Schwerpunkt: Nachhaltigkeit

Nachhaltige Lösungen für die Wohnungswirtschaft

Beiträge über Nachhaltigkeit in der Wohnungswirtschaft beginnen meist mit der Feststellung, dass die Nachhaltigkeit eines der zentralen Themen der kommenden Jahre sei. Die meisten Leser hören bereits dann auf zu lesen. Zu abgenutzt wirkt der Begriff Nachhaltigkeit, zu oft wurde das immer Gleiche darüber geschrieben. Inhaltlich wird so leider kaum darüber diskutiert und noch weniger findet man konkrete Ansätze zur Ausgestaltung einer nachhaltigen Wohnungswirtschaft.

Es verwundert nicht, dass die Wohnungswirtschaft so in Sachen Nachhaltigkeit auf der politischen Ebene bislang nur wenig ernst genommen wird. Dabei wäre sie ein prädestinierter Gesprächspartner zu dem Thema. Die Wohnungswirtschaft muss, will sie überleben, aus der Natur ihres Geschäftes heraus schon immer langfristig und nachhaltig agieren. Die Planungshorizonte wohnungswirtschaftlicher Unternehmen sind langfristig gesteckt - ganz im Gegensatz zur Politik, bei der man oft den Eindruck hat, sie denke und agiere in immer kürzeren Zeiträumen. Bislang wird die Wohnungswirtschaft im Bereich der Nachhaltigkeit jedoch noch nicht als eine Stimme wahrgenommen. Das liegt daran, dass sie hochgradig fragmentiert ist. Die zwanzig größten Wohnungsunternehmen, die zusammen rund 1,3 Millionen Wohnungen verwalten, machen gerade einmal fünf Prozent des gesamten Marktes aus.

Ein solch hoher Fragmentierungsgrad ist etwa in der Automobilwirtschaft oder der Pharmaindustrie nicht anzutreffen. Automobilhersteller können dadurch zum Beispiel wesentlich einheitlicher auftreten - das politische Gewicht dieser Industrien ist dadurch erkennbar höher als das der Wohnungswirtschaft. Der Fragmentierungsgrad schwächt also die Wohnungswirtschaft. Das könnte sich künftig aber durchaus ändern. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass Wohnungsunternehmen mit 400000 Wohnungen und mehr entstehen werden, die dann natürlich eine wesentlich höhere Marktmacht haben.

Ökologische, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen

Unstreitig ist, dass die Wohnungswirtschaft eine der energieintensivsten Wirtschaftsbranchen ist. Der Europäischen Kommission zufolge entfällt mit 42 Prozent der Hauptteil des Endenergieverbrauchs in der Europäischen Union auf Bauwerke. Gemessen an der gesamten Emission von Treibhausgasen sind es etwa 35 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass nachhaltiges Bauen und energetische Sanierungen ein großes Einsparpotenzial haben. Bis 2020 sollen in Deutschland 40 Prozent Kohlendioxid gegenüber dem Basisjahr 1990 eingespart werden. Auch die Immobilienwirtschaft ist mit der aktuellen Novelle der Energieeinsparverordnung von der Bundesregierung deutlich in die Pflicht genommen worden. Die Wohnungswirtschaft muss, will sie zukunftsfähig bleiben, ihre Bestände auf eine ökologische Sanierung hin überprüfen.

Eine Anpassung an moderne energetische Standards im Rahmen einer Sanierung ist in der Regel dann am sinnvollsten, wenn im Instandhaltungszyklus eines Gebäudes ohnehin größere Arbeiten anfallen. Nun aber vonseiten des Gesetzgebers vorzuschreiben, dass jährlich eine bestimmte Quote von Immobilien energetisch saniert werden muss, ist dagegen sowohl ökologisch als auch ökonomisch nicht sinnvoll. Wohnungswirtschaft und Politik müssen hier gemeinsam einen akzeptablen Ordnungsrahmen finden, bei dem Bestände Schritt für Schritt ökologisch sinnvoll aufgewertet werden können. Dabei gibt es geringinvestive Maßnahmen, die ein Vermieter tragen kann. Damit jedoch die wirtschaftliche Basis der Unternehmen nicht gefährdet wird, müssen hochinvestive Maßnahmen hingegen zwischen Vermietern und Mietern fair verteilt werden. Eine Beteiligung der Mieter an der ökologischen Sanierung der Bestände kann beispielsweise erfolgen, indem die Nettomiete bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Nebenkosten angepasst wird.

