Messeausgabe 2007

Immobilienmarkt Deutschland quo vadis?

Dass Immobilienmärkte zyklisch verlaufen, hat die Branche spätestens mit dem Einbruch im Jahr 2001 erfahren. Inzwischen ist der deutsche Immobilienmarkt wieder gut in Fahrt gekommen und boomt wie lange nicht mehr. Ob dies so bleibt, ist gerade heute eine viel diskutierte Frage. Um sie zu beantworten, muss man die Entwicklung des Marktes seit Anfang diese Jahrzehnts analysieren.

2001 ging plötzlich gar nichts mehr

Bereits im Jahre 2000 zeichnete sich das Ende eines wirtschaftlichen Hochs ab, welches die Preise und Renditen für Gewerbeflächen in Deutschland auf ein beachtliches Niveau getrieben hatte. Die dramatischen Ereignisse im September 2001 waren dann nur noch der Auslöser für einen fast schlagartigen Zusammenbruch der Nachfrage nach Immobilien.

Ein eiserner Sparzwang hatte in deutschen Unternehmen die Lust auf Expansion abgelöst. Neue Flächen wurden nur noch angemietet, wenn sie extrem günstig waren und es war plötzlich gar keine Frage, auch aus den Innenstädten in die Peripherie zu ziehen. Flächenreduktion und Optimierung führten gleichzeitig zur Freisetzung nicht genutzter Räume in beachtlicher Größenordnung. Ein neues Marktsegment entstand: der Untervermietungsmarkt.

Frankfurt war ohne Zweifel der am stärksten betroffene Markt. So setzte allein ein einziger Frankfurter Bankkonzern in den Jahren 2003 und 2004 rund 150 000 Quadratmeter Bürofläche frei. Gut zwei Millionen Quadratmeter Leerstand kamen so in der Bankenmetropole zusammen. Wenn sich, wie in Frankfurt, gleich etliche Unternehmen einer Branche konzentrieren, die durchweg einen starken Personalabbau betreiben, dann sind die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt besonders gravierend.

Diese Auswirkungen waren, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, in ganz Deutschland abzulesen. Die Leerstandsraten für Gewerbeflächen stiegen dramatisch. Preise verfielen bis weit unter die Schmerzgrenze der Eigentümer. Das gestiegene Risiko schreckte Investoren eher ab und die Entwicklung neuer Projekte wurde konsequent auf Eis gelegt. In der Folge sanken auch die Renditen erheblich. Institutionelle Eigentümer in Deutschland suchten eine Risikodiversifizierung mit Investitionen im Ausland. Die Bereinigung ihrer Deutschlandportfolios erwies sich jedoch als äußerst schwierig, weil die in den Büchern stehenden Werte durch Verkäufe kaum erreicht werden konnten.

Gute Zeiten für Opportunisten

Lediglich der Mieter schien der Gewinner. Er war plötzlich der Beherrscher des Marktes. Er konnte jetzt in vorher kaum bezahlbare Lagen ziehen, die Preise diktieren und jede Menge Vergünstigungen aushandeln. Aber er blieb rar.

Noch Ende 2004 schien nur wenig Besserung in Sicht. Die ersten ausländischen Investoren, die den deutschen Markt sondierten, wurden mit großer Skepsis betrachtet. Sie stützten ihr Interesse auf vier einfache Argumente:

- Deutschland hat die Talsohle der wirtschaftlichen Entwicklung überschritten.

- Das Zinsniveau bietet die beste Basis für Investitionen.

- Deutsche Immobilien sind erheblich unterbewertet.

- Das Management der Immobilien unterliegt in Deutschland der Lethargie.

Die Entdeckung der Wohnimmobilie

Sie sollten Recht behalten. Ihr größtes Interesse fanden zunächst deutsche Wohnungen. Ein Marktsegment, welches bis dahin von großen Investoren in Deutschland wenig beachtet wurde. Dabei bot es gerade zu dieser Zeit gegenüber dem noch schwachen Gewerbemarkt entscheidende Vorteile. Ein relativ geringer Leerstand sorgte für einen stabilen Geldfluss, die Bruttoanfangsrenditen (Miete zu Kaufpreis) reichten bis zu sagenhaften zehn Prozent und die Preise lagen auf einem im europäischen Vergleich lächerlichen Niveau. Beste Voraussetzungen für einen opportunistischen Einstieg also.

