Messeausgabe 2010

Energetische Sanierung von Denkmalen

Seit nunmehr einem Jahr sind Denkmale von der Energieeinsparverordnung (EnEV) ausgenommen. Eigentümer, Bauträger und Investoren können somit selbst entscheiden, ob sie bei der Modernisierung von denkmalgeschützten Immobilien auch energetische Gesichtspunkte berücksichtigen oder nicht. Diese Wahlfreiheit ist nur zu begrüßen. Denn klimapolitisch war die bis Oktober 2009 vorgeschriebene Einbindung der Denkmale in die EnEV keineswegs erforderlich. Denkmalgeschützte Objekte machen nur etwa drei Prozent des Gebäudebestandes in Deutschland aus, sodass

- bezogen auf das Gesamtvolumen an Immobilien - kaum nennenswerte Einsparpotenziale bestehen. Zudem bedürfen Denkmale aufgrund ihrer historisch einmaligen Gebäudesubstanz immer einer individuellen Betrachtung. So muss im Einzelfall genau abgewogen werden, welche baulichen Maßnahmen sich für das jeweilige Gebäude überhaupt eignen. Starre Vorgaben zum künftig noch zulässigen Energieverbrauch sind dabei oft hinderlich.

Wärmedämmung

Der Einbau von genormten Isolierglasscheiben beispielsweise scheitert bei historischen Fenstern oft daran, dass Isolierglas vergleichsweise schwer ist und die jeweiligen Scheiben von den durch die Denkmalämter genehmigten Holzsprossen oft nicht getragen werden können. Alternativ lässt sich in vielen Fällen ein zweites Fenster innen anbringen, wodurch ein sogenanntes Doppel- oder Kastenfenster entsteht. Das ermöglicht den Erhalt der stilgerechten Sprosseneinteilung und sichert zugleich einen vergleichsweise hohen Wärmedämmwert. Allerdings kann bei solchen individuellen Lösungen der vom Verordnungsgeber vorgeschriebene Wärmedurchgangskoeffizient von 1,30 Watt je Quadratmeter und Kelvin nicht in jedem Fall erreicht werden.

Noch komplexer ist das Problem bei den Außenwänden. Hier verlangt die aktuelle EnEV für Außenwände von Bestandsimmobilien einen Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,24 Watt je Quadratmeter und Kelvin. In der Regel sucht man diesen Wert über eine effiziente Außendämmung zu erreichen - mit oft fatalen Folgen für das Erscheinungsbild. Denn viele historische Stuck- und Klinkerfassaden verschwinden derzeit unter einer dicken Styroporverkleidung, und selbst das nachträgliche Anbringen von Klinkerimitaten kann den ursprünglichen Eindruck nicht wieder herstellen. Denkmale sind von dieser Praxis geschützt. Denn eine derartige Außendämmung wird von den zuständigen Behörden in der Regel nicht genehmigt. Außerdem besteht von Seiten der Investoren und Nutzer nur wenig Interesse, eine historische Fassade hinter einer dicken Schicht aus Styropor und Putz oder Plastik verschwinden zu lassen.

Alternativ bietet sich die Innendämmung an. Allerdings stellt sich hier das Problem der Wandfeuchtigkeit. Denn bei der Innendämmung ist der Temperaturabfall an den raumseitigen Wandschichten oft sehr groß - mit der Folge, dass es an der kalten Seite der Wärmedämmung zu einem Abfall des Dampfdruckes kommt und sich Tauwasser bilden kann. Im Ergebnis drohen Feuchtigkeitsschäden beispielsweise durch Schimmel. Das gilt insbesondere dann, wenn dampfsperrende Konstruktionen aus Schaumglas oder Styropor mit einer wasserundurchlässigen Folie verklebt sind. Damit soll zwar die Feuchtigkeitszufuhr in die in der Außenwand befindliche Kondensationsebene gestoppt werden, doch ist dieses nur bedingt möglich. Denn die als Dampfsperre fungierende Folie ist an den Zwischenwänden oder bei in die Außenwand reichenden Balken naturgemäß unterbrochen.

Schimmel, Korrosion und andere Folgeschäden von Innendämmungen sind somit ein gutes Beispiel für die möglichen Auswirkungen von allzu ehrgeizigen Zielen bei der Steigerung der Energieeffizienz. Historische Bausubstanz geht unrettbar verloren, weil minimale Einsparungen erzielt werden müssen. Da aber auf der anderen Seite Investoren und Nutzer ein starkes wirtschaftliches Interesse an möglichst niedrigen Betriebskosten haben, führt die Freistellung von der EnEV nicht automatisch dazu, dass Eigentümer und Bauträger dem Thema Energieeffizienz keine Aufmerksamkeit mehr schenken. Im Gegenteil: Die Befreiung von der EnEV senkt nur den Druck, bestimmte Einsparziele erreichen zu müssen. Somit können neue Techniken und Materialien wissenschaftlich geprüft und gegebenenfalls sorgfältig dosiert eingesetzt werden.

Verschiedene Forschungsprojekte gehen derzeit der Frage nach, wie ein Gebäude am besten nachträglich von innen gedämmt werden kann. Eines dieser Projekte ist die Sanierung des Fachwerkhauses Lange Gasse 7 in Quedlinburg, bei der denkmalverträgliche Energiekonzepte umgesetzt wurden. Das barocke Gebäude war jahrelang unbewohnt gewesen, und die Feuchtigkeit hatte das Holz der Fachwerkkonstruktion so stark geschädigt, dass es abgerissen werden sollte. Weil es sich aber um ein Stadtbild prägendes Haus handelt, wurde es ab 2004 auch mit Unterstützung des Deutschen Fachwerkzentrums in Quedlinburg und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert. Auf drei Geschossen entstanden fünf Wohnungen, die mit verschiedenen Dämm-, Schallschutz- und Heizvarianten ausgestattet wurden.

