Schwerpunkt: Immobilienmärkte

Lage, Lage, Lage - was bestimmt den Wert von Wohnimmobilien?

Die Preisfindung bei Wohnimmobilien - insbesondere im Privatsegment abseits von Paketverkäufen - ist in der Praxis häufig ein sensibler Prozess. Lage und Objektqualität zählen sicher zu den wichtigsten wertbestimmenden Faktoren. Allerdings sind Lage und Objektqualität abstrakte Begriffe, die sich schwer objektivieren oder gar quantifizieren lassen entsprechend ist die Einschätzung der beiden Parteien über Lagegunst und Objektgüte oft subjektiv oder teilweise auch durch Vorurteile geprägt. Jüngere wissenschaftliche Studien zeigen, wie groß der Einfluss einzelner Indikatoren beziehungsweise messbarer Subkriterien auf den Wert ausfallen kann.

Die Demografie als Preistreiber nach unten

Die Makrolage - also die jeweilige Region, Stadt oder Gemeinde - stellt den Markt dar, innerhalb dessen sich eine Immobilie bewegt. Ein Aspekt, der hier den Preis mitbestimmt, ist die demografische Entwicklung. Verliererregionen also Städte und Gemeinden mit sinkenden Bevölkerungszahlen - werden mit sinkenden Immobilienwerten im Wohnungssegment gleichgesetzt. Mit den Gewinnerregionen werden umgekehrt entsprechend meist steigende Preise assoziiert. Dieser Zusammenhang ist zumindest bei Einfamilienhäusern aber nicht gegeben.

Statistische Untersuchungen bestätigen zwar einen signifikanten Zusammenhang zwischen negativen Bevölkerungsentwicklungen und sinkenden Hauspreisen. Der Umkehrschluss, dass in Gewinnerregionen die Preise steigen, lässt sich jedoch zumindest mittelfristig nicht halten. Eine Bevölkerungszunahme hat keine signifikanten Preissteigerungen zur Folge - trotz steigender Nachfrage. Dies zeigt eine Untersuchung von rund 100 deutschen Städten, von denen etwa ein Viertel bis zum Jahr 2020 an Bevölkerung gewinnt. Der Hauptgrund für dieses Ergebnis ist, dass das Angebot an Einfamilienhäusern bei Nachfragesteigerungen eine relativ hohe Elastizität aufweist. Das Angebot passt sich - bis auf diejenigen wenigen Städte, in denen das Bauland knapp geworden ist - mittelfristig der steigenden Nachfrage an, da die Baukapazitäten nicht ausgelastet sind, und gleicht einen möglichen Effekt der steigenden Bevölkerungszahlen auf die Preise aus.

Bei der Mikrolage spielt die Verkehrsanbindung eine wichtige Rolle. Dies gilt inzwischen insbesondere auch für die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Eine Untersuchung am Beispiel Hamburg zeigt, dass U-Bahnstationen positiv auf Immobilienpreise wirken - allerdings nur, wenn sie höchstens 250 Meter entfernt sind. Der Preiseffekt beträgt 4,4 Prozent. In Gebieten mit überdurchschnittlichem Einkommen ist der positive Effekt gar noch größer (plus 6,6 Prozent), was erstaunen mag, weil Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen zunächst scheinbar stärker auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.

Grund dürfte sein, dass die inzwischen in Großstädten mit ÖPNV oftmals möglichen Ersparnisse an Raumüberwindungskosten gegenüber dem PKW (hierzu zählen insbesondere auch "Zeit und Nerven") von Besserverdienenden höher bewertet werden als früher. Interessant ist beim Thema ÖPNV, dass die Nähe zu U-Bahn-Haltestellen stärkere positive Wirkungen auf die Immobilienpreise hat als S-Bahnstationen. Grund dürften die von ihnen ausgehenden Lärmemissionen sein.

Beim direkten Umfeld einer Wohnimmobilie spielt nicht nur die Frage eine Rolle, ob es ein adäquates ÖPNV-Angebot gibt. Wichtig ist beispielsweise außerdem, wie attraktiv die umliegenden Gebäude sind. Denn attraktive Gebäude tragen zu einem positiven Wohnumfeld bei und haben das Potenzial, wertsteigernd zu wirken. Beispiele sind denkmalgeschützte Gebäude. Eine Untersuchung am Standort Berlin für Immobilien in der Nähe solcher Denkmale bestätigt dies (der Preiseffekt beträgt plus 2,8 Prozent).

