Leitartikel

KfW-Darlehen: zögerliche Assekuranz

Wohneigentum wird teurer und zugleich erschwinglicher. Der scheinbare Widerspruch ist leicht aufzulösen. Tatsächlich steigen die Preise für selbst genutzte Wohnimmobilien spürbar. Laut dem Immobilienpreisindex des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken mussten im zweiten Quartal dieses Jahres für Eigentumswohnungen sechs Prozent mehr bezahlt werden als zwölf Monate zuvor. Im gleichen Zeitraum verteuerten sich Ein- und Zweifamilienhäuser um moderate 2,3 Prozent, während Mehrfamilienhäuser gemessen am Kapitalwert einen Zuwachs um 4,9 Prozent verzeichneten. Zu erklären ist der Zuwachs mit der aktuellen Zinsentwicklung, die vor allem von der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bestimmt wird. Deren historisch niedriger Leitzins von 0,5 Prozent verstärkt die Suche nach alternativen, besser verzinslichen Kapitalanlagen und hier insbesondere nach Sachanlagen. Deutsche Wohnungen sind dabei als "sicherer Hafen" besonders gefragt. Gleichzeitig bewirkt die EZB-Strategie, dass sich langfristige Kredite verbilligen. So sind heute Wohnungsbaukredite für unter drei Prozent zu haben. Von den Bausparkassen werden neue Tarife sogar mit einem Darlehenszins von unter zwei Prozent offeriert. Die Kunden freut es, wird Wohneigentum so doch auch für Haushalte erschwinglich, die sich noch vor wenigen Jahren kein Eigenheim hätten leisten können. Damit nehmen allerdings die Risiken für Wohnungserwerber und deren Finanziers zu, wenn die Zinsen wieder steigen.

Verschärft hat sich der Kampf um Kunden und Marktanteile, seitdem auch Versicherer KfW-Darlehen weiterleiten und damit in ihre Angebote integrieren dürfen. Die zinsgünstigen Kredite der Förderbank sind für viele Bauherren ein wichtiger Teil der Finanzierung geworden, da sowohl die energetische Modernisierung von Bestandsobjekten als auch der energieeffiziente Neubau unterstützt wird. Allerdings schöpft die Assekuranz die Potenziale des Fördergeschäfts kaum aus. Seit April 2012 können sich Versicherer für den Vertrieb von KfW-Darlehen akkreditieren. Doch in den anderthalb Jahren, die seitdem vergangen sind, haben nur wenige Unternehmen davon Gebrauch gemacht. Und auch die Liste derer, die sich noch im Akkreditierungsprozess befinden, ist nach Auskunft der KfW sehr überschaubar.

Als einer der ersten Versicherer hat die Allianz KfW-Darlehen schon vor mehr als zehn Jahren in die private Baufinanzierung integriert. Zunächst bediente sich der Versicherer Bank-Kooperationspartnern. Ab 2009 vermittelte die Allianz Bank die Förderdarlehen und seit April 2012 kann Allianz Leben vier KfW-Förderprogramme für Privathaushalte zum Bauen, Kaufen, Energiesparen und zum Umbau für altersgerechtes Wohnen direkt anbieten. Lag der stückzahlbezogene Anteil der KfW-Darlehen an den neu zugesagten Baufinanzierungen der Allianz bis April 2012 im Monatsdurchschnitt bei sieben Prozent, so stieg er danach deutlich auf zwölf bis 20 Prozent an. Zurückhaltender ist da schon die Ergo-Gruppe. Zwar ist deren Lebensversicherung schon seit Mitte 2012 für die Vermittlung von KfW-Darlehen akkreditiert, doch liegt ihr Interesse als Kapitalanleger ganz klar auf dem Vertrieb eigener Mittel. Rund 200 Millionen Euro beträgt das jährliche Neugeschäft an privaten Baufinanzierungen. Diese können mit KfW-Darlehen kombiniert werden, doch nennt das Unternehmen dazu keine Absatzzahlen. Allerdings will Ergo in den nächsten Wochen weitere KfW-Programme in sein Vertriebsportfolio aufnehmen, sodass von einem Zuwachs der vermittelten Förderdarlehen in Zukunft ausgegangen werden darf. In der Debeka-Gruppe nutzt man hingegen die eigene Bausparkasse, um KfW-Darlehen zu vermitteln. Die Lebensversicherung zu akkreditieren ist nicht geplant. KfW-Darlehen machten hier zwischen April und Juli dieses Jahres bei der Vertragszahl lediglich 2,1 Prozent und bezüglich der Kreditsumme nur 1,7 Prozent am gesamten Hypothekenneugeschäft aus. Von der Generali-Gruppe, zu der unter anderem die Aachen Münchener und Cosmos Direkt gehören, werden KfW-Mittel gar nicht angeboten.

Gemessen an ihrem Volumen mögen die Förderkredite eine vergleichsweise geringe Rolle für die Assekuranz spielen. Trotzdem ist die Wirkung für die Wahrnehmung der Versicherer als Baufinanzierer nicht zu verachten. Denn bei der Erstellung individueller Finanzierungsangebote kann die Assekuranz grundsätzlich genauso flexibel sein wie Banken oder Sparkassen. Bei Instituten, die diese Chancen nutzen, wird sich die Struktur des Kreditneugeschäfts und des Darlehensbestands wandeln. Während sie vor 2012 ihren relativen Wettbewerbsnachteil dadurch kompensierten, dass sie sich auf Umschuldungen bestehender Kredite fokussierten, so positionieren sie sich jetzt auch stärker in der Erst- und Neubaufinanzierung. Hier wiederum wächst der Anteil der Schwellenhaushalte, die in stärkerem Maße staatlich geförderte Finanzierungsbausteine nutzen.

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