Schwerpunkt: Grüne Immobilien

Der Markt für nachhaltig zertifizierte Immobilien

Nachhaltige Gebäude werden sich langfristig auf den Immobilienmärkten durchsetzen. Einer Studie der Universität Reading zufolge erzielen in den USA bereits jetzt Gebäude, die mit dem dort gängigen Öko-Label "Leed" zertifiziert sind, bei Transaktionen von Gewerbeimmobilien einen Aufpreis von 31 Prozent im Vergleich zu konventionellen Gebäuden. In Deutschland sind als nachhaltig zertifizierte Gebäude noch eine Randerscheinung.

Zwar ist das Bewusstsein für die Bedeutung nachhaltiger Immobilien bei Investoren und Mietern deutlich gestiegen, das Angebot an nachhaltigen Gebäuden ist jedoch gering. Künftig werden aber unter anderem die verschärften gesetzlichen Vorgaben für die energetischen Eigenschaften von Gebäuden sowie neue Zertifizierungen für deutsche Immobilien dazu beitragen, dass der Anteil nachhaltiger Gebäude in der Bundesrepublik stark zunehmen wird.

Neue Gesetze

Zu diesen gesetzlichen Vorgaben zählt unter anderem das Erneuerbare-Ener-gien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Es schreibt die Nutzung erneuerbarer Energien vor, beispielsweise können Geothermie, Sonnenenergie oder Biomasse verwendet werden. Der Mindestanteil am Gesamtwärmeenergiebedarf beträgt beim Einsatz von Geothermie oder Biomasse 50 Prozent, bei Biogas 30 Prozent und bei Sonnenenergie 15 Prozent. Die unterschiedlichen Energiequellen können auch miteinander kombiniert werden. Alternativ ist es möglich, mindestens 50 Prozent des Wärmeenergiebedarfs beispielsweise aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wie Fernwärme zu decken.

Das EEWärmeG gilt für Gebäude, für die ab dem 1. Januar 2009 ein Bauantrag eingereicht wird. Ab 2012 sollen die Anforderungen an Energieeffizienz noch einmal um 30 Prozent erhöht werden. Auch die Energieeinsparverordnung (EnEV 2007), die unter anderem dazu dient, energetische Mindestanforderungen für Neubauten und zu modernisierende Gebäude festzulegen, wird 2009 verschärft (EnEV 2009). Betroffen sind vor allem die Heizungs-, Raumluft- und Kühltechnik sowie die Warmwasserversorgung.

Auf den neuen Bestimmungen der EnEV 2009 baut auch das gegenwärtig in der abschließenden Prüfphase befindliche Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) auf. Die DGNB wird ab 2009 ein Gütesiegel für Immobilien vergeben. Dieses wird unterschiedliche Wertigkeiten aufweisen, wobei stets die Vorschriften der EnEV 2009 erfüllt beziehungsweise übererfüllt werden. Außerdem werden sozio-kulturelle Aspekte berücksichtigt. Das deutsche Siegel unterscheidet sich damit von vielen internationalen Zertifikaten, die zumeist lediglich ökologische Kriterien zugrunde legen. Beispiele sind Haute Qualité Environmentale (HQE) aus Frankreich, Building Research Establishment's Environmental Assessment Method (BREEAM) aus dem Vereinigten Königreich oder Leadership in Energy and Environmental Design (Leed) aus den USA.

Wachsendes Interesse an Nachhaltigkeit

Um die erwartete Bedeutungszunahme zertifizierter Gebäude in Deutschland zu überprüfen, hat Ernst & Young Real Estate im Juli 2008 eine Studie erstellt. Jeweils 20 Investoren beziehungsweise Fondsmanager sowie gewerbliche Mieter wurden befragt. Dabei wurde deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit sowohl aus Sicht der Investoren als auch aus Sicht der Mieter merklich an Bedeutung gewonnen hat. So waren beispielsweise Betriebskosten in der Vergangenheit beim Ankauf von Immobilien kaum relevant, nur jeder dritte Befragte stuft deren Relevanz aktuell als hoch ein. Über die Hälfte der Befragten rechnet aber zukünftig mit einer hohen Bedeutung.

Noch deutlicher wird der künftige Bedeutungszuwachs, wenn es um Nachhaltigkeitskriterien als Aspekt bei der Kaufentscheidung geht. Gegenwärtig richten nur 18 Prozent der Befragten ihre Kaufentscheidungen daran aus. Zukünftig werden es fast dreimal soviel sein. Insbesondere Investoren beschäftigen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit - mehr als 80 Prozent der befragten Investoren bestätigen dies. Allerdings halten gegenwärtig nur 29 Prozent der Befragten zertifizierte Objekte im Bestand. Ein Grund hierfür liegt darin, dass Zertifizierungen im deutschen Raum noch nicht üblich sind - die zertifizierten Immobilien der befragten Unternehmen befinden sich im Ausland. Künftig dürfte jedoch der Anteil zertifizierter Objekte zunehmen. Mehr als die Hälfte der befragten Investoren zieht den Kauf von zertifizierten Objekten in Erwägung.

