Kreditverkauf und Forderungsmanagement

"Es gilt, sich von der Assetklassen-Spezialisierung wegzuentwickeln"

Als wir 2004 über die Potenziale des Hypotheken-Processings in Deutschland diskutierten, waren die Erwartungen groß. Und tatsächlich gingen in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts zahlreiche Servicer für Hypothekenkredite an den Start (siehe I&F 24-2004, Seite 830). Heute erleben wir eine Konsolidierung. Ist der Markt schon gereift? Wenn wir heute den Markt definieren, dann meinen wir die Industrialisierung der Produktion von Immobilienfinanzierungen. Der Bedarf an solchen Dienstleistungen ist vorhanden. Insofern war der Markt reif und er bleibt es auch. Das lässt sich auch am Wettbewerb unter den Baufinanzierern ablesen. Anbieter, die ihre Produkte und Prozesse in hohem Maße automatisiert haben, wie zum Beispiel eine ING-Diba, gewinnen Marktanteile. Die industrialisierten Strukturen wachsen stärker und verdrängen damit den Manufakturbetrieb in den Banken. Wir müssen uns die Frage stellen, welche Leistungen, welche Produkte dieser Markt verlangt. Hier hat es in den vergangenen Jahren tatsächlich einen Wandel gegeben. Vor etwa zehn Jahren gab es noch die Vorstellung, dass die Kreditfabrik für alle Kunden einen standardisierten und deshalb optimalen Prozess bereithält. Die Banken müssten ihre Produkte und Prozesse nur noch danach ausrichten und schon würde alles wunschgemäß laufen. Inzwischen hat man aber verstanden, dass diese Voraussetzungen vor allem dort gelten, wo die Kreditfabrik als verlängerte Werkbank genau weiß, was der Kunde will, weil man mit ihm schon lange Zeit zusammenarbeitet. Dies ist im Grunde die Startsituation von internen Prozessoren. Aber wer sich für Drittkunden öffnet, muss sich noch stärker auf das einstellen, was sein potenzieller Auftraggeber braucht. Manche wünschen eine Fabrik; andere möchten nur spezialisierte Leistungen rund um die Baufinanzierung zukaufen. Das können beispielsweise Beratung, Portfoliostrukturierung oder Sicherheitenmanagement sein. Aber auch die klassische Kreditbearbeitung wird nachgefragt, wenn zum Beispiel im Zuge von Vertriebsoffensiven der Antragseingang höher ist als die bankeigenen Kapazitäten in der gegebenen Zeit bewältigen können. Die Prozessoren müssen sich also von einer Fabrik zum Service Provider wandeln. Trotzdem versuchen viele Baufinanzierer die Prozesse vollständig im eigenen Haus darzustellen. Sind diese nicht - vielleicht noch nicht - zu Auslagerungen bereit? Die Banken wollen und müssen zunächst ihre internen Prozesse optimieren. Dazu kann auch die Ausgründung von Unternehmensbereichen und die Öffnung für Dritte gehören. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Leistungen am Markt günstiger einzukaufen sind. Diese Entwicklung ist im Wertpapierbereich und im Zahlungsverkehr schon sehr weit fortgeschritten. In der Baufinanzierung wird es wohl noch eine ganze Weile dauern, bis wir auf demselben Niveau angekommen sind. Denn im Gegensatz zum Zahlungsverkehr und zur Wertpapierabwicklung müssen im Kreditgeschäft viel stärker auch andere Dinge skalierbar gemacht werden als nur die Technik. Was wäre das? Es kommt vor allem darauf an, Fertigkeiten, Qualifikationen - die sogenannten Skills - zu skalieren, indem Spezialisten weiter spezialisiert werden, um Produktivitätsfortschritte zu erreichen. Notwendig ist aber auch, die geforderten Spezialisten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben. Personaleinsatzsteuerung und Flexibilisierung der Arbeitsstrukturen werden die großen Themen der Zukunft sein. Hier kann Technik die Spezialisierung und den Einsatz der Spezialisten unterstützen, sie ist aber kein Selbstläufer. Da wir dies beherrschen, stellen wir auch für Dritte die umfassende Kreditfabrik mit Beratung, Skills und Technik dar, wie wir sie für unsere Anteilseigner von Anfang an waren. Inzwischen gibt es aber auch in unserem Markt neue Wettbewerber, die nicht mit diesem Fabrikansatz, sondern als spezialisierte Lösungsanbieter starteten. Diese kommen übrigens nicht unbedingt aus der Kreditwirtschaft, sondern auch aus anderen Branchen. Lässt sich hinsichtlich der Technik noch etwas optimieren? Bei den Plattformen haben sich SAP-Lösungen am Markt durchgesetzt. Es gibt heute kaum noch einen Immobilienfinanzierer, der mit selbst entwickelten Systemen arbeitet. Die einzige Ausnahme bilden die Bausparkassen. Das Kreditwerk hatte bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall