Bausparen und Bausparkassen 2007

Gesamtbanksteuerung bei einer Bausparkasse

Die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG ist - wie alle anderen Kreditinstitute auch - gehalten, ihre Managementprozesse auf die Erfordernisse der Ma Risk einzustellen und - wo notwendig - auch im Hinblick auf die Ma Risk zu ergänzen. Die LBS hat sich hierbei die Strukturdefinition des Kompetenzcenter Gesamtbanksteuerung des DSGV zu eigen gemacht und wendet zur Steuerung von Liquidität, Ertrag und Risiko das dort beschriebene Gesamtsystem an. Dieses Risikosteuerungssystem ist in seinen Grundzügen im Beitrag Rischke (Immobilien & Finanzierung 07/2005) beschrieben.

Anwendung von MaRisk auf Bausparkassen

In einem von der Beratungsfirma Zeb/Rolfes Schierenbeck Associates begleiteten Prozess hat die LBS die Kernelemente der internen Risikosteuerung an den durch die Ma Risk geprägten Erfordernissen und auf die Besonderheiten der LBS ausgerichtet. Zu den Besonderheiten im Umgang mit den Ma Risk gehört zum einen, dass die LBS eine Bausparkasse ist und zum anderen, dass sie als Bausparkasse derzeit einen branchenüblich geringen Anlegungsgrad hat.

Somit ist die LBS gezwungen, denjenigen Teil der Bauspareinlagen, der vorübergehend nicht in Bauspardarlehen angelegt werden kann (Trägheitsreserve), im Rahmen der Möglichkeiten des Bausparkassengesetzes am Kapitalmarkt zu investierten.

Zusätzlich sind auch Risikokategorien identifiziert, die für die LBS von eher untergeordneter Bedeutung sind beziehungsweise deren Steuerung schon heute mit etablierten und ausreichenden Werkzeugen erfolgt. Hierzu zählen auch die operationellen Risiken, die von der LBS mit dem Instrument der DSGV-Schadenfalldatenbank gemessen werden. Diese werden wegen ihrer in der Vergangenheit geringen Auswirkung auf die Gesamtbilanz zunächst nicht in ein Limitsystem integriert.

Regulatorische Anforderungen wie zum Beispiel die Einhaltung von Kontingenten aus Bausparkassengesetz, Bausparkassenverordnung (Bsp KV), Solvabilitätsverordnung oder Groß- und Millionenkreditverordnung werden als Randbedingungen für die Steuerungsprozesse vorgegeben.

Unbedeutendes Liquiditätsrisiko

Im Ergebnis führte die Risikoinventur dazu, dass für die LBS die Steuerung von Marktpreisrisiken, strategischen Risiken und Adressenausfallrisiken von zentraler Bedeutung sind. Das Liquiditätsrisiko im Sinne des BTR 3 der Ma Risk wird gegenwärtig als nicht bedeutsam eingeordnet. Die Langfristplanung für die Liquiditätsbeanspruchung des Kollektivs mit Hilfe von Kollektivsimulationen auch für Bad-Case und Worst-Case-Szenarien belegen diese Auffassung.

Die Bausparkassen haben aus Bilanzsicht im Kollektivgeschäft mit den Bauspardarlehen trotz der Sonderzahlungsoptionen eine relativ sicher kalkulierbare Aktivseite. Dagegen ist die Passivseite in Form von Bauspareinlagen durch zahlreiche flexible Optionen der Kunden geprägt. Das Kollektivgeschäft weist im Vergleich zu Festzinsgeschäften und Sichteinlagen als variables Geschäft größere Parallelen zu den Sichteinlagen auf. Die LBS richtet sich deshalb in der Steuerungsphilosophie an dem Prinzip der Steuerung von Sichteinlagen aus und bemisst die Fristigkeit ihrer Passivseite am erwarteten Realverhalten ihrer Bausparer und nicht an den formalen vertraglichen Fristen.

Entwicklung der Trägheitsreserve

Diese Art der Betrachtung findet sich auch in den Beiträgen von Schmitz und Recklies (Immobilien & Finanzierung 08/2006), Metz und Herzog (Immobilien & Finanzierung 06/2002) sowie von Dr. Sievi (Abschlussbericht und Fachkonzeption zum Projektteil I der Machbarkeitsstudie des DSGV-Projektes: Barwertkonzept und Cash-Flow-orientiertes Bilanzstrukturmanagement) wieder. Sie führt zu einer Trennung zwischen der erwarteten realen Entwicklung der Bilanzstrukturen, abgebildet über Szenariorechnungen, und einer risikoorientierten Festlegung der Fristigkeit der Trägheitsreserve für Steuerungszwecke.

