Facility Management

Einführung einer CAFM-Lösung - Erfahrungen eines Anwenders

Die Aufwendungen für den Betrieb von Immobilien sind neben den Ausgaben für Personal und IT-Infrastruktur für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen wesentliche Kostentreiber. Nur zu verständlich ist daher das Bedürfnis, diese Aufwendungen mit Hilfe intelligenter IT-Lösungen nachhaltig zu reduzieren - insbesondere mit Blick auf wachsende Betreiberpflichten. Helfen können hier Computer-Aided-Facility-Management-Lösungen (CAFM), die bei der Abbildung und Steuerung von Prozessen zur Gebäudeverwaltung eine wichtige Stütze sind.

Das Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik Frankfurt (Oder) stand im Frühjahr vergangenen Jahres vor der Aufgabe, eine passende CAFM-Software auszuwählen. Die Herausforderung bestand unter anderem darin, die besonderen Rahmenbedingungen des Forschungszentrums, wie beispielsweise das Vorhandensein eines Reinraumes, mehrerer Labore und die große Zahl flexibler Arbeitsplätze von Studenten und Doktoranden mit zu berücksichtigen. Wie dieses Projekt gelang, wie die Einbindung der künftigen Nutzer die Basis für eine breite Akzeptanz der neuen Lösung sichert und inwieweit das Leibniz-Institut wirtschaftlichen Nutzen aus der CAFM-Integration zieht, soll im Folgenden geschildert werden.

Kostentransparenz und Sicherheit

Die IHP GmbH - Innovations for High Performance Microelectronics/Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) erforscht und entwickelt siliziumbasierte Systeme, Höchstfrequenzschaltungen und Technologien für Anwendungsbereiche wie drahtlose und Breitbandkommunikation, Luft- und Raumfahrt, Biotechnologie und Medizin, Automobilindustrie, Sicherheitstechnik und Industrieautomatisierung. Die 300 Mitarbeiter in Frankfurt (Oder) begleiten in- und ausländische Partner aus Wirtschaft und Forschung in hoch spezialisierten Themenfeldern. Ausgangspunkt für ihr Schaffen ist das in Frankfurt (Oder) betriebene Institutsgebäude mit insgesamt 22000 Quadratmeter Nettogrundfläche, verteilt auf 558 Räume in fünf Gebäuderiegeln. Der fünfte Riegel, ein neues Bürogebäude für Forschung und Administration, wurde im Dezember 2013 zum 30-jährigen Institutsjubiläum feierlich eröffnet.

Der Betrieb der Immobilie ist naturgemäß mit Kosten verbunden. Dabei hat das Leibniz-Institut als öffentlicher Auftraggeber vor dem Hintergrund des maßvollen Einsatzes öffentlicher Gelder und des Nachweises über deren Verwendung für ein hohes Maß an Kostentransparenz zu sorgen. Darüber hinaus entstehen aus dem Reinraumbetrieb und dem Halbleiterprozess, bei denen eine Reihe von Gefahrstoffen zum Einsatz kommt, Betreiberpflichten, die über den normalen Umfang hinausgehen. Das damit verbundene Kosten- und Risikomanagement wird in der Zukunft nicht einfacher werden. Gut zwölf Jahre nach dem Komplexneubau stehen die Gebäudeverantwortlichen vor neuen Herausforderungen: Instandhaltungsmaßnahmen müssen vernünftig geplant und altersbedingt zunehmende Reparaturen bewältigt werden.

Die wachsenden Herausforderungen im Immobilienbetrieb waren für das Leibniz-Institut Anlass, sich eingehend mit den Aufgaben und daraus abgeleiteten Prozessen auseinanderzusetzen. Immerhin waren die administrativen Aufwände teilweise erheblich. Aus der internen Analyse folgte etwa im Jahre 2011 der Wunsch nach unterstützender IT im FM-Umfeld. Seither sondierte IHP den Markt und begutachtete diverse CAFM-Lösungen - jedoch war eine objektive Entscheidung für eine konkrete Lösung nicht ohne Weiteres möglich.

Zu unüberschaubar war das Angebot, zu umfangreich und differenziert der Funktionsumfang am Markt angebotener Systeme. Unstrittig war hingegen, dass die Software aktuelle Prozesse grundsätzlich unterstützen sowie einfach bedienbar und selbsterklärend sein muss. Aber wie sollte aus dem Angebotsdschungel die passende Lösung herausgefiltert werden? Und vor allem: Welche Funktionen waren notwendig und wofür sollte die Lösung konkret eingesetzt werden?

