Expo Real Special

Londoner Büroimmobilien: Raise or check?

Die Welt ist schön in Zentrallondon - zumindest für Investoren, die auf den dortigen Büroimmobilienmarkt gesetzt haben. Denn die deutlich verbesserte wirtschaftliche Grundstimmung hat dafür gesorgt, dass die erzielbaren Mieten 2013 deutlich gestiegen sind. Gleichzeitig haben die anhaltenden Kapitalströme die Renditen gedrückt. Soweit die Fakten. Die große Frage ist nun, ob das nicht vielleicht schon zu viel des Guten war. Nicht nur die Renditen sind auf Spitzenniveau, auch die Mieten in Spitzenlagen knüpfen wieder an alte Hochs an. Und klar ist auch, dass Zentrallondon mit Abstand der zyklischste Immobilienmarkt der Insel ist. Ist es nun also Zeit, sich vom Spieltisch zurückzuziehen und seine Jetons schnell einzulösen?

So einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten. Zunächst einmal sei ein Blick auf die Mieten geworfen. Die Spitzenmieten im Londoner West End liegen aktuell bei rund 140 Euro pro Quadratmeter - nahezu vier Mal so hoch wie in Frankfurt am Main. In der City kratzen sie mittlerweile die Marke von 70 Euro pro Quadratmeter an. Auf den ersten Blick wirkt es also fast so, als würden einige der Core-Märkte leicht "überschäumen". Doch die durchschnittlichen IPD-Mietwerte zeigen deutlich, dass sich die Erholung am Markt noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befindet (siehe Abbildung 1). Effektiv betrachtet, liegt der Mietwert im Londoner West End noch rund 23 Prozent, in der City rund 25 Prozent unter den letzten Höchstständen von 2007. Mit anderen Worten: Wenn die Angebots- und Nachfragecharakteristika günstig bleiben, gibt es durchaus Raum für eine Periode des langfristigen, nachhaltigen Wachstums in Zentrallondon.

Kaum Neubauten im Angebot

Bleibt die Analyse der Angebots- und Nachfragsituation, um zu entscheiden, ob man nicht doch lieber schon die Finger vom Büroimmobilienmarkt in London lassen sollten. Ein Blick auf die Londoner Skyline verrät: Hier hat sich einiges getan. Es gibt neuerdings The Shard, The Walkie Talkie oder The Cheesegrater am Londoner Himmel zu bewundern. Doch einen wirklichen Rückschluss auf die Angebotslage gibt das nicht. Denn Abseits dieser neuen Bürokomplexe hat sich bautechnisch kaum etwas entwickelt. Im Gegenteil: Abbildung 2 zeigt vielmehr, dass es nach einer neuen Angebotsspitze in diesem Jahr steil abwärts geht. Was schlicht daran liegt, dass die Pipeline für Neubauprojekte für 2015 und 2016 nahezu leer ist.

Sorgt dieses schwache Angebot also für eine starke Nachfrage am Markt? Es sprechen viele Gründe dafür, dass der 2013 eingeläutete Aufwärtstrend bei den Mieten nachhaltig ist. Denn es ist kein Geheimnis, dass London beim Aufschwung der britischen Wirtschaft ganz vorne mit dabei ist. Vielmehr noch: Der Anteil der Hauptstadt an der britischen Wirtschaftsleistung ist 2013 auf 21,9 Prozent gestiegen. Das ist historisch betrachtet ein neuer Rekord.

London - Super-Stadt

Man kann außerdem getrost davon ausgehen, dass die Wirtschaft Londons auch weiter auf Hochtouren läuft. Weltweit betrachtet, gibt es ein neues Phänomen, das Wirtschaftswissenschaftler den "Agglomerationsvorteil" nennen. Im Prinzip versteht man darunter, dass es die kreativen Talente dieser Welt in die größten, pulsierendsten Metropolen zieht und sich dadurch neue Cluster bilden. Von diesem Nebeneinander auf engem Raum profitieren Unternehmen wie Individuen gleichermaßen - in Form von Netzwerken, dem Teilen von Ideen, gemeinsamen Trainings und Skaleneffekten. Mit anderen Worten: Die großen Städte werden auch weiterhin wachsen, ihren Anteil an der Wirtschaftsleistung im Land stetig vergrößern und entsprechend mehr und neue Talente anziehen. Und eine dieser neuen "Super-Städte" ist London.

