Automatisierte Bewertung

Genauigkeitsanforderungen in der Wertermittlung

Jede Krise bietet auch Chancen. Seit der Subprime-Krise, die durch zu großzügige Kreditvergaben ohne ausreichende Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Kreditnehmer und des Wertes der Immobilien hervorgerufen wurde, hat sich im Bankensektor viel getan. Wurden in der Vergangenheit aus Vertriebsgründen gerade im Kleindarlehensbereich oft Abstriche an der Sicherheit der Wertermittlung gemacht, so hat sich dies geändert. Immer mehr Kreditinstitute richten ihre Beleihungsvorschriften an den strengen Vorgaben der BelWertV aus. Damit wird eine differenzierte Bewertung unter Umständen inklusive einer Objektbesichtigung bei jeder Kreditvergabe - und nicht erst jenseits der Kleindarlehensgrenze - erfolgen.

Hohe Genauigkeit der Einzelbewertung

Hier stehen die Kreditinstitute vor einem Zielkonflikt. Denn einerseits sollen sie möglichst treffsichere und belastbare Aussagen über den Wert einer Immobilie machen, andererseits sollen sie aber auch unnötige Kosten durch aufwendige und teure Verfahren vermeiden. Eine Quadratur des Kreises angesichts der Tatsache, dass Verfahren zur Immobilienbewertung umso zeit- und kostenaufwendiger werden, je genauer, sprich je belastbarer sie sein sollen?

Betrachtet man die unterschiedlichen Verfahren etwa im Rahmen einer Einzelbewertung, kristallisiert sich heraus: Bei einer reinen Desktopbewertung, sprich einer Bewertung ohne Objektbesichtigung, und unter Verwendung ortsferner Daten, kann die zu erwartende Genauigkeit 30 Prozent betragen. Es handelt sich um ein sehr unsicheres Verfahren, da Objektbesonderheiten, die vom Durchschnitt abweichen, unberücksichtigt bleiben. Bereits die Eingabe durch eine Person, die das Objekt kennt und mit einem System arbeitet, das regionale Daten berücksichtigt, kann die Genauigkeit auf zehn Prozent steigern. Erfolgt eine Ortsbesichtigung durch einen Sachverständigen und liegen örtliche Daten vor, so erhöht sich die Einzelfallgenauigkeit auf fünf Prozent.

Damit liegen die Genauigkeiten in einem Bereich, den auch deutsche Gerichte bei Sachverständigengutachten fordern. Diese hohe Einzelfallgenauigkeit durch Sachverständigengutachten wird aber nicht immer gefordert. Sie ist zum Beispiel bei den Eröffnungs- und Folgebilanzen von Kapitalgesellschaften (HGB-Regelungen), bei Offenen Immobilienfonds (InvG-Regelungen) oder städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen (BauGB-Regelungen) notwendig.

Die Kosten einer genauen Einzelbewertung durch einen örtlichen Sachverständigen mit der genauen Ermittlung von Flächen und Inhalten, der Berücksichtigung von Rechten und Belastungen, der Einholung aller Informationen aus den öffentlichen Registern orientiert sich an der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI): Bei einem Objektwert von 220 000 Euro liegen die Gesamtkosten einer Einzelfallbewertung bei rund 920 Euro netto. Die hohe Einzelfallgenauigkeit wird in dieser Form nur durch Sachverständigengutachten erzielt.

Möglichkeiten bei Massenbewertungen

In vielen Fällen, etwa bei der Gewährung von Großkrediten, wird eine hohe Einzelfallgenauigkeit verlangt. Hingegen reicht in anderen Fällen eine relativ hohe durchschnittliche Genauigkeit. Im Massengeschäft ist weniger die Genauigkeit der einzelnen Immobilienbewertung gefragt, sondern die Genauigkeit über das gesamte Portfolio hinweg. Selbst wenn die Genauigkeit einer einzelnen Immobilienbewertung nur 70 Prozent beträgt, lässt sich unter Umständen in der Masse eine weitaus bessere durchschnittliche Genauigkeit erzielen. Gerade für die Bewertung ganzer Immobilienbestände dürfte die Einzelbewertung durch Gutachter zu aufwendig und teuer sein.

