Bankwesen

Geschäftsmodell Hypothekenbank - Gegenwart und Zukunft

Ein Wort vorweg. Die Münchener Hyp ist wie jede andere Bank von der Vertrauenskrise betroffen. Aber sie ist nicht in Direktinvestitionen im Subprime-Segment oder in Anlagetiteln von Instituten, die direkt von der Finanzmarktkrise betroffen sind, engagiert. Ihre Bilanz wirft keine Bewertungsprobleme auf, das heißt, für die Produkte, die sich in der Bilanz befinden, gibt es Märkte. Sie hat lediglich einige wenige MBS (Mortgage Backed Securities).

Die Münchener Hyp profitiert heute davon, dass sie bereits vor einigen Jahren entschieden hat, als Hypothekenbank in keine Banken zu investieren, die ebenfalls in Immobilien investiert sind, um so die Risiken entsprechend zu streuen. Insofern ist sie nicht unmittelbar durch Engagements von der Krise tangiert.

Geschichte und Geschäftsfelder

Gegründet wurde die Münchener Hyp im Jahr 1896 unter dem Namen Bayerische Landwirthschaftsbank. Sie gehört demnach zu den klassischen Hypothekenbanken. 1971 erfolgte die Umbenennung in Münchener Hypothekenbank, weil die Bank nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr aus ihrem ursprünglichen Geschäftsmodell herausgewachsen war. Ursprünglich war sie vor allem im Landwirtschaftsbereich tätig.

Heute hat die Bank eine Bilanzsumme von rund 35 Milliarden Euro und beschäftigt 400 Mitarbeiter. Sie ist eine eingetragene Genossenschaft mit rund 92 000 Mitgliedern. Auch das ist eine Besonderheit unter den Hypothekenbanken. Als Genossenschaftsbank kennt sie keinen Mehrheitsgesellschafter und ist konzernunabhängig. Jedes Mitglied hat genau eine Stimme, ganz gleich, wie viele Anteile es besitzt. Die Mitglieder sind Kunden sowie Banken aus dem genossenschaftlichen Finanzverbund. Repräsentiert werden sie durch 52 Vertreter, die alle fünf Jahre gewählt werden.

Diese genossenschaftliche Rechtsform prägt wesentlich das Geschäftsmodell. Deshalb kann die Bank eine konservative und langfristig orientierte Strategie verfolgen und muss nicht vorrangig die Eigenkapitalrentabilität steigern. Kerngeschäft der Münchener Hyp ist die Immobilienfinanzierung. Sie gehört zu den wenigen Hypothekenbanken, die gleichermaßen in der privaten wie in der gewerblichen Immobilienfinanzierung aktiv sind. Darüber hinaus bietet sie über ihre Tochtergesellschaft M-Wert die der Immobilienfinanzierung nahe Dienstleistung der Bewertung an.

In der privaten Immobilienfinanzierung sind die Märkte Deutschland und die Schweiz. Die Bank betreibt die private Immobilienfinanzierung als Vermittlungsgeschäft, das heißt, die Partnerbanken vermitteln an sie Finanzierungen, die die Münchener Hyp über Pfandbriefe refinanziert. In Deutschland sind diese Partner vor allem die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Maklervertriebe. In der Schweiz wurde mit der Post Finance ein Partner gefunden. Außerhalb von Deutschland und der Schweiz werden Wohnbaufinanzierungen lediglich ergänzend betrieben. Die Bank konzentriert sich dabei auf stabilisierte Objekte. Um die Risiken niedrig zu halten, vergibt sie keine Developmentfinanzierungen. Denn wir halten vorab zu treffende Markteinschätzungen aufgrund ihrer Komplexität für sehr schwierig.

Das gewerbliche Kreditgeschäft betreibt die Bank in Deutschland, in Westeuropa und in den USA, wobei die Finanzierungen entweder direkt akquiriert oder über Kooperationen mit großen Banken im Wesentlichen als Syndizierungsgeschäft generiert werden. Die Faustregel lautet: Je weiter wir von unserem Heimatmarkt weg sind, desto enger kooperieren wir mit anderen Banken. So wird in den USA kein Direktgeschäft gemacht, sondern seit Jahren mit strategischen Partnern zusammengearbeitet.