Das Leibniz-Institut hatte gute Gründe, sich mit CAFM zu befassen. Immerhin erbringt die technische Betriebsführung ein externer Dienstleister, der eine eigene FM-Software einsetzt. Diese Vorgehensweise ist mit dem Nachteil verbunden, dass ein Datenzugriff durch IHP auf dessen Daten (technische Anlagen, Wartungsarbeiten, Störungen et cetera) nicht möglich ist. Insbesondere in Bezug auf die aus den Betreiberpflichten resultierende Überwachung und Steuerung des Dienstleisters sowie die Erfüllung weiterer gesetzlicher Notwendigkeiten war dieser Zustand auf Dauer schwer haltbar.

Das Leibniz-Institut hat im Rahmen seiner (nicht auslagerungsfähigen) Betreiberverantwortung spezifische Anforderungen an Brandschutz, Arbeitsschutz und die Charakterisierung von Räumen hinsichtlich Gefährdungen durch Gefahrstoffe zu erfüllen. Intern kam erschwerend hinzu, dass kaum zentrale Datenbestände vorlagen.

Vielmehr verteilte sich die Datenhaltung auf die jeweiligen Aufgabenträger (Sachgebietsleiter Scientific & Technical Service, Haustechniker, IT) in den unterschiedlichsten Datenformaten (Excel, Karteikarten, Ordner). Eine Vergabe und Überwachung von Reinigungsarbeiten, eine transparente Schlüsselverwaltung oder aktives Flächenmanagement waren damit nur unter ständigem manuellen Rechercheund Analyseaufwand machbar - von einem regelmäßigen Berichtswesen ganz zu schweigen.

Definition und Rang der Ziele

Gleichwohl diese Ausgangslage auch in anderen Instituten und Wirtschaftsunternehmen häufig anzutreffen ist, bleibt sie unbefriedigend. Darum suchte IHP nach Auswegen. In einer öffentlichen Ausschreibung von Beratungsleistungen setzte sich die P3N Beratungs GmbH durch und wurde mit der CAFM-Auswahl sowie der Umsetzungsbegleitung beauftragt. Gemeinsam mit der IHP-Arbeitsgruppe legten die Berater eine strukturierte Vorgehensweise fest. Den ersten Schritt bildete eine klare Zielpriorisierung für den Einsatz einer CAFM-Lösung. In diesem Kontext konnten folgende wesentliche Rahmenparameter definiert werden:

- Die künftige CAFM-Lösung sollte sich den Bedürfnissen (den Prozessen) des Leibniz-Instituts anpassen und nicht umgekehrt.

- Die hohe Akzeptanz der Mitarbeiter sollte durch deren frühzeitige Einbindung sichergestellt werden.

- Das Preis-Leistungsverhältnis wird am Nutzen ausgerichtet.

- Keine Kosten für unnötige Systembausteine.

- Der Aufwand für die Implementierung soll minimal gehalten werden. Aufbauend auf der Priorisierung der Ziele erarbeitete das Projektteam einen Meilenstein nach dem anderen (siehe Abbildung 2). Dabei bildeten die im Vorfeld diskutierten Ziele für alle folgenden Schritte die "Richtschnur", unter anderem für

- eine zentral verfügbare Datenbasis, einhergehend mit einer Reduzierung heterogener Datenbestände und der Erleichterung von Vertretungssituationen,

- das Erkennen und die Dokumentation von spezifischen Betreiberpflichten, insbesondere bezogen auf Gefahrenmanagement, Brandschutz und Arbeitsschutz,

- die einfache, selbsterklärende Bedienbarkeit und verständliche, effektive Prozesse,

- die technische Integration in die Intranet-Infrastruktur vorzugsweise als innovative webbasierte Lösung sowie die Abschaltung vorhandener IT-Drittlösungen,

- offene Schnittstellen zu Drittanbietern, Einbindung externer Dienstleister und

- die Steuerung und Überwachung des technischen Gebäudedienstleisters, zum Beispiel mittels offener Schnittstelle zum CAFM-System des Dienstleisters.

Auf einige Punkte legte IHP besonderen Wert. Ein strukturiertes Reporting und ein flexibles Berichtswesen etwa müssen der Transparenz über Kosten und die Erfüllung von Betreiberpflichten dienen. Zudem sollte die vorhandene Mitarbeiterdatenbank an das künftige System angebunden sein, um Datenredundanzen zu vermeiden.

