Messebericht

Expo Real 2014: Deutschland ist "in"!

Jedes Jahr Anfang Oktober macht die bayerische Landeshauptstadt München eine dramatische Verwandlung durch. Es verschwinden die Amerikaner in Lederhosen, die Asiatinnen im Dirndl, die Maßkrüge und übergroßen Brezeln, und es erscheinen Damen in schicken Kostümen und Herren in dunklen Anzügen, teure Aktentaschen und Trolleys jeder Art. Statt Oktoberfest heißt es Expo Real, statt "Wiesn" nun ICM. Denn direkt nach dem letzten Tag von Deutschlands größtem Volksfest beginnt in den Messehallen West die größte deutsche Immobilienmesse.

Das Interesse der Immobilieninvestoren an der bayerischen Landehauptstadt ist das ganze Jahr über groß, wie die zahlreichen zur Messe erschienenen Reports auch 2014 wieder belegen, erreicht aber in diesen drei Tagen Anfang Oktober alljährlich seinen Höhepunkt. Die "Familie" trifft sich, tauscht sich aus, sucht nach Trends und Opportunitäten, pflegt Netzwerke und knüpft Kontakte. Denn im Gegensatz zur MIPIM in Cannes steht in München das Geschäft im Vordergrund - rational und nüchtern wie die Deutschen eben so sind. Geschäfte werden angebahnt und Abschlüsse auf den Weg gebracht. Gefeiert wird natürlich auch, und der ein oder andere hat morgens beim ersten Termin dann doch noch dicke Augen. Aber das gehört dazu! Es hat schließlich keiner gesagt, dass das alles nur zum Spaß ist.

Aber es lohnt sich offensichtlich. "Die Expo Real hat sich im Vergleich zum letzten Jahr insbesondere durch die Präsenz vieler ausländischer Investoren in ihrer Attraktivität gesteigert. Sie hat sich erneut als bedeutendster Treffpunkt von etablierten wie 'neuen' Investoren bestätigt", sagte beispielsweise Ulf Buhlemann, Leiter Investitionen Deutschland bei Colliers International Deutschland. 1655 Aussteller und damit genau zwei mehr als im Vorjahr haben 2014 den Weg nach München gefunden und konnten sich an den drei Messetagen 36 900 Teilnehmern präsentieren, so teilten es die Veranstalter stolz mit, davon unverändert 18 600 Fachbesuchern. Für das Plus von 2,5 Prozent sorgte vor allem das steigende Interesse aus dem Ausland.

Zuwachs verzeichnete die Messe vor allem aus Südeuropa - insbesondere Portugal. Erstmalig war die Stadt Lissabon mit einem Gemeinschaftsstand beteiligt, auf dem sich fünf namhafte portugiesische Unternehmen vorstellen. Auch die Toskana begab sich mit umfangreichem Programm auf Investorensuche. Neu mit dabei waren auch die Städte Göteborg und Birmingham, die sich gemeinsam mit Lyon unter dem Titel "European Leading Cities" auf einem Stand den Teilnehmern präsentieren. Langjährige Aussteller wie die Stadt Moskau, die Stadt St. Petersburg und die Regionen Moskau, Leningrad und Tula waren ebenfalls erneut auf der Expo vertreten. Ansonsten hat die Präsenz der Osteuropäer aber ein Stück weit nachgelassen, wie manche Teilnehmer anmerkten. Offensichtlich schlagen hier die geopolitischen Risiken doch auf den Immobilienmarkt durch, was ansonsten ja gegenwärtig nahezu ausgeschlossen werden kann.

Die Top 10 der Besucherländer waren neben Deutschland Großbritannien, die Niederlande, Österreich, die Schweiz, Frankreich, Polen, die Tschechische Republik, die USA, Russland und Luxemburg. Besonders von dieser internationalen Dichte zeigte sich Michael Sales, Geschäftsführer Europa, TIAA Henderson Real Estate, England, begeistert: "Die Expo Real ist die größte europäische Networking-Gelegenheit der Immobilienbranche, bei der Investoren, Dienstleister und Nutzer vertreten sind. Wir konnten täglich 30 bis 40 Kontakte knüpfen, wofür wir zu Hause in London Monate gebraucht hätten."