Weniger Staatskredite

Staats- und Kommunalfinanzierung betreibt die Bank rein opportunistisch, da in diesen Geschäftsfeldern bei fristenkongruenter Refinanzierung keine auskömmliche Marge erzielt werden kann. Wir wollen kein Geschäftsmodell verfolgen, bei dem Fristentransformation ein wesentlicher Bestandteil ist. Wir glauben nicht, dass man nachhaltig über viele Jahre hinweg den Markt schlagen kann, irgendwann wird man geschlagen. Deshalb vermeidet die Münchener Hyp Fristentransformation und so sinkt sowohl das Volumen im Neugeschäft als auch der Anteil an Staats- und Kommunalfinanzierungen in den Beständen.

Zudem ist die Bank ein international renommiertes Emissionshaus mit einem AAA-Rating. Als eine der letzten Banken konnte sie im Sommer 2008 einen öffentlichen Jumbo-Pfandbrief über eine Milliarde Euro emittieren - und dies sogar mit einem Spread-Abschlag. Mit den Ereignissen um die Hypo Real Estate ist der Pfandbriefmarkt allerdings weitgehend zum Erliegen gekommen. Das hat in den Medien Diskussionen über die Zukunft der Hypothekenbanken befördert. Dabei ist das Geschäftsmodell einer Hypothekenbank einfach und stringent. Deshalb ist es so stabil, deshalb unterliegt es aber in Zeiten wie diesen - wenn der Kapitalmarkt ausgetrocknet ist auch gewissen Risiken bei der Refinanzierung. Banken mit Einlagengeschäft haben hier derzeit einen Vorteil, wobei aktuell aufgrund staatlicher Eingriffe die Gefahr von signifikanten Wettbewerbsverzerrungen besteht.

Im derzeitigen Marktumfeld stehen die Hypothekenbanken in der privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierung vor allem vor fünf Herausforderungen:

- Erstens stagniert die Neubautätigkeit im Wohnbau in Deutschland. Der Fokus verschiebt sich somit auf die Finanzierung von bestehenden Immobilien. Zugleich haben sich der Markt und die

Kunden stark gewandelt. Gerade bei der Prolongation von Darlehen erwarten die Kunden heute keine intensive Beratung mehr. Vielmehr haben sie genaue Vorstellungen von ihrer Anschlussfinanzierung. Der Preis spielt dabei eine wichtige, aber keine ausschließliche Rolle. Tilgungsvarianten oder Aufstockungsvarianten, um nur zwei Beispiele zu nennen, werden immer wichtiger. Sie ermöglichen es den Immobilienfinanzierern, sich im Wettbewerb von anderen Anbietern zu differenzieren.

- Zweitens wird der Immobilienmarkt in Deutschland bestenfalls moderat wachsen. In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage gibt es keine Anzeichen für eine neue Baukonjunktur.

- Drittens ist die Immobilienfinanzierung ein Ankerprodukt für Cross-Selling. Manche Vollbank subventioniert die Immobilienfinanzierung über andere Produkte. Die resultierenden Zinssätze erschweren es uns, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften.

- Viertens haben wir in Deutschland die geringste Nettomarge in Europa. Allein in den letzten vier Jahren ist die Nettomarge um rund ein Drittel zurückgegangen. Manches kann über Effizienzsteigerungen aufgefangen werden, aber auch diese lassen sich nicht unendlich fortführen. Durch die Finanzmarktkrise hat sich zwar der eine oder andere Marktteilnehmer zurückgezogen, die Margensituation hat sich dadurch aber kaum entspannt.

- Fünftens liegen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung die Herausforderungen insbesondere in der starken Differenzierung der Segmente nach Regionen, Produkten und der Risikoneigung der Marktteilnehmer. Das gewerbliche Geschäft war und ist ein volatileres Geschäft, daher wird der langfristige Ertrag stark vom Risiko getrieben. Entscheidend in der gewerblichen Immobilienfinanzierung ist deshalb die richtige Risikoeinschätzung. Aus diesem Grund versucht die Münchener Hyp vor allem die risikoärmeren Segmente zu besetzen und macht überwiegend Erstrangfinanzierungen mit niedrigen Ausläufen, die in hohem Maße über Pfandbriefe refinanziert werden können.

Die Bank benötigt auch einen Teil ungedeckter Refinanzierung, nutzt aber keine Verbriefungsprodukte. Diese sind jedoch ein weiterer wichtiger Bestandteil in der Refinanzierung von Immobilienfinanzierungen und deshalb ist auch zu erwarten, dass die Verbriefungsmärkte wieder aufleben werden, auch wenn dies noch einige Zeit dauern wird. Die Verbriefungen werden dann voraussichtlich konservativere Strukturen aufweisen, die Konkurrenz zum Pfandbrief wird sich aber tendenziell abschwächen.

