Bausparen 2010

Gedanken zur Zukunft des Bausparens

Die scheinbare "Ruhe" am deutschen Wohnungsmarkt trügt. Obwohl er von den großen Verwerfungen der jüngsten Zeit wie der "Blasenbildung", dem drastischem Objektwertverfall, der Überschuldung der Kreditnehmer oder massenhaften Zwangsversteigerungen, die in anderen Ländern grassieren, verschont blieb, vollziehen sich auch bei uns tiefgreifende Veränderungen. Seit dem Jahr 1997, dem Höhepunkt des Wohnungsbaus, gehen die Neubauzahlen Jahr für Jahr zurück. 2009 wurden nur noch knapp 190 000 Wohnungen neu gebaut. Inzwischen wird nicht einmal mehr das notwendige Niveau für die Ersatzinvestitionen und die Deckung der strukturellen Nachfrage erreicht, das auf 300 000 bis 400 000 Einheiten pro Jahr geschätzt wird. Betroffen vom Rückgang der Neubautätigkeit ist vor allem der Geschosswohnungsbau, aber auch der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern.

Veränderungen im Markt

Zwar sagen die Prognosen für dieses und das kommende Jahr eine Stabilisierung beziehungsweise leichte Erholung der Fertigstellungszahlen voraus. Von einem kräftigen Aufschwung beim Neubau sind wir jedoch noch ein ganzes Stück entfernt. Allerdings wird und muss mittelfristig ein Aufschwung beim Neubau kommen. Denn das durch mangelnden Neubau verknappte Angebot trifft auf qualitativ und quantitativ veränderte Nachfragestrukturen.

In den kommenden zehn Jahren wird - bei leicht sinkender Bevölkerungszahl - die Anzahl der Haushalte voraussichtlich um 1,4 Millionen auf 41 Millionen steigen. Die Trends zu Single-Haushalten sowie zu steigenden Wohnflächen pro Kopf der Bevölkerung setzen sich fort. Hinzu kommt eine wachsende Nachfrage der Altergruppe 50 plus sowie allgemein gestiegene Ansprüche an Größe, Qualität und urbane Lage von Wohnungen, die durch viele Altobjekte nicht erfüllt werden können. Der Fehlbedarf an Wohnungen, der aktuell bereits rund 350 000 Wohnungen beträgt, wird durch diese Entwicklung weiter wachsen. Vor allem in den Ballungsgebieten werden die Preise und Mieten deshalb steigen. Schon sprechen Experten von einer heraufziehenden "Wohnungsnot". Darüber darf nicht hinwegtäuschen, dass es in wachstumsschwachen Regionen Leerstände und Überangebote gibt, die die Statistik optisch ausgleichen. Aufgrund der absehbaren Entwicklung ist eine Erhöhung der Fertigstellungszahlen beim Wohnungsbau allgemein und beim Eigenheimbau im Besonderen unausweichlich. Mehr als zehn Millionen Menschen wollen in den kommenden zehn Jahren Wohneigentum erwerben. Gegenwärtig und mittelfristig konzentriert sich die Eigentumsnachfrage vor allem auf Bestandsimmobilien. Diese Entwicklung hat dem Modernisierungsmarkt einen qualitativen und quantitativen Schub gegeben, der nachhaltig wirkt. Die meisten Altimmobilien genügen modernen Anforderungen an die Wohnqualität und vor allem einem effizienten Energieeinsatz nicht. Rund drei von vier Wohngebäuden in Deutschland sind älter als dreißig Jahre, bei Ein- und Zweifamilienhäusern sind es gut sieben von zehn Objekten. Neben allgemeinen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen kommt dem Thema Energiesparen eine besondere Bedeutung zu. Beinahe jeder zweite Hausbesitzer fasst in den kommenden zwei bis drei Jahren die Durchführung von Energiesparmaßnahmen ins Auge. Das Volumen der Modernisierungs- und Renovierungsinvestitionen der privaten Haushalte wird auf rund 60 Milliarden Euro jährlich veranschlagt, wobei 15 Milliarden auf energetische Modernisierungen entfallen. Einen weiteren Trend stellt der altersgerechte Umbau von Wohnungen dar. Zugleich ist in der Gruppe der Immobilienbesitzer im Alter von 50 plus das Interesse an Modernisierungs- und Energiesparinvestitionen besonders groß. Der Finanzierungsmarkt wird überwiegend durch die Bedürfnisse von Immobilieneigentümern bestimmt, die ihre Objekte umbauen, modernisieren und energetisch verbessern möchten.

