Pro und Kontra

Hat die Immobilien-Aktie in Deutschland eine Zukunft?

PRO

Abgrenzung als Chance

Die "Immobilien-Aktie" ist in Deutschland - noch - für viele ein etwas unklarer Begriff. Generelle Aussagen zu dieser Anlageform sind sehr schwierig, weil unter dem Begriff sehr viele verschiedene Unternehmen subsumiert werden, die im Grunde genommen lediglich eines gemein haben, dass sie nämlich "irgendetwas" mit Immobilien zu tun haben und an der Börse notiert sind. Darunter befanden sich in den vergangenen Jahren Immobilienhändler, Vertriebe für steuersparende Kapitalanlagen, Portfoliohändler, Dienstleister, Fondsinitiatoren, Projektentwickler und Bestandshalter. Die Geschäftsmodelle sind so unterschiedlich, dass es eigentlich nicht sinnvoll ist, all diese Unternehmungen unter einem Begriff zusammenzufassen. Wenn in diesem Plädoyer für die "Immobilien-Aktie" dieser Begriff verwendet wird, meint er ein Unternehmen, das den überwiegenden Teil des Ertrages mit der Bewirtschaftung von Immobilien verdient. Die Basis ist in diesem Fall ein Bestand an eigenen Immobilien.

Immobilien-Aktien richten sich an zwei Anlegergruppen - nämlich sowohl an private wie auch an institutionelle Investoren. Das unterscheidet sie von zahlreichen Fondskonstrukten, die sich meist nur an eine dieser beiden Anlegergruppen richten. Immobilien-Spezialfonds etwa sind nur für institutionelle Investoren konzipiert, und hier wiederum sind sie im Wesentlichen nur für deutsche Investoren attraktiv. Geschlossene Immo-bilien-Publikumsfonds werden von deutschen Privatanlegern gezeichnet, institutionelle Investoren beteiligen sich hieran nur ausnahmsweise.

Der deutsche Immobilienmarkt gewinnt wieder zunehmend an Attraktivität für ausländische Anleger, und diese suchen ein Vehikel, das sie aus ihren eigenen Ländern kennen. Vor allem soll die Immobilienanlage fungibel sein. Gerade aufgrund schlechter Erfahrungen, die Investoren in den vergangenen Jahren mit manchen institutionellen Fonds gesammelt haben, bevorzugen sie eine Anlageform, bei welcher sie ihr Engagement jederzeit wieder beenden können. Das heißt nicht, dass diese Anleger kurzfristig orientiert sind. Im Gegenteil. Je geringer die Austrittsbarrieren sind, umso zweitrangiger erscheinen Gedanken um einen Ausstieg. Allerdings erwarten die Investoren eine klare Fokussierung des Unternehmens. Denn die Mischung - nach regionalen Gesichtspunkten oder nach Nutzungsarten - wollen die Investoren selbst vornehmen. Die Kompetenzzuschreibung ist umso höher, je stärker sich das Unternehmen auf einen bestimmten Immobilientyp und auf eine bestimmte Region konzentriert.

Die Immobilien-Aktie, die in anderen Ländern die übliche Form der indirekten Immobilienanlage ist, hat in Deutschland ja nur deshalb ein Schattendasein gefristet, weil die Konkurrenz durch Offene und Geschlossene Immobilienfonds so stark war. Bei diesen Formen der Anlagen schätzten Anleger die - im Vergleich zur Aktie - geringeren Schwankungen der Anteilswerte.

Dazu ein Gedankenexperiment: Würde eine Aktie nur einmal im Jahr bewertet (wie bislang bei Offenen Immobilienfonds) oder überhaupt nicht (wie bislang bei Geschlossenen Fonds), dann schiene sie auch "stabil". In Wahrheit unterliegen natürlich die Immobilien, ob sie nun als Offener oder Geschlossener Fonds oder als Aktie verpackt sind, keineswegs unterschiedlich starken Wertschwankungen. Lediglich die Sichtbarkeit der Volatilität ist unterschiedlich, nicht jedoch die Volatilität an sich.

Diese Zusammenhänge werden immer mehr Investoren bewusst, und so spricht vieles dafür, dass auch in Deutschland die Immobilien-Aktie bald jenen Stellenwert gewinnen wird, den sie in fast allen anderen Ländern längst hat.

Der Autor Thomas Zinnöcker

Vorsitzender des Vorstands, GSW Immobilien AG, Berlin, und Vizepräsident, ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e. V., Berlin

KONTRA

Nur ein Nischenprodukt

Befürworter der Immobilien-Aktie verweisen darauf, dass diese in anderen Ländern die übliche Form der indirekten Immobilienanlage ist. Das liegt jedoch nur daran, dass man in vielen dieser Länder kaum andere Formen der indirekten Immobilienanlage für private und institutionelle Investoren kannte. In Deutschland existieren seit vielen Jahrzehnten alle drei Produkte nebeneinander und stehen im Wettbewerb: Offene Immobilienfonds, Geschlossene Immobilienfonds und Immobilien-Aktien. Klarer Sieger, was die Attraktivität sowohl für institutionelle wie auch für private Investoren anlangt, waren jedoch die Fonds.