Auffällig in diesem Jahr war, dass die Messe kaum Anlaufzeit brauchte. Bei strahlendem Herbstwetter - dem wärmsten Oktober seit Beginn der Wetteraufzeichnung - waren die Hallen schon früh am Montagmorgen bestens gefüllt. Wo sonst noch Zeit für die Anreise genutzt wurde, war man 2014 schon tief in Gespräche vertieft. Der Rummel hielt bis Dienstag Abend an, Mittwoch wurde es dann schon spürbar ruhiger. Aber auch das ist längst geübte Praxis.

Die Stimmung unter den Teilnehmern war ausgesprochen gut. Zwar hat sich das Immobilienklima nach dem heftigen Einbruch im August lediglich seitwärts entwickelt. Der Deutsche-Hypo-Immobilienkonjunktur-Index legte im September nur um 0,4 Prozent zu und trat damit auf der Stelle. Und mit dem dritten Rückgang der Immobilienkonjunktur infolge (minus 1,1 Prozent auf 240,1 Punkte) mehren sich die Anzeichen eines Wendepunktes. Allerdings hat sich die Expo Real in den vergangenen Jahren stets als Stimmungsmacher gezeigt, denn immer im Oktober zeigte sich ein Verbesserung des Immobilienklimas.

Zudem spielt all das derzeit nur eine untergeordnete Rolle, denn die Immobilienmärkte haben sich von anderen Entwicklungen weitestgehend abgekoppelt. Die Abwertung des Euro, die niedrigen Zinsen, die enorme Liquidität im Markt, die hohe Nachfrage aus dem Ausland und der gewaltige Anlagedruck der institutionellen Investoren bei wenig Anlagealternativen überlagern derzeit viele geopolitische, wirtschaftliche und Zinsänderungsrisiken. Und auch wenn sich die deutsche Konjunktur derzeit spürbar eintrübt, die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognose für 2015 von ehemals 2,0 Prozent auf nur noch 1,2 Prozent zurückgenommen, steht die Bundesrepublik im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn immer noch sehr solide da. Und sie verfügt als nur eines von zwölf Ländern weltweit noch über ein Triple-A-Rating.

Das macht Deutschland zu einem der derzeit angesagtesten Investitionsstandorte. "Der deutsche Markt für Gewerbeimmobilien ist in einer sehr, sehr guten Verfassung, in den ersten drei Quartalen steht ein Zuwachs von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf knapp 26 Milliarden Euro zu Buche", fasst es einer der erfahrensten Marktteilnehmer, Ignaz Trombello, Head of Investment Germany bei Colliers International Deutschland zusammen. Da einige Transaktionen wie beispielsweise der Messeturm in Frankfurt (siehe Marktnotizen in diesem Heft) in den ersten neun Monaten noch nicht enthalten sind und die Nachfrage nach deutschen Gewerbeimmobilien nach wie vor groß ist, gehen die Experten von einer sehr starken Jahresschlussrally aus. "Unser prognostiziertes Gewebe-Investitionsvolumen für 2014 liegt bei 38 Milliarden Euro und steigt damit im Vergleich zum Vorjahr um gut 23 Prozent", berichtete Piotr Bienkowski, CEO der BNP Paribas Real Estate Holding GmbH im Rahmen eines Pressefrühstücks. Und auch für 2015 bleiben die Marktteilnehmer sehr optimistisch. "Ich bin für die weitere Entwicklung sehr zuversichtlich, denn es gibt in Deutschland immer noch Renditepotenzial", so beispielhaft Ignaz Trombello.