Den Kern des Systems nicht antasten

Dieser Entwicklung haben die Bausparkassen mit der Entwicklung spezieller Finanzierungsangebote Rechnung getragen. Moderne Bausparprodukte müssen vor allem dem Wunsch der Eigenheimbesitzer nach flexiblen, kostengünstigen und sehr transparenten Finanzierungen entsprechen. Zunehmend werden schnell verfügbare Finanzierungen nachgefragt. Zugleich sind Bausparkassen als Informationsgeber in Sachen Modernisierung und Energiesparen in der Verantwortung. Der Bausparvertrag wird quasi zum Modernisierungs- und Energiesparvertrag. Das Bausparen ist heute schon die meist genutzte Finanzierungsform für Modernisierungsmaßnahmen. In Zukunft werden Modernisierer noch stärker auf dieses Instrument zurückgreifen, denn der Anteil des von den Kreditnehmern benötigten Fremdkapitals bei Modernisierungsinvestitionen wächst.

Parallel dazu steigen die Anforderungen an das Bausparen als wesentlicher Teil der Altersvorsorge. Lagen Wohneigentum und das Bausparen als Brücke dorthin bereits früher in der Gunst der Deutschen ganz vorn, so hat die Finanzkrise deren Renommee nochmals einen kräftigen Schub verliehen. Die Bedeutung der Sicherheit bei der Vermögensbildung und bei der Altersvorsorge ist deutlich gewachsen. Das Wohneigentum als krisensicherer Substanzwert und der Bausparvertrag als "Versicherung" gegen Zinssteigerungen entsprechen den Wünschen der großen Mehrheit der Anleger. Mit dem Abklingen der Finanz- und Wirtschaftskrise und dem wachsenden Vertrauen der Verbraucher in den Arbeitsmarkt kann mit einer Zunahme der Wohneigentumsinteressenten gerechnet werden.

Viel wird auch von der zukünftigen Entwicklung der Zinslandschaft abhängen. Bei einem Ende des gegenwärtig künstlich niedrig gehaltenen Zinsniveaus steigt die Bedeutung des zinsgünstigen und zinsstabilen Bausparens ganz automatisch.

Was im Kleinen gilt, gilt erst recht im Großen. Die Bedeutung und die Verantwortung der Bausparkassen als Stabilitätsanker für den deutschen Finanzierungsmarkt sind gewachsen. Eine Lehre aus der Finanzkrise lautet, dass die dem Bausparen innewohnende "Sicherheitsarchitektur" systemisch wichtig ist. Garant dafür ist ein spezieller gesetzlicher Regelungskatalog, dem die Bausparkassen unterliegen: Die Bausparkassen dürfen freie Gelder nur in festverzinsliche Wertpapiere mit sehr guter Bewertung anlegen und keinerlei Währungs- und Aktienrisiken eingehen. Der Fonds zur bauspartechnischen Absicherung stellt als eine Art Schwankungsreserve die jederzeitige Erfüllbarkeit der Verträge sicher. Kein Bausparer hat in der Krise auch nur einen Cent verloren. Daran sollte man sich immer erinnern - gerade mit Blick auf andere Länder.

Wo solche strengen Vorschriften im Zuge einer falsch verstandenen Liberalisierung des Marktes abgeschafft oder aufgeweicht wurden, existieren diese Institute nicht mehr. Folglich fehlt der Anker für das gesamte Finanzsystem. Die Herkunft des Bausparsystems muss auch seine Zukunft sein. Deshalb darf der Kern dieses Systems, das Spezialitätsprinzip, nicht angetastet, diese Sicherheitsarchitektur nicht aufgeweicht werden.

Die Bausparkassen als Sammelstellen für Eigenkapital sowie als wichtige Kreditgeber haben sich als wesentlich für die Stabilität und Stärke des deutschen Marktes erwiesen. Dies ist vor dem Hintergrund der seit mehr als zehn Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase bemerkenswert. Denn das historisch ungewöhnliche Zinsumfeld erfordert von den Bausparkassen die Fähigkeit, die Entwicklung der Bausparkollektive unter allen Marktbedingungen langfristig und vorausschauend zu steuern und gleichzeitig ihre betriebswirtschaftliche Stabilität sicherzustellen. Darin liegt auch eine zentrale Herausforderung für die Zukunft.