Es mag sein, dass sich das Gewicht zwischen Offenen Immobilienfonds und Immobilien-Aktien verschiebt: Beide richten sich an die gleiche Zielgruppe, nämlich an Investoren, für die die Möglichkeit einer kurzfristigen Liquidation ihres Engagements wichtig ist. Bekanntlich hatte ja gerade die Möglichkeit zur täglichen Rückgabe der Anteilscheine den besonderen Charme und die Attraktivität der Offenen Fonds ausgemacht - war jedoch auch die Ursache für die Krise, in der sie sich nun seit Jahren befinden.

Man sollte den Anlegern nichts vormachen: Immobilienanlagen sind meist langfristiger Natur. Dies gilt zumindest für die Bestandshaltung. Schon beim Erwerb einer Immobilie fallen nicht unerhebliche Transaktionskosten an, die zunächst einmal durch eine positive Wertentwicklung kompensiert werden müssen, was in der Regel einige Jahre dauert. Anders verhält es sich mit Immo-bilien-Projektentwicklungen, die mit einem kürzeren Zeithorizont von nur wenigen Jahren rechnen. Dafür sind beispielsweise Projektentwicklungsfonds ein attraktives Vehikel.

Wenn wir jedoch von der Immobilien-Bestandshaltung sprechen, so sollten nur jene Anleger angesprochen werden, die einen längerfristigen Anlagehorizont haben. Die Offenen Immobilienfonds müssen sich dieser Realität jetzt auch stellen, indem zumindest bei der Erstanlage eine längere Haltefrist Pflicht ist und nur bis zu einem bestimmten Betrag Gelder jederzeit wieder abgezogen werden können. Bei Immobilien-Aktien wird als größter Vorteil die jederzeitige Liquidierbarkeit herausgestellt. Diese ist jedoch, wenn sich die Anlage unbefriedigend entwickelt, nur zu dem Preis hoher Kursverluste möglich. Auch bei einem Geschlossenen Fonds ist der vorzeitige "Ausstieg" ja oftmals keineswegs unmöglich, sofern der Anleger Kursabschläge am Zweitmarkt zu akzeptieren bereit ist.

Sowohl private wie auch institutionelle Investoren mischen ihre Anlagen unter verschiedenen Gesichtspunkten: Ein Teil des Portfolios darf höheren Schwankungen unterliegen, ein anderer Teil soll stabiler sein. Bei Aktienanlagen akzeptieren die Anleger die höhere Volatilität. Wer in Immobilien investiert, sucht jedoch in der Regel ein schwankungsärmeres Investment, das in der Lage ist, das Gesamtportfolio zu stabilisieren. Genau dies kann die Immobilien-Aktie nicht. Auch wenn ihre Volatilität möglicherweise etwas geringer sein sollte als bei anderen Aktien, muss sich der Anleger jedoch darüber bewusst sein, dass die Immobilien-Aktie immer schwankungsanfälliger ist als andere Formen der indirekten Immobilienanlage. Und dies liegt nicht - wie häufig von Verfechtern der Immobilien-Aktie behauptet - lediglich daran, dass die Volatilität wegen der täglichen Bewertung der Aktie eher sichtbar ist, sondern es liegt daran, dass zusätzlich zu dem Auf und Ab der Immobilienmärkte auch noch die Launen der Börse hinzukommen.

Deshalb geschieht es bei Immobilien-Aktien häufiger, dass sich ihr Wert um zehn Prozent, 20 Prozent oder mehr verändert, obwohl sich weder an der Vermietungssituation der Immobilien noch am Immobilienmarkt viel geändert hätte. Möglicherweise sind Immobilien-Aktien zu einem bestimmten Zeitpunkt einfach in Mode, zu einem anderen Zeitpunkt werden sie gemieden - oder aber die allgemeine Börsenverfassung ist eher optimistisch oder pessimistisch. Die doppelte Abhängigkeit der Immobilien-Aktie sowohl von den Entwicklungen des Immobilienmarktes wie auch von jenen des Kapitalmarktes ist auf jeden Fall aus Sicht jener Anleger, die vor allem die stabilisierende Funktion der Immobilie für ihr Portfolio schätzen, ein Nachteil.

Die Autorin Angelika Kunath

Geschäftsführerin, FHH Fondshaus Hamburg Gesellschaft für Unternehmensbeteiligungen mbH & Co. KG, Hamburg

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