Auslandsmärkte

Globalisierung erzwingt internationale Expansion

Die führenden Facility-Management-Unternehmen (FM) in Deutschland sind in den vergangenen Jahren schnell gewachsen und haben sich überaus positiv entwickelt. Im Geschäftsjahr 2010 ist die Summe der Inlandsumsätze der führenden Facility-Service-Unternehmen auf 15 Milliarden Euro gestiegen. Gegenüber 13,9 Milliarden Euro im Jahr 2009 entspricht dies einem Zuwachs von 8,2 Prozent, heißt es in der Lünen-donk-Studie 2011 "Führende Facility-Service-Unternehmen". Für das Geschäftsjahr 2011 wurde indes nur noch ein Wachstum von sechs Prozent prognostiziert.

Höheres Umsatzwachstum im Ausland

Mit Blick auf die zunehmende Marktkonsolidierung und den damit verbundenen Preisdruck auf dem deutschen Facility-Service-Markt haben die führenden deutschen FM-Unternehmen bereits in den vergangenen Jahren neue Absatzmärkte im Ausland erschlossen. So wichtig ein Auslandsengagement ist, so sehr gilt das auch für den umgekehrten Weg. Unter den führenden Facility- Management-Unternehmen in Deutschland kommt mehr als ein Drittel aus dem europäischen Ausland, vornehmlich aus Frankreich.

Das Geschäftsfeld der führenden deutschen FM-Unternehmen ist längst kein nationaler Markt mehr. Dies wird von der Lünendonk-Studie eindrucksvoll belegt: Deutlich mehr als die Hälfte aller führenden FM-Dienstleister in Deutschland ist demnach im Ausland präsent. Seit Jahren wächst ihr Auslandsumsatz - allein im Jahr 2010 um 11,8 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Mit einem Plus von 8,2 Prozent liegt der Inlandsumsatz damit unter der prozentualen Zunahme des Auslandsumsatzes, das heißt, die befragte international tätige Facility-Service-Branche wächst im Ausland stärker als im Inland.

Bei ihren Auslandsaktivitäten bevorzugen die deutschen FM-Dienstleister verwandte Märkte in Europa mit einem gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum sowie die geografische und kulturelle Nähe, was die Steuerung und Qualitätssicherung stark vereinfache. Interessant sind politisch stabile Märkte, in denen ausreichend Fachkräfte vorhanden sind und ein entsprechend großes Wachstumspotenzial vermutet wird.

Dazu zählen vor allem Österreich und die Schweiz, aber ebenso die Beneluxländer sowie die Länder Skandinaviens. Hier gelten für den Gebäudebetrieb ähnliche nationale Vorschriften, Richtlinien und vergleichbare Akquisitionsprozesse wie in Deutschland. Auch ist die Wettbewerbssituation mit der heimischen vergleichbar. In diesen bereits stark entwickelten Märkten sind die Markteintrittsbarrieren entsprechend hoch.

Doch selbst in verwandten Regionen und Wirtschaftsräumen werden die Erwartungen der Corporates von den Dienstleistern nur partiell erfüllt, so das Ergebnis einer aktuellen Euwid-Studie zu internationalen Facility-Management-Strategien. Was die Entwicklung der FM-Märkte betrifft, zeigt sich in Europa ein Nord-Süd-Gefälle. Während die nordischen Staaten hoch entwickelt in FM-Vergabemodellen sind, bleiben die südosteuropäischen Märkte "stark fragmentiert".

Eher noch im Aufbruch befinden sich die Märkte in Polen, der Türkei und Russland. In diesen Ländern ist die Bedeutung der Dienstleistungen gemessen am Bruttosozialprodukt noch verhältnismäßig gering. Zudem wird das Gebäudemanagement meist inhouse erbracht; das heißt der Outsourcing-Grad, die organisatorische Verlagerung der Dienstleistungen auf externe Dritte, ist noch relativ niedrig. Zwar ist der Know-how-Transfer in diese Märkte relativ hoch, doch gibt es vor allem in der Türkei sehr viele gut ausgebildete FM-Dienstleister und vornehmlich angelsächsisch geprägte Immobilienmanager mit langjähriger internationaler Erfahrung.

Expansionsstrategie der RGM

Die RGM Gruppe ist in ausgewählten Märkten Europas präsent und konzentriert sich dabei

- auf Länder mit einem hohem "Verwandtschaftsgrad" - mit ähnlichen Marktstandards, Gesetzen und vergleichbaren Nutzererwartungen,

- auf sogenannte Emerging Markets, die hohes Wachstumspotenzial und attraktive Renditen versprechen, sowie

- auf Länder, die exakt zur Strategie der RGM passen.

So hat das Unternehmen 2010 zusammen mit der türkischen Nurol Holding Inc., Istanbul, das Joint Venture RGM Turkey A. S. gegründet, welches mit Niederlassungen in Istanbul und Ankara die Kunden schwerpunktmäßig im Bereich Büroimmobilien vor Ort betreut. Ein Jahr später wurden über die 100-prozentige spanische Beteiligungsgesellschaft RGM Spain S. L. die Mehrheitsanteile (80 Prozent) an der spanischen Grupo Gestión Global (GGG) mit Niederlassungen in Madrid und Sevilla erworben.