Messungen der Feuchtigkeits- und Temperaturverhältnisse sowie die Befragung der Mieter ergaben, dass vor allem Dämmschalen aus mineralischen Baustoffen gute Werte erzielen. Diese Systeme sind luftdurchlässig und schließen die Feuchtigkeit nicht in der Wand ein, sondern geben sie sukzessive an die Raumluft ab und schaffen so ein angenehmes Wohnklima. Bauherren sollten allerdings bedenken, dass es auch bei dieser Art der Innendämmungen kaum Erfahrungen mit langfristigen Auswirkungen auf die Bausubstanz gibt. Tatsache ist, dass bei falschem Einsatz Tauwasserbildung sowie Schimmelbefall, Korrosion und Frostschäden drohen. Daher sollte die Planung und Montage von Innendämmungen stets ausgewiesenen Fachleuten überlassen werden.

Solaranlagen

Neben der Dämmung spielen auch Anlagen zur Energiegewinnung bei der Sanierung von Denkmalen eine immer größere Rolle. Auf Weisung von übergeordneten Verwaltungen und politischen Entscheidungsträgern zeigen sich die Denkmalämter bei deren Genehmigung immer öfter zu Kompromissen bereit. Zugeständnisse machen die Denkmalschützer unter Umständen auch dann, wenn das Äußere des Gebäudes dadurch maßgeblich verändert wird, wie im Falle von Solarkollektoren auf dem Dach. Beispiele für diese zunehmende Flexibilität finden sich fast überall in der Bundesrepublik und bei fast allen Arten und Größen von Denkmalen.

Im Saarland wurde das ehemalige Eisenwerk Völklinger Hütte mit einem Solardach versehen - trotz Denkmalschutz und Status als Weltkulturerbe, ebenso die Dächer einiger Kirchen in Bayern oder das Dach einer ehemaligen Reithalle der früheren Kavallerie-Kaserne in Potsdam. Bei dem aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gebäude haben die Denkmalbehörden nicht nur Sonnenkollektoren auf der Südseite des Dachs genehmigt, sondern auch einen kleinen Anbau, in dem die für die Erdwärmenutzung notwendigen technischen Einrichtungen (Wärmepumpe und Wassertank) untergebracht wurden.

Bei denkmalgeschützten Gebäudeensembles wird dabei allerdings oft eine einheitliche Lösung verlangt. Sind beispielsweise an einzelnen Gebäuden einer Siedlung sichtbare Veränderungen wie Solardächer geplant, wird die Genehmigung oft an ein übergreifendes Konzept gekoppelt nach dem alle Gebäude eine äußerlich baugleiche Anlage erhalten müssen. Eine ebenfalls häufig ausgesprochene Auflage der Ämter: Bestimmte Anlagen müssen zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder abgebaut werden, wenn sie zum Beispiel durch den technischen Fortschritt überholt sind und nicht mehr genutzt werden.

Bei aller Kompromissbereitschaft stehen die Denkmalpfleger den Solaranlagen jedoch noch immer grundsätzlich skeptisch gegenüber. Die Denkmalpfleger befürchten eine zusätzliche Gefährdung der unter Schutz gestellten Objekte, beispielsweise dadurch, dass mit den Solaranlagen zusätzliches Gewicht auf den jeweiligen Dächern lastet. Zwischen elf und 22 Kilogramm pro Quadratmeter bringen Solarthermieanlagen auf die Waage bei Fotovoltaikanlagen sind es sogar 25 Kilogramm pro Quadratmeter. Hinzu kommt eine zusätzliche statische Belastung durch Wind-Sog-Erscheinungen. Das kann unter Umständen auch eine aus denkmalpflegerischer Perspektive bedenkliche Verstärkung des Tragwerkes erforderlich machen. Außer den Solaranlagen selbst sind zudem technische Anlagen in den Gebäuden wie Leitungen und Schaltkästen notwendig. Sie können zu Durchbrüchen und weiteren Lasten in den Geschossen führen. Auch diese Veränderungen werden zuweilen als Gefahr für die Substanz des Denkmals gedeutet.

Hinzu kommen die Vorbehalte gegen die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes. Denn an Stelle oft kleinteiliger, plastisch wirkender Strukturen der Ziegeldeckung treten nun großflächige, stark spiegelnde und kontrastarme Oberflächen. Mit den Aufbauten entstehen zugleich neue harte geometrische Kanten sowie dominante Flächen, die über der eigentlichen Dachhaut mit ihren Kanten und Übergängen sitzen. Das wird von vielen Denkmalpflegern in der Regel als deutliche Beeinträchtigung empfunden. Der Bayerische Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl spricht sogar offen von Beschädigung: In der Tat sollten Investoren und Bauherren immer abwägen, ob die jeweiligen Maßnahmen auch wirklich sinnvoll sind, oder ob sich die Energieeffizienz nicht auch mit anderen, weniger sichtbaren Maßnahmen deutlich verbessern lässt. Denn schließlich besteht der Charme eines Denkmals darin, dass es weitgehend originalgetreu erhalten ist.

Florian Lanz , Geschäftsführer, Laborgh Investment GmbH, Berlin
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