Immobilien und Steuern

Schenken und Erben von Immobilien bald wie Sachwerte zu versteuern?

Alljährlich sterben laut einer Studie des Forschungsinstitutes Empirica rund 400 000 Immobilieneigentümer. Damit erbt bei rund 37 Millionen Haushalten in Deutschland jedes Jahr mindestens einer von hundert eine Immobilie oder einen Anteil an einer Immobilie. Bei drei von vier Immobilien handelt es sich um Einfamilienhäuser oder unbebaute Grundstücke. Während das Finanzamt für die Berechnung der Erbschaftssteuer bei Geldvermögen oder Sachwerten wie Schmuck oder Fahrzeugen den vollen Verkehrswert ansetzt, beträgt der erbschaftssteuerliche Wert von Immobilien im Schnitt derzeit etwa 60 bis 80 Prozent ihres tatsächlichen Wertes (Verkehrswertes).

Mit dieser Sonderstellung von Immobilienerben ist es womöglich demnächst vorbei. Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich im Januar 2007 die jahrzehntelang diskutierte Frage beantworten, ob die Bevorzugung verfassungsrechtlich zulässig ist. Auf der Grundlage dieser Entscheidung wird die Bundesregierung die gesetzlichen Regeln entsprechend anpassen. Je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt, wird eine Änderung rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt.

Vorausschauende Erblasser sollten sich daher überlegen, ob es nicht vorteilhaft wäre, die Vorzüge des momentan geltenden Rechts zu nutzen und die Immobilie noch zu Lebzeiten an die Erben zu übertragen. Eine solche "Schenkung" unterliegt im Wesentlichen den gleichen Regeln wie eine Erbschaft. Bei einer Schenkung können die Erben die ihnen zustehenden Freibeträge sogar alle zehn Jahre wieder nutzen. Eine solche Schenkung sollte aufgrund der zu erwartenden Änderungen allerdings unbedingt noch im Jahr 2006 erfolgen. Dies gilt erst recht für Grundstücke, die Betriebsvermögen darstellen, da die besonderen Vorteile für Betriebsvermögen zum 1. Januar 2007 ebenfalls abgeschafft werden sollen.

Freibeträge voll ausschöpfen

Nach derzeit geltendem Recht kann beispielsweise ein Vater eine Immobilie im Wert von 340 000 Euro steuerfrei an seine Tochter übertragen. Da der Fiskus nur etwa rund 60 Prozent des Verkehrswerts bei der Steuerbemessung anrechnet - das wären in diesem Fall 204 000 Euro - und der Freibetrag für die Kinder des Erblassers bei 205 000 Euro liegt, bräuchte die Tochter keine Steuern auf die Schenkung zu bezahlen.

Hat der Erblasser mehrere Kinder, kann jedes einen Freibetrag von 205 000 Euro geltend machen. Gehört die Immobilie je zur Hälfte Vater und Mutter, und beide schenken dem Kind ihren Anteil, kann das Kind seinen Freibetrag sogar doppelt nutzen. Für das Weiterreichen einer Immobilie an den Ehepartner fällt unter der Voraussetzung, dass es sich um eine selbst genutzte Immobilie handelt, ohnehin keine Steuer an.

Die Berechnung der zu zahlenden Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer sähe ganz anders aus, wenn der Steuersatz für Immobilien den Steuersätzen für Geld- und Sachwerte angepasst würde. Der steuerliche Wert betrüge dann 100 Prozent des Verkehrswertes also 340 000 Euro. Abzüglich des Freibetrags wären von der Tochter 135 000 Euro zu versteuern. Ihr Steuersatz als Tochter beträgt in diesem Fall elf Prozent. Damit müsste sie 14 850 Euro an das Finanzamt zahlen.

Auch wer keine Immobilie zum Vererben hat, kann seinen Kindern derzeit noch zu Steuervorteilen verhelfen. Denn es ist auch eine mittelbare Schenkung möglich. Bei einer solchen überträgt der Gönner statt einer Immobilie nur das Geld für ihren Kauf. Allerdings muss die betreffende Immobilie im Schenkungsvertrag konkret benannt werden. Eine mittelbare Schenkung macht daher nur Sinn, wenn die Erben tatsächlich an einer bestimmten Immobilie interessiert sind.