Bei dieser Entwicklung der vergangenen Jahre werden natürlich Erinnerungen an die Jahre 2006 und 2007 wach. Zu recht? Nein, meinen die Experten. Denn damals lag das Investitionsvolumen zum einen noch ein Stück weit höher bei 40 Milliarden Euro in 2006 und rund 60 Milliarden Euro 2007. Zum anderen sind die Rahmenbedingungen heute andere mit niedrigen Zinsen, viel Liquidität und höherem Eigenkapitaleinsatz. Zudem werden die Preise noch nicht von der Erwartung an weiter steigende Preise getrieben. Und auch wenn schon wieder all die bekannten Namen wie Blackstone unterwegs sind, die eine Zeitlang sehr zurückhaltend agierten und erste opportunistische Tendenzen sichtbar werden, bleibt die Gesamtstimmung nicht überschäumend, sondern von einem gesunden optimistischen Realismus geprägt. Allerdings stellt Bernhard Scholz, Vorstandsmitglied der pbb Deutsche Pfandbriefbank mit Blick auf manche Geschäfte fest: "Die Fähigkeit zu vergessen ist ziemlich ausgeprägt, das ist die menschliche Natur." Daher ist es begrüßenswert, dass auf der Messe immer wieder mögliche Risiken für die weitere Entwicklung angesprochen, diskutiert und abgewogen wurden. Dazu gehörte in erster Linie die weitere geldpolitische Linie der EZB. Während das Ankaufprogramm für Verbriefungen aus den Peripheriestaaten mitsamt der Absenkung der Standards für diese Papiere durchaus kritisch gesehen wird, gehen die Messeteilnehmer nahezu unisono von anhaltend niedrigen Zinsen aus. Erst auf Sicht von drei bis fünf Jahren, glaubt Trombello, werden die Zinsen steigen, da die EZB die Daumenschrauben langsam anziehen werde. Allerdings bleibt die Niedrigzinspolitik ohne die erhofften Wirkungen für Inflation und Kreditvergabe in Südeuropa - und wohl auch ohne größere Risiken für die Immobilienwirtschaft: "Ein Zinsanstieg wird den Markt nicht verwerfen, denn viele haben das in der vertraglichen Gestaltung und den Konditionen bereits berücksichtigt," so Scholz.

An anderer Stelle haben die niedrigen Zinsen und die daraus resultierende hohe Liquidität samt Anlagenotstand aber schon Konsequenzen, führt das doch zu spürbaren Engpässen bei den begehrten Top-Objekten an den Core-Standorten. Hier macht sich bereits Ausverkaufsstimmung breit und wer den Zuschlag möchte, muss tief in die Tasche greifen. "Es gibt Investoren, die bereit sind, sehr sportliche Preise zu bezahlen, weil sie die höheren Anfangsinvestitionen über die längere Laufzeit wieder rausholen", stellt Andreas Pohl, Sprecher des Vorstands der Nord-LB-Tochter Deutsche Hypo fest. Und auch der bereits festzustellende Druck auf die Margen sowie die sinkende Bereitschaft der Investoren, Eigenkapital einzusetzen, bereiten ihm durchaus ein wenig Sorge: "Beleihungsausläufe von 70 bis 75 Prozent sieht man schon wieder häufiger."

Die Asiaten kommen

Das hohe Preisniveau im Core-Segment ist nicht zuletzt der wachsenden Anzahl ausländischer Investoren geschuldet. Innerhalb nur eines Jahres stieg deren Anteil am gewerbliche Investitionsvolumen von rund einem Drittel auf 47 Prozent Ende des dritten Quartals. Neben den üblichen Verdächtigen aus UK und Nordamerika sowie Frankreich steigt die Bedeutung der asiatischen Anleger stetig an. Sie zeichnen mit einen Anlagevolumen von um die 2 Milliarden Euro für rund 9 Prozent des gewerblichen Investmentumsatzes verantwortlich - Tendenz weiter steigend. Von 2006 bis 2013 lag der Anteil der Investoren aus Fernost dagegen nur bei durchschnittlich 3,5 Prozent. Der Markteintritt erfolgt in aller Regel über Investmentmanager oder als Direktinvestment im Rahmen eines Joint-Ventures in Core-Immobilien. Dabei beschränkt sich das Interesse keineswegs nur auf den traditionell gesuchten, weil transparentesten Teilmarkt der "Newcomer" - Büro, sondern man sieht inzwischen auch im Logistik- und Einzelhandelssegment, manchmal auch bei Hotels mehr und mehr asiatischen Firmen.

