Sicherheit des Pfandbriefs

"Wir müssen an der Vertrauensbasis arbeiten"

Sie werden Ihre Funktionen in der Eurohypo zum Jahresende 2008 aufgeben, als Präsident des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken wollen sie aber weiterhin aktiv sein. Ist ein Präsident ohne Vorstandsmandat vom Verband gewünscht? Formal spricht nichts dagegen. Meine Wiederwahl zum vdp-Präsidenten im Juni dieses Jahres gilt für zwei Jahre. Seitens der Satzung ist nicht vorgeschrieben, dass der Präsident in einer Bank aktiv sein muss. Es muss aber letztendlich von den Mitgliedern getragen werden. In einer Krise wie dieser macht der Hauptberuf als Vorstand einer Pfandbriefbank und ein Ehrenamt von Gewicht im Tagesgeschäft zwangsläufig Prioritätensetzung notwendig. Diesen Konflikt könnte man durch einen Präsidenten lösen, der sich intensiv um das Amt kümmern kann. Wie stellt sich der Pfandbriefmarkt derzeit dar? Wie schwierig ist die Lage für die Banken und das Refinanzierungsvehikel? Der dramatischen Lage an den Märkten kann sich auch der Pfandbrief nicht entziehen. Bis zur Pleite von Lehman Brothers im September 2008 funktionierte der Markt noch. Wir verzeichneten sogar einen kräftigen Zuwachs des Absatzes von Januar bis Ende August um 23 Prozent auf 108 Milliarden Euro. Alles sprach für eine Erholung. Doch mit dem Lehman-Zusammenbruch passierte das "Unmögliche". Danach wurde nichts mehr für undenkbar gehalten, was zur Folge hatte, dass massiv Liquidität aus dem Markt genommen wurde. In den ersten Wochen nach dem Lehman-Zusammenbruch setzten die Mitgliedsinstitute zusammen nur noch 5,5 Milliarden Euro ab. Im Monatsdurchschnitt brauchen die deutschen Pfandbriefbanken aber zwölf bis 15 Milliarden Euro. Geschlossen wird diese Lücke im Moment noch durch die Refinanzierung bei der EZB und das Abschmelzen von Aktivgeschäft. Insgesamt werden bei den Verbandsmitgliedern in den nächsten Monaten Pfandbriefe in Höhe von 160 Milliarden Euro fällig. Öffentliche Pfandbriefe machen einen Großteil des Volumens aus. Das diesen gegenüberstehende fristenkongruente Aktivgeschäft läuft in der Regel aus. Hier sind also kaum Anschlussfinanzierungen notwendig. In der Immobilienfinanzierung ist das nicht so einfach. Die Anzahl der Ablösungen geht zurück, sodass die Banken einen erheblichen Teil der fälligen Kredite prolongieren müssen. Um diese Anschlusskredite zu refinanzieren, müssen in den kommenden Monaten neue Hypothekenpfandbriefe emittiert werden. Wir erwarten, dass die neu begebenen Hypothekenpfandbriefe zumindest einen Teil der Rückgänge im Emissions- und Umlaufvolumen von öffentlichen Pfandbriefen kompensieren. In das Bild passt, dass wir beim Verband ein steigendes Interesse an neuen Pfandbrief-Lizenzen sehen. Ich gehe davon aus, dass der Pfandbriefmarkt im Frühjahr 2009 wieder anspringen wird. Die deutschen Investoren, die Versicherungen und Pensionskassen, die jetzt noch staatsgarantierte Anleihen mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren erwerben, sind auch an langfristigen Anlagen interessiert, um sich eine ausgewogene Laufzeitstruktur in ihrem Anlageportefeuille zu erhalten. Das ist die Chance für den Pfandbrief. Die Emittenten werden deshalb bevorzugt Laufzeiten über fünf Jahre anbieten. Wir müssen dennoch akzeptieren, dass der Pfandbrief insgesamt weiter an Volumen verlieren wird. Im Jahr 2001 betrug das