Die Strategie der Münchener Hyp

Wie werden sich die aktuellen Rahmenbedingungen in der privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierung auf die Hypothekenbanken auswirken? Ist ihre Spezialisierung ein Fluch oder ein Segen? Bei der Münchener Hyp wurde entschieden, eine spezialisierte Bank zu bleiben. Die Kompetenz der Bank liegt in der Immobilienfinanzierung und sie hat nicht vor, andere entfernte Geschäftsfelder hinzuzunehmen. Sie wird sich weiter auf stabile Märkte konzentrieren und hier nicht die Rolle eines Vorreiters einnehmen. Auch wird sie künftig mit relativ geringen Margen, aber mit hoher Effizienz in risikoarmen Segmenten ihr Geschäft machen. Wir wollen keine Vollbank werden und wir planen auch nicht, eine Depotbank zu werden. Die wesentliche Herausforderung liegt darin, die Profitabilität in den Kerngeschäftsfeldern zu steigern. Als spezialisierter Anbieter sieht die Münchener Hyp in der privaten Immobilienfinanzierung deutliche Vorteile. So kann sie hocheffizient Produkte anbieten, die nicht von der Stange sind. Das bietet eine differenzierte, stabile und risikoarme Grundlage, die ihr auch bei der Refinanzierung durch den Pfandbrief zugute kommt.

In der gewerblichen Immobilienfinanzierung wird sie sich weiter auf ausgewählte Märkte konzentrieren. Als eigenständiges mittelständisches Unternehmen hat sie nicht die Voraussetzungen, um in diesem Geschäftsfeld weltweit zu agieren. Ein wichtiges Kriterium ist die Stabilität des Rechtssystems. Alle Regionen, die über stabile Rechtssysteme verfügen, sind grundsätzlich interessant. Und da bestehen in den westeuropäischen und amerikanischen Märkten weiter Chancen für Erstrangfinanzierungen, teilweise auch als Ersatz für CMBS-Strukturen, die durch die Finanzmarktkrise deutlich an Attraktivität verloren haben.

Bei der Refinanzierung setzt die Münchener Hyp auch in Zukunft auf den Pfandbrief. In 112 Jahren Geschichte hat die Bank viele Umbrüche erlebt und bewältigt. Dass sie dies bisher immer geschafft hat, liegt daran, dass sie stets sehr nah an ihrem Geschäftsmodell geblieben ist. Das ist auch in der aktuellen Situation der beste Weg. Das Geschäftsmodell bietet die Chance, Synergien zwischen privater und gewerblicher Immobilienfinanzierung zu nutzen. Dies gilt primär für die Fundingseite, denn rund 60 Prozent der Pfandbriefdeckungsmasse sind private Immobilienfinanzierungen in Deutschland. Das schafft eine hohe Stabilität.

Es ist sicherlich zu früh, das Ende der Finanzmarktkrise zu prognostizieren. Aber es sind Instrumente und Mechanismen geschaffen worden, mit denen sich die schlimmsten Auswirkungen kurzfristig im Griff behalten lassen. Am meisten beschäftigt die Bank jedoch die Krise der Realwirtschaft und ihre Bedeutung für die Immobilienfinanzierung. Hier stehen wir erst am Anfang, denn wir wissen nicht, wie sich die Adressrisiken in einer Rezession entwickeln werden.

Weiterhin gute Zukunftsaussichten

Die Zukunft birgt also eine Reihe von Herausforderungen und Unsicherheiten für die Hypothekenbanken und für die Münchener Hyp. Auf der einen Seite hat sie als reine Pfandbriefbank kaum Differenzierungsvorteile bei der Refinanzierung. Hinzu kommt, dass die Rückkehr der Verbriefungsmärkte sie tendenziell unter Druck setzen wird. Auf der anderen Seite können zusätzliche Spezialisierungsvorteile durch Prozessoptimierungen, Hebung von Kostendegressionspotenzialen, Fokussierung und Differenzierung am Markt auf Basis eines klaren Kompetenzanspruchs und in der gewerblichen Finanzierung durch klare Ausrichtung auf spezifische Teilmärkte, Regionen und Produkte erzielt werden. Als spezialisiertes Institut ist die Münchener Hyp flexibel genug, um Marktchancen auszunutzen. Deshalb werden spezialisierte Hypothekenbanken mit marktrelevanten Kernkompetenzen auch weiterhin gute Zukunftsaussichten haben.

Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors auf der 43. Herbsttagung am 23. Oktober 2008 in Wiesbaden.

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