Messebericht

25 Jahre Mipim - ein Festival für die Immobilie

Zum 25. Jubiläum darf erwartet werden, dass Jubilar und Gäste es so richtig krachen lassen. Erst recht kann das von der weltweit ältesten Immobilienmesse Mipim in Cannes angenommen werden. Sie zu initiieren, bewies in einer Zeit, in der die Immobilienmärkte sowohl in den europäischen Ländern wie auch in Asien und Amerika "geschlossene Veranstaltungen" der nationalen Akteure waren, eine gehörige Portion visionäres Denken und Mut. Der wohl größte Verdienst der Messe ist, dass sie durch die Schaffung eines Marktplatzes der unternehmerischen Ideen und Kulturen immer noch dazu beiträgt, die Immobilienwirtschaft zu internationalisieren und zu professionalisieren. Ein Erfolg der Messe ist zudem, dass sie sich trotz zunehmender Konkurrenz selbst in den Jahren der Finanzmarktkrise behaupten konnte.

Prominenz statt Pomp

Angesichts dieser Entwicklung passt es, dass die Stimmung in der internationalen Immobilienwirtschaft durchweg positiv ist. Denn im Großen und Ganzen geht es der Branche gut. In Sachen Finanzkrise scheint das schlimmste überstanden. Immobilien sind als Anlageklasse so beliebt wie vor der Krise. Und Finanzierungslücken beklagt auch keiner mehr. Selbst in Märkten wie Spanien stehen sogar für konservative Investoren wieder die Chancen im Vordergrund, während die Risikowahrnehmung abnimmt. So stieg das weltweit in gewerbliche Immobilien getätigte Investitionsvolumen im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent.

Trotzdem war während der diesjährigen Mipim von ausgelassener Feierlaune im sonst durchaus große Auftritte zelebrierenden Cannes wenig zu spüren. Die Messe, also die Akteure des grenzüberschreitenden Immobiliengeschäfts, sind augenscheinlich reifer geworden. Heute gilt aufdringlich glamouröses Gieren nach Aufmerksamkeit als unangemessen. Das haben sogar die sonst gerne zum Pomp neigenden russischen Aussteller erkannt und dekorieren ihre Standflächen mittlerweile mehr mit Modellen als mit Models.

Bei dem ausnehmend frühlingshaften Wetter an der französischen Riviera bemühte sich allerdings auch nur derjenige in die Enge des Palais des Festivals oder die stickige Wärme der Pavillons, der unbedingt musste. Wer die Wahl hatte, bevorzugte andere Lokalitäten: die Balkone des Espace Riviera, die Strandbars, die Sonnenterrassen der Hotels, die Yachten im Hafen oder eines der Cafés und Fischrestaurants in der Altstadt von Cannes.

So mochte man beim Gang durch das von den Filmfestspielen bekannte Palais kaum glauben, dass der Veranstalter Reed Midem in diesem Jahr neuerlich mehr Besucher zählte als 2013. Nach rund 20 000 im Vorjahr sollen es diesmal offiziell etwa 20 500 Teilnehmer, darunter 2 400 aus Deutschland, gewesen sein.

Tatsächlich zählt die Messeorganisation anders als deutsche Veranstalter sämtliche gemeldeten Personen und unterscheidet nicht zwischen Fachbesuchern, Ausstellern und sonstigem Standpersonal. Die gestiegene Teilnehmerzahl erklärt sich aber auch dadurch, dass viele Besucher und Aussteller ihren Messeaufenthalt auf nur einen oder zwei Tage begrenzten und für diese Zeit ihre Termine eng getaktet hatten. Auch dies ist ein Indiz für die seit 2008 zu beobachtenden Evolution der Mipim von einer Incentive-Veranstaltung zur nüchternen Arbeitsmesse im schönen Ambiente.

Natürlich schmückten sich die Messe und die Aussteller wieder mit reichlich Prominenz. Vor allem Kommunalpolitiker und Minister nutzten die Veranstaltung zum Standortmarketing. Und mit Günther Hermann Oettinger beehrte sogar ein Vertreter der EU-Kommission das Forum. Derweil setzte der aktuelle Schach-Weltmeister, Magnus Carlsen, in einem sehr kurzweiligen Simultanturnier die teilnehmenden Immobilienstrategen binnen Minuten matt.