Der wurde in bis dahin ungewohntem Maße praktiziert. Unter Ausnutzung der günstigen Finanzierungsbedingungen wurden Milliarden in deutsche Wohnungen investiert. In der Folge stiegen die Preise deutlich an. Die Renditen sanken gleichzeitig erheblich.

Der nachfolgende Einstieg in den Gewerbemarkt war dann nur folgerichtig. Nicht nur, weil die Renditen am Wohnimmobiliemarkt durch die enorme Nachfrage stark gesunken sind. Die deutsche Wirtschaft hatte sich spürbar erholt. Flächenexpansion war wieder ein Thema geworden. Unternehmen wollen zurück von der Peripherie in bessere Lagen und in Flächen mit deutlich höherer Qualität. Angesichts der eher moderaten Preise für Gewerbeimmobilien boten sich hier gute Voraussetzungen für entsprechende

Investments. Und diese zielten nicht nur auf klassische Büroimmobilien, sondern auch auf Spezialimmobilien, wie Hotels und Logistikzentren.

Dass die Investitionen in Gewerbeimmobilien im Jahre 2006 bereits ein Volumen von über 30 Milliarden erreichten, war nicht zuletzt der Bereitschaft in- und ausländischer Kreditinstitute zu verdanken, gigantische Investitionen bis weit über die üblichen Beleihungswerte zu finanzieren. Der weltweit herrschende Anlagedruck eröffnete ihnen die Möglichkeit, Forderungen relativ risikolos an Anleger weiterzugeben. Ein Modell, dass allerdings nur so lange funktioniert, wie die Zinsen auf einem moderaten Niveau bleiben.

Auch im Gewerbemarkt entwickelten sich in der Folge wachsender Investitionen die Preise spürbar nach oben, während die Renditen erheblich sanken. Dies ist aber insofern gut zu verkraften, als dass die Risiken der Investments aufgrund höherer Flächenabsorptionen und gesunkener Leerstände deutlich zurückgehen. Projektentwicklungen sind aufgrund erster Flächenverknappungen in bestimmten Segmenten wieder gefragt.

Nachfrage nach Gewerbeflächen steigt

Betrachtet man die Marktentwicklung der deutschen Bürohochburgen heute, so unterliegen sie nach wie vor dem gleichen Wachstumstrend. Der Flächenabsatz steigt schrittweise, auch wenn er das Niveau vom Ende der neunziger Jahre noch nicht erreicht hat. Mit der zunehmenden Verknappung qualitativ hochwertiger Flächen in Bestlagen steigen die Mietpreise spürbar an.

- Die Finanz- und Dienstleistungsmetropole Frankfurt ist der größte Büroimmobilienmarkt in Deutschland. Die Spitzenmiete in Toplagen liegt derzeit bei 36 Euro pro Quadratmeter und hat den Höchstwert von 2001 noch nicht wieder erreicht. Die Leerstandsquote zeigt nach einem jahrelangen Anstieg seit 2005 eine rückläufige Entwicklung.

- Der Münchener Büroimmobilienmarkt ist aktuell der umsatzstärkste in Deutschland. Mit rund 670 000 Quadratmeter neu vermieteter Flächen im Jahr 2006 konnte auch erstmals wieder an die Umsatzzahlen zu Beginn des Jahrhunderts angeknüpft werden. Zeitgleich weist die Leerstandsquote eine sinkende Tendenz auf.

- Auch der Büroimmobilienmarkt in Düsseldorf entwickelt sich wieder positiv. Durch eine wachsende Flächennachfrage konnten im Jahr 2006 rund 300 000 Quadratmeter neu umgesetzt werden. Auch die Leerstandsrate ist seit 2005 rückläufig. Dennoch verfügt Düsseldorf nach Frankfurt noch über den höchsten Leerstand der sechs Büroimmobilien-Hochburgen. Derzeit liegt dieser bei 10,2 Prozent.

- Der Berliner Büroimmobilienmarkt konnte 2006 mit 560 000 Quadratmeter ein Rekordergebnis erzielen. Dieses Ergebnis lag über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Eine weitere positive Entwicklung über das Jahr 2007 zeichnet sich ab. Trotz einer großen Flächennachfrage, einhergehend mit einer Leerstandsverringerung, bleiben die Spitzenmieten bei rund 22 Euro pro Quadratmeter stabil.

