Schwerpunkt: Nachhaltigkeit

Häufig unterschätzt - die Bedeutung der Nutzungsphase

Kein anderer Begriff hat die Immobilienbranche in den letzten Jahren so geprägt wie Nachhaltigkeit. Dennoch existieren mitunter erhebliche Wissenslücken und Anwendungsdefizite in diesem Bereich.

So hat sich beispielsweise die Erkenntnis noch nicht durchgesetzt, dass die Sicherstellung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit von Gebäuden über die gesamte Lebensphase von Immobilien erfolgen muss - also über die Phasen Planung, Bau und Nutzung. Die Nutzungsphase wird dabei am meisten unterschätzt.

Den größten Einfluss auf die Nachhaltigkeit in der Betriebsphase hat das Facility Management (FM). Denn der Facility Manager ist für die laufende Bewirtschaftung der Gebäude zuständig. Ähnlich wie bei der Beurteilung des Gebäudes selbst muss also auch das FM auf seine Nachhaltigkeit geprüft werden. Hierfür werden klar definierte Vorgaben benötigt, die nachhaltige Dienstleistungen messbar machen - und dies nicht nur bezogen auf gebäuderelevante Kennzahlen, sondern auch auf die Arbeitsweise des Facility Managers. Bislang wird die Nachhaltigkeit des FM aber nur zum Teil überprüft.

Verringerung des Energieverbrauchs

Nachhaltige Dienstleistungen müssen vor allem Kosten, Verbräuche und Auswirkungen auf Mensch und Umwelt reduzieren. Im Rahmen eines nachhaltigen FM sollte unter anderem die Optimierung der Energieströme und der Energiegewinnung im Fokus stehen. Alle Verbrauchswerte des bewirtschafteten Gebäudes beispielsweise für Heizung, Warmwasser, Beleuchtung oder Strom müssen vom Facility Manager unter die Lupe genommen und verbessert werden.

Durch das Bereitstellen eines Energiemanagementsystems können bestimmte Energieströme erkannt und an die jeweiligen Bedingungen angepasst werden, zum Beispiel durch den Ausgleich von Lastspitzen. In Verbindung mit der Nutzung einer modernen Gebäudeautomation kann die weitere thermodynamische Optimierung von Gebäuden hinsichtlich ihrer Energieverbrauchswerte erreicht werden. Zur energetischen Verbesserung zählt zum Beispiel auch die Wartung der Heizungsanlagen. Bereits eine Druckanpassung in der Heizungsanlage kann zu Energieeinsparungen von über einem Drittel führen - und das ohne bauliche Maßnahmen.

Generell sollte ein nachhaltiges FM reduzierte Verbrauchswerte, einen erhöhten Einsatz erneuerbarer Energien und einen verstärkten Einsatz umweltverträglicher Wärmeerzeugungsmethoden zum Ziel haben. Auch die Nutzung von Betriebs-, Hilfs- und Baustoffen muss den Anforderungen der Nachhaltigkeit genügen. Defizite gibt es hier vor allem noch in Bezug auf infrastrukturelle Leistungen wie Gebäudesicherheit oder Reinigung. In der Gebäudereinigung werden beispielsweise noch zu oft biologisch nicht abbaubare chemische Reiniger eingesetzt und bei elektrischen Reinigungsgeräten wird zu selten auf deren Stromverbrauch geachtet. Auch bei Wachdiensten kommen häufig Fahrzeuge mit CO[2]-intensiven Verbrennungsmotoren zum Einsatz, obwohl es bereits erste Pilotprojekte mit Elektrofahrzeugen für die Gebäudesicherung gibt.

Verantwortung für besseren Unternehmenserfolg

Neben den Energieverbräuchen sollte nachhaltiges FM für eine erhöhte Wirtschaftlichkeit des Unternehmens sorgen. Beispielsweise zählt die Senkung der Kosten für die Gebäudekonstruktion und -ausstattung sowie für den laufenden Betrieb von Gebäuden und technischen Anlagen zu den Aufgaben des Facility Managers. Wichtig ist, dass seine Leistungen und Prozesse an die Anforderung und das Betriebsmodell des Kunden angepasst sind. Die Ansprüche an das FM sind je nach Nutzungsart unterschiedlich. Es kann hier grob zwischen industriellen, gewerblichen, medizinischen, öffentlichen und privaten Immobilien unterschieden werden. Je besser die Prozesse und Leistungen an die jeweilige Nutzung angepasst sind, desto besser kann der Betreiberverantwortung nachgegangen werden. Dass hiervon auch der Unternehmenserfolg abhängt, belegt eine Studie der Strabag Property and Facility Services und der Technischen Universität Darmstadt: Die Arbeitsproduktivität könne durch ein Immobilienmanagement, das die immobiliaren Betriebsmittel effektiv und effizient bereitstellt, um rund 13 Prozent gesteigert werden.