Neues Kapital und neue Märkte

Erneut untermauerte die Mipim ihren Anspruch eine internationale Immobilienmesse zu sein. Die Besucher kamen aus 93 Ländern, während vor Jahresfrist Gäste aus 79 Staaten vertreten waren. Erfreut zeigte sich der Veranstalter über die 4 500 Investoren vor Ort - rund 200 mehr als ein Jahr zuvor. "Auf der Mipim waren neue Marktteilnehmer, neues Kapital und neue Vehikel zu sehen. Vor allem asiatische Investoren verstärken ihr Engagement auf den europäischen Immobilienmärkten", beobachtet Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe von Savills.

Und Ignaz Trombello, Head of Investment bei Colliers International in Deutschland konstatiert: "Die chinesischen Auslandsinvestitionen schossen 2009 in die Höhe und erreichten 2013 die Rekordsumme von neun Milliarden US-Dollar. Wir gehen davon aus, dass sich immer mehr chinesische Immobilieninvestoren auf das Ausland fokussieren, um den Anforderungen ihrer lokalen Kunden gerecht zu werden."

Wenn Anleger in europäische Immobilienmärkte investieren wollen, ist Deutschland aufgrund seiner Konjunktur mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent eine der ersten Adressen. "Deutschland ist dank seiner Stabilität und polyzentraler Struktur im Gegensatz zu Ländern wie England und Frankreich mit ihren 'Einzelrisiken' London oder Paris immobilienwirtschaftlich allemal kein Langeweiler, sondern gefragter Klassiker", freut sich Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien. Wie kaum ein anderer Markt wird Deutschland als "Core"-Standort angesehen.

Doch Investitionsobjekte bleiben Mangelware. Denn für den Verkäufer ist neben der Höhe des Preises eben auch entscheidend, in welche Anlage er die Einnahme aus dem Verkauf besser verzinst reinvestieren kann. Weil Letzteres derzeit schwierig ist, werden Immobilien tendenziell länger gehalten, wodurch das Angebot zusätzlich verknappt wird. Die Folge: "Weil die Core-Objekte kaum zu haben sind und die Renditeerwartungen vieler Investoren kaum noch erfüllen können, rücken Liegenschaften mit Managementbedarf stärker in den Anlagefokus", beobachtet Matthias Leube, Managing Director bei Axa Investment Managers. Dabei kann die Palette der Maßnahmen vom Leerstandsabbau bis zur Konversion von Büroflächen in Wohnungen reichen. "Über Value-added wird nicht mehr nur geredet, sondern es wird auch tatsächlich gesucht", weiß Wolfgang Schneider, Geschäftsführer von BNP Paribas Real Estate Consult.

Übereinstimmend zeigen die Zahlen der Makler, dass sich die Investitionen in deutsche Core-Objekte seit Jahren auf einem weitgehend konstanten Niveau von etwa 15 Milliarden Euro bewegen. Das waren 2013 rund 50 Prozent aller Transaktionen mit gewerblichen Immobilien. 2010 hatte der Anteil noch bei 75 Prozent und im Jahr 2012 nur bei etwas mehr als 60 Prozent gelegen. 2014 dürfte der Core-Anteil weiter sinken, denn es wird unisono mit einem noch höheren Gesamtumsatz als im Vorjahr von 30,4 Milliarden Euro gerechnet. Das lebhafte Geschäft zu Jahresbeginn nährt diese Erwartungen.

Wie viel Risiko darf es sein?

Doch längst nicht alle Investoren sind bereit, für etwas mehr Rendite Abstriche an der Objektqualität zu machen. "Wir nehmen Risiken auf der Versicherungsseite. Auf der Anlageseite wollen wir langfristige Sicherheit", erklärt Günter Manuel Giehr, Geschäftsführer und Global Head Real Estate bei der Meag. Er sucht Liegenschaften, bei denen zu erwarten ist, dass der Anstieg des Bodenwertes den Wertverlust durch die "Alterung der Steine" überkom pensiert.

