Indirekte Immobilienanlagen

Nachholbedarf bei der indirekten Kapitalanlage in Immobilien

Die Datenlage zur Bedeutung der Immobilie als Anlageklasse im Vermögen der Bundesbürger ist unbefriedigend. Viele Untersuchungen über die Asset-Allokation beziehen sich nur auf die liquiden Vermögenswerte, da diese beispielsweise in den Bank-Depots entsprechend eingebucht sind. Dabei bleiben sowohl Direktinvestitionen in Immobilien wie auch Beteiligungen - zum Beispiel an Geschlossenen Immobilienfonds - in der Regel unberücksichtigt.

Hoher Anteil bei vermögenden Anlegern

Eine Untersuchung der Commerz Financial Managament aus dem Jahre 2001, bei der die Vermögensstruktur von 6 800 gut verdienenden Kunden eingehend analysiert wurde, ergab einen sehr hohen Immobilien-Anteil. Auch dann, wenn man selbst genutzte Immobilien nicht mit berücksichtigt, betrug - laut dieser Untersuchung der Anteil der Immobilien an den Vermögensanlagen 58 Prozent. Allerdings bezog sich diese Untersuchung nur auf Personen mit einem Brutto-Vermögen von durchschnittlich 1, 5 bis zwei Millionen Euro.

Auch mehrere andere Untersuchungen legen nahe, dass der Immobilienanteil in den Portfolios vermögender Anleger über 50 Prozent beträgt - auch ohne die Berücksichtigung selbst genutzter Immobilien. Eine Untersuchung des ZEW zeigt sogar, dass im obersten Vermögensdezil das Netto-Immobilienvermögen 77 Prozent beträgt und das Netto-Geldvermögen nur 23 Prozent.

Obwohl bei vermögenden Personen der Immobilienanteil also sehr hoch ist, so ist die Struktur dieses Vermögens ausgesprochen einseitig. Meist dominieren sehr stark Wohnimmobilien, die entweder am Wohnsitz des Anlegers erworben wurden oder die aus steuerlichen Gründen in den neuen Bundesländern beziehungsweise in Berlin gekauft wurden.

Dagegen sind Investitionen in Gewerbeimmobilien meist untergewichtet und den Anforderungen, die professionelle Investoren an eine ausgewogene regionale oder gar internationale Diversifikation stellen würden, genügen diese häufig zufällig zusammengestellten Immobilienportfolios nicht. Auch ist der Anteil von direkten Immobilienanlagen (zum Beispiel Mietshäusern) im Vergleich zu indirekten Immobilienanlagen meist unangemessen hoch.

Die genannten Zahlen über den Immobi-lien-Anteil in den Portfolios führen manche Kritiker zu der These, dass Immobilien bei vielen deutschen Anlegern einen zu hohen Anteil im Rahmen der Asset-Allokation hätten. Angesichts eines Investitionsvolumens von etwa 250 Milliarden Euro, das die Bundesbürger in Geschlossene und Offene Immobilienfonds investiert haben, scheint auf den ersten Blick einiges für diese These zu sprechen.

Dieser extrem hohe Immobilienanteil konzentriert sich jedoch, und dies wird häufig übersehen, ganz überwiegend auf sehr vermögende Personen und ist keineswegs repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.

Untergewichtung bei breiten Anlegerschichten

Selbst bei Anlegern, die über ein Monatsnettoeinkommen von mindestens 2 000 Euro verfügen, sind Immobilienanlagen kaum vertreten. Laut einer von TNS Emnid durchgeführten Erhebung besitzen nur vier bis fünf Prozent dieser Anleger Offene oder Geschlossene Immobilienfonds, drei Viertel der Befragten kennen diese Anlageformen nicht einmal.

