Schwerpunkt: Grüne Immobilien

Wie sich Nachhaltigkeit beim FM-Dienstleister messen lässt

Nachhaltigkeit rund um die Immobilien wird umfassender: Zunächst waren es die Gebäude selbst, vor allem die Neubauten, bei denen das Thema Nachhaltigkeit Einzug hielt. Seit kurzem folgen nun die Ersteller und Eigentümer, die sich nicht mehr damit begnügen, nachhaltige Produkte (also Immobilien) auf den Markt zu bringen, sondern zusätzlich als Unternehmen selbst nachhaltig agieren wollen. Mittlerweile werden auch die Nutzer von gewerblichen Gebäuden in die Betrachtung einbezogen - verhalten sie sich nicht nachhaltig, beispielsweise indem sie zu viel Energie verbrauchen, gilt auch ein Gebäude selbst als weniger nachhaltig. Eigentümer, Immobilie, Nutzer - logische Konsequenz wäre, wenn im nächsten Schritt auch die Betreiber - also Facility Manager (FM) - in die Pflicht genommen würden. Auch ihre Leistungen und die jeweiligen Unternehmen selbst müssen nachhaltig sein. Am Ende steht ein komplettes System aus nachhaltigen Unternehmen, Leistungen und Produkten entlang der gesamten Wertschöpfungs-, Leistungs- und Nutzungskette rund um die Immobilie.

Schlankes Prüfsystem erforderlich

Aber: Wie lässt sich prüfen, ob das System konsistent ist und Nachhaltigkeit tatsächlich auf allen Ebenen gelebt wird? Auf Ebene der Gebäude gibt es Zertifikate wie LEED, BREEAM und DGNB, die umfangreiche Kriterien überprüfen und die Prüfergebnisse anhand eines Labels leicht kommunizierbar machen. Auf Ebene der Immobilienunternehmen beziehungsweise der Nutzer kann man die Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) zur Quantifizierung der Nachhaltigkeit nutzen. Die GRI schlägt weit über 100 Indikatoren vor, diese bleiben jedoch als absolute Werte schwer vergleichbar mit den Werten anderer Unternehmen.

Ein für die spezifische Situation des Facility Managements angepasstes, schlankes und leicht in der Kommunikation einsetzbares System zur Quantifizierung der Nachhaltigkeit bei den Sekundärprozessen der Immobiliennutzung fehlt bisher.

Hier setzt eine aktuelle Studie mit dem Titel "Return on Sustainability System" (RoSS) an, an der die Autoren in den Jahren 2010 und 2011 gearbeitet haben. Basierend auf theoretischen Überlegungen, einer Befragung von rund 50 Unternehmen und mehreren Workshops mit Praktikern sowie mit Experten wurde ein Katalog aus 25 Kennzahlen inklusive Anleitung zur Anwendung aufgestellt. Ziel war es, anhand dieser Key Performance Indicators eine Vergleichbarkeit von FM-Unternehmen zu ermöglichen, dabei aber ein schlankes System zu bieten, das den ohnehin bereits vorhandenen Dschungel aus Zertifikaten und Richtlinien auf den vorgenannten Ebenen nicht noch undurchdringlicher macht.

Ökonomische, soziale und ökologische Kriterien

Der RoSS-Katalog kann beispielsweise zum Zwecke des Benchmarking eingesetzt oder aber bei der Vergabe von FM-Leistungen Teil der Ausschreibung werden. Wirtschaftliche Kriterien des Unternehmens werden dabei ebenso berücksichtigt wie ökologische und soziale Aspekte - jeder der drei genannten Bereiche ist mit ähnlich vielen Kriterien vertreten.

Ein Beispiel für ökonomische Kriterien sind die Kundenreklamationsquote und die Kundenbeziehungsdauer. In beiden Fällen gilt: Es handelt sich um Indikatoren dafür, wie zufrieden Auftraggeber mit der Arbeit des Dienstleisters sind üblicherweise deutet eine lange Kundenbeziehung auf eine gute, auch wirtschaftlich erfolgreiche Zusammenarbeit hin.

Ein weiteres Beispiel für ökonomische Kriterien ist die Eigenkapitalquote. Interessant hierbei ist, dass die wirtschaftlichen Aspekte hinsichtlich ihrer Relevanz von den befragten Unternehmen insgesamt als weniger wichtig eingeschätzt wurden als soziale und ökologische Aspekte.