Zum Jahreswechsel 2011/2012 gelang der Einstieg in den Schweizer Markt. Mit der neu gegründeten RGM Facility Management Schweiz AG, Bern, wurde im Zuge einer Ausgründung der Geschäftsbereich Facility Management Services von der Ascom (Schweiz) AG, Bern-Bümpliz, mit insgesamt 38 Mitarbeitern übernommen. In der Schweiz bewirtschaftet die RGM Büro- und Lagerflächen mit einer hohen Eigenleistungsquote. Um ganzheitliches FM offerieren zu können, kooperiert das Unternehmen im Bereich des infrastrukturellen FM vor Ort mit externen Partnern.

Auch künftig will die RGM Gruppe im Ausland wachsen; mittelfristig sind Übernahmen kleinerer und mittelgroßer Unternehmen in den CEE-Regionen (Central and Eastern Europe) geplant. Insgesamt beschäftigt der Konzern im Ausland 120 Mitarbeiter, die eine Bruttogeschossfläche von mehr als 500000 Quadratmetern betreuen. Bei allen Transaktionen wurde das lokale operative Management beibehalten. Dies ist eine Voraussetzung für die Kontinuität des Geschäfts. Die Steuerung erfolgt durch die Muttergesellschaft über einen Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat.

Doch was spricht für einen Schritt ins Ausland? Welche Formen der Internationalisierung gibt es? Welche Kriterien gelten bei der Auswahl eines Landes? Mit Blick auf den fortschreitenden Konzentrationsprozess und Margenverfall begleitet von langfristig sinkenden Renditen auf dem deutschen Markt - ist es zunehmend wichtig, neue Absatzmärkte zu schaffen und sich international breit aufzustellen. Der Einstieg in ausgewählte Auslandsmärkte entspricht aber auch dem Wunsch der international agierenden Kunden, sie ins Ausland zu begleiten und ihnen ein Dienstleistungsspektrum über Deutschland hinaus anzubieten.

Kooperation mit lokalen Partnern

Die größten Anreize einer Internationalisierung für ein FM-Unternehmen sind die höhere Wettbewerbsfähigkeit, die Gewinnung zusätzlicher Marktanteile und eine kontinuierliche Steigerung des Umsatzes. Weiteres Ziel ist es, mit Hilfe der Auslandsaktivitäten die Ertragskraft und den Unternehmenswert zu steigern. Um dies verwirklichen zu können, gilt es, Kosten- und Know-how-Vorteile gegenüber dem Wettbewerb im Zielland zu gewinnen. Dies gelingt durch hohes Prozess-Know-how, ausgereifte IT-Systeme sowie qualifiziertes Personal, welches den Servicetransfer herstellt. Ein Unternehmen, das sich erfolgreich im Inland positioniert hat, sollte seine Kernkompetenz auch effizient im Ausland nutzen.

Beim Einstieg in einen fremden Markt gibt es indes auch Schwierigkeiten und Herausforderungen. Ein erhöhter Administrations- und Kommunikationsaufwand, interkulturelle Missverständnisse, infrastrukturelle Defizite, aber auch mangelnde Termintreue und Arbeitsqualität können die Vorteile eines Auslandsengagements schmälern.

Gebäudemanager brauchen für ein erfolgreiches Engagement im Ausland eine "kritische Größe". Diese lässt sich durch eigenes Wachstum nur bedingt erreichen. Da es unwirtschaftlich ist, im Ausland eine eigene, voll funktionsfähige operative Auslandsabteilung mit Stabstellen aufzubauen, sollte jeder Gebäudemanager, für den sich die "Diversifizierungsfrage" stellt, einen kompetenten lokalen Partner mit qualifizierten Mitarbeitern und überzeugenden Perfor-mance-Faktoren wie Produktivität und Prozessqualität suchen.

Dafür stehen ihm grundsätzlich mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: Lizenzvergabe, Kooperation, Fusion, Joint Venture, Aufkauf oder Beteiligung von/an ausländischen Unternehmen sowie Gründung von Repräsentanzen und Niederlassungen. Für all diese Möglichkeiten gilt: Die Wahl und Güte des Servicepartners im Ausland ist entscheidend für die weitere Marktdurchdringung und die Qualität der Dienstleistungen.

Wurde ein geeigneter Partner gefunden, sollte das operative Auslandsgeschäft im ersten Schritt einem erfahrenen Manager aus den eigenen Reihen übertragen werden, der den Know-how-Transfer überwacht und die Bewirtschaftung von komplexen Immobilien und Liegenschaften durch das lokale Management begleitet. Dazu gehören, neben den Abwicklungsprozessen, auch die Vorbereitung auf erfolgreiche Zertifizierungen sowie das kalkulatorische Know-how zur wirtschaftlichen Abbildung von Aufträgen.

Der Aufbau einer eigenen Fachabteilung findet also nur bedingt statt. Der heimische FM-Dienstleister stützt sich vielmehr auf den Partner vor Ort und auf die fakultative Bereitstellung von Mitarbeitern im Ausland. Wichtigstes Ziel ist es, gemeinsam mit dem ausländischen Partner den gleichen Service anbieten zu können wie die Muttergesellschaft.

Fritz-Klaus Lange , Vorsitzender des Vorstandes, Gegenbauer Holding SE & Co. KG, Berlin
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