Neben den ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen müssen Politik und nachhaltig wirtschaftende Wohnungsunternehmen auch das Wohnumfeld unter dem Nachhaltigkeitsaspekt im Auge behalten. Denn Nachhaltigkeit in der Wohnungswirtschaft bedeutet auch, die Mieter zufriedenzustellen und eine angenehme Wohnatmosphäre zu schaffen. Diese soziale Komponente trifft bisher häufig noch auf zu wenig Beachtung. Insbesondere bei Wohnungsunternehmen mit Mietern vornehmlich aus der unteren bis mittleren Einkommensschicht ist es wichtig, bei Problemen beratend und helfend zur Seite zu stehen, um zu verhindern, dass Mieter mit Zahlungsschwierigkeiten ihre Wohnung verlieren. Wohnungsunternehmen können gleichzeitig Mietausfälle vermindern. Erfreulicherweise zeigt sich nach und nach, dass große, privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen immer mehr Verantwortung für die Entwicklung der Quartiere übernehmen und sich in zahlreichen Projekten engagieren. Was die Transparenz in der Wohnungswirtschaft selbst betrifft, ist festzustellen, dass es nur wenige Branchen in Deutschland gibt, die so wenig über sich und ihre Kunden wissen und dieses Wissen für eine bessere Nachhaltigkeit im eigenen Wirtschaften nutzen. So bestehen bei einigen Vermietern noch Informationsdefizite, was beispielsweise die Zu- und Abwanderungsströme in ihren Regionen und Beständen betrifft.

Dabei liegen die meisten Daten, die dafür nötig sind, in den IT-Systemen der Unternehmen und kommunalen Verwaltungen vor. Sie müssen nur miteinander verknüpft, ausgewertet und genutzt werden. Die Wohnungswirtschaft muss also im eigenen Interesse für mehr Transparenz sorgen.

Aber auch qualitativ bedarf es einer höheren Transparenz. Nicht nur die Flächenbedürfnisse steigen, auch die Ausstattung der Wohnungen hat sich verändert und wird sich weiter verändern. Das muss die Wohnungswirtschaft ebenfalls Badenia_Bausparen_185*130_1c:Anzeige erfassen, auswerten und darauf reagieren, will sie langfristig erfolgreich bleiben. Im Grunde ist es schwer verständlich, dass bei einem Immobilienvermögen der Wohnungswirtschaft von rund vier Billionen Euro beim statistischen Bundesamt kaum entsprechende Daten erfasst werden.

Langfristiger Ordnungsrahmen

Mehr Nachhaltigkeit kann allerdings auch nur gelingen, wenn die Politik einen verlässlichen langfristigen Ordnungsrahmen schafft. Grundsätzliche Einigkeit muss beispielsweise darüber herrschen, wann der Staat eingreift und wann er sich zurückziehen muss und den Markt wirken lässt. Auch die steuerlichen Rahmenbedingungen müssen so ausgestaltet sein, dass die Wohnungswirtschaft längerfristig planen kann und nicht alle vier Jahre mit neuen Regeln konfrontiert wird, die womöglich noch rückwirkend gelten. Die Wohnungswirtschaft hat es aufgrund ihrer Größe und Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft verdient, dass man sich differen-16.06.2010 15:06 Uhr Seite 1 ziert und professionell mit ihr auseinandersetzt.

Aber auch in der Wohnungswirtschaft selbst muss mehr Professionalität Einzug halten - nur so kann sie nachhaltig agieren. Dazu gehört ein ganzheitlich integrierter Managementansatz, der alle Elemente der Nachhaltigkeit berücksichtigt und für jeden einzelnen Vermögenswert in der Lage ist, eine nachhaltige Entwicklungsstrategie zu formulieren. Dies ist ein starkes Argument für eine weitere Konsolidierung der Wohnungswirtschaft. Eine sinnvolle Chance für eine professionell bewirtschaftete wohnungswirtschaftliche Plattform mit nachhaltigen Lösungsansätzen für die kommenden 30 bis 40 Jahre kann der Kapitalmarkt bieten. Wenn Wohnungswirtschaft ein Geschäft sein darf, das seinen Eigentümern eine nachhaltige Rendite von vier bis sechs Prozent erwirtschaften kann, wird diese Assetklasse interessant für den mit enormer Liquidität ausgestatteten Kapitalmarkt. Eine durch den Kapitalmarkt ausgestattete professionelle Eigentümerstruktur kann differenzierte nachhaltige Lösungen in der Wohnungswirtschaft in Deutschland umsetzen.

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