Hierbei zeigen sich die Vorteile von voll automatisierten Wertermittlungsverfahren, die im Vergleich zur Gutachterlösung sowohl zeitnäher als auch kostengünstiger sind. So kommt es bei diesen Verfahren zu folgenden durchschnittlichen Genauigkeiten: Bei einer reinen Desktopbewertung auf der Grundlage normierter Verfahren beträgt die durchschnittliche Genauigkeit zwischen zehn und 20 Prozent; dieser Wert verbessert sich auf fünf bis zehn Prozent, wenn zudem eine Besichtigung und Plausibilitätskontrolle durch einen örtlichen Sachverständigen erfolgt. Inzwischen sind bewährte Systeme auf dem Markt, die eine solch automatisierte Wertermittlung ermöglichen.

Von der Revisionssicherheit zur Anwenderfreundlichkeit

Diese Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Die wichtigsten Punkte - sie basieren auf bundesweit fundierten Marktdaten und sie beruhen auf der Anwendung der klassischen drei deutschen Wertermittlungsverfahren. Mit den Marktdaten steht und fällt die Belastbarkeit der Aussagen. Für Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen stehen die erforderlichen Daten flächendeckend für ganz Deutschland zur Verfügung, nicht hingegen für andere Objektarten wie etwa Gewerbeimmobilien. Die Daten sind in Sekundenschnelle abrufbar.

Die Anwendung normierter Verfahren garantiert eine hohe Ergebniszuverlässigkeit und zusammen mit der Möglichkeit der Historisierung auch Revisionssicherheit. So können die Eingaben der unterschiedlichen Beteiligten von der Kundenberatung bis zur Marktfolge transparent nachverfolgt werden. Hinzu kommt der Aspekt Anwenderfreundlichkeit. Das beste System nutzt nichts, wenn es von den Mitarbeitern nicht angenommen wird. Der Verzicht auf Fachchinesisch ist hier ebenso wichtig wie Plausibilitätskontrollen, um Eingabefehler zu vermeiden, und Schnelligkeit.

Bundesweites Netz von Bewertungsspezialisten

Als Internetlösungen, die durch mehrstufige Firewalls geschützt werden, sind die Systeme von jedem Ort und zu jeder Zeit aus zugänglich und bieten zudem den Nutzen eines geringeren Pflegeaufwands, da nur die zentralen Rechner gewartet werden müssen.

Hinter der Lösung steht idealerweise ein bundesweites Netz von Bewertungsspezialisten, die den örtlichen Immobilienmarkt kennen und bei Bedarf auch Objektbesichtigungen und Kontrollen durchführen. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu garantieren, arbeiten diese Sachverständigen auf der Grundlage einheitlicher Standards.

Durch den Einsatz von IT-gestützten Systemen auf der Grundlage normierter Verfahren lässt sich der Workflow gerade im Massenbewertungsgeschäft entscheidend optimieren und beschleunigen. Der Kundenberater erhält in Sekundenschnelle eine ausreichend belastbare Wertangabe; sollen darüber hinaus weitere Bewertungsdienstleistungen von Objektbesichtigungen bis hin zu Gutachten eingesetzt werden, bietet das System ihm dazu den Service einer voll automatisierten Vermittlung.

Vorbehalte gegenüber Systemen auf Basis von normierten Wertermittlungsverfahren bei Massenbewertungen lassen sich auf dieser Grundlage nicht nachvollziehen. Gerade für Finanzinstitute, die im Massengeschäft auf belastbare Bewertungen angewiesen und zugleich gehalten sind, die Kosten im Griff zu halten, bieten sie ein sinnvolles Instrument. Die durchschnittlichen Genauigkeiten von zehn bis 15 Prozent reichen bei Massenbewertungen im Hinblick auf die üblichen Sicherheitsabschläge bei der Bestimmung der Beleihungsgrenze aus. Außerdem tragen sie zu einer Optimierung des Workflows und zu deutlichen Kostensenkungen gegenüber nicht automatisierten, nicht normierten Verfahren bei. Kosten versus Aufwand - im Massengeschäft ist dies dank der Systeme keine Quadratur des Kreises.

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