Das Potenzial nachhaltiger Immobilien liegt vor allem in einem steigenden Marktwert. Zum einen wird allgemein erwartet, dass das Leerstandsrisiko in solchen Objekten langfristig geringer ist als bei konventionellen Gebäuden - denn durch niedrigere Betriebskostenanteile für den Mieter sind grüne Gebäude tendenziell attraktiver als herkömmliche Immobilien. Zugleich lassen sich höhere Marktmieten erzielen, da sich in Kombination mit den reduzierten Nebenkosten die Gesamtbelastung für den Nutzer nicht erhöht. Dies bestätigte auch die Studie der Universität Reading. Danach lagen die Mieten bis zu rund zwölf Prozent über denen von vergleichbaren Gewerbeimmobilien.

Mittelfristig dürfte die zunehmende Nachfrage des Kapitalmarkts nach grünen Immobilien in Deutschland zu steigenden Multiplikatoren für das noch knappe Gut nachhaltiger Immobilien führen. Die verbesserte Vermarktungsfähigkeit, der Imagegewinn sowie der stabile Cash-Flow durch das verringerte Leerstandsrisiko führen wiederum voraussichtlich zu sinkenden Risikoprämien. Außerdem werden nachhaltige Immobilien von günstigeren Konditionen bei der Finanzierung und von Förderprogrammen profitieren. Nachhaltige Immobilien werden sich langfristig zum Marktstandard entwickeln, konventionelle Immobilien dagegen zu Problemimmobilien.

Der Zeitpunkt, ab wann nachhaltige Immobilien in Deutschland zum Stan-dard-Produkt werden, ist jedoch schwer vorherzusagen. Schätzungen der Degi zufolge wird ab etwa 2013 nachhaltiges Bauen dauerhaft vom Markt honoriert. Umgekehrt wird der Gebäudebestand, der zu diesem Zeitpunkt nicht den Nachhaltigkeitsanforderungen entspricht, vom Markt abgestraft. Mit Wettbewerbsnachteilen jener Immobilien rechnet Degi ab etwa 2011.

Hohe Kaufpreise aufgrund geringen Angebots

Ob diese Vorhersagen eintreffen, dürfte von vielen Faktoren abhängen. Zum einen weisen die Teilmärkte unterschiedliche Geschwindigkeiten auf. Der Nachhaltigkeitsaspekt hat sich in der deutschen Wohnungswirtschaft bereits sehr viel mehr durchgesetzt als bei Gewerbeimmobilien. Ein Grund hierfür sind auch die gesetzlichen Vorgaben. Gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV 2007), die auch Grundlage für den Energieausweis ist, ist der Energieausweis für Wohngebäude bereits seit 1. Juli 2008 Pflicht. Stichtag für den Energieausweis für gewerbliche Gebäude ist erst der 1. Juli 2009. Die Wohnungswirtschaft beschäftigt sich deshalb bereits seit längerem mit dem Thema.

Umlage von Investitionskosten auf die Miete

Einen weiteren Unterschied macht die Lage aus: Die Mieten in peripheren Bereichen sind - im Wohn- und gewerblichen Bereich gleichermaßen - tendenziell niedriger als in A-Lagen. Gleiches gilt für die Wahrscheinlichkeit, die energetischen Maßnahmen über Mietsteigerungen in kurzer Zeit zu refinanzieren. Bei Gewerbeimmobilien in peripheren Lagen stellt sich die Frage, inwiefern es der Markt zulässt, adäquate Mietsteigerungen zu erzielen. Beim Wohnungsmietrecht werden begrenzte Mietsteigerungen zwar grundsätzlich durch die Modernisierungsumlage ermöglicht.

Diese werden jedoch in der Höhe gekappt, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent überschritten wird. Bei grundsätzlich niedrigen Wohnungsmieten in einer Region fällt die Erhöhung daher absolut betrachtet niedriger aus als in Regionen mit einem höheren Durchschnitt. Insbesondere für periphere Lagen dürfte daher für die Marktdurchdringung nachhaltiger Immobilien entscheidend sein, ob der Gesetzgeber weitere Anreize schafft. Verbände fordern gegenwärtig beispielsweise Steuervergünstigungen für energetische Maßnahmen bei Wohn- und Gewerbegebäuden.

Bei Core-Produkten in Top-Lagen ist es dagegen durchaus möglich, dass die nachhaltige Immobilie das konventionelle Gebäude rasch als Standard ablöst. Ein Indiz hierfür ist das bereits vorhandene Interesse institutioneller Investoren. So legen beispielsweise der Rückversicherer Münchner Rück oder der Asset Manager Union Investment bei ihrer Immobilienstrategie großen Wert auf die Nachhaltigkeit der Gebäude.

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