Schwerpunkt Pfandbriefe und Covered Bonds

Gedeckte Refinanzierung in der Niedrigzinsphase

Die aktuellen Rahmenbedingungen der EZB-Geldpolitik des billigen Geldes machen es in diesen Zeiten nicht nur den Sparern und Anlegern schwer, auskömmliche Vermögensanlagen oberhalb der Inflationsrate zu finden. Sie strapazieren auch die ökonomisch rationale Motivation von Kreditinstituten, den Aufwand der gedeckten Refinanzierung zum Beispiel für Pfandbriefemissionen auf sich zu nehmen, um sich langfristig und zu stabilen Konditionen zu refinanzieren. Blickt man darüber hinaus auf die Entwicklungen der europäischen Bankenaufsicht, brauchen Banken und Sparkassen einen langen Atem, wirtschaftlich gesunde Strukturen für künftig wieder "normale Bedingungen" aufrecht zu halten und weiter zu entwickeln. Die Investitionen der Institute in das Instrument des Pfandbriefs sind einmal mehr Ausdruck eines nachhaltigen Geschäftsmodells wie das der Sparkassen.

Braucht man als Bank mehr als Kundeneinlagen?

Alle Kreditinstitute, die über eine breite Basis an Kundeneinlagen verfügen, dürfen sich in diesen Zeiten glücklich schätzen, denn für sie schlägt das Herz der Aufsicht. Je nach Kategorie stellen Kundeneinlagen im Rahmen der Liquidity Coverage Ratio (LCR) bis zu 95 Prozent stabile Bodensätze dar und werden entsprechend privilegiert angerechnet. Hiermit sind in Deutschland insbesondere die beiden großen Finanzverbünde der Genossenschaftsbanken und der Sparkassen gut positioniert. Daran hat auch die Serie der Finanzkrisen der letzten Jahre nichts geändert. Im Gegenteil, der Liquiditätsüberschuss der Sparkassen stieg über die Jahre stetig von 144 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf über 171 Milliarden Euro im Jahr 2013 an:

Diese Situation stellt eine komfortable Liquiditätsversorgung sicher, bedeutet aber zugleich eine besondere Verantwortung und Herausforderung für die Institute. Beispielsweise ist in den Sparkassengesetzen der Länder als öffentlicher Auftrag verankert, Sparen und Vermögensbildung der Bevölkerung zu fördern. Mit Blick auf den Spargedanken gelingt dies in Anbetracht der oben genannten Zeitreihe recht gut. Der Auftrag der Vermögensbildung lastet in diesen Tagen jedoch immer schwerer auf den Schultern der Institute, denen die Einleger ihre Gelder anvertrauen. Zögert man in der EZB nicht mehr, auch Negativzinsen für die Einlagen bei der Zentralbank aufzurufen, ist dies gegenüber den privaten Einlegern und Sparern nicht vorstellbar. Dies wiegt umso schwerer, als sich das Anlageverhalten der Deutschen traditionell und im Unterschied zu anderen Ländern neben der Investition in die eigene Immobilie stark auf Spareinlagen bei Kreditinstituten konzentriert. Die Deutschen sind laut Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon zutiefst verunsichert, ob sich das Sparen noch lohnt. Und wenn die Sparquote noch weiter sinkt, sei die Altersvorsorge der Deutschen in Gefahr.

Um den Sparern jedoch auch heute einen Anreiz zum Sparen bieten zu können, müssen Banken und Sparkassen auf der Aktivseite ihrer Bilanz Investitionsmöglichkeiten mit tragbaren Rendite-/ Risiko-Verhältnissen haben. Eine über das normale Maß hinausgehende Übernahme von Kreditrisiken als Kompensation der fehlenden risikolosen Grundverzinsung durch Risikoprämien kann nicht die einzige Lösung sein und wird auch aufsichtsseitig nicht gewünscht. Die bekannten Verschärfungen in den Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung und die Limitierung der Fristentransformation sollen hier begrenzend wirken.

Zurecht stellt auch der Ausschuss für Finanzstabilität in seinem jüngsten Bericht an die Bundesregierung fest, dass die Risiken für die Stabilität des deutschen Finanzsystems sich auch aus den Nebenwirkungen des Niedrigzinsumfelds und der reichlichen Liquiditätsversorgung durch die großen Notenbanken ergeben können. Spareinlagen sind also eines mit Sicherheit nicht: Die billige Variante der Refinanzierung, die keine professionelle Steuerung im Controlling der Bank braucht. Jede Transformationsleistung - ob im Zins- oder im Liquiditätsbuch - braucht klare Regeln und ein entsprechendes Instrumentarium der Steuerung.

