Immobilienporträt

Baugesellschaft Hanau: Schmuckstück mit Ecken und Kanten

Steffen Laser drängt sich nicht gerne in den Vordergrund. Es ist ihm schon beinahe unangenehm, über die eige-ne Arbeit zu sprechen, man tue doch nichts Besonderes, meint er. Doch die Baugesellschaft Hanau, deren kaufmännischer und wohnungswirtschaftlicher Bereichsleiter er ist, arbeitet im schwierigen Spannungs-feld zwischen sozialer Rendite und Kapitalrendite.

Sozialpolitik und wirtschaftliches Handeln sinnvoll zu verbinden, das müssen die Verantwortlichen in kommunalen Wohnungsunternehmen leisten, meint Laser. Der soziale Aspekt spiele dabei eine große Rolle, und man kümmere sich auch um Wohnraum für sozial Schwache. "Der gesunde Mix ist uns wichtig."

Größter Wohnungsanbieter in Hanau

Das Unternehmen ist letztlich in einer glücklichen Situation: Hanau gehört zum wirtschaftsstarken Großraum Rhein-Main. Wer sich eine Wohnung in Frankfurt oder Offenbach nicht leisten kann oder will, hat leicht die Möglichkeit, von Hanau aus zu pendeln. Die Nachfrage nach Wohnraum ist dementsprechend hoch. Da die Region als Wachstumsgebiet gilt, dürfte das auch nach dem Abzug der letzten amerikanischen Truppen im Herbst 2008 so bleiben. Eine vorübergehende Erhöhung des Angebotes ist dennoch zu erwarten.

Zuletzt waren noch 1 200 Soldaten in Hanau stationiert, außerdem leben hier etwa 2 200 Familienangehörige und 300 wei-tere US-Bürger. Mit der Standortschließung werden Kasernen, Übungsplätze und andere bisher militärisch genutzte Flächen frei.

Seit dem vergangenen Jahr ist die Baugesellschaft Hanau der Beteiligungsholding Hanau als Tochterunternehmen (Anteil: 94,9 Prozent) angegliedert. In der 2003 gegründeten Holding sollen die kommunalwirtschaftlichen Betätigungen und Betriebe der Stadt in klare Strukturen gebracht und verwaltet werden. Mehrere marode kommunale Töchter wie die ehemalige Hanauer Straßenbahn AG sind im Zuge der Umstrukturierungen entschuldet worden. In ihrer Funktion als wirtschaftliche Konzernmutter übernimmt die Holding inzwischen Finanz-, Berichtswesen und Controlling sowie weitere Verwaltungsaufgaben für ihre Töchter. Das Jahr 2006 schloss die Holding zum wiederholten Mal mit einem Minus ab, die fehlenden Überschüsse seien auf den Schlingerkurs der Stadtwerke Hanau (SWH) und die Hanauer Parkhausgesellschaft zurückzuführen, heißt es im Geschäftsbericht.

Mit etwa 4 600 eigenen und rund 400 für Dritte verwalteten Wohnungen sieht sich die Baugesellschaft Hanau derzeit als größter Wohnungsanbieter der gut 90 000 Einwohner zählenden Stadt. Der Großteil ihrer Immobilienbestände stammt aus den fünfziger Jahren. Nach dem Kriegsende, als Hanau fast vollständig zerstört und Wohnraum knapp war, sind Gebäude möglichst schnell und kostengünstig aufgebaut worden. Doch nun, mehr als 50 Jahre später, sind die Objekte abgewohnt, sie entsprechen nicht mehr dem Standard.