So wird beispielsweise auch über den Einfluss von Gebäuden mit "signaturearchitecture" oder "ikonischer" Qualität auf Städte, Stadtteile und die umliegenden Immobilien seit Jahren nachgedacht. Solche Gebäude können zu Standortfaktoren werden und zu einem besseren Image der Stadt beitragen, was sich auch an der Immobilienwertentwicklung ablesen lässt. Für Berlin liegt beispielsweise eine Untersuchung vor, dass die mit zahlreichen Architekturpreisen ausgezeichneten sogenannten "Olympiahallen" in einem Umkreis von bis zu 3000 Metern positiv auf die Immobilienpreise wirken (plus vier bis plus acht Prozent).

Das heißt nicht, dass die unmittelbare Nähe zu einer Sportstätte immer einen positiven Effekt auf Immobilienwerte haben muss. Im Berliner Fall der Max-Schmeling-Halle werden die positiven Effekte der Architektur durch die Nachteile eines regelmäßigen Liga-Verkehrs zunichte gemacht. Erst mit ausreichender Distanz zu den Störungen durch an- und abreisende Fans überwiegen die positiven Effekte. Die Auswertung der Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke bei der Münchener Volksbefragung zur Allianz-Arena bestätigen, dass Sportarenen zwar grundsätzlich befürwortet werden - aber für jede einzelne gilt: bitte nicht in unmittelbarer Nähe zum jeweiligen Wohnort.

Selbst für kleinere breitensportbezogene Sportanlagen ohne Ligaverkehr kann dies gelten. Die Anwohnerklagen über ungedeckte Tennisplätze sind hier ein plastisches Beispiel.

Grundsätzlich gilt: Die Befunde hängen stets von den jeweiligen Konstellationen ab. Eine Untersuchung aus den Vereinigten Staaten beispielsweise zeigt, dass die Preise für Einfamilienhäuser auch im unmittelbaren Umfeld eines untersuchten Stadions in Maryland höher sind. Grund ist, dass die dortigen, eher einkommensschwachen Haushalte zu den Liga-Spielen ihre Vorgärten als Parkplätze vermieten können.

Emissionsbelastungen

Eine Untersuchung des Studienzentrums für Europäische Wohnungs-, Immobilien- und Stadtwirtschaft ermittelte vor einigen Jahren für Frankfurt am Main Immobilien-Wertminderungen von teilweise über elf Prozent, die auf die Entwicklung des Flughafens zurückzuführen sein würden. Beim Flughafen München wird nach dem Ausbau der dritten Landebahn mit einem mittleren Wertverlust von bis zu fünf Prozent gerechnet. Ein drittes Beispiel ist Berlin.

Einer Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2008 zufolge waren in einer Entfernung von bis zu 5000 Metern zum Luftkorridor des Flughafens Tempelhof Wertminderungen von etwa fünf bis neun Prozent zu verzeichnen. Allerdings waren im Flugkorridor von Tegel solche Wertminderungen nicht festzustellen. Offensichtlich gibt es nicht nur negative externe Effekte von Flughäfen, sondern auch positive. Im Falle von Tegel muss es Nutzer - beispielsweise gewerbliche - gegeben haben, welche die Nähe zum Flughafen so geschätzt haben, dass die möglicherweise geminderte Nachfrage lärmsensibler Nutzer ausgeglichen wurde. Denkbar sind nicht nur gewerbliche Nachfrager, sondern auch Wohnnachfrage von Beschäftigten am Flughafen und in der Luftfahrtindustrie. Für Frankfurt am Main wurden Ortsteile identifiziert, die nicht von Wertminderung betroffen sind, sondern gar Wertsteigerungen von bis zu zehn Prozent aufweisen. Damit wird deutlich, dass Wertminderungen nicht flächendeckend und nicht immer in einem einfachen Verhältnis zur Nähe von Flughafen und Flugschneisen ausfallen müssen. So sind in München vor allem Ortsteile betroffen, die in größerer Entfernung zum Flughafen, aber in relativer Nähe zu den Flugrouten liegen.