Umlaufvolumen noch 1,1 Billionen Euro. Heute sind es nur noch 843 Milliarden Euro. Davon sind 628 Milliarden Euro öffentliche Pfandbriefe und 209 Milliarden Euro Hypothekenpfandbriefe. Was den Marktanteil am deutschen Rentenmarkt angeht, hängt dieser auch von der Entwicklung bei den anderen Anleihen, insbesondere bei unbesicherten Bankschuldverschreibungen, ab. Das muss also nicht automatisch mit massiven Marktanteilsverlusten einhergehen. Ähnliches gilt für den internationalen Covered-Bond-Markt. Was kann, was will der Verband tun, um den Pfandbriefmarkt wiederzubeleben? Wir müssen an der Vertrauensbasis arbeiten. Die jüngste Aktion des Verbandes war eine Anzeigenkampagne mit einem Zitat, in dem sich die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Garantieerklärung für Banken ganz klar zur Sicherheit des Pfandbriefs bekennt. Dieses Bekenntnis halten wir für eine gute Nachricht für Anleger. Die Pfandbriefemittenten hatten von der Bundesregierung ein deutliches Signal erwartet und wir finden, dass dies sehr gut gelungen ist. Hätten Sie den Pfandbrief gerne im Risikoschirm des Bundes berücksichtigt? Wir sind froh, dass der Pfandbrief nicht unter den Risikoschirm des Bundes genommen wurde, denn so haben wir die Chance, den Pfandbrief erfolgreich durch diese Krise zu bringen. Wenn uns dies gelingt, hat der Pfandbrief eine weitere Bewährungsprobe bestanden und wird gestärkt aus der Krise hervorgehen. Sollte der Pfandbrief jedoch nur noch mit Staatsgarantien zu verkaufen sein, wäre dies sein Ende in der seit Beginn des 20. Jahrhunderts gewohnten Form. Aber ist die Regierungserklärung nicht auch eine Art "Staatsgarantie"? Es ist eine implizite, aber keine explizite, einklagbare Staatsgarantie. Gibt es eine Vertrauenskrise des Pfandbriefs? Der Pfandbrief ist, was seinen Handel angeht, ein Opfer der Finanzkrise. Aber er steckt nicht in einer Vertrauenskrise. Von den Investoren hören wir, dass sie weiterhin an den Pfandbrief, an seine Qualität und seine Stabilität glauben. Aber sie möchten gerne wieder einen funktionierenden, das heißt liquiden Markt für Pfandbriefe haben. Reicht Ihnen das Bekenntnis der Bundesregierung zum Pfandbrief? Was wünschen Sie sich noch? Per Stand heute reicht uns das Bekenntnis der Bundesregierung. Zudem glauben wir, dass mit den eingeleiteten Maßnahmen und der bereits im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Pfandbriefgesetznovelle die richtigen Signale in den Markt gegeben werden, damit Pfandbriefe wieder in nennenswertem Umfang emittiert werden können. Warum war vom vdp in der Öffentlichkeit nichts zu vernehmen, als die Rettungspakete für die Hypo Real Estate geschnürt wurden? Keiner der beteiligten Verbände hat sich damals zur Hypo Real Estate (HRE) geäußert. Wir waren bei der Lösungsfindung insofern involviert, dass wir quasi über Nacht Daten und Argumente zugeliefert haben, die die Bedeutung der Hypo Real Estate für den deutschen Pfandbriefmarkt deutlich machten. Wie wirken sich die Staatsgarantien auf den Pfandbriefmarkt aus? Das Vertrauen in nicht-staatliche Anleihen und Schuldverschreibungen ist im Moment sehr gering. Derzeit wollen die Investoren den Staat hinter den Papieren sehen. Doch auch hier ist das Interesse der Investoren nicht so groß, wie das erwartet wurde. Dennoch, durch den Garantiefonds werden vorerst einige Mittel in Geldmarktpapiere gelenkt, die