Als Ansatz für die Limitierung des Marktpreisrisikos im Kollektiv wird daher der aus der Abbildung von Sichteinlagen bekannte Ansatz des "Abrollens" der Passivseite herangezogen werden. Diese Sichtweise ist zwingend verknüpft mit einem "Going-Concern-Ansatz". Von einer "Zerschlagungs- beziehungsweise Verkaufsfiktion", wie sie die klassische Barwertsteuerung einfordert, wurde bewusst Abstand genommen, da sie in der Zukunft zu unrealistischen Strukturen und damit zu einem falschen Ausweis des Zinsänderungsrisikos führen würde.

Ausgangspunkt ist bei diesem Ansatz die geplante Entwicklung der Trägheitsreserve. Diese vorgesehene Entwicklung wird im Rahmen der Rechnung gemäß Ausnahmegenehmigung nach § 1 Abs. 4 Bsp KV (diese Ausnahmegenehmigung lässt zu, einen festgelegten Anteil der Trägheitsreserve in bis zu zehnjährigen Baudarlehen anzulegen; die BspkV begrenzt dies sonst auf maximal vier Jahre) um den sogenannten "Ba Fin-Trichter" korrigiert. Diese Verminderung der zur Verfügung stehenden Liquidität trägt dem Umstand Rechnung, dass mit zunehmendem Prognosezeitraum die Fehleinschätzung größere Auswirkung haben kann. Die so ermittelte Liquidität kann dann gemäß Ausnahmegenehmigung in bis zu zehnjährigen Baudarlehen angelegt werden.

Diese Modellierung der Fristigkeitsstruktur des Kollektivs passt sich in das bestehende Regelwerk für Bausparkassen ein und löst das Spannungsfeld von aufsichtsrechtlich geforderter Risikominimierung und betriebswirtschaftlicher Ertragsmaximierung und -stabilisierung weitestgehend auf. Die Zusammenhänge sind in der Abbildung dargestellt. Die LBS verwendet die Grundidee der Ausnahmegenehmigung zu § 1 der Bsp KV für ihre gesamte Aktivseite, sowohl Baudarlehen als auch Geldanlagen, soweit sie aus der Trägheitsreserve refinanziert werden.

Da auch bei Worst-Case-Szenarien noch eine (Rest-)Trägheitsreserve langfristig (über 15 Jahre) zur Verfügung steht, könnte die Anlage der Aktivseite theoretisch langfristig erfolgen. Bei einer regulären (und steilen) Zinsstruktur würde dieses den Zinsertrag der LBS nachhaltig erhöhen.

Konzentration auf mittlere Laufzeiten

Im Ergebnis verschiedener Szenarien wurde ermittelt, dass die LBS bei einer linearen Absenkung des Zinsniveaus im Neugeschäft um 100 Basispunkte etwa sechs Jahre benötigt, um ihre durchschnittlichen Passivzinsen im Kollektiv um 50 Basispunkte und rund zehn Jahre, um diese um 90 Basispunkte zu senken. Daher ist als Vorsorge gegen Niedrigzinsphasen auch eine langfristige Anlagepolitik angezeigt.

Da der Markt für über zehnjährige Wertpapiere deutlich kleiner ist als der für bis zu zehnjährige, beschränkt sich die LBS aus Gründen der Marktliquidität in der Regel auf Neuanlagen bis zu zehn Jahren. Diese Geldanlagen werden gemäß kollektiver Liquiditätsplanung endfällig gehalten und entsprechend bilanziert.

Als Mittelweg zwischen diesen unterschiedlichen Anforderungen hat sich die LBS entschieden, ihre Aktivseite auf eine zehnjährig-rollierend ablaufende Passivseite einzustellen; das heißt bei Übereinstimmung der Aktivseite mit der dicken schwarzen Linie der Grafik ist das Zinsänderungsrisiko Null. Abweichungen hiervon werden limitiert, der "Freiraum" ist in der Grafik dunkelgrau wiedergegeben.

