Leitartikel

Klein, erfolglos, Single sucht ...

Steigender Neuabsatz, höhere Vertragsabschlüsse, staatliche Förderung und fulminantes Wachstum im Altersvorsorgemarkt - den Bausparkassen scheint es bestens zu gehen. Tatsächlich aber knirscht es gewaltig. Einmal mehr wurde dies deutlich, als HUK-Coburg- und Aachener Bausparkasse ankündigten, über eine Fusion sprechen zu wollen. Überraschend ist das freilich nicht, vielmehr angesichts der gemeinsamen betriebswirtschaftlichen Nöte und regulatorischen Notwendigkeiten folgerichtig. Vor allem die geringe Größe macht beiden Unternehmen zu schaffen und erweist sich im Wettbewerb als nachteilig. So verfügt die Aachener Bausparkasse nur über einen Bestand von knapp 211000 Verträgen mit einer Bausparsumme von 3,95 Milliarden Euro, die Bausparkasse der HUK Coburg kommt auf 210000 Policen mit einem Volumen von 3,60 Milliarden Euro. Selbst zusammen genommen sind das noch nicht einmal ein Prozent der Bausparverträge in Deutschland.

Ursächlich für das äußerst geringe Marktgewicht sind zum einen die Eigentümerstrukturen und zum anderen der extrem schwache Bausparvertrieb. In der Vergangenheit hat sich leider immer wieder gezeigt, dass die Assekuranz zwar Bausparen gern im Bauchladen mitführt, sich die Vermittler aber bei dessen Absatz schwertun. Zu sehr scheint das Bausparen der Logik des Versicherungsagenten zu widersprechen, der in der Zuteilung des Bauspardarlehens wohl eher den Schadensfall sieht statt den eigentliche Zweck und maßgeblichen Ertragsbringer für die Bausparkasse. Zudem reizen offensichtlich die mageren Provisionen für einen Bausparvertrag kaum, die kostbare Zeit beim Kunden dafür zu "verschwenden", wenn mit der Beratung in eine Schaden-, Unfall- oder besser noch langfristige Lebensversicherung weitaus mehr verdient werden kann. So schafft es die HUK-Coburg mit ihren rund 500 freien Handelsvertretern, den etwa 4000 nebenberuflichen Vertrauensleuten und den 48 Finanzierungsberatern im Konzern für die eigene Bausparkasse im Jahr 2010 weniger als 20000 eingelöste Bausparverträge mit einer Summe von 355 Millionen Euro zu verkaufen. Aber auch der Aachener Bausparkasse, die auf die Vertriebe von acht Versicherungsunternehmen zugreifen kann, wurden nur gut 28500 Neuabschlüsse über insgesamt 540 Millionen Euro zugeführt. Bei anderen Kassen holt ein solches Volumen eine einzelne Regionaldirektion herein.

Hinzu kommt, dass Bausparen - anders als der Abschluss von Versicherungen - ein klassisches Hol-Geschäft ist, bei dem der Kunde aktiv angesprochen werden muss. Dabei drohen die Bausparkassen durch die globale Finanzmarktkrise mit einer extrem langen Niedrigzinsphase zerrieben zu werden. Expansive Geldpolitik und die Flucht der Anleger in Bundesanleihen ziehen die Hypothekenzinsen nach unten. Aktuell fallen private Wohnungsbaukredite auf einen Tiefstand nahe der 3-Prozent-Markte. Das macht es auch für Bausparkassen schwierig. Denn mit Darlehenszinsen zwischen drei und vier Prozent in den Finanzierertarifen schwinden die Kostenvorteile gegenüber einem Bankkredit. Gleichzeitig müssen die Kassen bei der Guthabenverzinsung mit anderen Sparformen konkurrieren. Deshalb belohnen einige Bausparkassen ihre Darlehensverzichter mit einem Bonuszins. Bei der Aachener kann so eine Guthabenverzinsung von vier Prozent herausspringen, bei der HUK-Coburg sind bis zu 3,5 Prozent möglich. Doch das kostete beispielsweise die HUK-Coburg-Bausparkasse im vergangenen Geschäftsjahr zusätzliche Rückstellungen für mögliche Zinsbonusvergütungen von 2,3 Millionen Euro. Die Umsetzung der administrativen Auflagen - angefangen bei der Bilanzrechtsmodernisierung bis hin zum Anlegerschutz - tut auf der Aufwandseite ihr Übriges.

Daraus erwachsen den Bausparkassen erhebliche wirtschaftliche Probleme. Während sich die Aachener Bausparkasse im Branchenvergleich noch recht wacker hält, pulverisiert die Bausparkasse der HUK-Coburg schon seit Jahren ihre Erträge. Mit einer Aufwand-Ertrag-Relation von 123,4 Prozent darf sie sich die ineffizienteste Bausparkasse nennen (siehe dazu den großen Bilanzvergleich der Bausparkassen in Heft 17-2011). Vor diesem Hintergrund erscheint die mögliche Fusion mit der Aachener Bausparkasse eher wie eine Rettungsübernahme. Am Zusammengehen unter Gleichen bestehen ohnehin Zweifel, weil die Stabsfunktionen in Aachen zentralisiert werden sollen und die Absichtserklärung jede strategische Fantasie vermissen lässt. Dabei wird die für Januar 2012 geplante Migration der Bestände in ein IT-System zunächst hohe Investitionskosten erfordern, wie die Erfahrungen der vorangegangenen Übernahmen in der Bausparbranche lehren. Unabhängig davon, ob sich Aachener und HUK-Co-burg-Bausparkasse tatsächlich im Laufe des kommenden Jahres zusammenschließen, zeigt sich doch, dass der Konsolidierungsdruck - durch den Wettbewerb und die Regulierung - im Bausparmarkt immens ist.

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