und der DG Hyp wichtige Produktivitätsfortschritte in den privaten Baufinanzierungen erbracht. Bei den genossenschaftlichen Primärbanken vor Ort war die Resonanz deutlich geringer. Woran lag es? Wir unterteilen das Geschäft in drei Bereiche: Erstens sind wir die Kreditfabrik der DZ-Bank-Gruppe und haben neben Bausparprodukten und den Baufinanzierungen auch die Abwicklung des Förderkreditgeschäfts und somit die Bearbeitung gewerblicher Kredite übernommen. Dadurch ist die Fabrik die wesentliche Säule unseres Umsatzes. Zweitens sind wir mit der Hypotheken-Management im Drittmarkt außerhalb des genossenschaftlichen Finanzverbunds unterwegs und zeigen hier, dass es durchaus möglich ist, profitabel zu wachsen. Das dritte Segment sind die Primärbanken. Hier gibt es ebenfalls zahlreiche Interessenten für eine Kreditfabrik. Aber die Institute sind regional verankert und in ihrer gesamten Geschäftspolitik auch so orientiert. Entsprechend schwierig ist es für viele Genossenschaftsbanken vor Ort, ihre Marktfolge in eine weit entfernte, zentrale Einheit zu geben. Diese beiden Kulturen - das Regionalprinzip auf der einen und die Vorteile der Zentralisierung auf der anderen Seite - zusammenzubringen, ist unsere Aufgabe. Die Primärbanken sind bereit, Prozesse zu standardisieren und zu automatisieren. Das haben sie unter anderem mit VR-Process bewiesen. Die Forderung an uns ist, die Industrialisierung im Kreditgeschäft der Volksbanken und Raiffeisenbanken voranzubringen. Neben der zentralen Kreditfabrik ist für viele Primärbanken eine regionale Lösung eine Option. Das heißt konkret? Wir schaffen regionale Service-Center gemeinsam mit und im Auftrag von Volksbanken und Raiffeisenbanken. Damit werden die Primärbanken in die Lage versetzt, ihre Kompetenz und Arbeitsplätze in der Region zu erhalten. Die Bank vor Ort hat dabei unternehmerischen Einfluss und kann auch die interne Organisation nach ihren Bedürfnissen einrichten. Das Kreditwerk stellt je nach Anforderungen der gründenden Banken das technische Know-how und die Beratung. Im Prinzip ist dies ein Franchise-Modell. Derzeit pilotieren wir mit der Volksbank Dreieich ein Regionales Service-Center, bei dem wir die Technik unserer Kreditfabrik im Kleinen nachbilden. Unternehmerisch verantwortlich sind die Volksbanken und Raiffeisenbanken in der Region, vom Kreditwerk werden Organisation, Infrastruktur und Know-how zur Verfügung gestellt. Im Testlauf prüfen und lernen wir, wo die Schwierigkeiten sind, wie die Schnittstellen funktionieren, welche Kommunikation notwendig ist und wie Arbeitsstrukturen gestaltet werden können. Wie wird dieses Modell angenommen? Die positiven Reaktionen von Primärinstituten und Verbänden zeigen uns, dass dieses Konzept den Bedarf trifft. Zur Akzeptanz trägt auch die Tatsache bei, dass sich das Fusionstempo im genossenschaftlichen Finanzverbund verlangsamt hat und dass die Volksbanken und Raiffeisenbanken verstärkt nach neuen Wegen suchen, um in ihrer Region Synergien zu heben und Kompetenzen zu bündeln - dies geschieht beispielsweise auch im Passivgeschäft. Einige Volksbanken und Raiffeisenbanken haben mit der Zentralität weniger Probleme. Wie viele Primärbanken lassen ihre Hypotheken vom Kreditwerk bearbeiten? Im zentralen Outsourcing haben wir neben Schwäbisch Hall, DG Hyp und DZ Bank zwölf weitere Kunden aus dem Genossenschaftsverbund. Um künftig mehr Platzbanken auf Ihre Systeme zu bringen, wurde die Beratung zur internen Prozessoptimierung vor Ort ausgebaut. Wie viele Institute nutzen das Angebot? Wir haben bislang 40 Volksbanken und Raiffeisenbanken für Beratungsmandate gewinnen können. Darf das Kreditwerk mit seinen Leistungen Geld verdienen? Wir haben bei Leistungen im Konzern und im Verbund den Auftrag, Kosten zu reduzieren. Deshalb achten wir bei Aufträgen unserer Eigentümer und der Volksbanken und Raiffeisenbanken darauf, nur kostendeckende Preise zu kalkulieren. Im Drittgeschäft sind wir profitabel. Die DG Hyp ist nicht mehr im Privatkundengeschäft aktiv. Schwäbisch Hall ist eingesprungen. Wie wirkt sich das auf Ihr Haus aus? Seitdem die DG Hyp zum Jahresbeginn das Neugeschäft in der privaten Baufinanzierung einstellte, ist bei uns am Standort Hamburg ein relevanter Teil des Geschäfts entfallen. Trotz dieser veränderten Ausrichtung ist die Hypothekenbank nach wie vor unserer zweitgrößter Kunde. Indem die Bausparkasse Schwäbisch Hall dieses Geschäft jetzt über den Bausparvertrieb hinaus wahrnimmt, ist