Eine grundlegende Voraussetzung an die neue Lösung war die mögliche Erweiterbarkeit um Anwendungsgebiete und Module im Bedarfsfall. Wichtig war zudem eine Abstufung im Rollen- und Rechtekonzept - allein schon um sicherheitsrelevante Vorgaben einzuhalten. Im Grunde ging es um nicht weniger als die Etablierung einer IT-Lösung, die sich vollständig an den bestehenden Prozessen orientiert. Und: Im gesamten Ausschreibungsverfahren sollte die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) eingehalten werden.

Erst die Prozesse, dann die IT

Bevor die Entscheidung für oder gegen den Einsatz einer CAFM-Lösung fallen kann, sollten die Prozesse modelliert und abgestimmt werden (siehe Abbildung 3). Die Erfahrung zeigt, dass die Auswahl im ersten Schritt auf vier bis sechs wesentliche Prozesse beschränkt werden sollte. Damit gelingt es einerseits eine ausreichend fundierte Grundlage für die Auswahl des CAFM-Systems zu schaffen und andererseits bei dessen Einführung das Wesentliche im Blick zu behalten und die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen nicht zu überlasten.

Vom Leibniz-Institut wurden folgende Prozesse als "besonders wichtig" eingestuft: (1) Flächen- und Raummanagement einschließlich Gefahrstoffverwaltung, (2) Schlüsselmanagement, (3) Reinigungsmanagement, (4) Umzugsmanagement und (5) Berichtswesen.

Schon die anschließende Aufnahme der Ist-Prozesse im Plenum der prozessbeteiligten Mitarbeiter führte zu ersten Erkenntnissen hinsichtlich der Aufgaben und Arbeitsweise des jeweils anderen. Mittels dieser Methodik offenbarten sich schnell sichtbare Optimierungspotenziale, Vereinfachungen und Verschlankungen, die in einen gemeinsam erarbeiteten Soll-Prozess mündeten. Die Dokumentation darüber half im späteren Projektverlauf immer wieder, den Überblick zu behalten - als roter Faden sowohl im Rahmen der Anbieterauswahl als auch während der Systemeinführung und Prozessetablierung. Gemäß den klaren Vorgaben ergab sich eine objektive Hersteller- und Systemauswahl. Im Hinblick auf die Akzeptanz war es wichtig, die beteiligten Mitarbeiter, also die späteren CAFM-Benutzer, in die Systembeurteilung und -entscheidung von Anfang an mit einzubeziehen.

Produktauswahl

So waren Hürden und Berührungsprobleme bereits überwunden, bevor sie entstehen konnten. Das Leibniz-Institut entschied sich unter Kosten- und Nutzenaspekten und unter Berücksichtigung ihrer priorisierten Ziele für die Lösung Gebman der Dresdner Firma KMS Computer GmbH, vertreten durch deren regionalen Vertriebspartner ARC-Greenlab GmbH, Berlin.

Ausschlaggebend für die Entscheidung waren zum einen die Umsetzung der Prozessvorgaben, die intuitive und ergonomische Bedienbarkeit, die flexible Ausbaufähigkeit um perspektivische Einsatzgebiete und nicht zuletzt die von Grund auf webbasiert entwickelte technologische Plattform. Aus den im Vorfeld definierten Anforderungen, Arbeitsabläufen, Schnittstellen und der IT-Einbindung ergab sich die Umsetzungsschrittfolge. Die Einweisung des Herstellers in die Sollprozesse erfolgte durch P3N. Die Systemeinstellungen sowie Admin- und Benutzerschulungen waren konkret auf die individuelle Situation des Institutes ausgerichtet und die Systemkomplexität deutlich verringert.

Innerhalb von drei Monaten ist es gelungen, die passende CAFM-Lösung auszuwählen und gleichzeitig die wichtigsten Soll-Prozesse einschließlich Datenkonzept als Grundlage für die darauf folgende Implementierung zu erarbeiten. Stand heute, nach der Grundlagenschulung und der ersten Prozessschulung zum Flächen- und Raummanagement, hat sich die getroffene Systementscheidung bei den Mitarbeitern bestätigt - die lizenzierten Module werden als individuell passend, einfach bedienbar und nutzbringend empfunden.

Durch einen schnellen Überblick über alle Räumlichkeiten nebst CAD-Zeichnungen aus einer einheitlichen Datenbasis heraus gelingt ein Zeit-, Informations- und Qualitätsgewinn. Die vier weiteren Soll-Prozesse sollen innerhalb eines halben Jahres produktiv laufen und im Arbeitsalltag der Mitarbeiter verankert sein sowie zu einer spürbaren Erleichterung und Aufwandsreduktion führen. Im Anschluss folgt die Integration weiterer Prozesse nach gleichem Muster.

Frank Hummel , Mitglied des Vorstands, P3N AG , Werdau
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