Immobilien im öffentlichen Interesse

Notwendige Impulse der Politik für die Immobilienwirtschaft

CDU, CSU und FDP haben aus Sicht der Immobilienwirtschaft mit dem Koalitionsvertrag einen ersten wichtigen Schritt gemacht. Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz folgten bereits nach kurzer Zeit konkrete Maßnahmen. Dennoch bleiben viele Punkte offen. Die Immobilienwirtschaft erhofft sich vor allem verlässlichere Rahmenbedingungen und einen Abbau krisenverschärfender Regelungen zum Beispiel bei der Zinsschranke. Weitere wichtige Herausforderungen sind die bessere Förderung energetischer Baumaßnahmen, die Wohnungsbaupolitik sowie die Beseitigung von Hemmnissen im REIT-Gesetz.

2010 wird sich der ZIA auch verstärkt dafür einsetzen, dass es endlich zu messbarer Entbürokratisierung und Deregulierung für die Immobilienwirtschaft in Bund und Ländern kommt. Die Bundesregierung wird in die Pflicht genommen und die im Koalitionsvertrag bis 2011 angekündigten Änderungen des Planungs- und Baurechts sowie bei Infrastrukturvorhaben werden eingefordert.

Herausforderungen des Klimaschutzes

Gemäß der Neufassung der EU-Gebäude-Energieeffizienzrichtlinie sollen alle Neubauten in Europa ab 2021 "Nahe-Null-Energie-Gebäude" sein. Bei der jeweiligen Umsetzung auf nationaler Ebene bleibt die Frage offen, wie Anreize hierfür geschaffen und wie diese finanziert werden können. Der ZIA plädiert für steuerliche Förderungen. Ähnlich wie bei Denkmalschutzimmobilien sollten auch bei energetischen Sanierungen Investitionen steuerlich erhöht absetzbar sein. Den Sätzen im Denkmalschutz folgend hieße dies: Bei energetischen Baumaßnahmen würden über einen Zeitraum von zwölf Jahren erhöhte Abschreibungen gewährt werden. In den ersten acht Jahren lägen diese Abschreibungen bei neun Prozent und in den folgenden vier Jahren bei sieben Prozent der Fördersumme.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat errechnet, dass die Förderung unter den vorgenannten Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren 9,4 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen zur Folge hätte. Dem stünden jedoch auch positive Steuereffekte gegenüber - zum Beispiel durch zusätzliche Einnahmen aus der Umsatzsteuer auf Bauleistungen, die durch die Förderung beauftragt würden. Die Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer könnten den Berechnungen des IW zufolge 9,5 Milliarden Euro betragen - außerdem entstünden positive Lohnsteuer- und Ertragssteuereffekte auf der Ebene der Unternehmen, die mit der Sanierung beauftragt würden. Die Förderung könnte sich demnach komplett selbst tragen und sogar Mehreinnahmen generieren.

In einigen Ballungszentren muss zukünftig von einer Unterversorgung mit preiswertem Wohnraum ausgegangen werden. Bereits jetzt ist beispielsweise in München und Hamburg preiswerter Wohnraum nur noch schwer zu finden. Auch Studentenhochburgen sind betroffen - ein Beispiel ist Freiburg. Hauptgrund ist die seit Jahren sinkende Neubauaktivität in Deutschland: Mit dem knapper werdenden Angebot steigen tendenziell die Mieten. Der ZIA setzt sich daher auch für eine bessere Förderung des Wohnungsneubaus ein, um Versorgungslücken zu schließen. Insbesondere die Wiedereinführung der degressiven AfA sollte als mögliche Maßnahme diskutiert werden - denn eine Wiedereinführung hätte positive Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft im privaten Mietwohnungsbau. Dabei ist das Problem nicht auf einzelne Regionen begrenzt. Viele Bundesländer dürften künftig mit der Unterversorgung konfrontiert sein. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, die Bundesländer entsprechend zu unterstützen.

Zukunftsprodukt REIT

Die börsennotierten Real Estate Investment Trusts (REITs) nach deutschem Recht stellen einen weiteren Bereich in der Immobilienpolitik dar, bei dem noch Korrekturbedarf besteht. Deutsche REITs dürfen nicht in inländische Bestandswohnimmobilien investieren - jeder ausländische REIT hingegen schon. Der Grund hierfür: Der Gesetzgeber wollte die Mieter in deutschen Wohnimmobilien davor schützen, dass es unter einem REIT als Eigentümer zu deutlichen Mietsteigerungen kommt. Das deutsche Mietrecht nimmt jedoch im internationalen Vergleich eine Spitzenposition beim Schutz des Mieters ein. Deshalb erscheint die Sorge vor rapiden Mietsteigerungen unbegründet. Ein weiteres Problemfeld beim REIT sind die gesetzlichen Fristen. Im gegenwärtigen Marktumfeld wagen viele Vor-REITs den Gang an die Börse nicht. Sie sind jedoch verpflichtet, den Schritt vom Vor-REIT zum REIT innerhalb von drei Jahren zu vollziehen. Anderenfalls drohen die Steuervorteile, die den REITs als Starthilfe gewährt wurden, rückwirkend verloren zu gehen. Der ZIA fordert daher eine Verlängerung der Frist für den Börsengang. REITs müssen in die Lage versetzt werden, ihre Anteile in einer Phase des konjunkturellen Aufschwungs auszugeben.