sie in diesem Bereich ein neuer Kunde des Kreditwerks. Aufgrund des sich bisher abzeichnenden Vertriebserfolgs sind wir gefordert, die nötigen Bearbeitungskapazitäten in Schwäbisch Hall bereitzustellen. Technisch ist das kein Problem. Schwieriger ist es, gute Mitarbeiter in ausreichender Zahl am Standort zu finden. Warum müssen die Immobilienfinanzierungsprodukte der Bausparkasse am Standort Schwäbisch Hall bearbeitet werden? Die Abwicklung der Baufinanzierungsangebote der Bausparkasse erfordert Prozesse und Know-how, die in Schwäbisch Hall bereits vorhanden sind. Dies an anderer Stelle neu aufzubauen, wäre betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Vor vier Jahren hatten Sie noch die Vision, ins Ausland zu expandieren. Was ist daraus geworden? Das Kreditprocessinggeschäft ist primär ein nationales. Das Kreditwerk ist als Processing-Dienstleister deshalb noch nicht im Ausland aktiv. Aber wir verkaufen unsere IT-Systeme erfolgreich an die ausländischen Beteiligungsgesellschaften von Schwäbisch Hall - von Tschechien bis China. Deshalb wollen wir unsere Leistungen künftig auch unabhängig von den Auslandsbeteiligungen der Bausparkasse im Ausland anbieten. Was ist aus den Überlegungen geworden, die Kreditbearbeitung von Deutschland ins Ausland zu verlagern? Auch mit diesem Thema haben wir uns beschäftigt und einen möglichen Transfer durchgerechnet. Dabei sind wir aber zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Auslagerung beispielsweise nach Tschechien nicht lohnt. Denn es gibt bei der grenzüberschreitenden Bearbeitung noch zu viele Hindernisse. Zu nennen ist beispielsweise die europäische Steuergesetzgebung, die erst noch harmonisiert werden müsste. Ohnehin wäre das nur ein Thema für das Drittgeschäft. Mit dem Regionalprinzip der Volksbanken und Raiffeisenbanken wäre die Kreditbearbeitung von einem Servicecenter beispielsweise in Prag nicht vereinbar. Wie konnte und kann das VR Kreditwerk an den Paketverkäufen bei Baufinanzierungen teilhaben? Als Dienstleister bieten wir unseren Kunden die verkaufsgerechte Aufbereitung von Portfolios an. Dabei wird ein Katalog der entsprechenden Vermögenswerte zusammengestellt. Bisher sind dies vor allem gemischte Pakete aus leistungsintakten und -gestörten Krediten gewesen. Hier sehen wir uns als Spezialisten, der für den Verkäufer und den Käufer Transparenz herstellt. Bewerten Sie die Kredite dabei? Wir bewerten nicht, denn damit würde in die Verkaufsverhandlungen eingegriffen. Das Kreditwerk stellt nicht fest, ob es sich um Performing oder Non-performing Loans handelt. Wir bereiten nur die Fakten auf und helfen, den Übergang zu gestalten. Der BVR verkündete, seine Mitglieder würden keine intakten Baufinanzierungen verkaufen. Sind sie davon betroffen? Es sind nur drei Situationen denkbar, bei denen uns ein Verkauf vertragsgemäß bedienter Kredite sinnvoll erscheint. Der Verkäufer muss aus Not und damit unter Wert Bestände veräußern. Der Verkäufer sieht die betreffenden Kredite nicht als strategisch an und möchte sich deshalb von ihnen trennen. Der Verkäufer bewertet die Risiken des betreffenden Portfolios anders als der Käufer. Keiner der drei Gründe für einen Kreditverkauf trifft für Volksbanken und Raiffeisenbanken zu. Folglich ist die Positionierung des BVR nur eine Feststellung der bestehenden Praxis. Die Aufbereitung von zu verkaufenden Hypothekenbeständen ist bei uns ein Leistungsangebot im Drittgeschäft, das bislang auch gut angenommen wurde. Wie sieht in Zukunft erfolgreiches Processing aus? Welche Perspektiven sehen Sie für die Anbieter und den Markt? Künftig werden die Processing-Dienstleister drei Herausforderungen meistern müssen: Erstens kommt es auf die Flexibilität in der Nische an. Das meint, dass den speziellen Kundeninteressen noch besser entsprochen werden muss. Zweitens gilt es, die Interoperabilität zwischen den Marktteilnehmern zu verbessern. Die Frage dabei ist, ob es langfristig gelingen wird, dass der Prozessor gemeinsam mit den Maklern, den Vermittlern, Finanzierern, Bewertern und Grundbuchämtern auf ein integriertes System zugreift. Und drittens gilt es, sich weiter von der Assetklassen-Spezialisierung wegzuentwickeln und sich außer der Immobilie auch anderen Kreditarten wie zum Beispiel Absatzfinanzierung, Konsumentenkrediten, standardisierten Gewerbedarlehen zuzuwenden, um neue Kundengruppen wie zum Beispiel die Autobanken zu erschließen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X