Im Blickfeld

Misstrauische Zuversicht

Es ist die Zeit der guten Zahlen. Die hiesigen Konjunkturdaten verheißen stabiles und kräftiges Wachstum, doch so leicht lassen sich die schwarzseherischen Deutschen nicht zu Zukunftsoptimismus hinreißen. Gewiss, der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts erklomm im November den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung - stolze 109,3 Punkte. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen beurteilen deutsche Unternehmer besser als sogar von den Münchener Befindlichkeitsanalytikern prognostiziert. Gar mehr Optimisten als Pessimisten will das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung im vergangenen Monat gezählt haben. Dessen Index für die Lagebeurteilung kletterte auf 81,5 Punkte, nachdem im Vormonat noch 72,6 Punkte ermittelt wurden. Auch die deutschen Konjunkturerwartungen verbesserten sich erheblich: für Deutschland binnen Monatsfrist von minus 7,2 auf plus 1,8 und für die Eurozone von 1,8 auf 13,8 Punkte.

Für die Zuversicht liefern amtliche Statistiken gute Gründe. Bereits im zweiten Quartal dieses Jahres erhöhte sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt um beachtliche 2,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Zwar verlangsamte sich das Prosperitätstempo im dritten Quartal erwartungsgemäß, doch wuchs Deutschland mit 0,7 Prozent solide und erneut am kräftigsten unter den Mitgliedern der Eurozone, deren Bruttoinlandsprodukt um 0,4 Prozent stieg. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt das deutsche Plus immerhin üppige 3,9 Prozent, das der Eurozone 0,4 Prozent. Die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung war stark genug, um auch den Arbeitsmarkt mitzuziehen und die Arbeitslosenquote hierzulande auf 7,5 Prozent zu stabilisieren.

Bei soviel guter Stimmung wollen sich sogar die knauserigen deutschen Privathaushalte wieder mehr Konsum gönnen.

Immerhin sparen 58,2 Prozent für eine größere Anschaffung. Im Sommer dieses Jahres waren es noch 51,9 Prozent, wie TNS Infratest im Auftrag des Verbandes der privaten Bausparkassen herausfand. Obwohl für die Altersvorsorge weniger auf die hohe Kante gelegt wird, bleibt sie doch mit 60,2 Prozent das wichtigste Sparmotiv. Allerdings lassen die deutlich verbesserten Arbeitsplatz- und Einkommensperspektiven den Erwerb von Wohneigentum wieder stärker in den Fokus rücken. 45,8 Prozent legen für den Traum von den eigenen vier Wänden Geld zurück, im Sommer waren es noch 43,5 Prozent gewesen. Dabei spielt wohl der Wunsch nach Sicherheit eine Rolle.

Das ist zugleich die Kehrseite der Medaille. Denn in Kapitalanlagen investieren nur noch 27,5 Prozent ihre Spargroschen - der schlechteste Wert seit Mitte 2000. Das ist zum einen dem Zinsumfeld geschuldet, das attraktive Zinsen nur bei erheblichen Risiken zulässt. Zum anderen hat die Finanzmarktkrise am Vertrauen der Deutschen in die Kapitalmärkte genagt. So erhöhte sich der Anteil derjenigen, die weniger sparen wollen, von 11,7 auf 12,0 Prozent. Dass von diesen immerhin jeder Fünfte seinen Entschluss mit dem Satz begründete: "Sparen macht keinen Sinn", sollte zu denken geben, denn in der Vergangenheit äußerte sich allenfalls jeder Zehnte so. Mehr sparen wollen nur 6,2 Prozent, während es im Sommer noch 6,7 Prozent waren.

Aus dem Verhältnis derer, die mehr, und derer, die weniger sparen wollen, ergibt sich in den Augen der Bausparkassen ein frostiges Sparklima: minus 5,8 Punkte. Damit sank die Sparneigung gegenüber dem Vorquartal um beachtliche 0,8 Prozentpunkte und gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,2 Prozentpunkte. Allerdings war der Indexwert zuletzt vor mehr als zehn Jahren kurzzeitig und nur geringfügig im positiven Bereich. So ist die aktuelle Stimmung wohl doch schlechter als die Lage und die Deutschen bleiben ihrem latenten Pessimismus treu. Das beruhigt. L. H.

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