Während die ausländischen Investoren durchweg begrüßt werden, wird der zunehmende innerdeutsche Wettbewerb durchaus kritisch gesehen. Aus dem Anlagenotstand heraus versuchen sich mehr und mehr Versicherungen und Pensionskassen nicht nur als Immobilieninvestoren, sondern auch als Immobilienfinanzierer. Das drückt auf die Margen: "Wir haben derzeit ein Überangebot an aktiven Kreditgebern in Deutschland", stellte Helaba-Vorstand Jürgen Fenk im Rahmen der Podiumsdiskussion "Institutionelle Investoren - Go or No go?" fest. Von amerikanischen Verhältnissen, wo die Assekuranz bis zu 40 Marktanteil in der Immobilienfinanzierung hat, sind wir in Deutschland aber noch weit entfernt. Schmerzlich ist für die etablierten Anbieter, dass kein Level-Playing gegeben ist. Banken müssten deutlich höhere Eigenkapitalkosten erwirtschaften als Versicherungen, da Solvency II die Anlage in Immobilien begünstige, so Bayern- LB-Vorstand Edgar Zoller. Allerdings stellen sich die Versicherungen auf schärfere Regulierung ein. Je höher der Anteil an Immobilienfinanzierungen in den Büchern der Pensionskassen und Versicherungsunternehmen steige, desto wahrscheinlicher werde eine den Banken ähnliche Regulierung, ergänzte Roland Fuchs, Leiter European Real Estate Finance der Allianz. Ute Geipel-Faber, Senior Director Client Portfolio Management bei Invesco, stellt einen funktionierenden Wettbewerb fest: "Ich sehe, dass die Lücken, die bislang von den Versicherungen genutzt wurden, zunehmend von den Banken geschlossen werden, die ihre Zurückhaltung wieder aufgeben."

Während der deutsche Investmentmarkt insgesamt boomt und Jahr für Jahr steigende Transaktionsvolumina und sinkende Renditen zu verzeichnen sind, tritt der Büromarkt auf der Stelle. So wurden in den ersten drei Quartalen an den sechs wichtigsten deutschen Immobilienzentren Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München und Stuttgart wurden nach Angaben des Immobilienberatungsunternehmens Colliers International Deutschland knapp 1,9 Millionen Quadratmeter Bürofläche umgesetzt.

Das Ergebnis des Vorjahres wurde dabei ebenso um rund 5 Prozent unterboten wie der zehnjährige Mittelwert. Grund für die zunehmende Zurückhaltung vieler Mietinteressenten sind Unsicherheiten bedingt durch die Russland/Ukrainekrise sowie die Eintrübung der deutschen Konjunktur. Allerdings hat Colliers unterschiedliche Entwicklungen festgestellt. Während Berlin und Hamburg sehr starke Flächenumsatzergebnisse erzielten, lagen Frankfurt, Düsseldorf und München deutlich im Minus. Bei der Betrachtung des reinen Vermietungsumsatzes, das heißt ohne Berücksichtigung der Eigennutzer, fällt Hamburg dagegen leicht ins Minus und München dreht deutlich ins Plus