Auch eine Sanierung oder der Umbau einer Immobilie lassen sich steuergünstig mittelbar schenken. Das Geldgeschenk muss aber im direkten Zusammenhang mit der übertragenen Immobilie stehen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Eltern ihrem Kind zunächst Geld für den Kauf eines baufälligen Hauses übertragen und den Rest unter der Auflage überweisen, diese Immobilie zu sanieren.

Sicherungsklauseln einbauen

Das Vermögen frühzeitig an die nächste Generation zu übertragen, birgt allerdings auch Risiken: Schließlich können die Eltern nicht sicher sein, wie verantwortungsbewusst die Kinder mit dem Vermögen umgehen werden. Es empfiehlt sich daher für den Schenkenden, Sicherungsklauseln in die Schenkungsverträge einzubauen.

So sollten Eltern, die ihr Eigenheim an die Kinder übertragen, sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht zusichern lassen beziehungsweise bei einem Mietshaus festlegen, dass die Erträge an sie ausbezahlt werden. Der Schenkungsvertrag sollte auch Widerrufsrechte für bestimmte Fälle enthalten, zum Beispiel für den Fall extremer Undankbarkeit oder für den Fall, dass dem Kind eine Zwangsvollstreckung droht. Der Widerruf sollte aber nicht schon bei Kleinigkeiten erlaubt sein, weil sonst die Gefahr besteht, dass das Finanzamt die Schenkung nicht anerkennt und der Steuervorteil damit wegfällt. Eltern sollten auch an die Möglichkeit denken, dass das Kind vor ihnen verstirbt. Wenn sie beispielsweise nicht wollen, dass in so einem Fall der Schwiegersohn beziehungsweise die Schwiegertochter die Immobilie bekommt, sollten sie besser festlegen, dass die Immobilie dann an sie zurückfällt.

Testament konkret formulieren

Wer seine Immobilie nicht verschenken will, sondern vererbt, sollte sich Gedanken darüber machen, was mit der Immobilie nach seinem Tod passieren soll, und dies in seinem Testament genau festlegen. Sind mehrere Erben vorhanden, so erben diese zwangsläufig den gesamten Nachlass als Erbengemeinschaft. Durch ein Testament hat man nicht die Möglichkeit, mehreren Erben einzelne Vermögensgegenstände zuzuweisen, sondern kann lediglich die Erbquote bestimmen, mit der sie am Nachlass beteiligt sind.

Eine solche Erbengemeinschaft ist in der Praxis äußerst problematisch. Während sich Geldvermögen leicht aufteilen lässt, ist dies bei einer Immobilie in der Regel nur durch den Verkauf möglich. Eine Erbengemeinschaft kann alle Entscheidungen nur gemeinschaftlich fällen zum Beispiel Entscheidungen darüber, ob das Haus vermietet werden soll, ob es einer der Erben selbst nutzt oder ob Reparaturbedarf besteht.

Zwar kann jeder Erbe eine Teilungsversteigerung beantragen, um sich den Anteil seines Erbes dann auszahlen zu lassen. Allerdings wird bei einer solchen Versteigerung meist nur ein wesentlich niedrigerer Preis erzielt als bei einem normalen Verkauf. Daher könnte beispielsweise ein Vater, der eine Immobilie im Wert von 200 000 Euro sowie Geldvermögen im Wert von 100 000 Euro an seine zwei Söhne vererben will, per Teilungsanordnung festlegen, dass die Söhne zwar zu gleichen Teilen erben sollen, der eine Sohn aber die Immobilie und der andere das Geldvermögen erhält. Der erste Sohn müsste dem zweiten dann noch 50 000 Euro auszahlen, da ja beide gleichberechtigt erben.

Für den Fall, dass sich die Erben dennoch streiten, kann es sinnvoll sein, eine Schiedsgerichtsklausel in das Testament aufzunehmen. Bei Streitigkeiten bleiben den Erben dann hohe Gerichtskosten erspart, außerdem wird eine Schiedsgerichtentscheidung schneller gefällt. Möglich ist es außerdem, für solche Fälle einen Testamentsvollstrecker zu bestimmen.

Jürgen Michael Schick , Präsident , Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.
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