Die Modernisierung der Wohnungen steht an oder aber - in den meisten Fällen - der Abriss. Den dringenden Handlungsbedarf möchte Laser als Chance nutzen, um den Bestand deutlich aufzuwerten und die Mieterstruktur aufzulockern: Seit einigen Jahren werden auch Projekte im höherpreisigen Segment umgesetzt. "Wir können somit Wohnungen im niedrigen, mittleren und hochpreisigen Bereich anbieten." Das bedeutet, dass sich die GmbH über ihr Kerngebiet - die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum - hinaus aufs Terrain privatwirtschaftlicher Unternehmen wagt. Sie baut Eigentumswohnungen und Reihenhäuser und vermietet diese oder verkauft sie an Eigennutzer. Dass dieses Vorgehen nicht überall Freunde findet, ist absehbar, der Ertragskraft des Unternehmens soll es dennoch nutzen.

Investitionen von 60 Millionen Euro bis 2010 geplant

Für die nächsten Jahre stehen drei größere Projekte an, über deren konkreten Umfang und Ausgestaltung sich das Unternehmen jedoch ausschweigt. Eines davon sei eine Wohnanlage mit etwa 150 Einheiten, eventuell kämen aber auch weitere Bereiche hinzu. Das Zweite sei eine Anlage etwas außerhalb der Stadt, bei der man sich noch nicht zwischen Eigentums- und Mietwohnungen entschieden habe. Das Dritte: ein denkmalgeschütztes Gebäude. Diese Vorhaben laufen parallel zu weiteren kleineren Projekten wie beispielsweise die Sanierung mehrerer Flachdächer im Stadtteil Kesselstadt, wo sich viele Bestände aus den siebziger Jahren befinden.

All das muss auch finanziell gestemmt werden: Rund 50 Millionen Euro hat die Baugesellschaft in den vergangenen Jahren investiert, bis 2010 sind weitere 60 Millionen Euro vorgesehen. Das Jahr 2006 war dabei ein so genanntes Erholungsjahr, Vorhaben aus 2005 wurden zu Ende geführt, aber mit Rücksicht auf die Liquidität keine neuen Projekte gestartet, wie im Geschäftsbericht der Holding erklärt wird.

Selbstverständlich hat man auch in Hanau über die Privatisierung von Wohnungsbeständen nachgedacht. Im Geschäftbericht der Baugesellschaft für 2005 ist die Rede davon, unrentable Objekte zu verkaufen und dadurch Sanierungsmaßnahmen zu refinanzieren. Doch Privatisierungen im größeren Stil geißelt Laser als kurzsichtig. "Es gab Anfragen von Investoren, die von uns vermietete Wohnungen erwerben wollten, die fünf bis zehn Prozent

Rendite bringen. Aber von solchen Beständen lebt auch unser Unternehmen. Die wollen wir nicht verkaufen. Wir müssen auch weiterhin unseren sozialen Auftrag erfüllen. Würden wir unsere Mietobjekte veräußern, so ist das kurzfristig gedacht. Denn wir müssten bei entsprechendem Bedarf Wohnungen zurückmieten."

Viel Leerstand trotz hoher Nachfrage

Die Überlegungen zur Privatisierung hatten sicherlich auch mit den Bilanzen der vergangenen Jahre zu tun.

2004 hat die Gesellschaft einen Verlust von knapp 64 000 Euro eingefahren, 2005 verbuchte sie einen Gewinn von 490 000 Euro. Laser ziert sich, konkrete Zahlen zu nennen und verweist auf den Geschäftsbericht.

"Das Unternehmen steht wirtschaftlich gut da und ist solide. Wir haben eine gewisse Kontinuität im Ergebnis. Das Geld für zukünftige Bestandserneuerungen ist vorhanden." Derzeit habe man einen Leerstand von acht bis neun Prozent, der durch laufende Sanierungen verursacht werde, meint Laser. "In den Jahren vor der Sanierung war der Leerstand bei 0,1 Prozent." Nach Zahlen des GdW standen Ende 2005 in Hessen nur etwa 1,8 Prozent des bewirtschafteten Wohnungsbestandes leer. Hier liegt die Baugesellschaft Hanau dann doch deutlich über dem Durchschnitt, und das obwohl bei allen im GdW organisierten Wohnungsunternehmen knapp 50 Prozent der Bestände aus der Zeit vor 1960 stammen. bs

Noch keine Bewertungen vorhanden


X