Weil jedoch zu viel Geld in den Markt drückt, sind hochwertige Lagen teuer, vielleicht schon zu teuer. Im Zuge dessen ziehen allerdings auch die Preise für weniger gute Lagen an, sodass auch hier Risiko und Rendite womöglich in einem Verhältnis stehen, das konservative Investoren nicht akzeptieren können oder wollen. "Lausige" Renditen sind für Giehr deshalb noch lange kein Argument gegen Core. "Gerade wenn der Markt heiß läuft, muss auf Qualität geachtet werden", betont er, weil bei einem Nachlassen oder Versiegen des Geldflusses zuerst die weniger guten Liegenschaften leiden würden. Dabei legt die Meag ihren Anlageschwerpunkt auf Wohnimmobilien in den prosperierenden Ballungszentren. Denn hier sei langfristig mit steigenden Mieten und Grundstückswerten zu rechnen. Kritischer bewertet Giehr dagegen Investitionen in Bürogebäude, weil einerseits die Objekte technisch schnell altern und andererseits durch raschen Neubau jede Erhöhung der Marktmiete konterkariert werde.

Um trotzdem auskömmliche Margen zu erzielen, erweitern einige Versicherungsunternehmen ihr Darlehensgeschäft auf die Finanzierung gewerblicher Immobilien. So kaufte beispielsweise die Allianz Real Estate im vergangen Jahr - direkt und indirekt - Gewerbeimmobilien im Volumen von rund 2,3 Milliarden Euro in Immobilien, sagte aber bereits 900 Millionen Euro an gewerblichen Hypothekenkrediten zu, davon etwa 300 Millionen Euro in Europa und zirka 600 Millionen Euro in den USA.

Damit erhöhte sich das gesamte von der Allianz Real Estate betreute Immobilienportfolio inklusive der Immobilienfinanzierungen auf mittlerweile mehr als 30 Milliarden Euro. Den vor fünf Jahren eingeschlagenen Kurs will der Asset Manager 2014 fortsetzen. "Unter Berücksichtigung der Immobilienfinanzierungen sollen unsere Gesamtinvestitionen in den kommenden Jahren auf bis zu 40 Milliarden Euro steigen", kündigt Olivier Piani, CEO der Allianz Real Estate, an. Um dieses Ziel zu erreichen, würden unter anderem Investitionen in neue Märkte wie Brasilien oder China geprüft.

Auch bei den Offenen Immobilienfonds führt der hohe Renditedruck im heimischen Immobilienmarkt zu Ausweichreaktionen. So kündigt Ulrich Steinmetz, Managing Director im Geschäftsbereich für Immobilienfonds der Deutschen Asset & Wealth Management an: "Wir wollen global wachsen und stärker die Chancen in Amerika und Asien wahrnehmen."

Investorensuche und -pflege

Wie in den Vorjahren repräsentierten ausschließlich die großen, prosperierenden Ballungsräume den deutschen Immobilienmarkt auf der Mipim. Dabei waren die Ansätze und Intentionen ihres Messeauftritts durchaus unterschiedlich. "Den in Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet tätigen Immobilienunternehmen wollen wir mit dem Messestand eine Plattform für Kundenkontakte und die Anbahnung von Geschäften bieten", betont Anja Obermann, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Frankfurt. Selbstverständlich unterstütze das Standortmarketing auch Investoren, die sich erstmals in der Main-Metropole Projekte realisieren wollen, indem Kontakte zu den relevanten Behörden und städtischen Einrichtungen hergestellt werden.

Einen etwas anderen Ansatz verfolgen dagegen die polyzentrale Region Stuttgart, zu der neben der baden-württembergischen Landeshauptstadt auch die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr gehören. "Wir verstehen und als Lotsen für Investoren, die in der Region Arbeitsplätze schaffen wollen", erklärt Matthias Lutz, Leiter des Geschäftsbereichs Standortmanagement der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart. Dazu gehöre neben der Begleitung der Investoren bei den notwendigen Antragsverfahren auch die Bereitstellung attraktiver Flächen für Neuansiedlungen und Kapazitätserweiterungen. Hierfür haben die Wirtschaftsförderer eigens eine Gewerbeflächenkarte entworfen.

Reichliches Kreditangebot

Anders als im Vorjahr gilt die Finanzierung nicht mehr als Flaschenhals des Immobilienmarktes. Im Gegenteil. Sowohl von Banken als auch von den Versicherungen und Versorgungskassen wurde ein hoher Konkurrenzdruck im Hypothekengeschäft konstatiert. Fast alle am deutschen Markt aktiven Immobilienfinanzierer haben sich nach lebhaftem Neugeschäft 2013 für dieses Jahr weiteres Wachstum vorgenommen. Hinzu kommt, dass einige der Banken, die sich in den vergangenen Jahren mit Neuzusagen zurückhielten, inzwischen als Anbieter wieder präsenter sind.