Um die Produktivität zu steigern und gleichzeitig einen nachhaltigen Betrieb des Gebäudes zu ermöglichen, muss dem Dienstleister jedoch so viel Verantwortung wie möglich übertragen werden. Er sollte weitgehende Verantwortung für den Gesamtbetrieb der Liegenschaft beziehungsweise des Portfolios tragen und darüber hinaus auch Budgetverantwortung erhalten. Nur wenn alle Leistungsbereiche in seiner Hand liegen, kann er auch auf alle Wechselwirkungen zwischen den Prozessen reagieren. Denn im Sinne der Nachhaltigkeit müssen die Teilprozesse nicht einzeln betrachtet, sondern im Zusammenhang verstanden werden.

Für die Erfüllung der Nachhaltigkeitsstandards wird der Facility Manager zunächst konzeptionelle Überlegungen tätigen. An diesem Konzept werden die operativen Maßnahmen ausgerichtet. Zur Planung zählen Konzepte zur Bewirtschaftung, Energieversorgung, Wassernutzung, zum Einkauf, Qualitätsmanagement, Umweltschutzmanagement, Abfallmanagement sowie zur Messung, Dokumentation und Prüfung von Daten.

Darauf aufbauend sollte ein ständiger Soll-Ist-Abgleich aller energetischen Werte und aller Kostenkennwerte erfolgen. So können Tendenzen festgestellt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Zu den operativen Maßnahmen zählt außerdem die Sicherstellung der Behaglichkeit, die Anpassung der technischen Bewirtschaftung an die Nutzungsbedingungen, die Erhöhung der Servicequalität und des Bewusstseins dafür im Unternehmen.

Hinzu kommt der Faktor Zeit, der auch einen erheblichen Einfluss auf die Nachhaltigkeit von FM-Dienstleistungen nehmen kann. Dienstleistungsverträge müssten langfristiger angelegt sein, da zum Beispiel bei einer Vertragsdauer von zirka fünf Jahren keine große Steigerung der nachhaltigen Wirkung zu erwarten ist. Wichtig ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Dienstleister, um dem beidseitigen Interesse an Nachhaltigkeit entgegenzukommen.

Das Problem der Messbarkeit

Selbst wenn definiert wurde, was einen nachhaltigen Facility Manager ausmacht, fehlt es noch an allgemein gültigen Bewertungssystemen. Es existieren zwar Bewertungsmaßstäbe wie LEED oder DGNB, mit denen die Nachhaltigkeit der Gebäude selbst messbar gemacht werden kann. Aber auch diese räumen der Nutzungsphase eine untergeordnete Bedeutung ein und messen hauptsächlich nur den Ist-Zustand einer Immobilie zum Zeitpunkt der Zertifizierung. Außerdem ignorieren sie die Tatsache, dass auch die eigentlichen Handlungen beziehungsweise Dienstleistungen des Facility Managers nachhaltig sein sollten. Denn bestimmte Dienstleistungen des Facility Managers beeinflussen zwar einige Nachhaltigkeitskriterien der Zertifizierungssysteme, sie werden aber nicht direkt gemessen.

Zum Beispiel bewertet das DGNB-Zertifikat den Frischwasserverbrauch während der Nutzungsphase, der Wasserverbrauchswert kann aber auch durch die Nutzung von Regenwasser oder optimierte Reinigungsintervalle positiv durch das FM beeinflusst werden. Es muss daher ein Bewertungsstandard gefunden werden, der auch diese untergeordneten Handlungen des Facility Managers berücksichtigt.

Wenngleich die Kriterien von LEED und DGNB nur bedingt für ein Bewertungssystem eines nachhaltigen FM verwendbar sind, liefern sie dennoch gute Anhaltspunkte und können als Basis für ein eigenes Indikatorensystem verwendet werden. Insgesamt lassen sich so vier verschiedene Arten von Indikatoren identifizieren, die durch nachhaltige FM-Dienstleistungen positiv beeinflusst werden können: konzeptionelle Indikatoren, Verbrauchsindikatoren, Zustandsindikatoren und sonstige Indikatoren. Die Indikatoren geben Aufschluss darüber, welche Leistungen durch den Facility Manager erbracht werden müssen, um den geplanten Nachhaltigkeitsstatus des Gebäudes zu erreichen beziehungsweise zu halten.

Die konzeptionellen Kriterien beschreiben die Anforderungen an die Planung und Herangehensweise von Prozessen. Mithilfe der Verbrauchs- oder auch Kostenindikatoren können Aussagen über die Qualität der Bewirtschaftung hinsichtlich der Umsetzung der zuvor erstellten Konzepte getroffen werden. Mit den Zustandsindikatoren wird die momentane Qualität der Bewirtschaftung gemessen. Die regelmäßige Messung der Kriterien ermöglicht es, rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Nachhaltigkeit im FM ist ein wesentlich kleinteiligeres Thema, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Die erarbeiteten Maßnahmen, die zu einem nachhaltigeren FM beitragen können, liefern aber gute Anhaltspunkte für eine Definition von nachhaltigen Dienstleistungen. Der nächste Schritt wird es sein, auf Basis des vorgestellten Indikatorensystems einen branchenweit gültigen Standard zu implementieren, um die Qualität nachhaltiger Dienstleistungen messbar zu machen.

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