Schon heute kann man beobachten, wie immer mehr große Konzerne ihre Zentralen in die britische Hauptstadt verlagern. Die jungen Arbeitnehmer wollen zudem nah an ihrer Arbeitsstätte wohnen. Auch darauf reagieren die Unternehmen und ziehen in die "hipperen" Ecken der Stadt wie Soho, Farringdon oder Shoreditch. Coca Cola ist mit seinem Headquarter beispielsweise vom Hammersmith ins West End gezogen, für Vodafone ging es von Newbury nach Paddington. Während es Unternehmen in der Vergangenheit in Richtung der "Überläufer" im M4-Korridor zog, werden nun bevorzugt auch Flächen in den Randbezirken Londons besetzt. Wir glauben sogar, dass einige dieser traditionellen Peripheriemärkte der Stadt, in denen die Mieten noch erschwinglich sind und die Nachfrage nach Büros mehr und mehr zunimmt, sogar die besten Renditeaussichten bieten.

Und es ist ein weiterer Trend in der britischen Hauptstadt zu beobachten: Viele Unternehmen gehen in ganz neue Gebiete innerhalb Londons - Technologiefirmen zum Beispiel. Für sie ist es wichtiger, qualitativ gut ausgebildetes Personal zu finden, als eine der bevorzugten Postleitzahlen auf die Visitenkarten zu drucken. Also anstatt nur ein kleines Büro in Core-Lagen zu mieten, besetzen sie lieber ein größeres Büro zu einer erschwinglichen Miete in einem der Randbezirke. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die komplette Belegschaft ist an einem Ort, es entstehen eine gemeinsame Unternehmenskultur und ein Wertesystem, in dem sich Best Practice durchsetzt und das Kreativität fördert.

Natürlich wird sich auch London als Standort einer zunehmend größeren Konkurrenz stellen müssen - vor allem aus Fernost. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass die Stadt auch weiterhin in der ersten Liga der Weltstädte mitspielen wird. Im Umkehrschluss wird die Schere zwischen London und dem Rest Großbritanniens in Zukunft wohl noch weiter aufgehen.

Safe haven London?

Die wirtschaftliche Situation ist also positiv und auch die Angebots- und Nachfragesituation spielt den Investoren in die Hand. Doch nun, da die Renditen in einigen Märkten zurück auf dem niedrigen Niveau von 2007 sind, stellt sich natürlich die Frage nach der Nachhaltigkeit der aktuellen Preise. Sicher, betrachtet man die Rendite aus historischer Perspektive, ist das Niveau gering. Setzt man sie allerdings in Relation zur Mietwachstumsperspektive, zu den teuren weltweiten Alternativen und den Londoner Preisen in Fremdwährung, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Dann nämlich ist der Markt auf einmal fair bewertet, wie auch die Abbildung 3 zeigt.

Noch interessanter wird es, rechnet man in US-Dollar. Dann nämlich liegt der Wert Londoner Immobilien rund 19 Prozent unter dem letzten Hoch von 2007 - ähnlich wie auch in Paris (minus 20 Prozent), New York (minus 15 Prozent) oder Mailand (minus 24 Prozent). Und dann sind Büroimmobilien deutlich günstiger als etwa in München (plus 4 Prozent), Stockholm (plus 6 Prozent) oder Hongkong (plus 45 Prozent). Wenn man jetzt noch die starken Wachstums perspektiven und die Tatsache, dass London mit Abstand der liquidesten Immobilienmarkt der Welt ist, mit in die Waagschale wirft, wundert es nicht, dass London der erste Anlaufhafen einer Vielzahl internationaler Investoren ist - zu Recht! Aus Investorensicht spricht viel dafür, in der britischen Hauptstadt zu bleiben, ja, das Engagement bei guten Gelegenheiten sogar noch zu verstärken. Es ist aber nicht so, dass es überhaupt keine Risiken gäbe. Eine plötzliche Abwertung des britischen Pfunds etwa könnte ausländische Investoren davon abhalten, mehr Geld in den Markt zu investieren. Und auch das große Interesse nach den "Trophäen" am Immobilienmarkt könnte zu einem kompromisslosen Boom bei Neubauprojekten führen. Dennoch wird die starke Performance von Londoner Büroimmobilien anhalten. Zurzeit befindet sich der Markt in einer frühen Erholungsphase der Mieten. Zudem ist London sehr gut positioniert, um vom künftigen Wachstum einer breiten Zahl von Sektoren zu profitieren. Kurz: Jetzt ist sicher nicht die Zeit, die Jetons vom Tisch zu nehmen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X