Ein Beispiel dafür ist die HSH Nordbank, die allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres mit insgesamt eine Milliarde Euro mehr Kreditvolumen als im gesamten ersten Halbjahr 2013 zugesagt hat. "Wir haben 40 Prozent unseres Neugeschäfts im vergangenen Jahr mit neuen Kunden abgeschlossen", freut sich Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der HSH Nordbank. Diese wurden zu einem erheblichen Teil über die neuen Standorte, insbesondere das Düsseldorfer Büro, akquiriert.

Auch der Wettbewerber Deutsche Pfandbriefbank hat sein Neugeschäft (inklusive Prolongationen) zwischen 2012 und 2013 um 46 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro ausgebaut. Die Deutsche Hypothekenbank will in diesem Jahr Finanzierungen (ohne Verlängerungen) in Höhe von 2,5 bis 3,0 Milliarden Euro zusagen, nachdem es im Vorjahr 2,7 Milliarden Euro und 2012 2,5 Milliarden Euro waren. Auch die Aareal Bank hatte ihr Neugeschäftsziel für 2013 mit 10,5 Milliarden Euro, davon vier Milliarden Euro Prolongationen, deutlich übertroffen. Für 2014 nimmt sich das Institut aber vorerst nur acht bis neun Milliarden Euro vor.

Die Vorsicht ist nicht ganz unbegründet. Wurde der Wettbewerb zwischen den Banken zunächst über die Margen ausgetragen, so wird sich ein weiterhin dynamisches Neugeschäftswachstum wohl nur über die Inkaufnahme von mehr Risiko erreicht lassen. Beispielsweise würden die Beleihungsausläufe steigen. Ebenso würden die Finanzierer bei den Covenants wieder mehr Entgegenkommen zeigen.

Was die Investoren freut, lässt einige etablierte Kreditgeber über Strategieänderungen nachdenken. Den Wettbewerbsdruck sieht Bernhard Scholz, Vorstandsmitglied der Deutschen Pfandbriefbank (PBB), vor allem in Deutschland steigen. Der PBB komme allerdings entgegen, dass sie laut Scholz paneuropäisch aufgestellt sei. Von einer Anpassung der Strategie spricht er deshalb nicht, sondern betont: "Wir haben bereits 2013 begonnen, unser europäisches Geschäft zu intensivieren und unsere Aktivitäten zum Beispiel in Frankreich auszubauen."

Andere würden sogar noch etwas weiter gehen: "Wir müssen uns vom klassischen Modell, Geld gegen Zinsen zu geben, lösen", meint Andreas Pohl, Vorstandssprecher der Deutschen Hypothekenbank. Es gelte das vorhandene Knowhow der Kreditakquisition, -strukturierung und -bearbeitung zum Erschließen neuer Ertragsquellen einzusetzen. Die Kooperation der Bank mit der Bayerischen Versorgungskammer ist dabei sicherlich ein mögliches Modell. Allerdings blieb es bislang ohne Nachahmer, wenngleich es an Initiativen auf Bankenwie auf Versicherungsseite dem Vernehmen nach nicht mangelt.

Sachliche Atmosphäre

Ohne Zweifel ist die Mipim nach wie vor einer der wichtigsten Treffpunkte für die international tätigen Akteure der Immobilienbranche. Mehr noch: Die Messe ist ein Spiegel der Immobilienmärkte. Und dass derzeit vor allem konservativ anlegende Fixed-Income-affine Kapitalsammelstellen das Investitionsgeschehen prägen, hat man der diesjährigen Veranstaltung eben auch angemerkt. So ist die Atmosphäre trotz des gefälligen mediterranen Klimas und des südfranzösischen Savoir-Vivre sachlicher geworden. Zwar wechselte die Stimmung wieder von Moll in Dur, doch wird nach wie vor pianissimo statt forte gespielt. Ob sich das schon in zwölf Monaten ändern wird? Zwischen dem 10. und 13. März 2015 wird man es wissen, dann lädt Cannes wieder zum inter nationalen Immobilienfestival.

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