Neben diesem Grundsatz hat die LBS vier weitere Grundsätze für die Steuerung und Limitierung durch Risikotragfähigkeitsrechnungen formuliert:

- Steuerungsimpulse werden vor allem aus der laufenden und der strategischen Limitierung von Risiken aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sowie der daraus abgeleiteten Risikotragfähigkeitsabschätzung gewonnen.

- Barwertige Analysen haben den Charakter einer Frühwarnfunktion und deuten auf einen Reserveverzehr hin, der sich gegebenenfalls zeitversetzt und anteilig im handelsrechtlichen Rechenwerk niederschlagen kann.

- Die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen (zum Beispiel Zinsrisiko im Anlagebuch) ist eine Nebenbedingung.

- GuV-orientierte, barwertige und aufsichtsrechtliche Risikotragfähigkeitsrechnung, Limitierung und Risikomessung werden voneinander getrennt. Daraus folgende widersprüchliche Einschätzungen sind bei dieser Sichtweise zu erwarten und werden im Einzelfall im Prozess der Management-Entscheidung aufgelöst. Auf eine Value-at-Risk-Betrachtung, die die LBS für die Messung ihrer Marktpreisrisiken anwendet, wurde für Ergebnisse aus Kollektivsimulationen unter Verwendung von Szenarioergebnissen verzichtet, da einzelnen Szenarien keine Eintrittswahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann (siehe auch "Prognosegüte alternativer Konjunkturindikatoren" im Jahresgutachten 2005/2006 der Sachverständigen).

Auf dieser Basis wurde ein Limitierungs- und Risikotragfähigkeitskonzept bestehend aus vier Elementen entwickelt:

- laufende Limitierung von Risiken aus der GuV mit Fokus auf den Jahreshorizont,

- ökonomische Analyse mit Fokus auf die Barwertanalyse beziehungsweise das ökonomische Kapital,

- strategische Vorschau mit Fokus auf die Mehrjahresplanung,

- externe Limitierung mit Fokus auf die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen.

Limite werden entweder für die laufende GuV festgelegt oder aus dem Aufsichtsrecht abgeleitet. Die strategische Vorschau sowie die ökonomische Analyse haben zunächst nur nachrichtlichen Charakter und sollen frühzeitig auf Fehlentwicklungen hinweisen. Im Rahmen des regelmäßigen Reviews des Limitsystems ist zu prüfen, ob weitere Limitierungsdimensionen aufzunehmen sind.

Szenariodefinitionen, Zusammensetzungen der Risikodeckungsmasse und die jeweiligen Limithöhen orientieren sich am Branchenstandard und unterscheiden sich zwischen den Bausparkassen hauptsächlich durch die jeweils vorherrschende Risikoneigung.

Die hier beschriebenen Elemente der Gesamtbanksteuerung der LBS werden derzeit noch als aufeinander aufbauende Einzelverfahren betrieben und in 2007 stückweise weiter integriert. Die LBS verfügt damit über einen hinlänglich detaillierten Werkzeugkasten zur Steuerung des Unternehmens und zur Umsetzung der MaRisk.

Literaturverzeichnis "Anforderungen an die Aktiv-Passiv-Steuerung einer Bausparkasse" (Schmitz/Recklies, Immobilien & Finanzierung 08/2006)

"Aspekte des Risikomanagements bei der LBS Ost" (Rischke, Immobilien & Finanzierung 07/2005) "Das Zinsänderungsrisiko-Management bei Bausparkassen" (Metz/Herzog, Immobilien & Finanzierung 06/2002)

"Integriertes Risikomanagement bei Schwäbisch Hall" (Metz, Immobilien & Finanzierung 08/2006) "Risikosteuerung bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall" (Steffan, Immobilien & Finanzierung 17/2006) "Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos" (Dr. Sievi, Abschlussbericht und Fachkonzeption zum Projektteil I der Machbarkeitsstudie des DSGV-Projektes: Barwertkonzept und Cash-Floworientiertes Bilanzstrukturmanagement")

"Prognosegüte alternativer Konjunkturindikatoren" (Sachverständigenrat, Auszug aus dem Jahresgutachten 2005/2006)

Dr. Friedrich Miehe , Lehrbeauftragter , Universität zu Köln
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