- Stuttgart stellt den kleinsten Büroimmobilienmarkt unter den sechs Metropolen dar. Dieser weist aber in den letzten Jahren ebenso eine positive, wenn auch weniger volatile Entwicklung auf. Die Spitzenmiete liegt derzeit bei 19 Euro pro Quadratmeter, die Leerstandsquote bei 6,1 Prozent.

- Hamburg konnte im Jahr 2006 mit einem Büroflächenumsatz von rund 480 000 Quadratmeter das beste Ergebnis seit dem Rekordjahr 2000 erzielen. Dabei werden insbesondere im traditionellen Stadtzentrum Flächen nachgefragt. Aber auch bei Neuprojektierungen, wie zum Beispiel der Hafen-City, kann eine Nachfragezunahme, teilweise mit einer Verdopplung der Umsatzzahlen, verzeichnet werden.

Welche Potenziale bieten sich den Teilnehmern des Immobilienmarktes heute? Um dies zu beurteilen, müssen zwei wesentliche, eher konträre Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Da ist zum einen die nach wie vor gute Entwicklung der deutschen Wirtschaft und zum anderen die Dämpfung eines bis dahin ungebremsten Investitionsgeschehens durch die Erkenntnisse aus der amerikanischen Hypothekenkrise.

Bleibt die Wirtschaft weiter gut in Fahrt, wovon wir gegenwärtig ausgehen, wird die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien durch ihre Nutzer auch weiter wachsen. Das Mietniveau wird sich nach oben entwickeln und gute Flächen werden weiterhin zunehmend knapper. Bisher nicht gefragte Flächen minderer Qualität in Nebenlagen, die noch nicht von der positiven Entwicklung betroffen sind, bieten wieder ausreichend Potenzial für Entwicklung und Modernisierung.

Auch der Wohnimmobilienmarkt bietet nach wie vor erhebliche Potenziale. Trotz der in den vergangenen Jahren gestiegenen Preise liegen Kaufpreise, Renditen und Mieten deutscher Wohnimmobilien insgesamt noch deutlich unter den Benchmarks europäischer Referenzländer. Von einer langfristigen Annäherung ist eher auszugehen. Gleichzeitig wird die Wohnimmobilie als Kapitalanlage bei differenzierter Betrachtung der demografischen Entwicklung weiter interessant bleiben. Vielleicht nicht für opportunistische Anleger, aber auf jeden Fall für Investoren mit langfristigem Horizont. Die Stabilität dieser Investments ist angesichts mancher, eher labiler Finanzprodukte nicht zu unterschätzen.

Rückkehr zu einer gesunden Basis

Die Auswirkungen der US-Hypothekenkrise scheinen den Rückgang bei Portfolioinvestitionen einzuläuten. Traumhafte Eigenkapitalrenditen im zweistelligen Bereich sind schon allein aufgrund der Zinsentwicklung und der einsetzenden Zurückhaltung der Banken bei bisher praktizierten Finanzierungen nicht mehr zu erwarten. Schon allein deshalb, weil die Forderungen daraus nicht mehr risikolos am Geldmarkt zu platzieren sind.

Jetzt aber gleichzeitig zu proklamieren, dass eine sogenannte Blase in Deutschland platzen würde, wäre auf jeden Fall falsch. Auch wenn sich manche Erwartungen der Großinvestoren hinsichtlich möglicher Exit-Szenarien nicht erfüllt haben, basierte ihr opportunistischer Einstieg auf realistischen Annahmen, die in vielen Punkten tatsächlich eingetroffen sind. Die jetzt erreichten Preise und Renditen sind insgesamt auf jeden Fall realistischer für Deutschland, als die Werte vor dem Investitionsboom. Von einer generellen Überbewertung kann keine Rede sein. Das Mana-gement der Immobilien ist insgesamt dynamischer geworden. Dies hat langfristig einen positiven Einfluss auf ihre Rentabilität.

Würdigt man also beide Einflussfaktoren, kann man davon ausgehen, dass die Immobilienpreise zwar zunächst ihren Zenit erreicht haben und kurzfristig sogar leicht zurückgehen werden. Schon allein deshalb, weil nicht mehr jeder Preis finanziert wird. Aber von einem Einbruch kann keine Rede sein, solange die Wirtschaft auf Kurs bleibt. Und im Vergleich zu europäischen Nachbarländern lassen sich nach wie vor attraktive Renditen erzielen. Die deutsche Immobilie bleibt demnach ein attraktives Investment.

Morten Hahn , Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Frankfurt am Main
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