Aufwand und Nutzen der gedeckten Refinanzierung

Das stabile Pendant der Einlagen im Kapitalmarkt ist nach wie vor die "Königsdisziplin" der Refinanzierung, der Pfandbrief. Dies gilt sowohl aus betriebswirtschaftlicher Sicht zum Ausgleich von Fristen als auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive. Beide Liquiditätsquellen - Einlagen wie Pfandbriefe - funktionieren ohne die (künstliche) Geldschöpfung der Zentralbank und haben eine direkte Verbindung zur Realwirtschaft.

Doch hinter dem Pfandbrief steht stets auch der Aufwand für seine Sicherheit und Transparenz sowie für die Produktion hochwertiger Deckungsmassen. Und hierbei steigen die Anforderungen der Investoren und Ratingagenturen, wie auch die jüngste geplante Novelle des Pfandbriefgesetzes in diesem Jahr erneut deutlich zeigt. Dieser Aufwand sollte sich in den günstigen und stabilen Refinanzierungskonditionen des Pfandbriefes widerspiegeln und lässt sich mit den derzeitigen Unterschieden zwischen gedeckten und ungedeckten Spreads nicht nachhaltig rechtfertigen. Man kann es positiv formulieren: Die Refinanzierungsbedingungen europäischer und deutscher Banken zeigen sich aktuell relativ entspannt. Die Frage ist aber: lohnt sich unter den derzeitigen Bedingungen der Pfandbrief noch?

Wie sich die verschiedenen Entwicklungen des Aufsichtsrechts auf die optimale Refinanzierungsstruktur von Banken auswirken werden, ist zurzeit nicht sicher prognostizierbar. Die notwendige Reduzierung des Verschuldungsgrades führt tendenziell zu Bilanzverkürzungen und zum Abbau langfristiger Passiva. Nur etwa 60 bis 70 Prozent der auslaufenden Schuldverschreibungen wurden in den letzten Monaten refinanziert. Basel III und Solvency II werden zu strukturellen Veränderungen bei den Aktivitäten von Banken und Versicherern im Markt für ungedeckte Bankschuldverschreibungen führen.

Dies lässt sich an den heutigen Konditionen jedoch nicht ablesen. Unklar ist auch, inwiefern eine Limitierung der "Asset Encumbrance" - also der gebundenen Vermögensgegenstände einer Bank - auf die Refinanzierungsbedingungen von Pfandbriefen und ungedeckten Bankschuldverschreibungen durchschlägt. In welchem Maße sich das geplante Bail-In-Regime auf die Höhe der Refinanzierungskosten der Banken auswirken wird, bleibt ebenfalls abzuwarten. Unsicherheit dominiert, wohin man auch sieht.

Realkredite als Deckungsmasse

Was ist die Schlussfolgerung aus der geschilderten Situation am Kapitalmarkt für Banken und Sparkassen? Der Vorteil einer ausgewogenen Ergänzung von Kundeneinlagen besonders in den langen Laufzeiten über Pfandbriefemissionen liegt immer noch auf der Hand, auch wenn das die Marktbedingungen momentan nicht honorieren. Die Zeiten ändern sich. Handlungsfähigkeit wird sich auf mittlere Sicht auszahlen. Das wissen auch die Entscheider in den Sparkassen. Dies zeigt sich in der stabil wachsenden Anzahl der Teilnehmer am Pfandbrief-Pooling der Landesbanken wie auch den beantragten Pfandbrieflizenzen. Aber nur wer die Kosten der Produktion der Deckungsmassen "im Griff hat", kann das Instrument des Pfandbriefes auch auf solchen Durststrecken pflegen und nachhaltig nutzen. Jede Ineffizienz macht sich schmerzlich bemerkbar.

Hochgranulare Portfolien an Baufinanzierungen und hohe Volumina ermöglichen effiziente Emissionen: bei Sparkassen ist das Realität! Hinter den stolzen Deckungspotenzialen von 220 Milliarden Euro an Hypotheken stehen weitgehend wohnwirtschaftliche Baufinanzierungen des Kleindarlehensbereiches von maximal bis zu 400 000 Euro je Darlehen.

Für alle diese Realkredite gelten im Pfandbriefgesetz und der Verordnung über die Ermittlung der Beleihungswerte von Grundstücken (BelWertV) strenge Anforderungen. Auf der einen Seite dient das zum Schutz des Anlegers, andererseits aber eben auch zum Schutz der Kreditinstitute, die durch solche Standards vermeiden, in Phasen des "Anlagenotstands" Kreditrisiken einzukaufen, die zu normalen Zeiten nicht opportun gewesen wären. Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass systemische Risiken insbesondere durch eine Kombination steigender Immobilienpreise, einer expandierenden Kreditvergabe und einer Lockerung der Kreditvergabestandards entstehen.1) Dies ist in Deutschland in der Form nicht vorgekommen. Der Aufwand des Pfandbriefes muss sich also nicht nur einseitig in den Refinanzierungskonditionen manifestieren, sondern wirkt in vielfältiger Weise in der Bank und im Bankensystem.