Unsicherheit bringen außerdem die Streu- und Höchstbesitzklauseln. Ein REIT kann seinen Status verlieren, wenn ein einzelner Aktionär in drei aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren mehr als zehn Prozent der Anteile hält oder sich während dieses Zeitraums weniger als 15 Prozent der Aktien im Streubesitz befinden. Diese Auflagen liegen jedoch außerhalb des Einflussbereichs der REIT-Gesellschaften - ob REITs ihren Status dauerhaft behalten können, ist somit nach den gegenwärtigen Regelungen vom Handeln Dritter abhängig.

Nachbesserungen bei der Zinsschranke

Die Immobilienwirtschaft ist traditionell in besonders hohem Maße auf Fremdkapital angewiesen. Durch die Zinsschranke, die die steuerliche Abzugsfähigkeit des unternehmerischen Zinssaldos begrenzt, ist die Immobilienwirtschaft daher gegenüber anderen Branchen benachteiligt. Um die praktischen Probleme der Zinsschranke zu eruieren, hat der ZIA im Mai 2009 eine Umfrage unter rund 70 Immobilienunternehmen durchgeführt. Ergebnis war, dass über 60 Prozent der Umfrageteilnehmer ihren Zinsaufwand infolge der Zinsschrankenregelung nicht oder nur teilweise steuerlich geltend machen konnten. Zwar wurde zwischenzeitlich die Höhe der Freigrenze, unter der ein Zinssaldo liegen muss, um noch unbegrenzt steuerlich abziehbar zu sein, von einer auf drei Millionen Euro erhöht, dennoch ist auch diese neue Grenze aus Sicht der Immobilienwirtschaft zu gering.

Bei einer Finanzierung von 60 Millionen Euro und einem angenommenen Zinssatz von fünf Prozent ist die höhere Freigrenze bereits erreicht. Damit bleibt trotz einiger Erleichterungen die Zinsschranke ein bürokratisches Monster und muss noch deutlich nachgebessert werden. Erforderlich ist insbesondere, dass die Zinsschranke in Verlustsituationen nicht zur Anwendung kommt und auf echte Gesellschafterdarlehen beschränkt wird.

Ein weiterer Ansatzpunkt: Sinnvoller als eine Freigrenze wäre ein Freibetrag, der grundsätzlich jedem Unternehmen in voller Höhe zusteht. Die jetzige Freigrenze bedeutet, dass ein Zinssaldo unterhalb von drei Millionen Euro komplett steuerlich geltend gemacht werden darf - der steuerliche Abzug eines Zinssaldos, der aber nur einen Euro über der Freigrenze liegt, sich nach dem EBITDA richtet. Das bedeutet, dass sich für zwei Unternehmen mit sonst gleichen finanziellen Bedingungen enorme Unterschiede in der Besteuerung ergeben können, wenn der Zinssaldo in einem Fall knapp unter der drei-Millionen-Grenze und in dem anderen knapp darüber liegt. Bei einem Freibetrag an Stelle einer Freigrenze würden für Beträge bis drei Millionen Euro stets die gleichen steuerlichen Regeln gelten. Dies wäre eine faire Lösung, die die Planbarkeit für die Unternehmen und auch für finanzierende Banken erhöht.

Kritisch sind aus Sicht des ZIA auch die Regeln, die Unternehmen die Ausnahme von der Zinsschranke erlauben. Ein Beispiel ist die sogenannte Escape-Klausel. Sie besagt, dass die Zinsschranke nicht zur Anwendung kommt, wenn die Eigenkapitalquote des Unternehmens mindestens mit der Eigenkapitalquote des Konzerns übereinstimmt. Hier wurde zwar durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz die tolerierte Unterschreitung von einem auf zwei Prozent erhöht. Eine solche Änderung dürfte aus Sicht des ZIA allerdings eher im Fall von Rechenungenauigkeiten hilfreich sein - eine generelle Erleichterung ist damit voraussichtlich jedoch nicht verbunden. Die Bundesregierung hat ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, wo es heißt, sie werde die Escape-Klausel überarbeiten und für deutsche Konzerne anwendbar machen, noch nicht vollends eingelöst.

Höherer Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag verankert, dass die Leistungen der Immobilienwirtschaft den Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein erhalten sollen, der ihrem Anteil an der Bruttowertschöpfung entspricht. Ihr Beitrag zur Bruttowertschöpfung ist enorm. Mit 389 Milliarden Euro beträgt der Anteil der Immobilienwirtschaft an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung rund 19 Prozent. Zum Vergleich: Der Maschinen- und der Fahrzeugbau, die in der politischen Diskussion traditionell jeweils großes Gewicht haben, tragen selbst zusammengerechnet nicht einmal halb so viel zur Wertschöpfung bei.

Die Aussagen des Koalitionsvertrags zeigen, dass die Immobilienwirtschaft immer mehr zu einem Schwerpunktthema der politischen Diskussion wird. Dies ist trotz der weiterhin offenen Fragen als Erfolg der Verbandsarbeit zu werten. Ohne den Dialog von Immobilienwirtschaft und Politik hätten sowohl Koalitionsvertrag als auch Wachstumsbeschleunigungsgesetz weniger Grund zur Freude gegeben, als es heute der Fall ist. Zum Vergleich: Im Koalitionsvertrag der vorherigen Bundesregierung tauchte das Wort "Immobilie" überhaupt nur an drei Stellen auf. Der jetzige Koalitionsvertrag hingegen gibt Hoffnung auf Verbesserungen für die Branche.

Dr. Andreas Mattner , Präsident , ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
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