Ein weiterer Lärmfaktor, der den Wert von Immobilien beeinflusst, ist der Straßenlärm. Hier zeigt eine Untersuchung am Beispiel von Wohnimmobilien in Hamburg, dass eine Lärmzunahme um ein Dezibel (A-normiert) eine Preisreduktion von 0,23 Prozent aufweist. Da die Lärmmessung logarithmisch aufgebaut ist, wird eine Zunahme um 10 Dezibel (A) als Verdopplung der Lärmbelastung wahrgenommenen. Der Studie zufolge bedeutet dies für Hamburger Wohnimmobilien einen Preisabschlag von 2,3 Prozent. Zum Vergleich: Von einer normalen Straße gehen Schalldruckpegel von etwa 70 Dezibel (A) aus, von einer Hauptverkehrsstraße durchaus 90 Dezibel (A) oder mehr. Der Preisunterschied würde hier demnach bereits 4,6 Prozent betragen.

Neben Lärmemissionen sind auch Strahlenemissionen beispielsweise bei Handy-Masten regelmäßig Auslöser öffentlicher Diskussionen. Während es dabei meist um die Frage nach möglicherweise gesundheitlichen Folgen geht, wurden die Auswirkungen auf Immobilienwerte bislang nur selten untersucht. Eine aktuelle Studie, bei der die immobilienwirtschaftlichen Auswirkungen der rund 1000 Mobilfunkmaste in Hamburg untersucht wurden, quantifiziert nun erstmals die Folgen: In der Umgebung von Funkmasten von bis zu 100 Metern treten Wertminderungen von bis zu 5,6 Prozent auf - allerdings nur, wenn es sich um eine Gruppierung von mehreren und zugleich auch noch besonders hohen Funkmasten handelt. Einzelne kleinere Maste wirken sich nicht wertmindernd aus.

Hintergrund für diese insgesamt erstaunlich geringen negativen Effekte: Mittlerweile zählt die Mobilfunkerreichbarkeit in einer Immobilie zu den wichtigsten Kriterien, die für die Miet- oder Kaufentscheidung herangezogen werden. Der Wert eines guten Netzanschlusses wird vor allem von solchen potenziellen Mietern oder Käufern als hoch eingeschätzt, deren momentane Wohnung in einem Funkloch liegt. Sicherlich wird die Nähe zu Mobilfunkmasten bei der Wohnungssuche von einigen Marktteilnehmern negativ bewertet - es gibt jedoch genügend andere, die aus der Nähe auf einen guten Netzempfang schließen.

Objektqualitäten

Beim Objekt selber spielen beispielsweise die Frage nach einer Parkmöglichkeit sowie Art, Größe, Ausstattung und Zustand des Gebäudes sowie der Wohnung eine wichtige Rolle. Untersuchungen am Standort Berlin zeigen: Preisvorteile bringen beispielsweise ein Parkplatz (plus 3,5 bis 5,5 Prozent), das Vorhandensein eines Aufzugs (plus 4,5 bis 9,0 Prozent) oder eines Balkons (plus vier Prozent). Besonders gefragt scheinen Reihenhäuser zu sein - sie verzeichnen bei sonst gleichen Objektausstattungen und -eigenschaften Aufschläge von bis zu 36 Prozent. Etwas geringere Vorteile haben freistehende Einfamilienhäuser und Penthauswohnungen - sie verzeichnen acht beziehungsweise zehn Prozent Aufschlag.

Negativ wirkt es sich auf den Preis aus, wenn die Immobilie, in der sich die Wohnung befindet, zu hoch ist (ein Prozent Abschlag je Geschoss). Und: Wohnungen dürfen nicht zu weit unten liegen. So weisen Wohnungen im Erdgeschoss (minus vier Prozent) oder im Untergeschoss (minus 35 Prozent) deutliche Abschläge auf. Besonders drastisch fällt der Abschlag bei Wohnungen aus, die in schlechtem Zustand sind. Hier beträgt der Preisabschlag fast 50 Prozent.

Andere Zeiten, andere Gewohnheiten

Richtung und Höhe des empirisch festgestellten Einflusses der Immobilieneigenschaften auf den Preis sind teilweise überraschend. Beispielsweise müssen selbst vermeintlich eindeutig negative Umfeldfaktoren wie Flugschneisen nicht zwangsläufig negative Preiseffekte zur Folge haben. Umgekehrt müssen vermeintlich eindeutig positive Einflüsse wie eine steigende Bevölkerungszahl nicht zwangsläufig positive Preiseffekte für alle Wohnimmobiliensegmente nach sich ziehen. Mit Blick auf die Mikrolage und das Objekt gibt es weniger Überraschungen - beispielsweise dass Souterrainwohnungen Preisabschläge und Objekte mit einen Aufzug oder einem Balkon Preisaufschläge verzeichnen.

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