Deutlich gestiegen sind die Erwartungen der Kunden auch an das Preis-/Leistungsverhältnis sowie an die Servicequalität der Bausparkassen. Die Bausparer erwarten marktgerechte und flexible Tarife für unterschiedliche Kundenwünsche, Beratung und Betreuung über den Vertragsabschluss hinaus sowie Dienstleistungen rund um die private Vorsorge. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall gewährleistet eine optimale Kundenorientierung und hohe Kundenzufriedenheit durch ein abgestimmtes Zusammenspiel von Beratung, Produktqualität und Service. Und der Kunde lernt dabei: Bausparverträge sind überaus flexibel - viel flexibler, als es die Kritiker Glauben machen wollen.

Seit Anfang der neunziger Jahre sind einige deutsche Bausparkassen im Ausland aktiv, vorwiegend in Ost- und Mitteleuropa. Sie haben seither wesentlich dazu beigetragen, dass dort funktionierende Immobilienfinanzierungssysteme entstanden sind, die sich auch in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise bewährt haben, die diese Länder besonders hart trifft. Dass die Menschen in den jungen Marktwirtschaften das Bausparen schätzen, zeigen die Neuabschlüsse des vergangenen Jahres. Sie schaffen eine gute Basis für eine weitere Expansion des Bausparens im Ausland.

Neue Marktchancen

Neue Marktchancen ergeben sich für die Bausparkassen auch durch die Einführung der Eigenheimrente. Sie eröffnet den Anlegern eine echte Alternative zur Geldrente. Bereits im ersten vollen Geschäftsjahr nach Einführung des Eigenheimrentengesetzes zeigt sich in den Abschlusszahlen die hohe Attraktivität des Wohn-Riester-Bausparens. 2009 wurden rund 340 000 Wohn-Riester-Verträge abgeschlossen; jeder sechste neue Riester-Vertrag war eine Eigenheimrente.

Der Bausparvertrag wird damit auch zum Altersvorsorge-Sparvertrag, der in keiner privaten Vorsorgeplanung fehlen darf. Auf Grund der besonderen Komplexität der Eigenheimrente - Stichworte: nachgelagerte Besteuerung, Wohnförderkonto und prämienschädliche Verwendung - sind die Anforderungen an das Knowhow und die Beratungsqualität der Bausparkassen und ihrer Berater erneut gewachsen. Die Reaktion der Kunden und der Erfolg der Bausparkassen zeigen, dass dies in der Praxis gelingt. Zusätzliche Marktchancen können sich ferner aus dem Vorschlag zur Einführung eines Bildungssparens in Deutschland ergeben. Das Erfolgsmodell Bausparen soll dafür Pate stehen, wie in jüngster Zeit immer häufiger von der Politik gefordert. Durch die Kombination aus Sparguthaben und Darlehen würde die Finanzierungslücke bei der Aus- und Weiterbildung geschlossen. Wie beim Bausparen böte ein geschlossener Finanzierungskreislauf mit festen Guthabenzinsen und stabilen, günstigen Darlehenszinsen über die gesamte Laufzeit Kalkulationssicherheit für alle Beteiligten. Staatliche Anreize könnten das Vorsorgebewusstsein für dieses Thema in der Bevölkerung schärfen. Die Finanzkrise hat auch den deutschen Finanzmarkt nachhaltig beeinflusst. Die Tatsache, dass das Bausparen und die Bausparkassen sich in dieser Situation als Hort der Stabilität erwiesen haben, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Wettbewerb zunimmt. Das betrifft sowohl die Konkurrenzsituation der Bausparkassen zu anderen Finanzierungsinstituten als auch den Wettbewerb der Bausparkassen untereinander. Viele Kreditinstitute versuchen, durch aggressive Preispolitik, neue Vertriebswege und externe Kooperationspartner Anteile auf einem insgesamt stagnierenden Markt hinzuzugewinnen. Auch im Bausparkassensektor wird die Konsolidierung weiter gehen. Die Bauparkasse Schwäbisch Hall konnte in den vergangenen Jahren ihren Marktanteil immer weiter ausbauen. Damit hat sie sich im Verdrängungswettbewerb einen komfortablen Vorsprung erarbeitet, auf dem sie sich aber keinesfalls ausruhen kann. Ebenso wichtig wie ein kontinuierliches Neugeschäft ist die Qualität des Geschäfts, gemessen unter anderem am Spargeldeingang und der Sparintensität, sowie ein optimales Auf-wands-/Ertragsverhältnis. Auch bei diesen qualitativen Kennzahlen fühlt sich die Bausparkasse Schwäbisch Hall für den Wettbewerb sehr gut gerüstet. Ziel für die Zukunft muss es sein, den erreichten Wettbewerbsvorsprung zu festigen und nachhaltig weiter auszubauen.

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