Kaum spekulatives Bauen

Dennoch sehen die Experten keineswegs einen Angebotsüberhang, im Gegenteil. Die Nachfrage nach neuen Büroimmobilien sei nach wie vor groß, weil in Deutschland in den vergangenen Jahren zu wenig gebaut wurde. Es sei immer noch Nachholbedarf vorhanden. Das gilt sicherlich auch, weil hierzulande (zum Glück) fast überhaupt nicht spekulativ gebaut werde. Das ist andernorts längst anders. In London beispielsweise wurde die Mehrheit der Büroobjekte, an denen seit Anfang 2011 gebaut wird, von der Spekulation aus dem Boden gestampft, wie aus Zahlen der Berater von Deloitte hervorgeht. Im ersten Quartal dieses Jahres gingen 55 Prozent der Bürofläche über 85,5 Hektar, an der derzeit in London gezimmert wird, auf das Konto von Spekulanten. Und auch in Frankreich fielen trotz der stagnierenden französischen Wirtschaft 61 Prozent der Büroflächen, die in diesem Jahr in Paris in Angriff genommen wurden, in die Kategorie spekulativ. So hoch war dieser Anteil in den vergangenen fünf Jahren nicht. Im Jahr 2013 hatte er zum Beispiel bei nur 24 Prozent gelegen, wie aus Daten des Immobilienberaters DTZ herauszulesen ist.

Deutliche Effekte auf den deutschen Bürovermietungsmarkt erwarten die Messebesucher dagegen von sich wandelnden Ansprüchen der Mieter. Vor allem angelsächsische Großkonzerne wundern sich zum einen über den enormen Platz, den jeder Mitarbeiter für sich alleine hat und zum anderen über die mangelnde Flexibilität der Räumlichkeiten. Der Korridor ist out, könnte man die Entwicklung plakativ zusammenfassen. "Die Flächennutzung in den Büros wird uns in Deutschland in den kommenden Jahren sicherlich beschäftigen, denn der Durchschnitt Quadratmeter je Büroangestellten ist hier deutlich höher als in anderen Ländern. Eine Reduzierung dieses Durchschnitts hat natürlich auch Auswirkung auf die Gesamtnachfrage," weiß Bernhard Scholz. Moderne Büros müssen sich durch hohe Flexibilität, wenig Einzelbüros und modernsten Standard auszeichnen.

Tiefgreifende strukturelle Veränderungen erlebt auch die Logistikbranche seit Jahren: technische Innovation, fortschreitende Arbeitsteilung, ein sich wandelndes Konsumverhalten und die zunehmende Globalsierung der Wirtschaft stellen immer wieder neue Anforderungen an die Dienstleistungspalette und Flexibilisierung der Branche und den Flächenbedarf. Die wachsende Bedeutung des E-Commerce und das zunehmende Outsoutcing sind die Haupttreiber. Im Einzelhandel berichten Messeteilnehmer von gegenläufigen Entwicklungen. Während Fachmarktzentren weiterhin gutes (Rendite) Potenzial zugeschrieben wird, werden große Shoppingcenter auf der grünen Wiese eher skeptisch gesehen. Spannender ist dagegen die Entwicklung solcher Projekte in Innenstadtlagen, wie beispielsweise die Mall of Berlin am Leipziger Platz in der Bundeshauptstadt. Auch das Interesse an deutschen Wohnimmobilien ist weiterhin groß, wie etwa die Dr. Lübke & Kelber sowie Savills feststellten. Demnach erreichten die Investitionen in Wohnungsportfolios mit insgesamt knapp 10 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen 2014 einen Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um bis zu 18 Prozent.

Allerdings muss man sich Core auch leisten können und vor allem wollen. Denn ob die Fundamentaldaten immer zu den gebotenen und gezahlten Preisen passen, wird sich erst noch zeigen müssen. Wer den Konditionenwettbewerb nicht mitmachen möchte, weicht aus. Wie kreativ auch die Immobilienbranche sein kann, zeigen einige ausgewählte Zitate von Messebesuchern dazu: Wenn das Schnitzel alle ist, schmeckt plötzlich auch die Frikadelle gut, meinte einer. Ist der eine Teich leer, fischt man halt in einem anderen, ein anderer. Da wird mit ein bisschen höherer Risikoneigung dann plötzlich auch Core-Plus oder Value-Add interessant, wie Ute Geipel-Faber von Invesco weiß: "Wir legen gerade einen europäischen Value-Add-Fonds auf, um die Nachfrage unserer institutionellen Kunden nach höherer Rendite bei etwas höherem Risiko zu befriedigen."