Keine widersprüchlichen Anforderungen

Um diese gesunde Wirkung der Standards des Pfandbriefs über den Realkredit als Deckungsmasse auf die gesamte Bank und die Kreditwirtschaft nicht zu gefährden, sondern produktiv zu nutzen, sollte beispielsweise die EBA bei der Entwicklung des europäischen Aufsichtsrechts sensibel darauf achten, dass sich die Anforderungen an den Realkredit aus den verschiedenen Regelungsbereichen nicht widersprechen, sondern im Idealfall sinnvoll ergänzen und verstärken.

Der künftige Technische Regulierungsstandard (TRS) nach Artikel 124 Abs. 4 Buchstabe a CRR für die Ermittlung des Beleihungswertes, den die EBA zum Zwecke der privilegierten Eigenkapitalunterlegung bis Ende 2014 vorzulegen hat, sollte zu den bereits existierenden Anforderungen an den bewährten Pfandbrief (BelWertV) passen. Banken brauchen einheitliche Standards, hier zum Beispiel für Refinanzierung und Kreditrisikominderungstechnik (KRMT), um nicht zunehmend parallele oder sogar divergierende Anforderungen erfüllen zu müssen. Die Umsetzung der deutschen Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV), wie es seit Jahren der explizite Wunsch der BaFin ist, verlangt den Banken einigen Aufwand ab, ist aber mittlerweile weitgehend akzeptiert.

Ein davon abweichender oder gar darüber hinaus gehender EBA-Standard wäre jedoch kontraproduktiv. Wenn ein solcher Standard auf der europäischen Ebene geschaffen wird und dieser komplementär zu bewährten existierenden Verfahren ist, sind zusätzliche Standards auf der nationalen Ebene, wie sie beispielsweise die neue Hypothekarkreditrichtlinie in § 19 fordert, überflüssig. Europa braucht klare Vorstellungen für Best Practices im Bereich der Covered Bonds und auch für die Anrechenbarkeit gedeckter Papiere in der LCR et cetera. Hierfür kann besonders der deutsche Pfandbrief Pate sein. Sind diese Eigenschaften auch mit Blick auf den Realkredit als Deckungsmasse einmal identifiziert2), sollten die Maßstäbe auch für die Eigenkapitalprivilegierung von Realkrediten in der CRR gelten.

Den richtigen Weg weist hier zum Beispiel die Verzahnung der Regelungen im finalen Rahmenwerk des Baseler Ausschuss zur Messung und Steuerung von Großkrediten (BCBS 283) vom 15. April 2014. Besicherungen durch Wohn- oder Gewerbeimmobilien sollen grundsätzlich künftig nur dann im Großkreditregime anerkannt werden, wenn diese Sicherheiten auch als KRMT im Solvenzregime berücksichtigt werden. Der Realkredit wird also einmal nach einheitlichen Regelungen "produziert" und kann dann im Idealfall für alle aufsichtlichen Zwecke (EK-Steuerung und KRMT, gedeckte Refinanzierung, Großkreditregime) verwendet werden. Eine sensible, den Überblick wahrende Weiterentwicklung des europäischen Aufsichtsrechts kann hier sehr nützlich sein.

Zentrale Unterstützung geschaffen

Der Pfandbrief ist und bleibt die sinnvolle Ergänzung der Kundeneinlagen, ist schnell gesagt. Es muss in den Instituten jedoch jeden Tag dank Kosteneffizienz und ausreichender Zinsergebnisse gerechtfertigt werden. Hierfür hat der DSGV in dem Projekt "Zentrales Pfandbriefbüro" eine breite Umsetzungsunterstützung zur BelWertV initiiert. In diesen Tagen wird in enger Kooperation mit den poolenden Landesbanken und Regionalverbänden ein umfangreiches Paket an Leitfäden, Mustern und Beispielen zur Verfügung gestellt, die im Grunde "nur" eines zum Ziel haben: Sie sollen den Instituten helfen, auch in Zeiten der Unsicherheit und Regulierungsflut ökonomisch vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Fußnoten

1) Vgl. Bericht des Ausschusses für Finanzstabilität, Juni 2014, Seite 5..

2) Vgl. Opinion of the European Banking Authority on the preferential capital treatment of covered bonds, 1. Juli 2014.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X