vielleicht ansonsten teilweise in den Pfandbrief geflossen wären. Der Markt für dreijährige Papiere wird, wie schon gesagt, massiv von den staatsgarantierten Titeln abgedeckt, sodass sich der Pfandbrief auf die längeren Laufzeiten - den fünf- oder zehnjährigen Bereich - konzentrieren sollte. Allerdings haben wir das Problem, dass die ersten Schuldverschreibungen von Banken, die unter dem staatlichen Risikoschirm emittierten, teilweise bei plus 25 Basispunkten zum Euribor lagen, während die klassischen staatsgarantierten Banken ihre Papiere noch im Minus-Bereich platzieren konnten. Das hat den gesamten Markt verändert. Die Zeit, zu der auf Euribor-Niveau emittiert werden konnte, ist vorerst vorbei. Von den Spread-Vorstellungen der Vergangenheit werden wir uns verabschieden müssen. Das werden einige nicht gerne hören. Vor allem bei den Kommunen ist noch nicht angekommen, dass sich ihre Finanzierung verteuern wird. Braucht der Pfandbrief noch mehr Sicherungen? Einer der wesentlichen Punkte, die im Verband derzeit diskutiert werden, ist die Ausdehnung der Liquiditätsvorhaltung in den Deckungsmassen von 90 auf 180 Tage. Wenn dies kommt, werden sich Laufzeiten-Inkongruenzen zwischen der Aktiv- und der Passivseite massiv verteuern, weil bei hohen Abweichungen eine Menge Liquidität gebunden wird. In der Folge werden sich die Laufzeiten der Kredite und der Pfandbriefe stärker annähern. Als weitere Folge werden die Jumbo-Pfandbriefemissionen zurückgehen. Die Zwei-Milliarden-Euro-Emissionen werden seltener. Lediglich die ganz großen Häuser werden dann noch große Jumbos auflegen können. Ein weiteres Thema für die Gesetzesnovelle ist die Erhöhung der Transparenz durch eine monatliche statt vierteljährliche Berichterstattung nach §28 des Pfandbriefgesetzes. Hier müssen noch Aufwand und Nutzen geprüft werden. Der Regierungsentwurf zur Novelle liegt schon vor. Wie viel Zeit bleibt Ihnen noch, um nachträgliche Änderungen einzubringen? Spätestens im Dezember wollen wir unsere Ergänzungen einreichen. Wer wünscht die genannten Änderungen? Der Wunsch nach mehr Transparenz und nach einer höheren Liquiditätsvorhaltung kommt von den Investoren. Einige berufen sich dabei auf Fitch Ratings, die eine 180-Tage-Liquiditätsvorhaltung gefordert haben. Für uns hätte die Regelung den Vorteil, dass die Diskussion, ob die gesetzliche Überdeckung ausreicht, endlich vom Tisch wäre. Aus Investorensicht entspricht diese Liquiditätsreserve einer zusätzlichen Überdeckung. Die Höhe der Überdeckung richtet sich dann aber nach der Laufzeitenkongruenz von Deckungsmassen und Pfandbriefen. Würde das Gesetz statt der zwei Prozent eine höhere fixe Quote für die Überdeckung vorschreiben, dann träfe das alle Emittenten, egal wie kongruent sie refinanziert sind. Lässt sich das im Verband durchsetzen? Ich kann und werde der Diskussion da nicht vorgreifen. Einerseits verteuert eine solche Regelung wie schon dargelegt die Refinanzierung, andererseits besteht die Chance, Pfandbriefe besser abzusetzen. Stichwort Qualität der Deckungsmassen: Wie wirkt sich die Schockstarre an den gewerblichen Immobilienmärkten auf die Werte in den Deckungsmassen aus? Von einer Schockstarre auf den gewerblichen Immobilienmärkten kann keine Rede sein. Unsere Mitgliedsinstitute beobachten in der aktuellen Marktphase die Immobilienwertentwicklung sehr genau. Es gibt Stimmen, die