Value-Add als gute Alternative

Eine Alternative zum Kauf fertiger Immobilien stellt zunehmend auch der Erwerb ordentlicher Bestandsobjekte und die Aufwertung in Eigenregie dar. Es kann sich durchaus lohnen, Geld in die Hand zu nehmen, um die Immobilie wieder marktgängig zu machen. Das gilt übrigens auch für das gesamte Thema Nachhaltigkeit, dass auf der Expo 2014 breiten Raum einnahm und damit aus einer Mode heraus längst in der Realität angekommen ist. Denn wenn ohnehin modernisiert werden muss, ist der Mehraufwand für energetische und nachhaltige Sanierung überschaubar. Zudem bleibt Investoren auf der Suche nach Green Buildings oft nichts anderes übrig. "Für Investoren reicht es nicht aus, sich im Ankauf auf Green Buildings zu fokussieren, dafür gibt es viel zu wenig Angebot. Effektiver ist es, ein Bestandsgebäude mit einem vertretbaren Aufwand zu einem nachhaltigen Objekt zu entwickeln," beschreibt Barbara Knoflach, Vorstandsvorsitzende der SEB Asset Management, die Situation.

Allerdings können die B-Standorte auch ihre Tücken haben. "Es wird Wertanpassungen geben, die Renditen werden wieder nach oben gehen und dann wird sich zeigen, wer richtig investiert hat. Die schlechteren Objekte in schlechteren Lagen fallen da schnell durch das Raster", warnt Pohl. Eine gute Kenntnis der Lagen ist also unabdingbar. Wer diese nicht selbst leisten kann, nimmt sich Hilfe. "Ein Asset Manager ist nicht nur jemand, der schöne Reportings schreibt und letztendlich die verschiedenen Dienstleister steuert. Stattdessen muss der Asset Manager in erster Linie ein Stratege sein, der die Portfolios aufwertet, marktgerecht macht oder zumindest im Wert erhält. In der Folge muss er diese Strategien dann aber auch umsetzen können, muss also breit genug aufgestellt sein, vom Wissen her ebenso wie von der Personaldecke", beschreibt Frank Kindermann, Geschäftsführer der HIH Hamburgische Immobilien Handlung GmbH die Anforderungen. Zu denen natürlich auch die Vermietung gehört, weshalb die HIH ein sehr starkes Vermietungsteam beschäftigt, um eine hohe Vermietungsquote und die Anschlussvermietung stets sicherzustellen.

Mietpreisbremse und Quartiersentwicklungen

Natürlich wurde die Expo Real auch in diesem Jahr wieder genutzt, um kräftig Politik zu machen. Zwar wurde die Messe nicht wie im vergangenen durch den Bundesbauminister respektive die Bundesbauministerin eröffnet, aber immerhin erschien Barbara Hendricks direkt vom Weltklimagipfel in New York kommend am Mittwoch Nachmittag in München (als kaum noch jemand da war).

"Nachhaltige und zukunftsgerechte Baukultur", hieß ihr Thema, vorgetragen am Gemeinschaftsstand der Bundesarchitektenkammer, des Bundesbauministeriums und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. Während die Bundesbauministerin aber hinsichtlich möglicher steuerlicher Förderung der energetischen Sanierung weiterhin sehr zögerlich ist - anders als die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, deren Wirtschaftsexperten schon an einem Vorstoß arbeiten -, plädierte EU-Kommissar Günter Oettinger für genau diese steuerliche Förderung.