Zum zweiten Block des RoSS-Katalogs - den sozialen Aspekten - zählen unter anderem der Weiterbildungsaufwand und die Mitarbeiterfluktuation. Sie geben indirekt Aufschluss darüber, wie sich das Betriebsklima darstellt. Gleiches gilt für den Krankenstand (oder umgekehrt ausgedrückt: die Gesundheitsquote). Größere Fehlzeiten deuten an, dass Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsumfeld unter Umständen nicht zufrieden sind. Auch die Eigenpersonalquote zählt zu den Kriterien - es ist wenig hilfreich im Sinne einer nachhaltigen Wertschöpfungskette, bei den eigenen Mitarbeitern auf Aspekte wie Weiterbildung und Betriebsklima zu achten, wenn der Großteil der Arbeit von Sub-Unternehmen verrichtet wird, bei denen soziale Aspekte gegebenenfalls eine untergeordnete Rolle spielen. Insgesamt wurde der dritte Themenblock

- er umfasst die ökologischen Kriterien

- in der Umfrage mit der höchsten Relevanz bewertet. Beispiele sind der Heizenergieverbrauch, der Strom- und Wasserverbrauch oder auch das Abfallaufkommen. Hierbei geht es wie bei allen Kriterien wohlgemerkt stets um den Dienstleister selbst, also beispielsweise nicht den Wasserverbrauch der Immobilie, die er bewirtschaftet, sondern die Verbräuche des FM-Dienstleisters. Am wichtigsten von allen ökonomischen, sozialen und ökologischen Kriterien wurde im Übrigen der Heizenergieverbrauch eingeschätzt. Im Bereich der Prozesskennzahlen finden sich ökologische Aspekte beispielsweise in der "grünen Supply-Chain" wieder, zum Beispiel in der Kennzahl zu "ökologisch zertifizierten Lieferanten".

Festlegen einer einheitlichen Berechnungsmethode

Auf den ersten Blick sind die Kriterien selbsterklärend, auch eine Vergleichbarkeit der einzelnen Punkte scheint keine nennenswerte Hürde. Auf den zweiten Blick jedoch wird deutlich, dass dem keineswegs so ist. Jedes Kriterium muss einheitlich quantifiziert, also nach einer einheitlichen Methode berechnet werden. Wie fließen beispielsweise Teilzeitkräfte in die Berechnung ein, wenn es um den Weiterbildungsaufwand geht?

Wie lassen sich Verzerrungen in der Gesundheitsquote vermeiden, wenn beispielsweise einzelne Mitarbeiter langfristig krank sind, das Gros der Mitarbeiter aber kaum krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweist? Wie stellt sich der Zielkorridor für die einzelnen Kriterien dar?

Eine Gesundheitsquote von 100 Prozent beispielsweise ist eher ein Alarmsignal als ein guter Wert - sie steht für Präsentismus, also dafür, dass Mitarbeiter trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen. Ein Grund hierfür kann in extremer Arbeitsbelastung oder hohem Druck liegen, der auf die Mitarbeiter ausgeübt wird. Beide Fälle stehen nicht unbedingt für nachhaltiges soziales Engagement den Mitarbeitern gegenüber.

Nachhaltigkeit bei Immobilien darf nicht auf Ebene der Immobilienunternehmen und ihres Produkts - der Immobilie enden. Nachhaltigkeit muss die komplette Wertschöpfungs- und Leistungskette umfassen, also auch den FM-Dienstleister, der für den Betrieb der Immobilie verantwortlich ist. Er muss das jeweilige Gebäude nachhaltig betreiben, aber auch als Unternehmen selber nachhaltig sein.

Um FM-Dienstleister nach Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vergleichbar zu machen, haben die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR), die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) sowie die Beuth Hochschule für Technik Berlin das Forschungsprojekt "Return on Sustainability System" (RoSS) durchgeführt. Im Ergebnis stehen 25 Kennzahlen nebst einheitlicher Berechnungsgrundlage, die einen schnellen Vergleich von FM-Dienstleistern ermöglichen sollen.

Das von einer eigens entwickelten, webbasierten Software unterstützte System kann für ein Nachhaltigkeits-Benchmarking im FM genutzt werden oder auch Teil von Ausschreibungen werden. Die ersten Feedbacks fielen positiv aus, beispielsweise im Rahmen des FM-Tags auf der Expo Real 2011. Veranstalter waren die beiden Branchenverbände GEFMA German Facility Management Association und Real FM Association for Real Estate and Facilty Managers.

Ein Aspekt war, dass dem "Grünwaschen" von Immobilien und den Prozessen rund um Erstellung und Betrieb entgegengewirkt werden müsse. Ansätze wie RoSS können hier einen Beitrag leisten, indem sie die Transparenz von Nachhaltigkeit erhöhen.

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