern hier den richtigen Riecher hatte: Ein Drittel der Befragten kann sich vorstellen, das Traumauto bei einem entsprechenden Angebot direkt beim Online-Händler zu kaufen. Dies gilt vor allem für Neuwagenkäufer, von denen 41 Prozent dem Versandhändler eine Chance geben, während es bei den Gebrauchtwagenkäufern nur 28 Prozent sind.

Amazon-Warenkorb

Auch hier zeigen sich Unterschiede bei Geschlecht und Alter: Während mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Männer den Kauf via Amazon tätigen würde, wären nur 27 Prozent der Frauen dazu bereit. Dabei zeigen die Befragten in den Altersklassen bis 30 Jahre (37 Prozent) und 41 bis 50 Jahre (38 Prozent) eine höhere Bereitschaft als die Autokäufer über 50 Jahre (29 Prozent). Gleichzeitig korreliert die Bereitschaft für den Amazon-Kauf mit dem Gehalt. Vor allem Autokäufer mit höherem Netto-Haushaltseinkommen zeigen Interesse - nahezu die Hälfte der Autokäufer (46 Prozent) mit einem monatlichen Einkommen über 4 000 Euro steht dem neuen Verkaufskanal offen gegenüber, während es bei den Befragten, die monatlich weniger als 2 000 Euro verdienen, nur jeder Vierte (25 Prozent) ist.

Der Weg vom Internetkauf einzelner Ersatzteile bis hin zum Neuwagenkauf bei Amazon oder anderen Onlinehändlern ist somit ein kürzerer als bislang angenommen. Bei ansprechenden Angeboten würden die Konsumenten es schon jetzt befürworten, beim Autokauf nicht die heimische Wohlfühlzone verlassen zu müssen. Der Autohandel muss daher umso mehr seine "klassischen" Vorteile ausspielen und gleichzeitig seine vorhandenen Potenziale voll ausschöpfen. Die kompletten Studienergebnisse stehen zum Download bereit unter der Rubrik News auf: www.autoleasing.de

1) Die Ergebnisse der ersten Trendstudie 2015 wurden in FLF 4/2015, S. 160, veröffentlicht. Siehe auch: www.autoleasing.de (Rubrik News).

2) Original Equipment Manufacturer (OEM).

DER AUTOR:

Gerhard Fischer, Oberhaching, ist Geschäftsführer der 1998 gegründeten Leasetrend AG und seitdem für den Ausbau des Leasing-Geschäftes und die damit verbundenen Vertriebsaktivitäten verantwortlich. Darüber hinaus ist er Mitglied des Aufsichtsrats der Wiener Autobank AG.E-Mail: info[at]leasetrend[dot]de

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