einen Rückgang der Preise um bis zu 20 Prozent erwarten. Die Bewertung der in den Deckungsmassen enthaltenen Sicherheiten wird jedoch regelmäßig überprüft. Bei Unterdeckungen müssen weitere Sicherheiten in die Deckungsmassen eingestellt werden. Um den Verbandsmitgliedern die Bewertung ihrer Immobilien und Deckungsmassen zu erleichtern, entwickelt und betreibt der vdp eine eigene Transaktionsdatenbank, die jetzt an den Start geht. Darauf basierende Immobilien-Indices können Bewertungsfragen vereinfachen und somit die Transparenz des Pfandbriefs weiter erhöhen. Luxemburg hat die Emissionsbedingungen für den Lettre de Gage erleichtert. Welche Auswirkungen hat das auf den Covered-Bond-Markt? Auf den Pfandbrief werden die Luxemburger Gesetzesänderungen keinen negativen Einfluss haben. Vielmehr wird der Lettre de Gage für die Emittenten teurer, denn das Produkt wird heterogener. Es gibt künftig beim Lettre de Gage zu viele Arten von Sicherheiten, die in Deckung genommen werden können. Dies erhöht den Research-Aufwand der Investoren, die nach dem Subprime-Debakel letztendlich mehr denn je die Märkte verstehen und die Produkte bewerten müssen. Diese Kosten werden sie einpreisen. Deshalb legen wir hierzulande so großen Wert auf ein homogenes Produkt. Wegen der Verschiedenartigkeit der Luxemburger Covered Bonds müssen die Investoren zudem prüfen, ob das Papier der Bankenrichtlinie (CRD) entspricht. Zum Beispiel erfüllt die Aufnahme mobiler Sicherheiten in die Deckungsmasse nicht die Anforderungen der CRD. Konkret heißt das, dass eine Bank als Investor für diese Papiere mehr Eigenkapital unterlegen muss als für CRD-konforme Titel. Das führt zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft beim Lettre de Gage. Wir sehen es deshalb als Vorteil an, dass in Deutschland das Pfandbriefgesetz nur CRD-konforme Deckungswerte zulässt. Eine Gesetzesänderung beispielsweise zur Indeckungnahme von MBS im Rahmen der Novelle wurde nie ernsthaft diskutiert. Der Verband hatte bereits im August zur Wiederaufnahme des Interbanken Market Makings gedrängt. War dies der falsche Zeitpunkt? Wenn wir in Sachen Market Making nicht handeln, bekommen wir das auch vorgeworfen, übrigens von den Investoren, und das hat Gewicht. Bis zum Sommer dieses Jahres hatte sich die Lage am Pfandbriefmarkt günstig entwickelt. Die gute Absatzentwicklung habe ich bereits erwähnt. Von den Market Makern wurden im August auf der elektronischen Plattform EuroMTS zeitweise wieder Kurse gestellt. Angesichts dieser Entwicklung waren wir einigermaßen zuversichtlich. Doch dann zerstörte die Lehman-Pleite das bis dahin mühsam wieder gewonnene vorsichtige Vertrauen an den Finanzmärkten. So gesehen war das der falsche Zeitpunkt. Aber wer wollte voraussagen, dass eine Bank wie Lehman fallen gelassen wird? Wie sehen Sie die Zukunft des Pfandbriefs? Ich bin überzeugt, dass die Aussichten für den Pfandbrief gut bestellt sind. Er hat bereits heute alle Zutaten, die von Regulatoren und Marktteilnehmern für die Kapitalmarktinstrumente der Zukunft verlangt werden: Er ist durch das PfandBG stark reguliert, er unterliegt einer besonders strengen Aufsicht, er ist einfach, transparent und auch ohne Ratingagenturen von Investoren beurteilbar und schließlich kann sich der Emittent nicht seiner Verantwortung entziehen. Was will man mehr?

Noch keine Bewertungen vorhanden


X