Dagegen besitzen 57 Prozent der Anleger eine Kapitallebensversicherung, die nach wie vor für viele Deutsche die bevorzugte Form der Altersvorsorge darstellt. Kapitallebensversicherungen investieren jedoch ganz überwiegend in Rentenpapiere. Daneben spielen auch Aktieninvestments eine gewisse Rolle. Der Anteil von Immobilieninvestments im Anlagevermögen von Versicherungsgesellschaften liegt jedoch bei nur 3, 3 Prozent, wobei sowohl direkte Immobilieninvestments (2, 3 Prozent) wie auch indirekte Immobilieninvestments (1, 1 Prozent) berücksichtigt sind.

Natürlich gibt es keine feste und unveränderliche Regel, wie hoch der Immobilienanteil in einem Portfolio liegen sollte. Je nach Alter und Risikoneigung gilt jedoch ein Immobilienanteil zwischen 25 und 35 Prozent als angemessen. Als allgemeine Regel gilt weiterhin, dass der Aktienanteil mit zunehmendem Lebensalter sinken und der Immobilienanteil steigen sollte, da ansonsten die Gefahr besteht, dass sich möglicherweise gerade in der Phase des Rentenalters die Börse in einer schlechten Verfassung befindet.

Zu geringe Eigentumsquoten

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, dann ist anzunehmen, dass bei der Mehrzahl der Deutschen Immobilien im Gesamtportfolio stark untergewichtet sind. Gilt dies jedoch auch, wenn selbst genutzte Immobilien bei der Betrachtung der Asset-Allokation mit berücksichtigt werden? Immerhin besitzen 43 Prozent der Deutschen selbst genutzte Immobilien, und wenn man deren Wert mit einbezieht, dann dürfte der Immobilienanteil am Gesamtvermögen die oben genannten Werte von 25 bis 35 Prozent oft deutlich übersteigen.

Die Mehrheit der Deutschen besitzt anders als in anderen Ländern - keine Immobilie. In fast allen anderen Ländern ist die Eigentumsquote sehr viel höher. So beträgt der Anteil der Bürger, die eine Immobilie besitzen, in Spanien und Norwegen jeweils 86 Prozent, in Italien 72 Prozent, in Großbritannien und den USA jeweils 69 Prozent, in Kanada 63 Prozent und in Frankreich 55 Prozent. Die extrem niedrige Eigentumsquote in Deutschland - in Großstädten liegt sie teilweise nur zwischen zehn und 20 Prozent - spricht jedenfalls nicht für die These, im Anlagevermögen der Deutschen seien Immobilien besonders stark gewichtet.

Eigenheim - kein Anlageobjekt, sondern Konsumgut

Viele Argumente sprechen dagegen, selbst genutzte Immobilien bei der Ermittlung des Immobilienanteils im Rahmen der Asset-Allokation rechnerisch zu berücksichtigen. Selbst genutzte Immobilien sind in der Regel kein Anlageobjekt, sondern ein Konsumgut. Sie sollen auch im Alter in der Regel nicht kapitalisiert, also veräußert werden.

Aus diesen Gründen wird zu Recht in den meisten Untersuchungen über die Asset-Allokation die selbst genutzte Immobilie nicht mit berücksichtigt. Zudem ist es, insbesondere angesichts der zu erwartenden demographischen Änderungen, nicht ohne weiteres zu empfehlen, die selbst genutzte Immobilie zum zentralen Baustein der Altersvorsorge zu machen.

Bei institutionellen Anlegern geht heute der Trend - dies zeigen alle einschlägigen Untersuchungen - ganz eindeutig weg von der direkten und hin zur indirekten Immobilienanlage. Insbesondere kleine und mittlere institutionelle Investoren wie etwa Versicherungsgesellschaften oder Pensionsfonds - haben erkannt, dass sie mit dem Management von direkt erworbenen Immobilien sehr viele Kapazitäten binden. Der Renditebeitrag dieser Immobilien war in der Vergangenheit oft nicht befriedigend.