Sehr kontrovers wurde auch die Mietpreisbremse diskutiert. Branchenvertreter freuen sich zwar über die Ausklammerung des Neubaus, sehen aber weiterhin keinen Bedarf für eine gesetzliche Begrenzung.

Der Markt habe funktioniert, und die Preisanstiege in einigen Vierteln werden sich auch wieder ausgleichen, so die einhellige Meinung. Darüber hinaus wird bezweifelt, ob mit der Mietpreisbremse tatsächlich mehr Wohnraum geschaffen werden kann. Rational wäre es, nur noch in Neubauten zu investieren. Doch was geschieht dann mit dem Bestand. Dieser dürfte ob der Einschränkung, Renovierung und Modernisierung auf die Mietpreise umzulegen und damit Investitionen zu refinanzieren, wohl weiter immer schlechter werden. Ob das so gewollt sein kann?

Einig waren sich alle Beteiligten - egal ob Politiker, Architekten, Makler, Projektentwickler, Banken - über die steigende Bedeutung der Quartiere und Quartiersentwicklung. Das war eines der Hauptthemen an den zahlreichen Ständen all der Metropolregionen Deutschlands. Ob Flughafenstädte wie Gateway Gardens, der Ausbau der Wohnqualität in Autostädten (Volkswagen investiert rund 100 Millionen Euro in den Ausbau Wolfsburg) oder der Zusammenschluss RAG Montan in Nordrheinwestfalen - Quartier ist "in".

Die Deutsche Eigenheim, spezialisiert auf die Entwicklung von stadtnahen Häusern zur Miete mit anschließendem Weiterverkauf als Portfolio, ist aber auch durchaus kritisch, was die ein oder andere Entwicklung angeht. "Quartiere funktionieren dann, sind dann spannend für Mieter, wenn der richtige Mix aus Menschen, aus Altersgruppen, aus Infrastruktur und aus Nahversorgung da ist. Das sieht man in Berlin aber auch in München", sagt der neue Vorstand Michael Stüber. Seinen Wechsel zur Deutschen Eigenheim, die sich nach der Zusammenführung zweier Aktiengesellschaften in einer Phase des Umbruchs und der Neuausrichtung befindet, bereut er zwei Monate nach Amtsantritt keineswegs. "Ich sehe hier sehr viel Potenzial: gute Projekte und Grundstücke und motivierte Mitarbeiter. An Strukturen und Prozessen muss gearbeitet werden."

Klar ist auch, das hat die Expo Real untermauert, ohne Bewegung der Politik wird das Problem der Innenstädte nicht zu lösen sein. Private Investoren werden ihre Grundstücke nicht unter Wert verkaufen, um dann sozial verträglichen Wohnraum schaffen zu können. Eine Alternative sind stadtnahe Quartiere, die sicherlich für junge Familien interessant sind. Oder aber auch die Wiederbelebung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, dann allerdings mit klarer Zielsetzung und strikten Vorgaben. "Ich halte Kommunen als Bestandhalter für die beste wohnungspolitische Variante", so Stüber.

Pünktlich zur Expo jährte sich auch das Kapitalanlagegesetzbuch zum ersten Mal - und sorgte keineswegs nur für Begeisterungsstürme. Zwar wird die Gleichbehandlung von offenen und geschlossenen Fonds allseits begrüßt, doch lässt die Ausgestaltung und Umsetzung der Vorschriften nach wie vor Raum für Spekulationen und damit Verunsicherung. "Nach einem Jahr KAGB herrschen immer noch viele Unsicherheiten hinsichtlich der Auslegung bestimmter Regelungen. Ich bin aber überzeugt, dass wir 2015 viele neue Produkte im Markt sehen werden, im Immobilienbereich aber auch bei den übrigen Assetklassen", glaubt Jörg W. Stotz, Managing Director der Hansainvest.

KAGB bewegt den Markt

Während die großen Flagschifffonds der beiden Verbünde sicherlich weiterhin von den breiten Vertriebskanälen über die Primärbanken profitieren werden, schießen kleinere Anbieter überall aus dem Boden. Hochspezialisiert mit klaren Investmentfokus bieten sie sicherlich eine Anlagealternative. Wie lange sich diese KVGs allerdings halten werden, ist fraglich. Die Kosten für den Betrieb einer solchen KVG werden auf 700 000 bis 900 000 Euro geschätzt. Es wird erwartete, dass in den kommenden Monaten ein munteres Kommen und Gehen die Branche beschäftigen wird. "Ich glaube nicht das sich alle nun neu gegründeten KVGs am Markt halten werden," so Stotz, dessen Hansainvest derzeit ganz bewusst keine eigenen AIFs an den Markt bringen will, um jeden Interessenkonflikt zu vermeiden. Sie fühlt sich in ihrer Rolle als Service-KVG durchaus wohl und will bis Jahresende noch eine Handvoll weitere Mandate hinzugewinnen. "Die Sorge mancher Investoren, ihren Einfluss auf das Fondsmanagement zu verlieren ist völlig unbegründet. Wir als Servicedienstleister treffen keine Anlageentscheidung, das ist Sache des Asset Managers, der dann auch für den Anlageerfolg verantwortlich zeichnet", sagte Stotz.

Zudem trägt Vielfalt auch nicht immer zur Transparenz bei, fürchtet Knoflach: "Das neue Gesetz wird mit Blick auf das gewünschte Ziel des Anlegerschutzes, nämlich mehr Transparenz und damit bessere Vergleichbarkeit zu schaffen, scheitern. Es kommen viele kleine Fonds und Mischformen auf den Markt, die eben gerade nicht mehr vergleichbar sind. Die vermeintliche Transparenz wird zur faktischen Intransparenz. Es wird noch Jahre dauern, bis der Markt sich sortiert hat." Mit Interesse wird daher der Vorstoß der Deutschen Bank mit dem "Grund besitz Fokus Deutschland" vom Markt beobachtet. Dieser geht im Oktober in den vertrieb, ist auf Gewerbeimmobilien auf dem Heimatmarkt fokussiert und soll insgesamt bis zu 700 Millionen Euro Eigenkapital einwerben. Barbara Knoflach bleibt insgesamt aber skeptisch: "Die Fondsindustrie steckt in einer großen Umbruchphase. Es ist noch nicht absehbar, welche Produktformen sich durchsetzen werden, und welche Anbieter nachhaltig Erfolg haben werden."

Auf die neue Gesetzgebung hat auch die Invesco reagiert, die per Anfang September die Münchener Invesco Real Estate auf die Frankfurter Invesco Asset Management Deutschland GmbH verschmolzen hat. "Hintergrund dieses Schrittes ist die Regulierung nach AIFM und MiFID. Invesco will mit nur einer regulierten Einheit pro Land auftreten", so Geipel-Faber zu den Motiven. Sie sieht aber auch viele Vorteile des stärkeren gemeinsamen Auftretens des Publikumsfonds- und institutionellen Geschäfts in Frankfurt und der Immobilieneinheit in München. "Es gibt viele Synergien, nicht nur auf der Compliance- und Backoffice-Seite, sondern auch für den Bereich Sales. Aus diesem Grund werden wir zunehmend gemeinsame Kundenveranstaltungen durchführen."

Das Fazit für 2014 lautet: Stimmung gut, Immobilienmärkte boomen, Investoren reißen sich um Kaufgelegenheiten und die Geschäfte laufen blendend. Das ein bisschen mehr Vorsicht waltet, kann ebenfalls nicht schaden. "Wer gute, qualitativ hochwertige Objekt an vernünftigen Standorten finanziert, dem kann wenig passieren. Dafür muss man auch mal Nein sagen können. Qualität setzt sich durch, wie immer!", so gesagt von Andreas Pohl von der Deutschen Hypo.

Die nächste Expo Real findet vom 5. bis 7. Oktober 2015 wie gewohnt in den Münchener Messehallen statt.

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