Dies gilt jedoch erst recht für die von Privatanlegern gehaltenen Immobilien. Die Struktur der direkt gehaltenen Immobilien entspricht nicht einmal annähernd den Anforderungen, die Profis an die Diversifikation stellen würden und die Personen, denen diese Immobilien gehören, sind mit der Aufgabe eines professionellen Immobilienmanagements naturgemäß überfordert.

Wer beruflich stark gefordert ist - und dies ist ja gerade bei den vermögenden Personen der Fall, die über einen hohen Immobilienanteil verfügen - dem fehlt alleine schon die Zeit, sich angemessen um das aktive Management der Immobilien zu kümmern.

Der oft konstatierte unbefriedigende Renditebeitrag von Immobilien in den Depots dieser Anleger ist nicht etwa einer strukturellen Unterlegenheit dieser Anlageklasse gegenüber Aktien oder Renten geschuldet, sondern ist einfach ein Ergebnis der Tatsache, dass sowohl die Auswahl wie das Management dieser Immobilien von Anlegern eigenverantwortlich durchgeführt wurde, denen die Erfahrung fehlt, dass selbstverständlich auch und gerade im Immobiliensegment die unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Investitionen darstellt.

Die Argumente, die heute institutionelle Investoren dazu führen, ihren Anteil an direkt gehaltenen Immobilien zugunsten von indirekten Immobilienanlagen zu reduzieren, haben erst recht für private Anleger Gültigkeit.

Rendite- statt Steuerorientierung

Inzwischen gibt es auch in Deutschland ein so breites Angebot an qualitativ guten indirekten Immobilienanlagen, dass jedem privaten Anleger die Möglichkeit offen steht, sein Portfolio entsprechend zu ergänzen oder umzuschichten. Die oftmals renditeschwachen, rein steuerorientierten Immobilienanlagen, wie sie in den neunziger Jahren charakteristisch waren, gehören glücklicherweise der Vergangenheit an, wenngleich sie die Anlegerportfolios immer noch negativ belasten.

In den vergangenen Jahren ist ein Trend zu innovativen Produktgestaltungen sowohl bei den Offenen wie auch bei den Geschlossenen Immobilienfonds zu beobachten. Wenn demnächst, was zu hoffen ist, G-REITs eingeführt werden, wird dies das Anlagespektrum erweitern. Schon heute werden zahlreiche Immobilien-Aktienfonds beziehungsweise REIT-Fonds auf dem deutschen Markt angeboten, die international investieren. Diese Angebote werden von Anlegern zunehmend genutzt.

Doppelter Nachholbedarf

Zusammenfassend lässt sich resümieren, dass bei deutschen Anlegern ein doppelter Nachholbedarf besteht:

1. Bei vermögenden Anlegern ist zwar der Immobilien-Anteil am Gesamtportfolio ausreichend und vielleicht in manchen Fällen auch zu hoch. Aber die Struktur der Immobilienanlagen ist ausgesprochen unbefriedigend: Diese Anleger sollten in der Regel den Anteil von direkt gehaltenen Immobilien und von Wohnimmobilien zugunsten von indirekten Immobilienanlagen reduzieren, welche nach Nutzungsarten und Regionen diversifiziert investieren. Zudem sind die Portfolios vieler vermögender Anleger durch renditeschwache Immobilienbeteiligungen charakterisiert, die seinerzeit aus rein steuerlichen Gründen erworben wurden.

2. Bei durchschnittlich vermögenden Anlegern und solchen, die nur über geringe Vermögenswerte verfügen, ist der Immobilienanteil meist zu gering. Hier dominieren nach wie vor sehr stark Kapitallebensversicherungen beziehungsweise Rentenversicherungen, bei denen der Immobilienanteil mit etwa drei Prozent deutlich untergewichtet ist. Im Sinne einer ausgewogenen Asset-Allokation mit angemessenem Immobilienanteil ist deshalb bei diesen Anlegern eine Ergänzung durch indirekte Immobilienanlagen - wie etwa Offene Immobilienfonds, Immobilien-Aktienfonds oder REITs sinnvoll.

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